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BUNDESTAG/7312: Heute im Bundestag Nr. 462 - 27.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 462
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Juni 2018, Redaktionsschluss: 14.17 Uhr

1. Sonderausschreibungen für Windenergie
2. Koalition und Grüne fordern Abbiege-Hilfe
3. Koalitionsantrag für ein Wolfsmanagement
4. Zwangsarbeit in der Ostukraine
5. Sexuelle Gewalt bei Hilfseinsätzen
6. Westliche Luftschläge in Syrien


1. Sonderausschreibungen für Windenergie

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/PEZ) Die Fraktionen im Wirtschaftsausschuss haben sich am Mittwoch einen Schlagabtausch über Tempo und konkrete Ausgestaltung der Energiewende geliefert. Anlass lieferte ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/2108) zur Erhöhung der Ausbaumengen für Windenergie an Land und Solarenergie. Im Anschluss lehnte der Ausschuss diesen Entwurf samt einem Änderungsantrag, in dem auf die besondere Rolle von Biogasanlagen eingegangen wurde, gegen die Stimmen von Grünen und Linksfraktion ab.

Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerten ihre Befürchtung, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen für Windenergie an Land und Solarenergie würden fallengelassen. Bei der Union hätten nicht die Bremser, sondern die Totalblockierer das Ruder übernommen, kritisierten sie. Ohne die Maßnahmen seien die Klimaziele allerdings nicht zu erreichen. Vertreter der Unionsfraktionen wiesen den Vorwurf zurück. Die Sonderausschreibungen kämen, aber eben im Einklang mit Nutzbarkeit und Akzeptanz in der Bevölkerung. Es würde kein Gramm Kohlendioxid eingespart, wenn Anlagen in die Gegend gestellt würden, die dann nicht in Betrieb gehen, sagte ein Fraktionsmitglied. Der Koalitionspartner SPD indes mahnte indes, das Thema nicht zu verschleppen. Jetzt erst einmal nichts zu tun, das gehe nicht, sagte ein SPD-Abgeordneter. Die Regierung habe zugegeben, die Klimaziele für 2020 nicht erreichen zu können. Nun gehe es darum, die Lücke zumindest so weit wie möglich zu schließen; Netze könnten optimiert und so besser genutzt werden, insofern könnte man mit den Sonderausschreibungen loslegen, wenn man es denn wollte. "Wir werden in der zweiten Jahreshälfte Druck machen." Dem Gesetzentwurf werde die SPD gleichwohl nicht zustimmen, da sie auf das Wirken der Koalition vertraue. Für die Bundesregierung erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Christian Hirte (CDU), ein Netzausbau sei unverzichtbar. Ebenso seien Netzoptimierung und -verstärkung als Themen adressiert.

Die AfD-Fraktion erneuerte ihre Ablehnung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Weder gebe es Speicher für Wind- und Sonnenenergie, noch seien diese Technologien in der Bevölkerung akzeptiert. Ein Vertreter verwies außerdem auf die negativen Folgen für Landschaftsbild und Tourismus. Die FDP-Fraktion ging zwar nicht so weit, sah jedoch an allen Ecken und Enden Probleme. Im Moment gebe es viele Absichtserklärungen, aber wenig konkrete Wegesetappen hin zu einer Abkehr von konventionellen Energieträgern - einschließlich finanzieller Fragen. Letztlich aber werde Akzeptanz nicht nur eine Frage der Optik sein, warnte ein FDP-Abgeordneter. Auch der Preis werde die Stimmung unter Bürgern und Wirtschaft entscheidend beeinflussen. Die Linksfraktion bekräftigte ihr Ja zu einem Kohleausstieg und kündigte an, den Gesetzentwurf zu unterstützen.

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2. Koalition und Grüne fordern Abbiege-Hilfe

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen fordern eine schnelle Lösung des Problems des "toten Winkels" bei Lkw. In einem Antrag (19/2984), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht, fordern die Fraktionen die Bundesregierung auf, nationale Regelungen für eine schnelle Einführung von Lkw-Abbiegeassistenzsystemen zu prüfen und umzusetzen, "wenn eine europäische Lösung nicht zeitnah vereinbart werden kann".

Außerdem fordern die Abgeordneten, Investitionen in Abbiegeassistenzsysteme für Nutzfahrzeuge im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel verstärkt zu fördern, um die Marktdurchdringung der Systeme zu verbessern und damit die Verkehrssicherheit insbesondere in urbanen Räumen zu erhöhen. Dazu soll laut der Vorlage für mautpflichtige Nutzfahrzeuge, "bis zur verpflichtenden Einführung", auf das beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) angesiedelte De-minimis-Förderprogramm zurückgegriffen werden. Aber auch bei nicht-mautpflichtiger Nutzfahrzeuge müsse eine Förderung der Umrüstung geprüft werden.

Gleichzeitig soll sich die Bundesregierung nach den Vorstellungen der Fraktionen gegenüber der EU-Kommission und der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) "noch intensiver als bisher" dafür einsetzen, dass in den Typgenehmigungsvorschriften schnellstmöglich sicherheitswirksame technische Einrichtungen - wie etwa Abbiegeassistenzsysteme - nach dem Stand der Technik bei Nutzfahrzeugen ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht verpflichtend vorgeschrieben werden. Diese müssten Radfahrer oder Fußgänger im direkten Umfeld eines Nutzfahrzeugs erkennen, den Fahrzeugführer warnen und bei Bedarf eine Notfallbremsung einleiten, "sobald diese technisch ausentwickelt ist". Für alle schon im Verkehr befindlichen Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht müsse zudem auf EU-Ebene eine Nachrüstpflicht für Abbiegeassistenzsysteme vorgeschrieben werden.

