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BUNDESTAG/7336: Heute im Bundestag Nr. 486 - 04.07.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 486
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 4. Juli 2018, Redaktionsschluss: 16.28 Uhr

1. Chancengleichheit auf dem Land
2. Grundfinanzierung der Hochschulen
3. Grüne: Mobilitätsforschung stärken
4. Ausgründungen aus Forschungszentren
5. Stellung der Akkreditierungsgesellschaft
6. Nachforderungen von Kirchensteuern


1. Chancengleichheit auf dem Land

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Die Linke setzt sich für gleichwertige Lebensverhältnisse und Chancengleichheit im ländlichen Raum ein. Dazu legen die Abgeordneten einen Antrag (19/3164) vor, der eine bedarfsgerechte öffentliche Daseinsvorsorge überall in der Bundesrepublik fordert. Die Bundesregierung soll unter anderem "verlässliche und langfristig geltende Rahmenbedingungen" schaffen, die neue Formen der ländlichen Wirtschaft auch außerhalb des Agrarsektors hervorbringen und bisher ungenutzte Wertschöpfungspotentiale auf dem Land aktivieren. Dazu zählt auch die Versorgung mit einer "leistungsfähigen digitalen Infrastruktur" durch den flächendeckenden Ausbau der digitalen Netze mit Glasfaseranschlüssen. Außerdem soll das Ziel gesetzt werden, dass kein Schulkind länger als eine Stunde pro Tag für seinen Schulweg zurücklegen muss. Im Bereich der Sicherheit bei Polizei, Katastrophenschutz, Feuerwehr und Rettungsdienst soll die Präsenz staatlicher Strukturen in der Fläche gesichert sowie flächendeckend eine "hochwertige und wohnortnahe Gesundheits- und Pflegeversorgung" gewährleistet werden. Die Fraktion begründet ihren Antrag unter anderem damit, dass die Hälfte der Bevölkerung in ländlichen Regionen lebe.

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2. Grundfinanzierung der Hochschulen

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine "neue Dynamik für die Hochschulfinanzierung". In den letzten zehn Jahren seien zwar von Bund und Ländern erhebliche öffentliche Zusatzmittel in das Wissenschaftssystem investiert worden, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19(3143). Die Hauptprobleme des deutschen Wissenschaftssystems, die mangelnde Grundfinanzierung der Hochschulen und die unsicheren Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs, seien damit aber nicht behoben. So seien die Grundmittel pro Studenten zwischen 2007 und 2015 von 7.500 auf rund 6.600 Euro gesunken.

Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um die Nachfolge des Hochschulpakts, des Qualitätspakts Lehre sowie des Pakts für Forschung und Innovation eröffneten die Chance für eine Neuaufstellung der Wissenschaftsfinanzierung. Ziel müsse sein, dass Bund und Länder gemeinsam die Grundfinanzierung von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften dauerhaft verbessern.

Auch der Wissenschaftsrat, dessen Aufgabe es sei, die Regierungen von Bund und Ländern bei der strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung in den Bereichen Wissenschaft, Hochschulen und Forschung zu beraten, unterstreiche in seinem Positionspapier zur Zukunft des Hochschulpakts von April 2018, wie wichtig Finanzierungs- und Planungssicherheit seien, damit die Hochschulen verlässlich ausreichende, qualitativ hochwertige Lehr- und Studienangebote anbieten können.

Bund und Länder werden mit dem Hochschulpakt zwischen 2007 und 2023 gemeinsam rund 38 Milliarden Euro an Projektmitteln (davon rund 20 Milliarden vom Bund und rund 18 Milliarden von den Ländern) an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften gegeben haben. Trotz dieser großen gemeinsamen Anstrengung seien die deutschen Hochschulen im Vergleich der OECD-Länder deutlich unterfinanziert, schreiben die Grünen. Um auch in Zukunft ausreichend Studienplätze bei gleichzeitig hoher Qualität sicherstellen zu können, müssten Bund und Länder die Finanzierung guter Lehre und Forschung deshalb als gemeinsame Aufgabe begreifen und diese wichtigen Zukunftsinvestitionen gemeinschaftlich finanzieren. Dies gelte umso mehr, da aktuellen Prognosen zufolge die hohe Nachfrage nach Studienplätzen in den kommenden Jahrzehnten anhalte und dauerhaft über dem Niveau des Jahres 2005 bleiben werde.

