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BUNDESTAG/8508: Heute im Bundestag Nr. 651 - 05.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 651
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 5. Juni 2019, Redaktionsschluss: 14.06 Uhr

1. Anträge zum Kohleausstieg abgelehnt
2. Kampf gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten
3. Wissenschaftspakte schaffen Sicherheit
4. Kinderrechte im Grundgesetz
5. FDP will Update für Schuldenbremse


1. Anträge zum Kohleausstieg abgelehnt

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung hat ihr Bekenntnis zu den Ergebnissen der Kohle-Kommission bekräftigt. Man werde den Bericht in seinen Punkten so umsetzen, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Oliver Wittke (CDU), im Wirtschaftsausschuss am Mittwoch. Auch die Revisionsklauseln würden berücksichtigt. Gleichzeitig bleibe es bei der Reihenfolge, zunächst den Menschen in den betroffenen Regionen eine Perspektive zu geben und in einem zweiten Schritt den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu forcieren. Nach der Sommerpause solle demnach ein Gesetzentwurf eingebracht werden, der den Strukturwandel regelt und konkrete Fragen zu dessen Ausgestaltung beantwortet. Ein Kohleausstiegsgesetz werde in der zweiten Jahreshälfte vorgelegt, sagte Wittke.

Der Ausschuss beschloss in dem Zusammenhang die Ablehnung mehrerer Oppositionsanträge rund um das Thema. Weder der AfD-Antrag "Deindustrialisierung Deutschlands stoppen - Ausstieg aus dem Kohleausstieg" (19/7720) noch der Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Kohleausstieg mit Verantwortung und Weitsicht - Sicher, bezahlbar und europäisch", der Linksfraktion-Antrag für einen schnellen und sozialgerechten Ausstieg (19/7703) oder der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu einem sofortigen Einstieg in den Ausstieg (19/7733) fanden eine Mehrheit.

Vertreter der Regierungsfraktionen erklärten dazu, mit der Verabschiedung von Eckpunkten des Strukturstärkungsgesetzes sei inzwischen ein Sofortprogramm auf den Weg gebracht. Die AfD-Fraktion bekräftigte ihr Nein zum Ausstieg aus der Kohleverstromung, während ein Vertreter der FDP-Fraktion mahnte, das Vertrauen der Wirtschaft wiederzuerlangen. Ein Abgeordneter der Linksfraktion erklärte, Nichtstun sei die teuerste Option, während die Grünen die Bundesregierung zum schnellen Handeln aufriefen.

Zur Kenntnis nahm der Ausschuss einen als Unterrichtung vorgelegten Bericht des Bundesrechnungshofs über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundeswirtschaftsministerium (19/4550), in dem die Behörde dem Ministerium Versagen vorwirft.

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2. Kampf gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Schmidtke (CDU), hat im Gesundheitsausschuss des Bundestages ihre Arbeitsschwerpunkte erläutert. Es gehe ihr im Wesentlichen um Qualität, Sicherheit und Transparenz im Gesundheitswesen, sagte die Ärztin, die seit Januar 2019 im Amt ist, am Mittwoch im Ausschuss.

Als einen Schwerpunkt nannte die Herzchirurgin den Kampf gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieser "Volkskrankheit" fielen in Deutschland jährlich mehr als 300.000 Menschen zum Opfer. Die Zahl der Todesfälle liege damit höher als bei Krebserkrankungen. Ein Expertengremium befasse sich mit Empfehlungen für eine bessere Versorgung dieser Patientengruppe.

Schmidtke sprach sich ferner für eine Stärkung der geschlechtergerechten Gesundheitsversorgung aus. So gebe es beispielsweise Unterschiede zwischen Frauen und Männern, was Symptome und Therapien bei einem Herzinfarkt betrifft. Bei solchen geschlechtsspezifischen Unterschieden sei mehr Aufklärung nötig.

Was die Sicherheit betrifft, nannte Schmidtke die Versorgung mit Arzneimitteln und Implantaten. Das geplante Implantateregister werde mehr Sicherheit bringen, vorausgesetzt, es würden möglichst schnell viele Produkte aufgenommen.

Chancen biete auch die Digitalisierung, jedoch sei klar, dass die sensiblen Gesundheitsdaten sicher sein müssten und den Patienten gehörten, die selbst entscheiden könnten, für wen sie ihre Daten sichtbar machen wollten. Die Nutzung der geplanten elektronischen Patientenakte (ePA) müsse freiwillig sein.

