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BUNDESTAG/9807: Heute im Bundestag Nr. 500 - 13.05.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 500
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 13. Mai 2020, Redaktionsschluss: 17.28 Uhr

1. Härtefallfonds für Reisewirtschaft
2. Zustimmung zu ESM-Kreditlinie beantragt
3. Corona-Programme sozial ausrichten
4. Grüne wollen Kleingewerbe stärken


1. Härtefallfonds für Reisewirtschaft

Tourismus/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Die Bundesregierung denkt über einen Härtefallfonds für Unternehmen der Tourismuswirtschaft nach, die von den Folgen der Coronakrise in besonderem Maße betroffen sind. Das Vorhaben sei allerdings noch nicht spruchreif und bedürfe weitererer Abstimmung mit dem Finanzminister, sagte eine Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) am Mittwoch im Tourismusausschuss. Zwar würden die bereits bestehenden Hilfsangebote auch in der Reisebranche gut angenommen. Doch sei die Regierung immer bereit, zu schauen, "wo nachjustiert werden" müsse: "Wir unterstützen weiter mit Hochdruck."

Nach Zahlen des Ministeriums haben 90 Prozent der Betriebe im Tourismussektor die Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes und 80 Prozent finanzielle Soforthilfen in Anspruch genommen. In den Genuss von Steuerstundungen seien 40 Prozent der Unternehmen gelangt. Für Kleinstbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten habe die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bislang Soforthilfen im Volumen von 135 Millionen Euro zugesagt. Für den Gesamtbereich der Gastronomie allein seien 1,1 Milliarden Euro bewilligt.

Mehr Unterstützung sollen jetzt auch gemeinnützige Anbieter im Tourismussektor wie Jugendherbergen erfahren, die bisher kaum von Bundesmitteln profitieren konnten. Beabsichtigt sei, bereits bestehende Programme der Länder mit einer Milliarde Euro zu bezuschussen. Dieser Betrag sei bis zu einer Höhe von 80 Prozent durch eine Bundesbürgschaft abgesichert. Den Ländern bleibe es überlassen, die Haftungsfreistellung durch eigene Beiträge auf 100 Prozent aufzustocken. Ein Silberstreif am Horizont für die Tourismuswirtschaft sei auch die von der EU-Kommission für den 15. Juni empfohlene Öffnung der innereuropäischen Grenzen.

Gleichwohl biete die aktuelle Lage der Branche ein dramatisches Bild. In den Monaten März und April verzeichnete die deutsche Tourismuswirtschaft Umsatzeinbußen im Umfang von 24 Milliarden Euro, sagte die Ministeriumsvertreterin. Die Arbeitslosenzahl stieg demnach um 200 Prozent. Laut einer Umfrage sähen sich zwei Drittel der Unternehmen am Rande der Insolvenz.

Mit scharfer Kritik bedachten insbesondere Vertreter der liberalen und grünen Opposition im Ausschuss den bisherigen Rettungskurs. "Für die Tourismuswirtschaft ist faktisch nichts in den letzten zwei Monaten passiert", hieß es. Wertvolle Zeit sei verloren gegangen. Unternehmen, die keinerlei Gewissheit hätten, wann sie wieder Geld verdienen könnten, sei mit Krediten nicht geholfen: "Wir als Berliner Politik machen da keine gute Figur." Grüne wie Liberale befürworten einen zunächst aus Steuermitteln gespeisten Rettungsfonds, der unterschiedslos allen Unternehmen der Reisebranche zugute kommen soll. Nur die größeren und leistungsfähigen Betriebe sollten nach dem Ende der Krise zur Rückzahlung in einem angemessenen Zeitraum herangezogen werden.

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2. Zustimmung zu ESM-Kreditlinie beantragt

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Der Deutsche Bundestag soll der Bereitstellung des ESM-Instruments ECCL Pandemic Crisis Support (PCSI) zustimmen. Dies hat das Bundesministerium der Finanzen beantragt (19/19110). Mit der Zustimmung des Bundestages wird die Bundesregierung ermächtigt, dem entsprechenden Beschlussvorschlag im Gouverneursrat des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zuzustimmen.

Sobald das Kreditinstrument durch den Gouverneursrat des Europäischen Stabilitätsmechanismus bereitgestellt sei, könnten interessierte ESM-Mitgliedstaaten das Instrument individuell beantragen. Richtwert für die in Aussicht gestellten Maßnahmen sind zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts des beantragenden Mitgliedstaats. Im Fall eines Antrages würde der Deutsche Bundestag erneut beteiligt werden, schreibt das Bundesministerium der Finanzen. Dies bedeutet, dass Anträge von ESM-Mitgliedstaaten nur mit Zustimmung des Plenums des Deutschen Bundestages genehmigt werden können.

