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MELDUNG/066: Bundestag debattiert über Beitrag der Kulturpolitik zur Integration (Kulturrat)


Deutscher Kulturrat e.V. - Pressemitteilung vom 16. Dezember 2016

Kultur baut Brücken: Bundestag debattiert über Beitrag der Kulturpolitik zur Integration

Vielfalt leben und auszuhalten kann anstrengend sein und verlangt Aushandlungsprozesse


Berlin, den 16.12.2016. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt, dass der Deutsche Bundestag in seiner letzten Debatte in diesem Jahr ein klares Signal für ein weltoffenes Deutschland ausgesandt. Einmütig haben alle Rednerinnen und Redner in der Aussprache zum Antrag der CDU/CSU- sowie der SPD-Bundestagsfraktion "Kultur baut Brücken - Der Beitrag von Kulturpolitik zur Integration" betont, dass Kunst und Kultur einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten kann. Ebenso wurde deutlich, dass sich das Einwanderungsland Deutschland verändert und dies ein Zugewinn für die gesamte Gesellschaft ist. Alle Rednerinnen und Redner haben sich in ihren Beiträgen für ein weltoffenes Deutschland ausgesprochen und sich deutlich von Populisten abgegrenzt.

Ute Bertram, MdB (CDU), die den ersten Antragsentwurf im Januar 2016 in die Beratungen der Koalitionsfraktionen einbrachte, unterstrich, dass Integration viele gesellschaftliche Bereiche betrifft, zu denen selbstverständlich auch die Kultur gehört. Sie dankte den zahlreichen Ehrenamtlichen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Ihr Engagement macht Integration erst möglich. Unter den verschiedenen Aktivitäten aus dem Kulturbereich zur Integration hob sie unter anderem die Initiative kulturelle Integration, Kultur macht stark und die Aktivitäten der Kulturstiftung des Bundes besonders hervor.

Harald Petzold, MdB (Die Linke) bezeichnete den Antrag als "schönes Paket", das aber nicht hält, was es verspricht. Auch er lobte das große ehrenamtliche Engagement in der Integrationsarbeit und die Wertschätzung, die diesem im Antrag entgegengebracht wird. Er vermisst allerdings über Projekte hinaus die Unterstützung der kulturellen Integrationsarbeit vor Ort durch den Bund und forderte die Abschaffung des Kooperationsverbots. Scharf kritisiert wurde von ihm, dass die Koalitionsfraktionen den Antrag direkt im Plenum zur Abstimmung stellten und nicht an Ausschuss für Kultur und Medien zur Beratung überwiesen.

Burkhard Blienert, MdB (SPD), zuständiger Berichterstatter der SPD-Fraktion, schilderte den Diskussionsprozess zum Antrag innerhalb der Koalitionsfraktionen als einen gegenseitigen Lernprozess zum Kulturverständnis. Er zeigte Freude, dass Deutschland vom Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kultur geprägt ist und dass Kultur in Deutschland weder starr noch hierarchisch ist. Auch das kulturelle Erbe hat sich, so Blienert, aus Heterogenität entwickelt und zeugt von vielen verschiedenen Einflüssen. Als Aufgabe für 2017 formulierte er, dass kulturelle Integration dazu dienen soll, Vorurteile abzubauen.

Ulle Schauws, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) sah in dem Antrag vor allem eine Selbstbespiegelung der Koalitionsfraktion. Es werde nur Bestehendes beschrieben und berechtigte Fragen aufgeworfen. Jegliche Perspektive bleibt der Antrag, so Schauws, allerdings schuldig. Dies gilt beispielsweise für die langfristige interkulturelle Öffnung von Kultureinrichtungen oder auch die Veränderung der Kultur durch Zuwanderung. Auch sie kritisierte, dass der Antrag nicht an den Ausschuss für Kultur und Medien zur Beratung überwiesen wurde.

Volker Ullrich, MdB (CSU) hob die Bedeutung der deutschen Sprache für Integration hervor. Weiter machte der deutlich, dass die bestehenden Werte wie beispielsweise Respekt, Toleranz oder Meinungsfreiheit nicht verhandelbar. Integration bedeutet, so Ullrich, selbstbewusst die eigenen Traditionen zu vertreten und pflegen. Abstriche hier wertet er als eine Entmündigung hinzukommender. Besonders betont wurde von ihm die Freiheit und Autonomie der Kunst, die die Kulturnation Deutschland auszeichnet.

Josip Juratovic, MdB (SPD) sah es als besonderen Wert an, dass sich die CDU/CSU- sowie die SPD-Bundestagsfraktion auf diesen gemeinsamen Antrag verständigt haben. Gemeinsam wird hervorgehoben, dass Deutschland ein Land mit einer vielfältigen Gesellschaft ist. Kultur trägt zur Vielfalt bei und drückt Vielfalt aus.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Gestern fand die konstituierende Sitzung der Initiative kulturelle Integration statt und heute debattiert der Deutsche Bundestag über kulturelle Integration und unterstreicht, welche Bedeutung Kultur für das Zusammenleben in einem weltoffenen Deutschland hat. Das sind ermutigende Zeichen zum Ende dieses Jahres, in dem oftmals die wenigen, die ein weltoffenes Deutschland ablehnen, die Debatte mehr prägten als die vielen, die sich stark machen für Vielfalt, die sich ehrenamtlich engagieren oder in Kultureinrichtungen sich auf dem Pfad der Veränderung befinden. Vielfalt leben und auszuhalten kann anstrengend sein und verlangt Aushandlungsprozesse. Doch gerade die Demokratie bietet den idealen Rahmen für solche Diskussionen und Streit in der Sache. Kulturelle Integration ist eine Aufgabe für alle, jene, die hier schon lange leben und jene, die nach Deutschland kommen."

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Quelle:
Pressemitteilung vom 16. Dezember 2016
Deutscher Kulturrat e.V.
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Internet: http://www.kulturrat.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2016

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