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BUNDESTAG/8382: Heute im Bundestag Nr. 521 - 08.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 521
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 8. Mai 2019, Redaktionsschluss: 12.55 Uhr

1. Mehr Hilfe für behinderte Patienten nötig
2. Experten: BAföG-Reform nicht ausreichend
3. Stand beim Gebäudeenergiegesetz
4. Ölreserven und Mineralölverbrauch
5. Verkauf von Technologie-Spezialisten


1. Mehr Hilfe für behinderte Patienten nötig

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Der Zugang von Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen zur Gesundheitsversorgung ist nach Einschätzung von Experten nach wie vor unzureichend. In einem Expertengespräch des Gesundheitsausschusses forderten die Fachleute am Mittwoch im Bundestag mehr Rücksicht auf die Belange dieser speziellen Patientengruppe, für die eine adäquate Versorgung oft schwierig und bisweilen unmöglich erscheine.

Rolf Erdmann vom Deutschen Schwerhörigenbund (DSB) schilderte im Ausschuss die Probleme von schwerhörigen und tauben Menschen in Arztpraxen, Krankenhäusern und Seniorenheimen. In vielen Einrichtungen gebe es keine Hilfen für hörbeeinträchtigte Patienten, etwa Schriftdolmetscher oder schriftliche Hinweise. Auch sei oft das Personal ohne spezielle Schulung mit diesen Patienten überfordert. Ein Schulungskonzept auch für Pflegeheime wäre sinnvoll.

Erdmann, der selbst taub ist und im Ausschuss mit Schriftdolmetscherin arbeitete, sagte, es gehe nicht immer um Zugangsbarrieren, sondern um Nutzungsbarrieren. In Gesundheitseinrichtungen müsse das Zwei-Sinne-Prinzip eingehalten werden.

Ines Verspohl vom Sozialverband VdK erinnerte daran, dass nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch ältere Leute Probleme hätten, in Arztpraxen zu kommen. Auch Kliniken seien nicht überall barrierefrei. Behinderte Patienten würden überdies oft als schwierig und zeitaufwendig eingestuft, Therapeuten seien mit ihnen überfordert. Menschen mit Einschränkungen dürften aber nicht in Sondersysteme abgeschoben werden. Verspohl sprach sich dafür aus, Arztpraxen schrittweise und gezielt so anzupassen, dass überall ein Angebot zur Verfügung stehe. Sie fügte hinzu, auch die elektronische Patientenakte müsse barrierefrei konzipiert werden.

Bernhard Gibis von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) räumte die Defizite ein, gab aber zu bedenken, dass barrierefreie Praxen viel Geld kosteten. Die Aufwendungen lägen zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Aus seiner Sicht könnten nicht alle Praxen barrierefrei umgestaltet werden, jedoch sollte verlässlich auf solche Angebote hingewiesen werden. Der zusätzliche Aufwand müsse überdies anerkannt und im Vergütungssystem für die Mediziner berücksichtigt werden.

Brigitte Faber vom Verein Weibernetz, einer Interessenvertretung für behinderte Frauen, beklagte, dass in der medizinischen Versorgung die geschlechterspezifischen Belange zu kurz kämen. Ärzte hätten oft keine Kenntnisse zur Behandlung behinderter Mädchen und Frauen etwa bei Schwangerschaft oder Verhütung. Sie forderte eine geschlechtergerechte Forschung und Ausbildung von Ärzten. Von einer gleichwertigen Versorgung oder gar einer freien Arztwahl könne derzeit keine Rede sein.

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2. Experten: BAföG-Reform nicht ausreichend

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Die geplante BAföG-Novelle war am Mittwochvormittag Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in Berlin. Die Mehrzahl der Sachverständigen lobte den Vorstoß der Bundesregierung zwar, kritisierte aber, dass die Reform (26. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes) nicht weit genug geht.

Die Bundesregierung plant, die BAföG-Bedarfssätze jeweils zu Beginn des Schuljahres beziehungsweise des Wintersemesters 2019 um fünf Prozent und 2020 um zwei Prozent anzuheben - bei "überproportionaler Anhebung des Wohnzuschlags", der für auswärts wohnende Studenten künftig 325 Euro betragen soll. Der BAföG-Höchstsatz soll 2020 bei 861 Euro liegen, derzeit sind es 735 Euro. Die Einkommensfreibeträge sollen im Jahr 2019 um zunächst sieben Prozent und im Jahr 2020 um drei Prozent sowie im Jahr 2021 um sechs Prozent erhöht werden.

Sonja Bolenius vom Bundesvorstand Deutscher Gewerkschaftsbund, kritisierte, dass die staatliche Finanzierung des BAföG seit Jahren ausblute. Die Zahl der Geförderten sei seit der letzten BAföG-Novellierung zwischen 2014 und 2017 weiter um 18.000 Menschen gesunken. Die vorgelegten Änderungen würden nicht ausreichen, um eine Trendwende im BAföG einzuleiten.Sonja Bolenius vom Bundesvorstand Deutscher Gewerkschaftsbund, kritisierte, dass die staatliche Finanzierung des BAföG seit Jahren ausblute. Die Zahl der Geförderten sei seit der letzten BAföG-Novellierung zwischen 2014 und 2017 weiter um 18.000 Menschen gesunken. Die vorgelegten Änderungen würden nicht ausreichen, um eine Trendwende im BAföG einzuleiten.

