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BUNDESTAG/8509: Heute im Bundestag Nr. 652 - 05.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 652
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 5. Juni 2019, Redaktionsschluss: 14.39 Uhr

1. Anträge zur Grundsteuer abgelehnt
2. Experten: Baurecht hemmt Dachausbau
3. FDP fordert Schutz der sexuellen Vielfalt
4. Staatsvertrag über Militärrabbiner
5. Grüne fragen nach Übungsflügen
6. Linke fragt nach Drohnen der Bundeswehr
7. Wachschutz in der Kinder- und Jugendhilfe


1. Anträge zur Grundsteuer abgelehnt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch zwei Anträge von Oppositionsfraktionen zur Grundsteuer abgelehnt. In beiden Fällen stimmte jeweils nur die den Antrag stellende Fraktion dafür, alle anderen Fraktionen lehnten ab. Die AfD-Fraktion hatte eine Abschaffung der Grundsteuer verlangt. In ihrem Antrag (19/8556) heißt es, bei der Grundsteuer handle es sich faktisch um einen Unterfall der Vermögensteuer. Während die Vermögensteuer jedoch nicht mehr erhoben werde, solle die Grundsteuer aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts sogar reformiert werden. Von den bisher entwickelten Modellen zur Reform der Grundsteuer lasse sich angesichts von 35 Millionen neu zu bewertenden Immobilien keines schnell und ohne großen Aufwand umsetzen, schreibt die AfD-Fraktion. "Unabhängig davon, für welches Modell sich der Gesetzgeber entscheiden würde, muss davon ausgegangen werden, dass sowohl die Finanzverwaltung als auch die Finanzgerichte mit der Umsetzung und den anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzungen überlastet wären, so dass dadurch erhebliche Zusatzkosten entstünden. Die Steuergerechtigkeit im Einzelfall könnte dabei nicht mehr gewährleistet werden", heißt es in dem Antrag. Die Steuermindereinnahmen in Höhe von 14 Milliarde n Euro für Städte und Gemeinden will die AfD-Fraktion mit einem erhöhten Anteil für die Kommunen an der Lohn und Einkommensteuer kompensieren.

Die FDP-Fraktion hatte eine Grundsteuerreform ohne bürokratische Belastungen gefordert. In ihrem Antrag (19/8544) heißt es, weder Bürger noch die Finanzverwaltung dürften administrativ überlastet werden. "Umfangreiche, kostspielige und gegebenenfalls streitanfällige Bewertungen von Grundstücken und Gebäuden helfen nicht weiter und können neue Probleme und Rechtsunsicherheiten eröffnen", schreiben die Abgeordneten. Zu den weiteren Forderungen der FDP-Fraktion gehört, dass die Reform der Besteuerung des Grundvermögens aufkommensneutral erfolgen soll. Das Modell für die Grundsteuer soll rein flächenbasiert sein, wobei einerseits der Grund und Boden und andererseits die Gebäudenutzfläche in die Bewertung mit einfließen sollen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 10. April 2018 die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz als unvereinbar und damit als verfassungswidrig bezeichnet. Die bisherigen Regeln dürfen allerdings noch bis spätestens zum 31. Dezember 2024 angewandt werden. Eine Neuregelung muss bis zum Ende dieses Jahres beschlossen werden. Aus der Koalition hieß es, bis zur Sommerpause werde sich das Bundeskabinett mit der Neuregelung befassen.

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2. Experten: Baurecht hemmt Dachausbau

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Anhörung

Berlin: (hib/fla) Lockerungen bei der Anwendung von Baurecht werden von Experten als wichtige Schritte bei der Förderung des Ausbaus von Dachgeschossen eingestuft. Das hat eine Anhörung im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen ergeben. Die Sitzung unter der Leitung von Mechthild Heil (CDU) kreiste um zwei Anträge der FDP-Fraktion (19/6219) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/6499).

Die FDP fordert: "Wohnungsmangel bekämpfen - Dachgeschosse nutzen". Die Grünen propagieren ein "Sofortprogramm Bauflächenoffensive - Hunderttausend Dächer und Häuser Programm".

Professor Arno Bunzel vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) verwies auf Untersuchungen, denen zufolge ein quantitativ sehr großes Potenzial für Dachgeschossausbau und Aufstockung vorhanden ist. Doch sage dies wenig darüber, wie dieses Potenzial auch tatsächlich nutzbar gemacht werden könne. Er warnte davor, die Erwartungen solcher Vorhaben zur Lösung der drängenden Wohnraumversorgungsprobleme zu überschätzen. Mit Blick auf die Nachbarschaften seien solche Maßnahmen in der Regel außerordentlich konfliktbehaftet.