In der Begründung des Antrages heißt es, CDU/CSU und SPD hätten sich in ihrem Koalitionsvertrag der "Vision Zero", also der Senkung der Zahl der Verkehrstoten auf null, verpflichtet. Das aktuelle "Verkehrssicherheitsprogramm 2011-2020" beschreibe hierzu verschiedene Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen. Ein wichtiger Baustein sei dabei das "Aktionsfeld Fahrzeugtechnik". Es lege einen Schwerpunkt auf die technischen Potenziale, die in diesem Bereich vorhanden sind, um Gefahren für Verkehrsteilnehmer abzuwenden. "Dazu gehören insbesondere Lkw-Abbiegeassistenten", schreiben die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Der Abbiegeassistent soll ihren Vorstellungen nach beim Abbiegen des Lkw eine Kollision mit Fußgängern oder Radfahrern verhindern. Hierzu müsse das System mittels Sensoren die Bereiche vor und neben dem Lkw überwachen und den Lkw-Fahrer warnen, wenn beim Anfahren oder während des Abbiegevorgangs sich ein Fußgänger oder ein Radfahrer dem Lkw nähert und die Gefahr einer Kollision besteht. Nach Angaben der Unfallforschung der Versicherer (UDV) könnten in Deutschland durch elektronische Abbiegeassistenten 60 Prozent der Unfälle mit getöteten oder schwer verletzten Radfahrern verhindert werden, heißt es in der Vorlage.

Die Umsetzung des Vorhabens erfordert jedoch nicht nur Maßnahmen auf nationaler Ebene. Ausländische Lkw würden in Deutschland immer weiter Marktanteile gewinnen, schreiben die Abgeordneten. Der Anteil "gebietsfremder Fahrzeuge" ab 7,5 Tonnen liege laut Mautstatistik des BAG bei mehr als 40 Prozent. "Daraus ergibt sich das dringende Erfordernis einer sofortigen europaweiten Regelung", heißt es in dem Antrag.

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3. Koalitionsantrag für ein Wolfsmanagement

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sprechen sich für ein bundesweit abgestimmtes Wolfsmanagement aus, das den Herausforderungen durch die Rückkehr des Wolfes gewachsen ist und den Schutz von Weidetieren gewährleistet. In einem Antrag (19/2981) fordern die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem dazu auf, die Arbeit der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) über den Herbst 2018 hinaus fortzuführen. Darüber hinaus soll geprüft werden, wie die ökologischen Leistungen der Wanderschäferei besser unterstützt werden können. Außerdem soll die Europäische Kommission aufgefordert werden, den Schutzstatus des Wolfes in Abhängigkeit von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um Bestandsreduktion zu ermöglichen.

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4. Zwangsarbeit in der Ostukraine

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung liegen keine eigenen Kenntnisse zu Zwangsarbeit in den abtrünnigen Gebieten in der Ostukraine vor. Das geht aus der Antwort (19/2547) auf eine Kleine Anfrage (19/2106) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation "Östliche Menschenrechtsgruppe", würden in den nicht-regierungskontrollierten Teilen der Gebiete Donezk etwa 3.500 Personen und Luhansk rund 3.000 Personen zur Arbeit in der Industrie eingesetzt. Berichte der Beobachtermission für die Ukraine des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR-MMU) würden belegen, dass in den nicht unter der Kontrolle Kiews stehenden Gebieten kein effektiver Rechtsschutz besteht. Insbesondere sei keine effektive Strafverteidigung gewährleistet. "In Fällen mit tatsächlichem oder vermeintlichem Bezug zum bewaffneten Konflikt ist im nicht-regierungskontrollierten Teil des Gebiets Donezk beispielsweise ausschließlich eine Kammer am letztinstanzlichen Gericht zuständig, gegen deren Urteile eine Berufung nicht möglich ist." Auch das Justizsystem des nicht-regierungskontrollierten Teils des Gebiets Luhansk sei unzureichend entwickelt.

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5. Sexuelle Gewalt bei Hilfseinsätzen

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung hat nach eigenem Bekunden Vorfälle sexualisierter Gewalt bei humanitären Einsätzen und in der Entwicklungszusammenarbeit zum Anlass genommen, die bestehenden Standards und Mechanismen ihrer Partnerorganisationen, darunter auch Nichtregierungsorganisationen, zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu überprüfen. Wie sie in der Antwort (19/2546) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2053) schreibt, seien Partnerorganisationen aufgefordert worden, eventuelle Schutzlücken zu schließen und ihre Mechanismen anerkannten Standards anzupassen. "Dazu gehören Regelungen zur Prävention, Aufdeckung und Aufarbeitung sexuellen Fehlverhaltens sowie entsprechende Vorschriften für lokale Partnerorganisationen." Die Bundesregierung begleite diesen Prozess und stimme sich dabei auch mit anderen Gebern ab.

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06. Westliche Luftschläge in Syrien
Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung verteidigt ihre Position zu den westlichen Militärschlägen Mitte April in Syrien. Wie sie in der Antwort (19/2375) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/2027) schreibt, halte sie an der Auffassung fest, "dass das Vorgehen von USA, Frankreich und Großbritannien am 14. April 2018 vor dem Hintergrund der vorangegangen Einsätze von Chemiewaffen durch das Assad-Regime gegen die eigene Bevölkerung in Anbetracht des Nichthandelns des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen auf diese schwere Völkerrechtsverletzung hin als eine gezielt, allein gegen im Zusammenhang mit dem Chemiewaffeneinsatz stehende Einrichtungen gerichtete Maßnahme erforderlich und angemessen war".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 462 - 27. Juni 2018 - 14.17 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2018

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