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BUNDESTAG/9716: Heute im Bundestag Nr. 409 - 22.04.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 409
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2020, Redaktionsschluss: 13.07 Uhr

1. Scheuer für Maskenpflicht mit Augenmaß
2. Abmilderung der Covid-19-Folgen
3. Änderung beim Elterngeld in Corona-Krise
4. Linke fordert Corona-Elterngeld
5. Linke fordert höheres Kurzarbeitergeld
6. Grüne wollen Kurzarbeitergeld Plus


1. Scheuer für Maskenpflicht mit Augenmaß

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht einer Maskenpflicht im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) offen gegenüber. Dabei müsse aber "mit Augenmaß" vorgegangen werden, forderte er während der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch, die in Form einer Videokonferenz stattfand. Es dürften keine Kategorien festgelegt werden, "die wir von der Beschaffung her nicht erfüllen können", betonte er. In Notsituationen könne der Schutz auch durch einen Schal gewährleistet werden. Scheuer machte deutlich, dass die Corona-Krise nicht zu einem Imageverlust des ÖPNV führen dürfe. Es werde ein Mix zwischen den Hygienevorschriften, dem Schutzgefühl durch Abstandshaltung, aber auch der Ermöglichung von Verkehr benötigt.

Problematisch stellt sich aus Sicht des Ministers die Situation für Reisebusunternehmen dar. Viele von ihnen seien familiengeführt, hätten sich verschuldet, um neue Fahrzeuge anzuschaffen und litten jetzt unter dem Aus für den Bustourismus. Die Bundesregierung sei an dem Thema dran, bestätigte Scheuer, könne aber derzeit noch keine Lösung präsentieren. Klar sei, dass benötigte Hilfen nicht zu spät kommen dürfen. Es wäre dramatisch, warnte der CSU-Politiker, wenn als Folge der Corona-Krise die Busunternehmen "aus dem System genommen wären".

Busse spielten auch bei der Frage der Schulöffnungen eine wichtige Rolle, sagte Scheuer. Für die Beförderung der Schüler unter Einhaltung der Schutzregelungen stelle das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gemeinsam mit den Verkehrsministerien der Länder schon seit Wochen mögliche Szenarien auf.

Der Minister kündigte während der Sitzung an, dass die grenzüberschreitenden Bahnverkehre ab Anfang Mai wieder hochgefahren werden sollen. Dafür brauche es aber noch Absprachen mit den Partnerländern und auch mit anderen Bundesministerien, wie etwa dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Mit Blick auf die Hygienevorschriften sagte Scheuer: Wer hier maximale Regelungen fordere, müsse feststellen, dass zwar Verkehre gefahren würden, die Auslastungsmöglichkeiten aber bei höchstens 30 Prozent in den Zügen lägen. Die Einschränkungen durch den Nicht-Verkauf von Sitzplätzen führten in der Folge zu erheblichen Einnahmeverlusten bei den Verkehrsunternehmen.

Schwierig stellt sich laut Scheuer auch die Situation bei der Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn AG (DB AG), der DB Cargo, dar. 1.900 Züge pro Tag, wie in der vergangenen Woche zu verzeichnen gewesen seien, stellten einen erheblichen Rückgang zu den üblichen 2.900 Zügen dar. Regelungen in Spanien und Italien, die zu Produktionseinschränkungen führen würden, trügen ihren Teil dazu bei. Dennoch solle ein stabiles, grenzüberschreitendes Angebot erhalten bleiben, sagte Scheuer. Teils transportiere DB Cargo inzwischen auch andere Warengruppen als vor der Krise.

Das Thema Lieferketten werde auch bei der EU-Verkehrsministertagung in der kommenden Woche eine Rolle spielen, sagte Scheuer. Aktuell sei es so, dass beispielsweise für die Autoindustrie aus China gelieferte Teile nicht eingesetzt werden könnten, weil ihnen ein Bestandteil aus einem europäischen Partnerland fehle. Hier gelte es voranzukommen. Bislang hätten die Gespräche jedoch wenig Zählbares gebracht, weil derzeit vielfach nationalstaatlich entschieden werde.

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2. Abmilderung der Covid-19-Folgen

Inneres und Heimat/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MWO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat den Entwurf eines Gesetzes zur insolvenzrechtlichen Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie (Covid-19-Insolvenzfolgen-Abmilderungsgesetz) (19/18681) vorgelegt. Darin heißt es, es seien jetzt zügig Regelungen zu treffen, um die rationale Abwägung von Chancen und Risiken des Insolvenzverfahrens durch die Schuldner zur Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu erleichtern. Aufgrund der zu erwartenden zusätzlichen Insolvenzen seien die in der EU-Richtlinie vorgesehene Verkürzung der Frist sowie die Absenkung besonderer Voraussetzungen für die Restschuldbefreiung kurzfristig in nationales Recht umzusetzen, um eine schnelle wirtschaftliche Erholung und eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit zu beschleunigen.

