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BUNDESTAG/8913: Heute im Bundestag Nr. 1058 - 26.09.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1058
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 26. September 2019, Redaktionsschluss: 13.33 Uhr

1. Kanzlerin-Etat ohne Änderung beschlossen
2. Sexuelle Identität im Grundgesetz
3. Modernisierung des Strafverfahrens
4. Stellung der Staatsanwaltschaft klären
5. AfD will BSTU erhalten
6. Umlagefinanzierung für Ausbildungsplätze


1. Kanzlerin-Etat ohne Änderung beschlossen

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Der Haushaltsausschuss hat am Donnerstagmorgen die Haushaltsberatungen 2020 unter anderem mit dem Etat des Bundeskanzleramts und der Bundeskanzlerin (19/11800, Einzelplan 04) fortgesetzt. Den Einzelplan beschloss der Ausschuss vorerst ohne Änderungen mit Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen AfD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Der Etat der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramts soll laut Regierungsentwurf im kommenden Jahr geringfügig sinken. Sieht das Soll für 2019 noch Gesamtausgaben in Höhe von 3,24 Milliarden Euro vor, enthält der Haushaltsentwurf für 2020 Ausgaben in Höhe von 3,19 Milliarden Euro. Geringere Ausgaben sind im Einzelplan 04 des Regierungsentwurfes für Investitionen (-82,4 auf 334,7 Millionen Euro) vorgesehen. Die Personalausgaben (+19,67 auf 344,6 Millionen Euro) und die sächlichen Verwaltungsausgaben (+16,5 Millionen auf 1,17 Milliarden Euro) sollen steigen. Der Zuschuss an den Bundesnachrichtendienst soll laut Entwurf leicht von 966,5 in 2019 auf 967,9 Millionen Euro im kommenden Jahr steigen. Der Etat der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien soll der Planung zufolge um 99,7 Millionen Euro auf 1,6 Milliarden Euro sinken.

Die Abgeordneten diskutierten den Einzelplan 04 nach Aufgabenbereichen getrennt mit Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) und dem Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Steffen Seibert. Im Austausch mit Kanzleramtsminister Braun diskutierten die Abgeordneten unter anderem die IT-Planung der Bundesregierung und Pläne und Kosten des Erweiterungsbaues des Bundeskanzleramtes. In ihren Änderungsanträgen zu diesen Kapiteln des Einzelplans hatte die AfD-Fraktion unter anderem eine Kürzung der Zuschüsse an den Bundesnachrichtendienst um den Aufwuchs in der laufenden Legislaturperiode verlangt. Die Fraktion begründete dies damit, dass sie mangels Vertretung im dafür zuständigen Vertrauensgremium diesen Aufwuchs nicht nachvollziehen könne.

Mit Kulturstaatsministerin Grütters tauschten sich die Abgeordneten unter anderem zu den Kosten des geplanten Museums der Moderne, der weiteren Planung beim Humboldt-Forum sowie zum Status beim Freiheits- und Einheitsdenkmal aus. Vertreter der Koalitionsfraktionen kündigten weitere Änderungen im Bereich der Staatsministerin - auch unter Berücksichtigung der Oppositionsanträge - zur Bereinigungssitzung an. Die AfD-Fraktion hatte unter anderem eine Kürzung um 135 Millionen Euro im Titel "Anreize zur Stärkung der Film- und Serienproduktion" vorgeschlagen und mit der durch Subventionen bedingten Marktverzerrungen begründet. Die FDP-Fraktion hatte unter anderem ebenfalls gefordert, diesen Titel um 25 Millionen Euro zu kürzen und auf noch vorhandene Ausgabenreste verwiesen. Nach Willen der FDP hätte der Titel zudem um die Förderung der Videospielproduktion erweitert werden sollen. Die Linke hatte unter anderem vorgeschlagen, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz weitere 40 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um in einem Modellprojekt den kostenlosen Eintritt in Dauerausstellungen der Staatlichen Museen zu Berlin zu ermöglichen. Die Grünen hatten unter anderem vorgeschlagen, drei Millionen Euro für neue Institutionen zur "Beratung über die Rückgabe von Sammlungsgut und anderen Objekten aus kolonialen Kontexten" zur Verfügung zu stellen.

Der Austausch der Abgeordneten mit Widmann-Mauz fiel kurz aus und bezog sich unter anderem auf ein Programm zur Bekämpfung des islamischen Extremismus. Im ebenfalls kurzen Gespräch mit Seibert thematisierten die Abgeordneten unter anderem die Bedeutung der Nachhaltigkeitskommunikation der Bundesregierung. Zudem kritisierten Berichterstatter von Opposition und Koalition, dass sowohl in den Kapiteln des Bundespresseamtes als auch der Kulturstaatsministerin frühere Beschlüsse des Ausschusses nicht fortgeschrieben worden seien.