Wie weiter erläutert wird, hätten die wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie vielfache Risiken auch für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets. Es handele sich "um einen symmetrischen Schock beispielloser Größenordnung mit Auswirkungen auf die Finanzmärkte, einem starken Anstieg des Bruttofinanzierungsbedarf aller Staaten und beträchtlichen direkten und indirekten Auswirkungen auf den Finanzsektor", heißt es. Die Mitgliedstaaten des Euroraums hätten schnell reagiert, um die Volkswirtschaften zu stabilisieren. Die Risiken für die Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet insgesamt seien aber noch nicht gebannt. Eine vorsorgliche Finanzhilfe des ESM würde dazu beitragen, die Risiken für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und der einzelnen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zu verringern. Mittel aus dem ESM können von den Staaten bis zum 31. Dezember 2022 beantragt werden.

Ein begünstigter ESM-Mitgliedstaat würde der verstärkten Überwachung durch die Europäische Kommission unterliegen, heißt es in dem Antrag weiter. Zu den Bedingungen gehört, dass Mittel aus diesem ESM-Instrument ausschließlich zur Deckung eines durch die COVID-19-Pandemie bedingten Finanzierungsbedarf eingesetzt werden dürfen. Nach dem Ende der COVID-19-Krise würden die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets verpflichtet, ihre wirtschaftlichen und fiskalischen Grundlagen zu stärken. Die maximale Durchschnittslaufzeit für die Rückzahlung der unter der ECCL PSCI gezogenen Kreditmittel soll nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen zehn Jahre betragen.

In der Bewertung der Schuldentragfähigkeit komme die EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass die Verschuldung trotz der Risiken in allen Mitgliedstaaten des Euroraums mittelfristig (zehn Jahre) tragfähig bleiben werde, heißt es in dem Antrag weiter. Die historisch niedrigen Zinssätze würden ebenfalls dazu beitragen, die Tragfähigkeit der Staatsschulden in den Euro-Ländern zu stützen. In einem Szenario zur wirtschaftlichen Entwicklung wird bereits für 2021 wieder mit einem starken Wirtschaftswachstum gerechnet, zum Beispiel in Deutschland mit 5,9 Prozent, in Frankreich mit 7,4 und in Italien mit 6,5 Prozent.

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3. Corona-Programme sozial ausrichten

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/PEZ) Die Linksfraktion fordert, Corona-Hilfsprogramme für eine soziale und ökologische Ausrichtung der Wirtschaft zu nutzen. In einem Antrag (19/19142) erklären die Abgeordneten, das Gemeinwesen müsse dauerhaft gestärkt und die Wirtschaft auf die Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet werden. "Dies erfordert angebots- und nachfrageseitig eine aktive Rolle des Staates und öffentlicher Zukunftsinvestitionen."

Nach den Vorstellungen der Fraktion sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, Beschäftigten in systemrelevanten Berufen für die Zeit der Corona-Krise einen Zuschlag in Höhe von 25 Prozent ihres Bruttoarbeitsentgelts zu zahlen, um die erhöhte Gesundheitsgefahr und extreme Arbeitsbelastung auszugleichen. Insgesamt seien soziale Maßnahmen in Höhe von 27 Milliarden Euro notwendig, vor allem zur Erhöhung der Grundsicherung auf 593 Euro und für Zuschüsse an Soloselbstständige und Kleinstunternehmer in Branchen, die bis zum Herbst aus Infektionsschutzgründen beeinträchtigt sein dürften. Unternehmen sollen sich an den Zielen des Bundesklimaschutzgesetzes orientieren müssen; eine Kaufprämie für Autos lehnen die Abgeordneten ab.

Weiter will die Linke ein milliardenschweres Investitionsprogramm mit Finanzierungen in nahezu allen Bereichen von Gesundheit und Bildung über einen Rettungsschirm für Kommunen, Energie, Verkehr und Wohnen.

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4. Grüne wollen Kleingewerbe stärken

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Antrag

Berlin: (hib/PEZ) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will in die Attraktivität von Innenstädten und Dorfkernen investieren. Zusätzlich zu bestehenden Programmen sollten mit einem Fonds in Höhe von 500 Millionen Euro entsprechende Projekte gefördert werden, die der Stabilität von Innenstädten zu Gute kommen sollen. Insgesamt müsse sich die Städtebauförderungen stärker an Nachhaltigkeit und Digitalisierung orientieren, heißt es in einem Antrag (19/19143) weiter. Die Grünen fordern zudem, dass Kommunen leichter Standorte für Gewerbeflächen planerisch sichern und so Nutzungsmischungen schützen können. Detailliert schlagen sie außerdem Änderungen im Baugesetzbuch vor, die auf ein Bewahren von durchmischten Vierteln auch mit Kleingewerbe hinwirken. Ähnliches schlagen die Abgeordneten für Ortskerne auf dem Land vor, wo es verstärkt auch um die Förderung lokaler Wirtschaftskreisläufe und interkommunaler Zusammenarbeit gehen soll.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 500 - 13. Mai 2020 - 17.28 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2020

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