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BUNDESTAG/9725: Heute im Bundestag Nr. 418 - 22.04.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 418
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2020, Redaktionsschluss: 18.10 Uhr

1. Sorge um Kulturschaffende
2. Regierung will Wissenschaft unterstützen
3. Studenten passgenau unterstützen
4. Corona- Rettungsschirm für Studenten
5. Stärkung der häuslichen Pflege gefordert
6. AfD fordert digitalen Kampf gegen Corona
7. Überwachung von Infektionskrankheiten


1. Sorge um Kulturschaffende

Kultur und Medien/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Der Kulturbetrieb und die Kulturschaffenden sind durch die Covid-19-Pandemie besonders stark betroffen und benötigen weitere Hilfen. Dies war der Grundtenor in der Sitzung des Kulturausschusses am Mittwoch. Zum Auftakt der Sitzung informierten Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, den Ausschuss über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Kulturszene und die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung. Zentrales Thema der Ausschusssitzung war vor allem die Situation von Solo-Selbständigen und freischaffenden Künstlern. Diesen müsse verstärkt geholfen war, lautete das einhellige Votum aus allen Fraktionen.

Grütters verwies auf die Corona-Soforthilfe für Solo-Selbständige und kleine Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigen in Höhe von insgesamt 50 Milliarden Euro. Dieser Gelder würden den derzeit geschlossenen Kultureinrichtungen zur Verfügung gestellt, um finanzielle Engpässe zu überbrücken und um die laufenden Betriebskosten wie beispielsweise Mieten zu decken. Um die persönliche Existenzsicherung zu gewährleisten habe die Bundesregierung den Zugang zur sozialen Grundsicherung erheblich erleichtert. So werde für die kommenden Monate nicht erhebliches Vermögen nicht berücksichtigt, der Zugang zu Kinderzuschlägen erleichtert und die reelen Aufwendungen für Wohnung und Heizung anerkannt. Bei Einkommenseinbußen könnten die Betroffenen zudem bei der Künstlersozialkasse (KSK) und bei den Finanzämtern die Senkung ihrer Beiträge oder Steuervorauszahlungen beantragen. Die Kulturstaatsministerin wies darauf hin, dass es keinem anderen Land Europas oder der Welt vergleichbare Hilfen für die Kulturszene gebe wie in Deutschland.

Olaf Zimmermann vom Kulturrat begrüßte die Maßnahmen der Bundesregierung ausdrücklich. Allerdings würden sie nicht ausreichen, um die ausbleibenden Einnahmen auszugleichen. So könnten die Mittel aus der Soforthilfe eben nur für Betriebskosten beantragt werden. Vor allem freischaffende Künstler hätten aber oftmals keine oder kaum Betriebskosten, die sie geltend machen könnten. Zimmermann verwies darauf, dass es nach Beendigung der Corona-Krise keinen Nachholeffekt geben werde in der Kulturszene. Eindringlich warb er deshalb für die Auflage eines Fonds bis 2021, um die kulturelle Infrastruktur dauerhaft zu sichern. Zudem warb er dafür, den Zuschuss des Bundes zur KSK temporär zu erhöhen, und Zuschüsse für Unternehmen mit mehr als zehn und weniger als 50 Mitarbeitern zu bewilligen. Zimmermann forderte den Bundestag auf, auch die begonnene Urheberrechtsreform weiter voranzutreiben und zeitnah abzuschließen. Gerade in Zeiten, in denen Kulturschaffende verstärkt auf digitale Verbreitungswege angewiesen seien, müssten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sie damit auch Geld verdienen könnten.

Trotz aller Zustimmung zu den Maßnahmen der Bundesregierung wurde aus den Fraktionen aber auch Kritik laut. Marc Jongen (AfD) mahnte, dass die Maßnahmen und Auflagen einer regelmäßigen Evaluation unterworfen sein müssten. Es müsse geprüft werden, ob der Betrieb der Kultureinrichtungen unter Beachtung von Hygiene und Abstandsgebot nicht wieder aufgenommen werden könnten. Jongen kritisierte zudem, dass die Soforthilfen nicht immer passgenau seien. So würden Solo-Selbständige ohne Betriebskosten von den Hilfen kaum profitieren.

Simone Barrientos (Die Linke) und Erhard Grundl (Bündnis 90/Die Grünen) bemängelten, dass der erleichterte Zugang zur sozialen Grundsicherung keine Lösung für viele freischaffende Künstler darstelle. Kultur sei systemrelevant und die Kulturschaffenden dürften nicht zu "Almosenempfängern" degradiert werden, sagte Grundl. Barrientos kritiserte, die Maßnahmen der Bundesländer zur Unterstützung des Kulturbetriebes seien ein "Flickenteppich", der Verunsicherung in der Kulturszene schaffe. Hartmut Ebbing (FDP) mahnte, in den Ländern würde die Verwendung der Soforthilfen des Bundes höchst unterschiedlich interpretiert. Insgesamt sei das Vorgehen von Bund und Ländern nicht gut abgestimmt. Auch Ebbing vertrat die Ansicht, dass die soziale Grundsicherung für die freischaffenden Kulturschaffenden nicht ausreiche.