Nach den Vorstellungen der Grünen soll der Pakt für Forschung und Innovation künftig mit einem jährlichen Aufwuchs von mindestens drei Prozent fortgeführt werden. Gleiches müsse auch für den Hochschulbereich nachvollzogen werden. Die Nachfolgevereinbarung zum Hochschulpakt soll mit einem jährlichen Aufwuchs von mindestens drei Prozent dynamisiert werden. Das wäre nach Ansicht der Grünen ein wichtiger gemeinsamer Beitrag von Bund und Ländern, damit sich die Schere zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften nicht weiter öffne. Zudem müsse der qualitative Ausbau der Hochschulen weitergehen, damit flächendeckend beste Lehr- und Studienbedingungen herrschen. Sinnvoll wäre nach Ansicht der Grünen, Mindeststandards für Betreuungsrelationen und die Stärkung der Hochschuldidaktik und Weiterbildung im Bereich Lehrkompetenz zu verabreden. Erfolgreiches Studieren erfordere nicht nur eine verlässliche soziale Infrastruktur auf dem Campus, sondern auch Bauten und Ausstattung, die auf der Höhe der Zeit seien.

Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften müssten in die Lage versetzt werden, ihr gesamtes Potenzial als Denkwerkstätten und Kreativlabore der Zukunft entfalten zu können. Seit 2015 bestehe mit dem reformierten Grundgesetzartikel 91b der verfassungsrechtliche Spielraum, dass Bund und Länder gemeinsam einen dauerhaften Beitrag zur Hochschulfinanzierung leisten können und nicht mehr ausschließlich auf eine projektförmige Finanzierung angewiesen seien.

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3. Grüne: Mobilitätsforschung stärken

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Mobilitätsforschung vorantreiben und ganze Städte und ländliche Regionen als Experimentierräume fördern, um dort ganzheitliche und substantielle Veränderungen im Sinn einer umwelt- und klimagerechten Verkehrswende zu ermöglichen. Das schreibt die Fraktion in einem Antrag (19/3160).

Es werde in Deutschland bereits an verschiedensten Zukunftstechnologien im Mobilitätsbereich geforscht, doch es hapere am zügigen Erkenntnis- und Technologietransfer in die Praxis. Damit die Menschen möglichst schnell von Innovationen profitieren, müssten innovative Mobilitätskonzepte schneller aus dem Labor auf Straße, Schiene und Radweg gelangen. Dafür fehle oft das richtige Umfeld. Experimentierräume in Stadt und Land könnten genau das bieten. In ihnen könnten wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Mobilitätsforschung durch eine enge Kooperation von Politik und Verwaltung mit Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft direkt zur Anwendung gebracht werden und unbürokratisch ausprobiert werden.

Das Forschungsfeld der Mobilität biete sich für die Schaffung von Experimentierräumen zum einen darum an, weil der Handlungsdruck in diesem Bereich sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum besonders hoch sei. Zum anderen, weil der Forschungsstand an einem Punkt sei, an dem es jetzt ums Weiterentwickeln gehe. So schaffe die Digitalisierung ganz neue Möglichkeiten, mehrere Verkehrsträger für eine Strecke intelligent zu nutzen und so die berühmte letzte Meile zu überwinden (zum Beispiel durch Sharing-E-Bike, E-Roller und ÖPNV). Auch ließen sich, beispielsweise durch den flächendeckenden Einsatz von Carsharing und intelligenter Verkehrssteuerung, große Effizienzgewinne erzielen. Zudem entstünden aktuell komplett neue Geschäftsmodelle im Mobilitätsbereich. Auch die Frage, wie eine Stadt eine Ladeinfrastruktur für einen relevanten Anteil von E-Fahrzeugen bereitstellen könne, werde in der Theorie ausführlich diskutiert, aber bisher nicht dem Praxistest unterzogen. In Oslo gäbe es längst intelligente Parkhäuser, die nachts dafür sorgen, dass parkende Fahrzeuge nicht alle gleichzeitig aufgeladen werden.

In ihrem Koalitionsvertrag würden auch CDU, CSU und SPD die Notwendigkeit von Experimentierräumen benennen, um "innovative technische Systeme und neue Geschäftsmodelle zu erproben". Dieser Ankündigung müsse jetzt ein ausformuliertes Konzept folgen. Trotz Dieselskandals und drohenden Fahrverboten habe es die Bundesregierung in den letzten Jahren versäumt, durch deutliche Innovationsanreize saubere Mobilität für die Städte voranzutreiben. Ein Dieselforum folge auf das nächste, aber dies führe bisher nicht zu substantiellen Verbesserungen. Das von der Bundesregierung beschlossene Sofortprogramm "Saubere Luft" werde voraussichtlich keinen signifikanten Beitrag zur Luftreinhaltung in den Städten leisten und sei vom Deutschen Städtetag entsprechend als "unzureichend" bewertet worden.