Ingeborg Esser (Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen - GdW) verwies auf einen in der Regel erhöhten Abstimmungs- und Planungsaufwand und setzte sich für Erleichterungen im Genehmigungsverfahren ein. Sie regte finanzielle Anreize für flächenschonende Wohnbaumaßnahmen an. Bei Förderprogrammen solle Kombination und Kumulierung möglich sein, verwies sie beispielhaft auf altersgerechtes Wohnen oder Sanierungsmaßnahmen.

Klaus Ewald (Wigger & Ewald Projektmanagement für Immobilien GmbH) vertrat die Ansicht, mindestens in Städten sei es bereits heute baurechtlich möglich, beim Dachflächenausbau einen vorgezogenen Baubeginn zu gestatten. Das Problem liege nicht nur in den baurechtlichen Möglichkeiten, sondern in den kommunal sehr individuell ausgestalteten Handlungsbevollmächtigungen für die Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden. Die müssten professionalisiert werden.

Andrej Holm vom Institut für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kritisierte, beiden Anträgen fehle es an sozialer Präzision. Zwar könne der Dachgeschossausbau als Instrument einer stadträumlichen Innenverdichtung zur Erweiterung leistbarer Wohnbestände in den Städten beitragen. Dazu müssten aber die entsprechenden planungsrechtlichen und förderrechtlichen Bedingungen geschaffen werden. Auf den Dachgeschossausbau sollten Sozialbauquoten Anwendung finden wie es sie in vielen Städten für Neubauprojekte gebe.

Thomas Kaup, Bund Deutscher Architekten (BDA), nahm als ein besonderes Problem die Aufstellflächen für Hubrettungsgeräte der Feuerwehr ins Visier. Statt finanzieller Anreize für die Dachaufstockungen selbst sollten besser Berufsfeuerwehren zielgerichtet gefördert werden, um über geeignete Hubrettungsgeräte flächendeckend verfügbar zu machen. So könne eines der größten Hemmnisse gegen Dachaufstockungen beseitigt werden. Dies nütze auch gegen brandschutztechnische Missstände in bestehenden Bauten.

Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur) befand, Dachaufstockungen scheiterten häufig an einer restriktiven Verwaltungspraxis und Widerständen im Umfeld. In den seltensten Fällen seien fehlende finanzielle Mittel verantwortlich. Fördermaßnahmen seien nur da gefragt, wo sozial gebundener Wohnraum entstehen soll. Wichtiger sei die Schaffung einer Unterstützerstruktur, etwa wenn es um Bestandsschutz oder Brandschutz oder um die Befreiung von der Stellplatzverpflichtung gehe. Der Bund könnte nach seiner Ansicht kommunale Leitstellen für Wohnungsbau und Dachgeschoßaufstockungen fördern.

Professor Karsten Tichelmann (Institut für Leichtbau Trockenbau Holzbau an der Technischen Universität Darmstadt) merkte an, das Bauordnungsrecht und das Bauplanungsrecht berücksichtigten nicht hinreichend die besonderen Rahmenbedingungen von Aufstockungen und Nachverdichtungen. Er machte klar, dass Mieter und auch Nachbarn angemessen beteiligt werden müssen, um Aufstockungen zu akzeptieren. Dazu zählte er ein Vorzugsrecht für Bestandsmieter für den Bezug der neu geschaffenen Wohnungen, überdies Mietergarantien und den Verzicht auf Modernisierungsumlagen.

Kai H. Warnecke (Haus und Grund Deutschland) meinte, Bauvorschriften würden immer wieder seitens der Bauämter restriktiv ausgelegt. Es sei richtig, die Hürden für Dachgeschossausbau und Aufstockung zu senken, bevor man über eine ebenso notwendige Förderung nachdenke. Er sprach sich für politische Unterstützung solcher Maßnahmen auf kommunaler Ebene aus, mit der Fragen nach städtebaulichen Qualitäten und nach sozialer sowie verkehrlicher Infrastruktur mitgedacht und beantwortet werden.

Nach dem Willen der FDP soll der Ausbau genehmigungsfrei werden, sofern aus statischer und konstruktiver Sicht keine Einwände bestehen und Treppenbreiten sowie Fluchtmöglichkeiten eingehalten werden. Die zulässige Geschossflächenzahl für Dachausbau und -aufstockung soll überschritten werden dürfen, ohne dass Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Bei der Stellplatzverordnung soll es Ausnahmen geben.