Martin Rabanus (SPD) und Elisabeth Motschmann (CDU) begrüßten für die Koalitionsfraktionen die Maßnahmen der Regierung, räumten jedoch ein, dass es Lücken gebe, die geschlossen werden müssten. So könnten viele Kultureinrichtungen die gewährten Kredite nicht zurückzahlen, da eben kein Nachholeffekt zu erwarten sei nach Beendigung der Krise, führte Rabanus aus. Motschmann zeigte sich besorgt übe die Situation der freischaffenden Künstler und bezweifelte, ob der erleichterte Zugang zur sozialen Grundsicherung der richtige Weg sei, um ihnen zu helfen. Bei den Künstlern gebe es an dieser Stelle auch emotionale Vorbehalte.

Grütters wies die Kritik und Zweifel an der Unterstützung über den Weg der sozialen Grundsicherung zurück. Diese sei schließlich kein Hartz-IV-Bezug, wie mitunter behauptet werde. Das Antragverfahren sei deutlich vereinfacht, die Antragsteller müssten sich auch nicht als arbeitssuchend melden. Zudem würde dieser Weg auch anderen Berufsgruppen zugemutet, sie verstehe nicht, warum Künstler eine Ausnahme machen sollten. Sie sei allerdings bereit, auch über andere Modelle wie Pauschalzahlungen zu reden. Auch Olaf Zimmermann wies darauf hin, dass der Weg in die soziale Grundsicherung sicherlich nicht "schön" sei, allerdings könnten in anderen Ländern freischaffende Künstler davon nur träumen.

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2. Regierung will Wissenschaft unterstützen

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/ROL) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Unterstützung von Wissenschaft und Studentinnen und Studenten aufgrund der Caovid-19-Pandemie (Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz) (19/18699) vorgelegt. Danach sollen die Höchstbefristungsgrenzen nach Paragraph 2 Absatz 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) für das wissenschaftliche und künstlerische Personal um die Zeit der Covid-19-Pandemie-bedingter Einschränkungen des Hochschul- und Wissenschaftsbetriebs verlängert werden. Mit der Verlängerung der Höchstbefristungsgrenzen werden nach Ansicht der Bundesregierung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trotz der Phase pandemiebedingter Einschränkungen ihre Qualifizierungsziele im Sinne des WissZeitVG und damit auch ihre berufliche Weiterentwicklung weiterverfolgen können. Der Hintergrund der Verlängerung sei, dass zahlreiche Forschungsvorhaben aufgrund der pandemiebedingten Schließungen von Laboren und Bibliotheken bis auf Weiteres nicht oder nur sehr eingeschränkt weitergeführt werden. In besonderem Maße seien hiervon diejenigen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betroffen, die nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz befristet beschäftigt sind zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung, da sie den Höchstbefristungsgrenzen unterliegen.

Zudem sollen die Ausnahmetatbestände zu Einkünften aus pandemiebedingt übernommenen beziehungsweise hinsichtlich des Arbeitszeitumfangs aufgestockten Tätigkeiten ergänzt werden. Durch das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz seien bereits Anreize für auf BAföG-Leistungen angewiesene Auszubildende geschaffen worden, sich während der aktuellen Pandemie neben ihrer Ausbildung in Gesundheits- und sonstigen sozialen Einrichtungen sowie in der Landwirtschaft zu engagieren. Diese sollen angesichts der zunehmenden personellen Herausforderungen auch in anderen systemrelevanten Bereichen, wie etwa der Lebensmittelbranche, ausgedehnt werden. Zugleich soll der Anreiz durch noch weitergehende Anrechnungsfreistellung der Zuverdienste im BAföG verstärkt werden.

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3. Studenten passgenau unterstützen

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (19/18728) die Bundesregierung auf, Studentinnen und Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter passgenau zu unterstützen. So soll es einen rechtsverbindlichen Anspruch für wissenschaftliche Mitarbeiter über die Verlängerung der Höchstbefristungsdauer von Arbeitsverträgen geben. Diejenigen Studenten, die einen Bedarf nachweisen können, zum Beispiel durch Vorlage des Arbeits- und Mietvertrages, sollen ebenfalls passgenau durch eine einmalige Finanzhilfe für die Dauer eines Semesters unterstützt werden.

Die Abgeordneten fordern zudem, dass die Bundesregierung zusammen mit den Bundesländern darauf hinwirkt, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiter, die plausibel darlegen, dass durch die Pandemie das Forschungsprojekt, die Dissertation oder andere universitäre Abschlüsse nicht zeitgerecht weiterverfolgt oder beendet werden können, durch die Verlängerung der Förderungsdauer unterstützt werden.