Die Schaffung von Erprobungs- und Forschungsräumen in einer substantiellen Größe könne nach Auffassung der Grünen einen entscheidenden Beitrag leisten, um die Städte und den ländlichen Räume zukunftsfähig zu machen. Darüber hinaus führe die Förderung solcher Experimentierräume dazu, dass das Leben und Wirtschaften in Stadt und Land dauerhaft ökologisch verträglicher, sozial gerechter und ökonomisch tragfähiger als heute sein werde.

Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, gegebenenfalls mit weiteren Partnern bis zu fünf Städte oder ländliche Regionen mit jeweils bis zu 75 Millionen Euro zu unterstützen, damit diese weithin sichtbare, innovative Mobilitätslösungen entwickeln können. Es soll sichergestellt werden, dass die Finanzmittel sowohl für inter- und transdisziplinäre (Begleit-)Forschung als auch für konkrete Umsetzungsmaßnahmen (zum Beispiel Mobilitätstechnologien, Infrastrukturmaßnahmen, städtebauliche Maßnahmen) genutzt werden können.

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4. Ausgründungen aus Forschungszentren

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Von 2005 bis 2016 sind durchschnittlich etwa 40 Ausgründungen aus den außeruniversitären Forschungsorganisationen erfolgt. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/3057) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/2084).

Im Mittel hätten sich aus der Max-Planck-Gesellschaft im Zeitraum 2005 bis 2016 jährlich rund fünf Unternehmen ausgegründet. Im Zeitraum von 2005 bis 2016 seien in der Leibniz-Gemeinschaft durchschnittlich rund sechs Unternehmen pro Jahr gegründet worden. Bei den Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren würden derzeit durchschnittlich pro Jahr 19 bis 20 junge High-Tech-Unternehmen ausgegründet (Zeitraum 2013 bis 2016). Dies entspreche einer Verdopplung im Vergleich zum Zeitraum 2005 bis 2012. Im Zeitraum von 2005 bis 2016 betrage die Zahl der durchschnittlichen jährlichen Gründungen rund 13. Bei der Fraunhofer-Gesellschaft betrage die durchschnittliche Anzahl an Ausgründungen pro Jahr für die Jahre 2005 bis 2016 rund 16.

Die FDP hatte in ihrer Kleinen Anfrage angeführt, dass der KfW-Gründungsmonitor vom Mai 2017 bezogen auf Zahlen aus dem Jahr 2016 einen neuen Tiefstwert bei Gründungen aufgezeigt habe. Die Abgeordneten hatten dabei unterstrichen, dass es aber gerade Gründer seien, die neue Beschäftigungsverhältnisse, Innovationen bei Produkten, Prozessen, Dienstleistungen sowie neuen Geschäftsmodellen initiierten und damit auch Wohlstand im Land schaffen und sichern würden. Unternehmensgründungen leisteten wichtige Beiträge zur Erhöhung der Produktivität und zum Wirtschaftswachstum.

Ausgründungen (spin-offs aus Forschungseinrichtungen) stellten einen höchsteffektiven Transferkanal dar, da hier die wirtschaftliche Nutzung von Forschungsergebnissen von jenen Personen genutzt werde, die an deren Entwicklung maßgeblich mitgewirkt hätten, wissend, dass die Forschungseinrichtungen das geistige Eigentum besitzen.

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5. Stellung der Akkreditierungsgesellschaft

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung will nationale Regelungen zu Akkreditierungen per Gesetz mit entsprechenden EU-Verordnungen abgleichen. Vorgesehen sei, dass spätestens bis Ende 2018 ein Gesetzentwurf dazu in Kraft trete, schreibt die Bundesregierung in der Antwort (19/2974) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/2619). Konkret geht es darum, dass einzig die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) Konformitätsbewertungsstellen prüfen und bewerten darf - also entscheidet, wer zertifizieren darf. Laut EU darf es je Mitgliedstaat nur eine Akkreditierungsstelle geben. Mit dem Gesetz soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um andere, parallele Akkreditierungsstellen in Deutschland verbieten zu können.

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6. Nachforderungen von Kirchensteuern

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Nachforderungen von Kirchensteuern an Bürger der ehemaligen DDR, die längst aus der Kirche ausgetreten waren, macht die AfD-Fraktion zum Thema einer Kleinen Anfrage (19/2917). Die Fraktion will erfahren, wie sich die Einnahmen aus der Kirchensteuer seit 1990 und wie sich der Anteil der Kirchenmitglieder in diesem Zeitraum entwickelt haben. Weitere Fragen betreffen Möglichkeiten früherer DDR-Bürger, ihren Kirchenaustritt nachzuweisen, auch wenn sie den Austritt nicht durch Dokumente nachweisen können. Auch soll die Bundesregierung angeben, in wie vielen Fällen Kirchensteuern nachgefordert wurden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 486 - 4. Juli 2018 - 16.28 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2018

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