Stefanie Busch, Hochschulrektorenkonferenz, begrüßte grundsätzlich den Entwurf, forderte aber eine kontinuierliche Anpassung an die Bedarfssätze und Freibeträge. Ferner setzte sie sich für die Aufhebung der Altersgrenze ein. Michael Cordes, Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), äußerte wie auch schon Sonja Bolenius Zweifel daran, ob die Erhöhungen ausreichen. Er verwies auf steigende Mieten, erhöhte Ausgaben für Fahrkosten und Gesundheit. Auch Kevin Kunze, Vertreter des freien zusammenschluss von student*innenschaften (fzs), trat für eine stärkere Erhöhung der Sätze ein und betonte, dass das BAföG soziale Unterschiede ausgleichen soll. Der Wille, eine echte Verbesserung zu erzielen, lasse sich im Regierungsentwurf nicht feststellen. Auch Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, machte deutlich, um eine echte Trendwende zu schaffen müssten die Altersgrenzen abgeschafft werden, das Teilzeitstudium gefördert werden und die Förderungshöchstdauer verlängert werden. Dass sich diese Punkte nicht im Entwurf wiederfinden, sei um so erstaunlicher, da nur 37 Prozent der Studenten ihr Studium in der Regelstudienzeit beenden würden. Ulrich Müller, Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), betonte, dass es nicht nur um die finanzielle Dimension des BAföG ginge, sondern die BAföG-Krise auch eine konzeptionelle sei. Es müsse eine Neuausrichtung auf strukturell veränderte Bildungsinteressen, Bildungsteilnehmer und Bildungsbiographien geben.

Einen anderen Schwerpunkt setzte Birgit Niepmann, die vor dem Ausschuss nicht als Direktorin des Amtsgerichts Bonn sondern als langjährige Familienrichterin sprach. Sie bewertete die geplanten Erhöhungen als ausreichend und lobte, dass weiterhin das Subsidaritätsprinzip gewahrt bleibe. Die Finanzierung eines Studiums sei in erster Linie Sache der Eltern, erst wenn diese dazu nicht in der Lage seien, soll der Staat einspringen. Axel Spieldenner vom Bundesverwaltungsamt, lobte, dass durch die Rückzahlungsmodalitäten die Angst vor einer Verschuldung zumindest in Teilen entgegen gewirkt werde. Der vorliegende Gesetzentwurf bietet nun bei nicht ausreichendem Einkommen einen kompletten Erlass an. Katja Urbatsch von der gemeinnützigen Organisation ArbeiterKind.de, forderte unter anderem, gerade Erstakademikern in ihrer Familie in Umfang, Höhe und Dauer eine stärkere Unterstützung zu bieten. Zudem sollte für alle die Antragstellung vereinfacht werden. Henrik Wärner, Bundesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten, sprach sich unter anderem dafür aus, den Leistungsgedanken beim BAföG stärker zu berücksichtigen und denjenigen, die ihr Studium besonders gut und zügig abschließen, einen Teil oder sogar die gesamte der BAföG-Schuld zu erlassen.

Neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/8749) lagen der Anhörung auch der Antrag der AfD (19/8990), der FDP (19/8956) und der Linken (19/8967) zugrunde.

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3. Stand beim Gebäudeenergiegesetz

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Der Entwurf für ein Gebäudeenergiegesetz (GEG) befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Das geht aus der Antwort (19/9775) auf eine Kleine Anfrage (19/8819) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. In dem Gesetz sollten das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammengeführt werden, erklärt die Bundesregierung weiter. "Das GEG und die energetischen Anforderungen an Gebäude, die wirtschaftlich vertretbar sein müssen, werden ihren Beitrag dazu leisten, dass Energieeffizienz und Klimaschutz bei Gebäuden wirtschaftlich, umweltfreundlich und sozial umgesetzt werden."

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4. Ölreserven und Mineralölverbrauch

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Der Wert staatlicher Ölreserven beläuft sich auf knapp 11 Milliarden Euro. Dies geht aus der Antwort (19/9524) auf eine Kleine Anfrage (19/8812) der FDP-Fraktion hervor. Stichtag der Erhebung war der 28. Februar 2019. Die Reserven verteilen sich den Angaben zufolge auf alle Bundesländer mit Ausnahme des Saarlandes. Die Pflichtvorräte entwickelten sich in den vergangenen Jahren relativ konstant und liegen für das Wirtschaftsjahr 2018/2019 bei 24,1 Millionen Tonnen insgesamt. Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, lag der Mineralölverbrauch in Deutschland 2018 nach vorläufigem Stand bei 101,1 Millionen Tonnen.

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5. Verkauf von Technologie-Spezialisten

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Der Verkauf des Hochtechnologie-Spezialisten Coriant an den US-Konzern Infinera ist Gegenstand der Antwort (19/9681) auf eine Kleine Anfrage (19/9218) der Fraktion Die Linke. Darin erklärt die Bundesregierung, die Entwicklungen in Bezug auf den Berliner Standort von Infinera sehr aufmerksam zu verfolgen. Bislang habe es keine Gespräche mit der Geschäftsführung oder der Werksleitung von Infinera gegeben.

Die Bundesregierung prüft derzeit auf Basis von Informationen, die in Ministerien vorliegen, und öffentlich zugänglichen Dokumenten, ob die Transaktion hätte gemeldet werden müssen. Meldepflichtig ist ein Kauf beispielsweise, wenn es um kritische Infrastruktur und sicherheitsrelevante Fragen geht.

Nach Ansicht der Abgeordneten drohen Sicherheitslücken in der digitalen Infrastruktur, sollte der Berliner Standort von Coriant tatsächlich geschlossen und die Produktion ins Ausland verlegt werden, Grund dafür seien mangelnde Wartungsarbeiten und fehlende Sicherheitsvorkehrungen. Mit dem Verschwinden von Coriant würde sich Deutschland beim Aufbau der 5G-Technologie weitgehend von ausländischen Glasfasertechnik-Herstellern abhängig machen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 521 - 08. Mai 2019 - 12.55 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2019

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