Die AfD-Fraktion tritt ferner dafür ein, dass zusammen mit den Bundesländern erreicht werden soll, das Sommersemester 2020 oder mindestens die Zeit der Schließung von Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder Instituten, als gänzlich nicht stattgefunden aus den Studienkonten, Förderungsplänen und der studentischen Krankenversicherung zu streichen, um Prüfungs- und Forschungsprojekte sowie Berufs- und Lebensplanung nicht weiter zu gefährden.

Die Abgeordneten betonen, dass 2016 etwa 68 Prozent der deutschlandweit mehr als 2,8 Millionen Studenten ihren Lebensunterhalt durch einen zusätzlichen Nebenjob bestritten haben. Folglich bringe der plötzliche Wegfall dieser Einnahmen momentan einen Teil der Studenten in eine existenzielle Notlage. Es geht nach Ansicht der AfD derzeit aber nicht um eine generelle Neugestaltung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, sondern um eine vorübergehende Abfederung.

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4. Corona- Rettungsschirm für Studenten

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) In einem Antrag (19/18707) fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung auf, die Wissenschaft als tragende Säule der Pandemiebekämpfung zu stützen und den Corona- Rettungsschirm auf Studentinnen und Studenten sowie Nachwuchsforscher auszuweiten. Die Abgeordneten treten dafür ein, das BAföG befristet auf drei Monate durch ein Nothilfe-BAföG zu ergänzen, das weitere Gruppen umfasst. So sollen antragsberechtigt alle im Sommersemester ordentlich immatrikulierten deutschen und internationalen Studentinnen und Studenten von staatlichen und staatlich anerkannten privaten Hochschulen in Deutschland sein. Gleichwohl müssen sie nachweisen können, durch den Wegfall eines Nebenjobs selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen zu sein.

Eine Prüfung der Einkommen der Eltern oder des Ehepartners sowie des eigenen Vermögens sollen entfallen. Die Höhe der Förderung soll sich nach dem Durchschnittswert der Nebeneinkünfte aus den vergangenen drei Monaten mit Gehaltsbezug richten und durch einen Kontoauszug belegt werden. Die Obergrenze soll laut der Grünen bei der BAföG-Zuverdienstgrenze von 450 Euro monatlich liegen. Die Förderung soll sowohl für diejenigen zugänglich sein, die aktuell BAföG beziehen, als auch für diejenigen, die das nicht tun. Die Mittel sollen hälftig als Zuschuss, hälftig als Darlehen nach den üblichen Rückzahlungskonditionen des BAföG ausgegeben werden. Auch fordern die Abgeordneten, dass für einen begrenzten Zeitraum und befristet auf drei Monate analog auch das Schüler-BAföG durch ein Nothilfe-Schüler-BAföG ergänzt wird, so dass schulischen Auszubildenden bei Bedarf unbürokratisch Unterstützung ermöglicht wird. Die Mittel sollen dabei als Vollzuschuss zur Verfügung gestellt werden.

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5. Stärkung der häuslichen Pflege gefordert

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (19/18717) eine Stärkung der häuslichen Pflege. Die Pflege werde in hohem Maße als Eigenleistung erbracht. Die Verantwortung übernehme in den meisten Fällen die Familie. Die aktuellen Sätze des Pflegegeldes schafften nur einen ungenügenden Ausgleich für die von Angehörigen erbrachten Pflegeleistungen.

Die Abgeordneten verlangen, die Sorge- und Pflegearbeit von Angehörigen und nahestehenden Personen adäquat anzuerkennen. So müssten die finanziellen Leistungen in Form von Pflegegeld deutlich erhöht werden. Der Pflegegeldsatz sollte 1:1 an den gesetzlich vorgeschriebenen monatlichen Höchstbetrag für ambulante Pflegesachleistungen angeglichen werden.

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6. AfD fordert digitalen Kampf gegen Corona

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Coronaepidemie muss nach Ansicht der AfD-Fraktion auch digital bekämpft werden. Förderprogramme im Bereich digitaler Gesundheit und Pflege sollten beschleunigt und ausgebaut werden, heißt es in einem Antrag (19/18716) der Fraktion.

Die Digitalisierung sei ein gutes Instrument, auch im Bereich von Gesundheit und Pflege, um persönliche Kontakte zu vermeiden oder zusätzliche Leistungen zu ermöglichen. Die Abgeordneten fordern unter anderem, digitale Kompetenzen in den Heilberufen zu fördern.

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7. Überwachung von Infektionskrankheiten

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Infektionskrankheiten müssen nach Ansicht der AfD-Fraktion besser überwacht werden. Die Abgeordneten fordern in einem Antrag (19/18721), das beim Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelte Projekt eines Deutschen Elektronischen Melde- und Informationssystems für den Infektionsschutz (DEMIS) unverzüglich fertigzustellen und in der aktuellen Coronakrise zu nutzen. Gegebenenfalls sollten dazu weitere Bundesmittel bereitgestellt oder private Fördermittel akquiriert werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 418 - 22. April 2020 - 18.10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2020

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