Unter anderem soll durch eine Änderung des Insolvenzrechts die in der Richtlinie vorgesehene Verkürzung der Frist bis zur Restschuldbefreiung auf drei Jahre für sämtliche mit Auftreten der Krise beantragten Insolvenzen in nationales Recht umgesetzt werden. Ferner müsse - trotz der mit den Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung der Covid-19-Pandemie einhergehenden beschränkten Versammlungsmöglichkeiten - die Handlungsfähigkeit der Gläubigerversammlung gewahrt werden. Dazu sollen die Bild- und Tonübertragung sowie die Stimmrechtsausübung, Antragsrechte und Entscheidungsbefugnisse der Teilnahmeberechtigten über elektronische Kommunikationen eingeführt werden.

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3. Änderung beim Elterngeld in Corona-Krise

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AW) Die Koalition will das Elterngeld an die Herausforderungen der Corona-Krise anpassen. Ein gemeinsamer Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion (19/18698) sieht vor, dass Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, ihre Elterngeldmonate aufschieben können. Als systemrelevante Berufe sollen alle Tätigkeiten angesehen werden, die insbesondere für das öffentliche Leben, die Sicherheit und Ordnung, das Gesundheits- und Pflegesystem, das Bildungs- und Betreuungswesen, den Transport- und Personenverkehr, die Versorgung mit Energie, Wasser, Kommunikation, Lebensmitteln, Waren und Dienstleistungen des täglichen Lebens unabdingbar sind.

Zudem sollen Eltern, die den Partnerschaftsbonus nutzen, ihren Anspruch nicht verlieren, wenn sie aufgrund der Covid-19-Pandemie mehr oder weniger arbeiten als geplant. Einkommensersatzleistungen wie Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld, die Eltern wegen der Covid-19-Pandemie erhalten, sollen die Höhe des Elterngeldes nicht reduzieren.

Die einzelnen Regelungen sollen nach dem Willen der Koalition rückwirkend ab dem 1. März und vorerst befristet bis Ende 2020 gelten.

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4. Linke fordert Corona-Elterngeld

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke spricht sich für die Einführung eines Corona-Elterngeldes während der Covid-19-Pandemie aus. In einem Antrag (19/18684) fordert sie die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. So soll es Eltern für die Dauer der pandemiebedingten Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen ermöglicht werden, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder auszusetzen und eine Lohnfortzahlung zu erhalten. In den ersten sechs Wochen soll die Lohnfortzahlung zu 100 Prozent geleistet werden. Eltern, die dieses Corona-Elterngeld beziehen, sollen zudem für die Dauer des Bezugs vor Kündigungen geschützt sein.

Familien seien während der Corona-Krise besonderen Belastungen ausgesetzt, argumentiert die Linksfraktion. Nach den Beschlüssen der Bund-Länder-Beratungen vom 15. April dieses Jahres werde der vollständige Betrieb von Kitas und Schulen vorerst nicht wieder aufgenommen. Deshalb brauche es ein Corona-Elterngeld als Lohnfortzahlung, um die Betreuung der Kinder zu Hause sowie das sogenannte "Home-Schooling" durch die Eltern zu gewährleisten.

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5. Linke fordert höheres Kurzarbeitergeld

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/18686) eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Sie begründet dies damit, dass die derzeitige Höhe des Kurzarbeitergeldes Einkommensverluste von bis zu 40 Prozent für die betroffenen Beschäftigen bedeute. Um sie vor der Zerstörung ihrer Existenz zu bewahren, soll nach Ansicht der Linken das Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März 2020 auf einheitlich 90 Prozent des Nettoentgelts angehoben werden. Beschäftigte, die nur den gesetzlichen Mindestlohn verdienen, sollen 100 Prozent ihres Gehaltes erstattet bekommen. Ferner sollen Betriebe, die Kurzarbeitergeld beziehen, sich verpflichten, im Anschluss an den Bezug dieses staatlichen Zuschusses ein Jahr auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Während der Kurzarbeit sollen Beschäftigte zudem einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung erhalten. Betriebsräte müssten mehr Mitbestimmungsrechte bekommen, fordert die Fraktion weiter.

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6. Grüne wollen Kurzarbeitergeld Plus

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/18704) die Einführung eines Kurzarbeitergeldes Plus. Das Kurzarbeitergeld sei ein bewährtes Kriseninstrument, das auch während der Corona-Pandemie dazu beitrage, Massenentlassungen zu verhindern, schreiben die Grünen. Handlungsbedarf bestehe derzeit vor allem in Betrieben ohne tarifliche Regelungen, denn hier führe das Kurzarbeitergeld in seiner jetzigen Höhe zu Einkommenseinbußen von bis zu 40 Prozent. Die Grünen verlangen deshalb, dass das Kurzarbeitergeld für kleinere und mittlere Einkommen erhöht wird. Für Beschäftigte mit einem Nettoeinkommen unter 2.300 Euro soll sich der Prozentsatz des Kurzarbeitergeldes erhöhen - umso stärker je geringer das Einkommen. Den Höchstsatz von 90 Prozent sollen demnach Beschäftigte mit einem Nettoentgelt von bis zu 1.300 Euro erhalten. Wie beim jetzigen Kurzarbeitergeld sollen Beschäftigte mit Kindern jeweils sieben Prozentpunkte mehr bekommen. Für Auszubildende soll zu jedem Zeitpunkt Kurzarbeitergeld in Höhe von 100 Prozent beantragt werden können. Für die Unternehmen soll außerdem die Pflicht entfallen, vor Antragstellung sechs Wochen lang die Ausbildungsvergütung zu tragen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 409 - 22. April 2020 - 13.07 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2020

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