Die Grünen möchten mit einem verstärkten Ausbau von Dachgeschossen gegen die Wohnungsnot in Ballungsräumen vorgehen. Auf dem Land wiederum sollen Anreize zur Neunutzung leerstehender Häuser gesetzt werden. Die Bundesregierung solle - etwa über die KfW-Bankengruppe - Förderprogramme auflegen. Dachflächen sollten besser für die Produktion von Energie genutzt werden.

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3. FDP fordert Schutz der sexuellen Vielfalt

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die FDP-Fraktion setzt sich für den Schutz der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt in der Europäischen Union ein. In einem Antrag (19/10553) fordert sie die Bundesregierung auf, sich im Ministerrat der EU dafür einzusetzen, dass die Grund- und Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LSBTI) unionsweit geachtet werden. Zudem sollen die bestehenden gleichgeschlechtlichen Ehen und Lebenspartnerschaften mit allen Rechtsfolgen in allen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt werden und alle Rechtsakte, die in der EU gegen Diskriminierung aufgrund von Rassismus gelten, auch für Diskriminierung von LSBTI gelten. Nach dem Willen der Liberalen sollen zudem Flüchtlinge, die wegen ihrer sexuellen Orientierung der geschlechtlichen Identität verfolgt werden, unionsweit anerkannt werden.

Die Fraktion weist in ihrem Antrag darauf hin, dass die Menschenrechte von LSBTI weltweit in vielen Ländern noch immer missachtet werden. In mehr als 75 Staaten sei Homosexualität noch immer strafbar, in sieben Staaten gelte für sexuelle Handlungen die Todesstrafe.

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4. Staatsvertrag über Militärrabbiner

Verteidigung/Antwort

Berlin: (hib/AW) Die Bundesregierung strebt bis Ende des Jahres den Abschluss eines Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik und dem Zentralrat der Juden über den Einsatz von Militärrabbinern in der Bundeswehr an. Dies teilt sie in ihrer Antwort (19/10428) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/9882) mit. Die Gespräche über den Staatsvertrag seien Ende Mai aufgenommen worden. Ebenso sei die Einrichtung einer muslimischen Seelsorge geplant. Die Wahl der Vertragsform, der Verhandlungspartner sowie die Anzahl der benötigten muslimischen Militärseelsorger seien Teil der vorbereitenden Prüfungen. Derzeit dienen nach Angaben der Regierung schätzungsweise etwa 300 Soldaten jüdischen Glaubens und 3.000 muslimische Soldaten in den Streitkräften. Konkrete Angaben über die Religionszugehörigkeit liegen nicht vor, da diese nur auf freiwilliger Basis erfasst werden.

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5. Grüne fragen nach Übungsflügen

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will über militärische Übungsflüge informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (19/10490) will sie unter anderem erfahren, für wie viele Tage die militärischen Lufträume 2018 aktiviert waren und wie viele Übungsflüge monatlich stattfanden. Zudem möchte sie wissen, wie viele Ausnahmeanträge zur Durchführung von Übungsflügen während der Ruhezeiten gestellt und bewilligt wurden.

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6. Linke fragt nach Drohnen der Bundeswehr

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über den Einsatz und die Entwicklung von Drohnen der Bundeswehr. In einer Kleinen Anfrage (19/10488) will sie unter anderem wissen, wann der Betreibervertrag mit Rheinmetall Airborne Systems für den Betrieb der Drohne "Heron 1" in Afghanistan endete und aus welchen Gründen dieser anschließend mit Cassidian beziehungsweise Airbus abgeschlossen wurde. Zudem möchte sie erfahren, ob die "Heron 1" mit einem Laserzielmarkierer ausgerüstet ist und welche Lenkwaffen der Bundeswehr die Signale eines Laserzielmarkierers verarbeiten können.

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7. Wachschutz in der Kinder- und Jugendhilfe

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über den Einsatz von privaten Wachschutzunternehmen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. In einer Kleinen Anfrage (19/10479) will sie von der Bundesregierung wissen, ob diese Kenntnisse über den Einsatz von Security-Firmen seit 2009 hat und wie sie diesen bewertet. Zudem möchte sie erfahren, ob Aufgaben des pädagogischen Personals durch Wachpersonal übernommen wurde und welche Anforderungen die Security-Firmen erfüllen mussten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 652 - 5. Juni 2019 - 14.39 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2019

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