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BUNDESTAG/7736: Heute im Bundestag Nr. 888 - 19.11.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 888
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 19. November 2018, Redaktionsschluss: 16.04 Uhr

1. Starke Kritik an Sonderabschreibung
2. Kommunal-Kombi kein Erfolg
3. Grundsicherung im Alter
4. Mehr als sieben Millionen Minijobber
5. Atypische Arbeitszeiten


1. Starke Kritik an Sonderabschreibung

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die im Rahmen der Wohnbauoffensive der Bundesregierung zur Schaffung von 1,5 Millionen Wohnungen vorgesehene Sonderabschreibung für den Bau neuer Mietwohnungen ist von Sachverständigen zum Teil scharf kritisiert worden. So bezweifelte Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses, dass die Maßnahme dort für zusätzliche Neubauinvestitionen sorgen werde, wo sie nachgefragt werden. Außerdem bezweifelte er, dass Wohnraum zu bezahlbaren Mieten geschaffen werden könne. Zu befürchten seien hingegen hohe Mitnahmeeffekte, weiter steigende Bau- und Immobilienpreise sowie räumliche Fehllenkungen. Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) warnte in der Anhörung davor, in Zeiten einer konjunkturellen Hochphase zum Mittel der zeitlich begrenzten Sonderabschreibung zu greifen. Dies könne zu weiter steigenden Baupreisen führen. Besser seien längerfristige Maßnahmen

Der von der Regierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (19/4949, 19/5417) sieht die Einführung einer bis Ende des Jahres 2021 befristete Sonderabschreibung in Höhe von fünf Prozent pro Jahr vor. Die Sonderabschreibung soll zusätzlich zur bestehenden linearen Abschreibung gewährt werden. Die Kosten werden von der Regierung für das Jahr 2020 mit fünf Millionen Euro, für das Jahr 2021 mit 95 Millionen Euro und für 2022 mit 310 Millionen Euro angegeben. Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen, um den Bau bezahlbarer Mietwohnungen anzuregen. Außerdem muss die Wohnung im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Ziel der Maßnahme sei, möglichst zeitnah private Investoren zum Neubau von Mietwohnungen anzuregen, wird in der Begründung des Gesetzentwurfs erläutert. Gefördert würden mit der Sonderabschreibung aber auch Maßnahmen zur Schaffung neuer Wohnungen in bestehenden Gebäuden.

In der von der Ausschussvorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Anhörung erklärte Michelsen weiter, er halte es für unwahrscheinlich, dass gerade in Städten mit großer Wohnraumknappheit "die Förderung zusätzlichen Neubau auf unbebauten Flächen anreizt". Ein Impuls könne allenfalls von der Förderung von Bestandsmaßnahmen ausgehen. So seien die Potenziale der Nachverdichtung noch nicht ausgeschöpft.

Aus anderen Gründen übten Verbände wie "Haus und Grund" Kritik an den Regierungsplänen. Die Höhe der Abschreibung sei im Hinblick auf das verfolgte Ziel der Wohnraumschaffung angesichts der weiter steigenden Baukosten unzureichend. Praxisfern sei auch die Begrenzung der Anschaffungs- und Herstellungskosten auf maximal 3.000 Euro pro Quadratmeter, kritisierten auch ZIA und andere Sachverständige. Weitaus effektiver ist es nach Ansicht von Haus und Grund, die lineare Abschreibung von derzeit zwei Prozent zu erhöhen. Auch der Bundesverband deutscher Immobilien- und Wohnungsunternehmen (GDW) forderte die Anhebung der linearen Abschreibung auf drei Prozent. Sonderabschreibungen wie sie die Regierung vorschlage würden nur einen kurzfristigen Effekt bieten und die Gefahr bergen, "in der ohnehin völlig überhitzten Baukonjunktur zu verpuffen". Notwendig seien Signale, die auch das Baugewerbe motivieren würden, die Kapazitäten dauerhaft zu erweitern.

Auch der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) kritisierte unter anderem die von der Regierung geplante Kostenobergrenze. Es gebe angesichts zunehmender Singularisierung einen wachsenden Bedarf an kleinen Wohnungen. Kleine Wohnungen zu bauen bedeute einen höheren Aufwand wegen des kostenintensiven technischen Ausbaus. Gerade hier könnte ein Hebel zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus liegen, indem die förderfähige Fläche je Wohneinheit begrenzt werde, so der BFW. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft verwiesen in einer gemeinsamen Stellungnahme auf stark gestiegene Baukosten und die deutlich gestiegene Grunderwerbsteuer, die die Schaffung günstigen Wohnraums erschweren würden. Der Mangel an günstigem Bauland und die langen Genehmigungsverfahren seien zudem große Investitionshemmnisse. Die gute Auslastung des Baugewerbes und der Fachkräftemangel würden es den Betrieben erschweren, zusätzliche Kapazitäten aufzubauen. Daher, so betonte der Zentralverband des deutschen Handwerks, werde das Gesetz nicht die gewünschten Effekte haben. Auch für die UTB Projektmanagement GmbH wird das Ziel des Gesetzes wegen fehlender Kapazitäten der Bauwirtschaft nicht erreicht werden.