Nach Ansicht Schmidtkes ist das Gesundheitssystem so komplex, dass viele Patienten nicht überblicken könnten, welche Leistungen ihnen zustünden. Aufklärung und Information seien daher besonders wichtig, hier seien auch Ärzte und Krankenkassen gefordert. Das Ziel sei der mündige Patient, der über die Behandlung mitentscheiden dürfe. Aus ihrer Sicht sinnvoll wäre überdies ein "Patientenlotse", der sich auch um bürokratische Fragen kümmern sollte.

Thema in der Aussprache war auch die künftige Gestaltung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD).

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3. Wissenschaftspakte schaffen Sicherheit

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Bund und Länder hatten in einer Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 3. Mai eine Einigung zu den drei Wissenschaftspakten - "Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken" (Nachfolge Hochschulpakt), Pakt für Forschung und Innovation IV, "Innovation in der Hochschullehre" (Nachfolge Qualitätspakt Lehre) - bis 2030 erzielt. Das begrüßte die Mehrheit der Fraktionen in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag. Die FDP kritisierte scharf, dass es bei so einer langen Festlegung zu wenige Sanktionsmöglichkeiten durch den Bund gebe.

Insgesamt stellen Bund und Länder 160 Milliarden Euro bereit. Auf den bisherigen Hochschulpakt soll der "Zukunftsvertrag Studium und Lehre" folgen. Damit sollen die Qualität von Studium und Lehre verbessert werden, ein bedarfsgerechter Erhalt von Studienkapazitäten und Planungssicherheit für Hochschulen geschaffen werden. Der Zukunftsvertrag sieht bis 2023 jährlich eine gemeinsame Investition von Bund und Ländern in Höhe von rund 3,8 Milliarden Euro und ab 2024 jährlich insgesamt 4,1 Milliarden Euro vor.

Mit dem "Pakt für Forschung und Innovation" stellten Bund und Länder von 2021 bis 2030 insgesamt rund 120 Milliarden Euro für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen bereit. So soll die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wissenschaft geschaffen werden und die strategische Weiterentwicklung der Wissenschaftsorganisationen erreicht werden.

Beim dritten Pakt "Innovation in der Hochschullehre" (Nachfolge des Qualitätspakts Lehre) soll die Förderung der Weiterentwicklung der Hochschullehre und ihre Stärkung im Hochschulsystem gesichert werden. Bei diesem Pakt wurde gekürzt. Nun werden dafür jährlich 150 Millionen Euro bereitgestellt, 50 Millionen Euro weniger als zuvor, was vor allem die Fraktionen von FDP, Linken und Bündnis 90/Die Grünen in der Ausschusssitzung kritisierten.

Die FDP hatte in einem Antrag mit dem Titel "Forschungsoutput stimulieren - Pakt für Forschung und Innovation neu justieren" (19/8957) die Pakte als solches zwar begrüßt, aber die lange Ausfinanzierung abgelehnt. "Fette Katzen legen sich in die Sonne", sagte der Vertreter der FDP. Die lange Finanzierung führe zu einem Zurücklehnen der Forschungsinstitutionen. Zudem kritisierte die FDP genauso wie die Linke, dass es nicht genug Frauenförderung im Hochschulsystem gibt. Die AfD sprach sich gegen eine explizite Frauenförderung aus. Es sollten die besten Köpfe bevorzugt werden, egal ob Mann oder Frau.

Für die große Koalition lobten sowohl der Sprecher der CDU/CSU wie auch der SPD die Ergebnisse. Der Vertreter der CDU sagte: "Wir haben eine guten Forschungsstandort. Die Welt beneidet uns darum." Der Vertreter der SPD sagte, die Vereinbarung sei ein wichtiges und gutes Signal an das deutsche Wissenschaftssystem. Der Vertreter der AfD sprach sich vor allem für die Freiheit von Forschung und Lehre und eine ausreichende Grundfinanzierung der Hochschulen aus. Die Bundestagsabgeordnete der Linken mahnte eine bessere Kommunikation von Regierung zu Parlament an, gerade während eines solchen Verhandlungsprozesses. Kritisch sah sie, dass bei den Pakt das Thema unbefristete Stellen zu sehr aus dem Augenmerk geraten sei.

Der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen lobte die Einigung ausdrücklich. "Stellen Sie sich mal vor, was passiert wäre, wenn es keine Einigung gegeben hätte", sagte er. Das hätte den Wissenschaftsstandort Deutschland erheblich geschädigt. Er begrüßte zudem, dass sich die außeruniversitären Forschungseinrichtungen durch den Pakt für Forschung und Innovation bis 2030 auf jährlich dreiprozentige Aufwüchse verlassen können.

Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, verwehrte sich gegen den Vorwurf der FDP, dass die Finanzierung der Pakte bis 2030 dazu führen werde, dass das Wissenschaftssystem zu träge werde. Er glaube im Gegenteil, dass die langjährige Finanzierung für den Wissenschaftsstandort Deutschland die notwenige Sicherheit schaffe. Es gebe regelmäßig Monitorings. Über die Wissenschaftler und ihre Institutionen sagte Meister: "Man muss in die Menschen auch ein Grundvertrauen haben."

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4. Kinderrechte im Grundgesetz

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/mwo) Die Aufnahme eines eigenständigen Kindergrundrechts in das Grundgesetz fordert die Fraktion die Linke. Ein von den Abgeordneten vorgelegter Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (19/10622) soll das Kindeswohlprinzip, ein Beteiligungsrecht für Kinder und Jugendliche sowie das Recht auf die Entwicklung beziehungsweise die Entfaltung einer eigenständigen Persönlichkeit unter altersgerechten Lebensbedingungen sicherstellen. Zur Begründung heißt es unter anderem, der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes habe in der Vergangenheit wiederholt gravierende Mängel bezüglich der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland dokumentiert. So würden beispielsweise die in den sogenannten Hartz IV-Gesetzen vorgeschriebenen Sanktionen kritisiert, in deren Folge Kinder unterhalb des gesetzlichen Existenzminimums leben müssten. Weiter heißt es mit Blick auf die Fridays-for-Future-Bewegung, junge Menschen hätten eine Stimme. Damit diese auch Gehör findet, sei eine Grundgesetzänderung unabdinglich.

Die Vorlage steht bereits am 6. Juni zusammen mit einem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/10552) zum selben Thema auf der Tagesordnung des Bundestages.

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5. FDP will Update für Schuldenbremse

Haushalt/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die FDP-Fraktion spricht sich für ein "Update" und eine Stärkung der sogenannten Schuldenbremse für Bund und Länder aus. In einem Antrag (19/10616), der am Donnerstag im Plenum beraten werden soll, fordert die Fraktion von der Bundesregierung, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Nach Willen der Liberalen soll damit erstens sichergestellt werden, dass die Schuldenbremse nicht durch den Einsatz einer privatrechtlichen Beteiligungsgesellschaft der öffentlichen Hand umgangen werden kann. Zweiten verlangt die Fraktion "einheitliche und öffentlich kontrollierte Maßstäbe und Berechnungsmethoden"für die Schuldenbremse. Die Liberalen kritisieren in diesem Zusammenhang, dass die Länder aktuell versuchen würden, über die Festlegung eigener Berechnungsmethoden die Schuldenbremse aufzuweichen. Dritten soll eine "wirksame Tilgungsverpflichtung auch für ausnahmsweise zulässige Schulden" eingeführt werden, fordert die Fraktion mit Verweis auf die noch nicht zurückgezahlten Kredite im Zusammenhang mit dem Investitions- und Tilgungsfonds. Viertens verlangen die Abgeordneten, einen Verstoß gegen die Schuldenbremse automatisch zu sanktionieren.

Mit dem Antrag sprechen sich die Liberalen gegen Überlegungen aus, die Schuldenbremse, die seit 2016 für den Bund und ab 2020 für die Länder gilt, aufzuweichen. Die im Artikel 109 Grundgesetz normierte Regelung gibt vor, dass die Neuverschuldung grundsätzlich nicht über 0,35 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts steigen darf. Die Schuldenbremse habe nicht nur den öffentlichen Haushalten, "sondern auch der politischen Kultur unseres Landes gutgetan", schreiben die Liberalen. Haushaltsdefizite und öffentlicher Schuldenstand seien deutlich gesunken. Zudem habe die Regel dazu geführt, dass "die Politik dank der Schuldenbremse heute auf die Prinzipien von Generationengerechtigkeit und Bürgersouveränität verpflichtet" sei. Rufe nach einer Aufweichung oder Abschaffung der Regel kündeten hingegen von einem "Rückfall in kurzfristige Lobby-Politik". Grundsätzlich sprechen sich die Liberalen zudem gegen zusätzliche konsumtive Ausgaben aus. Stattdessen solle auf Investitionen gesetzt werden. Statt die Zinsersparnisse durch die Schuldenbremse dafür zu nutzen, "versucht diese Bundesregierung, ihre abnehmende Popularität mit immer neuen Wohlfühl-Programmen zurückzukaufen", kritisiert die FDP-Fraktion in dem Antrag.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 651 - 5. Juni 2019 - 14.06 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2019

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