Der Haushaltsausschuss wird die Einzelpläne nach aktueller Planung bis zum 13. November 2019 beraten. Anfang November 2019 wird zudem die für den Bundeshaushalt 2020 maßgebliche Steuerschätzung vorliegen. Die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses ist für den 14. November 2019 vorgesehen. Die zweite und dritte Lesung des Haushaltsgesetzes in der Ausschussfassung ist vom 25. bis zum 29. November 2019 terminiert.

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2. Sexuelle Identität im Grundgesetz

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/mwo) Die Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben einen gemeinsamen Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt (19/13123). Er sieht die Einfügung des Merkmals der sexuellen Identität in Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes vor. Die rechtliche Situation von Lesben, Schwulen und Bisexuellen habe sich stark verbessert, heißt es in dem Antrag. Dennoch stoße die Lebensführung etwa von Homosexuellen noch immer auf Vorbehalte, was sich in rechtlicher und sozialer Diskriminierung niederschlage. Das allgemeine Diskriminierungsverbot biete dabei keinen ausreichenden Schutz.

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3. Modernisierung des Strafverfahrens

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/mwo) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag zur Reform der Strafprozessordnung (19/13515) eingebracht. Danach soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, eine Modernisierung des Strafverfahrensrechts vorzunehmen, indem unter anderem die Bild-Ton-Dokumentation bei erstinstanzlichen strafgerichtlichen Hauptverhandlungen an Land-und Oberlandesgerichten obligatorisch gemacht wird. Die Wirkungen der Einführung der digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung soll evaluiert werden.

Die aktuellen Protokollierungsverfahren seien angesichts der digitalen Aufzeichnungs- und Transkriptionstechnik Anachronismen, die die Justizressourcen hoch belasteten, heißt es in dem Antrag. Hier und nicht bei der Einschränkung von Beschuldigten- und Verteidigerrechten liege das wesentliche Potential für rechtsstaatskonforme nachhaltige Beschleunigung und Effektivierung des Strafverfahrens.

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4. Stellung der Staatsanwaltschaft klären

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/mwo) Der Bundestag soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung auffordern, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem unter anderem die Zuständigkeit der Gerichte für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls bestimmt wird. In dem Antrag (19/13516) schreiben die Abgeordneten, die Stellung der Staatsanwaltschaft bedarf angesichts einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur deutschen Staatsanwaltschaft grundsätzlicher Debatte und Klärung. Dafür spreche auch der Vergleich mit der 2017 in Kraft getretenen Regelung, die die Unabhängigkeit der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft gewährleisten soll, aber auch ein glaubwürdiger Einsatz der Bundesregierung zur Beseitigung von Rechtsstaatsdefiziten in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ferner soll das Parlament die Regierung auffordern, den gegenwärtigen Status des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof als politischem Beamten, der jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann, zu überprüfen.

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5. AfD will BSTU erhalten

Kultur und Medien/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die AfD-Fraktion spricht sich gegen eine Überführung der Stasi-Unterlagen in den Verantwortungsbereich des Bundesarchivs aus. In einem entsprechenden Antrag (19/13529) fordert sie die Bundesregierung auf, die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (BSTU) zu erhalten. Zudem sollen auch alle zwölf Außenstellen der Behörde erhalten werden. Nach dem Willen der AfD sei die Behörde finanziell und personell so auszustatten, dass die bisher nur eingelagerten und geschredderten Akten mit den verbesserten technischen Möglichkeiten zügig rekonstruiert und wissenschaftlich ausgewertet werden können. Zu prüfen sei eine Kooperation mit dem Bundesarchiv im Hinblick auf fachliche und technische Unterstützung.

Die geplante Überführung der Stasi-Akten in die Verantwortung des Bundesarchivs und der Wegfall der Institution des BSTU stelle einen symbolträchtigen Akt mit einer "verheerenden politischen Wirkung" dar. 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution in der DDR und dem Ende der SED-Diktatur würde der Eindruck entstehen, es soll ein "Schlussstrich" unter die Aufarbeitung des SED-Unrechts gezogen und die Geschichte "abgewickelt" werden. Diese Auffassung werde auch von ehemaligen DDR-Bürgerrechtlern wie zum Beispiel Hildigund Neubert, die von 2003 bis 2013 Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Thüringen war, geteilt.