Der Deutsche Mieterbund vermisste eine Mietobergrenze in dem Entwurf: "Damit kann nicht sichergestellt werden, dass die steuerlich geförderten Mietwohnungen nach Fertigstellung tatsächlich im bezahlbaren Mietsegment angeboten werden." Die "zwingend notwendige" Mietobergrenze könne sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt erklärte in ihrer Stellungnahme, die für die Sonderabschreibung vorgeschriebenen Mittel sollten besser für die direkte Förderung der Schaffung von Sozialwohnungen eingesetzt werden.

Der Bundesrechnungshof erklärte in seiner Stellungnahme, die Neuregelung sei für die Finanzämter nur schwer nachzuvollziehen und werde mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden sein. Außerdem sah der Bundesrechnungshof Probleme bei der Vereinbarkeit mit europäischem Recht. Professor Frank Hechtner (Technische Universität Kaiserslautern) erklärte, von Sonderabschreibungen könnten grundsätzlich konjunkturelle Impulse ausgehen. In der aktuellen Situation erwarte er das von dieser geplanten Maßnahme jedoch nicht. Infolge der Niedrigzinsphase würden ohnehin bereits ökonomische Anreize bestehen, Investitionen in Neubauten für Wohnzwecke vorzunehmen.

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2. Kommunal-Kombi kein Erfolg

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Die Inanspruchnahme des Bundesprogramms Kommunal- Kombi blieb deutlich hinter den politischen Erwartungen zurück. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/5535) auf eine Kleine Anfrage (19/4677) der AfD-Fraktion. Vor allem die Verpflichtung der strukturschwachen Kommunen beziehungsweise Länder zur Kofinanzierung der zusätzlichen Arbeitsplätze stellte eine nur schwer überwindbare Hürde auf dem Weg zu einer größeren Auslastung des Programms dar. Auf individueller Ebene seien Lock-in, Substitutions- und Verdrängungseffekte zu beobachten gewesen, schreibt die Regierung. Das Bundesprogramm startete 2008 und war bis Ende 2012 befristet.

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3. Grundsicherung im Alter

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Die Zahl der nicht deutschen Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung belief sich im Jahr 2017 auf 188.872. Das geht aus der Antwort (19/5680) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/5213) der AfD-Fraktion hervor. Demnach waren davon 38.216 EU-Ausländer.

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4. Mehr als sieben Millionen Minijobber

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Im März 2018 gab es in Deutschland rund 7,6 Millionen geringfügig entlohnte Beschäftigte. Darunter waren 4,7 Millionen ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte und 2,8 Millionen im Nebenjob geringfügig entlohnte Beschäftigte. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/5462) auf eine Kleine Anfrage (19/4681) der Fraktion Die Linke. Auf 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte kommen demnach 14 Minijobber. Aus der Antwort geht ferner hervor, dass 260.000 Menschen mit Minijob mindestens noch eine weitere solch geringfügig entlohnte Beschäftigung ausübten.

Zu den beruflichen Qualifikationen der Minijobber heißt es in der Antwort, dass 22 Prozent der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten über keinen Berufsabschluss, 42 Prozent über einen anerkannten (nicht-akademischen) Berufsabschluss und sechs Prozent über einen akademischen Berufsabschluss verfügten. Bei den 2,8 Millionen im Nebenjob geringfügig entlohnten Beschäftigten hatten demnach 15 Prozent keinen Berufsabschluss, 67 Prozent einen anerkannten Berufsabschluss und zehn Prozent einen akademischen Berufsabschluss.

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5. Atypische Arbeitszeiten

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Rund 24 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiteten im Jahr 2017 ständig oder regelmäßig am Wochenende. Das geht aus der Antwort (19/5657) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/5246) der Fraktion Die Linke hervor. Darin heißt es weiter, dass rund 18 Prozent der Beschäftigten ständig beziehungsweise regelmäßig abends und rund fünf Prozent ständig beziehungsweise regelmäßig nachts arbeiteten. Von Schichtarbeit waren demnach 14 Prozent der Beschäftigten (fünf Millionen) betroffen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 888 - 19. November 2018 - 16.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. November 2018

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