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6. Umlagefinanzierung für Ausbildungsplätze

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Alle Betriebe müssen künftig für die Fachkräfteausbildung stärker in die Verantwortung genommen werden, schreibt die Fraktion Die Linke in ihrem Antrag (19/13504) und fordert die Einführung der solidarischen Umlagefinanzierung. Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und Unternehmen lasse seit Jahren spürbar nach. Im Jahr 2017 habe die Ausbildungsbetriebsquote mit 19,8 Prozent den niedrigsten Stand erreicht und stagniere seitdem. Insbesondere Klein- und Kleinstbetriebe zögen sich aus der Ausbildung zurück. Während sich vor zehn Jahren noch etwa jeder vierte Betrieb an der Ausbildung beteiligt habe, sei es aktuell nur noch jeder fünfte.

Die solidarische Umlagefinanzierung sei ein geeignetes Instrument zur Schaffung ausreichender Ausbildungsplätze, da sie gleichzeitig für einen fairen Ausgleich bei der Finanzierung von Ausbildungsplätzen sorge. Hierbei sollen alle Betriebe und Unternehmen - gleich ob sie ausbilden oder nicht - in einen Ausbildungsfonds einzahlen, aus dem dann alle Ausbildungsplätze finanziert werden. Ausbildende Unternehmen und Betriebe erhalten aus dem Fonds eine Vergütung oder werden von der Umlage befreit. Besonders kleine und mittelständische Betriebe, die ausbilden, würden durch diese Art der Ausbildungsfinanzierung entlastet.

Dass so ein Modell erfolgreich ist, zeige unter anderem die Baubranche, wo die Ausbildungsplatzfinanzierung bereits seit mehr als 30 Jahren erfolgreich angewandt werde. Auch in anderen Branchen wie etwa der Altenpflege seien ähnliche Modelle mit dem Ergebnis eingeführt worden, dass die Zahl der Ausbildungsplätze erheblich gestiegen sei.

Die Linke unterstreicht, dass der Rückgang der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung dauerhaft für ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen und für die Fachkräftesicherung nicht folgenlos bleiben wird, da das unzureichende Angebot die Möglichkeiten für junge Menschen verenge, eine duale Berufsausbildung beginnen zu können. Wenn nicht einmal mehr 20 Prozent der Unternehmen ausbilden, aber alle von gut ausgebildeten Fachkräften profitieren wollen, sei es Zeit für einen fairen finanziellen Ausgleich zwischen Betrieben, die ausbilden und denen, die nicht ausbilden.

Auch wenn laut Berufsbildungsbericht 2019 das Angebot an Ausbildungsplätzen stärker gestiegen sei als die Nachfrage, könne bei Weitem nicht von einem ausreichenden Ausbildungsplatzangebot gesprochen werden. Das auf den ersten Blick positive Verhältnis von Angebot und Nachfrage dürfe nicht über die hohe Zahl an unversorgten Bewerbern und Bewerberinnen hinwegtäuschen. Im Jahr 2017 sei für fast jeden siebten Bewerber die Suche nach einem Ausbildungsplatz erfolglos geblieben. Über zwei Millionen Menschen im Alter von 20 bis 34 Jahren würden über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Damit seien mehr als 14 Prozent der jungen Menschen ausbildungslos und dem erhöhten Risiko ausgesetzt, langzeitarbeitslos oder prekär beschäftigt zu werden.

Die Idee, mithilfe einer Umlagefinanzierung mehr duale Ausbildungsplätze zu schaffen, ist nicht neu, schreibt die Linke. Schon vor 15 Jahren sei die Einführung einer Ausbildungsumlage unter einer rot-grün geführten Bundesregierung diskutiert und vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Allerdings sei das Vorhaben wenige Zeit später mit den Stimmen von Unions- und einigen SPD-geführten Ländern im Bundesrat gestoppt worden. Aufgrund massiver Widerstände seitens der Wirtschaft habe man sich schließlich stattdessen auf einen Ausbildungspakt geeinigt. In einer freiwilligen Selbstverpflichtung hätten die Unternehmen versprochen, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Doch das Angebot an Ausbildungsplätzen sei nicht angestiegen, sondern gesunken. Alle Pakte und freiwilligen Selbstverpflichtungen zwischen Politik und Wirtschaft haben bisher nicht zu einer grundlegenden Wende geführt, betont die Linke. Daher sei es vonnöten, jenseits von Vereinbarungen mithilfe einer solidarischen Umlagefinanzierung für eine faire Ausbildungsplatzfinanzierung und für mehr Ausbildungsplätze zu sorgen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1058 - 26. September 2019 - 13.33 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2019

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