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PRESSEKONFERENZ/427: Regierungspressekonferenz vom 30. Mai 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 30. Mai 2012
Regierungspressekonferenz vom 30. Mai 2012

Themen waren: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Art. 91 b GG, Zwischenbericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes), Lage in Syrien, Schülerwettbewerb des Bundesjustizministeriums gegen Rechtsextremismus, Pkw-Maut, Besuch des Bundespräsidenten in Israel, finanzielle Situation Spaniens, Treffen des Bundesfinanzministers mit dem spanischen Wirtschaftsminister, Treffen der Koalitionsspitzen, deutsch-schweizerisches Steuerabkommen, Rekapitalisierung von Banken

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Aden (BMJ), Kotthaus (BMF)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag. Die Themen des Kabinetts sind Ihnen heute bereits von den Ministerinnen ausführlich vorgestellt worden. Ich mache es deswegen wirklich kurz.

Zunächst lag dem Kabinett der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Art. 91 b GG vor. Diese Grundgesetzänderung soll die Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern im Bereich der Wissenschaft erweitern. Es soll also künftig möglich sein was bisher nicht möglich ist , dass exzellente Einrichtungen an Hochschulen vom Bund gemeinsam mit den Ländern langfristig und nicht wie bisher nur thematisch und nur zeitlich begrenzt gefördert werden. Bisher ist solch eine institutionelle langfristige Förderung nur bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen möglich. Dieses soll nun also auf die Einrichtungen an den Hochschulen selbst erweitert werden.

Sie wissen, dass die Bundesregierung mit der Exzellenzinitiative, dem Hochschulpakt 2020, dem Pakt für Forschung und Innovation gemeinsam mit den Ländern wesentlich zur Weiterentwicklung von Wissenschaft und Forschung an den deutschen Hochschulen beiträgt. Durch die geplante Änderung des Grundgesetzes wird es nun möglich sein, diese Erfolge zu verstetigen und den Hochschulen langfristige Perspektiven zu geben, über den Tag hinaus, an dem große gemeinsame Bund-Länder-Initiativen auslaufen werden.

Das zweite Thema, mit dem sich das Bundeskabinett befasst hat, war der Zwischenbericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes. Dies ist bereits der dritte Zwischenbericht. Sie wissen, dass sich Bund, Länder und Kommunen im Jahre 2007 darauf geeinigt hatten, bis August 2013 bundesweit etwa 750.000 Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren einzurichten. Dazu legt das zuständige Ministerium jedes Jahr einen Bericht vor. So auch diesmal. Die konkreten Zahlen und all das hat Ihnen die Ministerin sehr ausführlich vorgetragen.

Ich denke, es lohnt sich festzuhalten, dass die Kommunen mithilfe von Bund und Ländern seit diesem Beschluss im Jahre 2007 die Zahl der Kinderbetreuungsplätze nahezu verdoppelt haben. Ich denke, es lohnt sich festzuhalten, dass aufgrund des außergewöhnlich großen Engagements des Bundes, der auf diesem Gebiet ja nicht ursprünglich zuständig ist, zusammen mit Ländern und Kommunen eine erhebliche Dynamik in Gang gekommen ist, und ich glaube, es ist auch allen Seiten klar, dass, um das Ziel bis August 2013 zu erreichen, sich weitere Dynamik entfalten muss und dass sich diese Dynamik auf jeden Fall fortsetzen muss. Die Bundesministerin hat deswegen heute auch in zehn Punkten einen Aktionsplan von Maßnahmen vorgetragen, mit denen der Bund dazu beitragen will, dass dieses Ausbauziel erreicht wird.

Das war es aus dem Kabinett von mir.

Schäfer: Ich möchte im Namen von Außenminister Westerwelle und für die Bundesregierung kurz ein paar Worte zu Syrien sagen.

Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung gestern den syrischen Botschafter in Berlin ausgewiesen. Er hat nunmehr noch etwa 48 Stunden, um das Bundesgebiet zu verlassen. Diese Ausweisung erfolgte als unmittelbare Reaktion auf die schrecklichen Vorkommnisse von Al-Hula sowie im Lichte der anhaltenden Verstöße des Assad-Regimes gegen den Friedensplan von Kofi Annan. Andere europäische und westliche Partner haben gestern in gleicher Weise gehandelt. Wir hatten uns über das Pfingstwochenende mit den wichtigsten Partnern diesbezüglich abgestimmt und für diese Maßnahme geworben.

Der Bundesregierung ist völlig bewusst, dass damit die Gewalt in Syrien nicht automatisch enden wird. Gleichwohl geht es darum, ein klares und ein unmissverständliches politisches Signal an das Regime in Damaskus zu senden, dass es sich mit seinem völlig inakzeptablen Verhalten jenseits aller internationalen Standards bewegt und auch seine eigene Zukunft verspielt. Der Außenminister setzt darauf, dass von dem heutigen Briefing im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch Kofi Annan weitere wichtige Impulse für den weiteren Umgang mit der schweren Krise in Syrien ausgehen. Der Friedensplan von Kofi Annan ist aus Sicht der Bundesregierung nach wie vor die richtige Grundlage für eine politische Lösung. Er ist Konsens der internationalen Gemeinschaft, auf ihn haben sich alle Seiten verständigt. Nun muss es darum gehen, ihm doch noch zur Durchsetzung zu verhelfen. Dazu gehört aus Sicht des Außenministers konstanter massiver politischer und diplomatischer Druck der gesamten internationalen Gemeinschaft. Es sind insbesondere diejenigen gefragt, die noch Einfluss auf die Führung in Damaskus haben und die bislang noch gezögert haben und noch ihre schützende Hand über das Regime von Damaskus halten. Zu diesem Zweck hat der Außenminister bereits gestern mehrere Telefonate geführt, unter anderem mit dem französischen Außenminister Fabius und dem türkischen Außenminister Davutoglu. Es bestand mit den beiden Einvernehmen, dass auch in Zukunft alle politi schen Instrumente genutzt werden sollen, um das Assad-Regime weiter zu isolieren.

Frage: Da Sie gerade den französischen Außenminister erwähnt haben, habe ich eine Frage an Sie, Herr Schäfer, vielleicht auch Herr Seibert: Monsieur Hollande hat heute einen Militärschlag gegen Syrien ins Gespräch gebracht. War das gestern bei dem Gespräch mit dem Außenminister auch Thema, und wie steht die Bundesregierung zu diesem Vorschlag? Ist das möglicherweise auch eine abgesprochene deutsch-französische Initiative?

Schäfer: Ich stelle voran, dass in dem Gespräch von Außenminister Westerwelle mit seinem französischen Kollegen Fabius dieses Thema nicht zur Sprache gekommen ist. Aber Tatsache ist doch, dass das Regime von Präsident Assad seine Zusagen im Hinblick auf den Annan-Plan in keiner Weise umgesetzt hat. Es sollte keine Truppenbewegungen in Richtung der Ballungszentren mehr geben. Es sollte keinen Einsatz von schweren Waffen geben. Der Rückzug aus den Ballungszentren sollte beginnen. Vereinbart waren auch ein ungehinderter Zugang für humanitäre Organisationen und die Freilassung von politischen Gefangenen. All das ist bislang in keiner Weise umgesetzt. Tatsache ist auch, dass sich die Lage in Syrien bislang ja gar nicht beruhigt hat und die Gewalt trotz der Präsenz der ja inzwischen aufgewachsenen Beobachtermission der Vereinten Nationen andauert.

Aber das möchte ich noch einmal betonen und bekräftigen; ich habe es eben schon gesagt wir es gibt eine konsolidierte Haltung der internationalen Gemeinschaft. Sie wissen, dass es gar nicht einfach war, genau diese herzustellen. Das ist der Annan-Plan. Er gilt. Er wurde vom Sicherheitsrat einstimmig beschlossen, und er ist bis auf Weiteres die beste aller möglichen Handlungsoptionen für die internationale Gemeinschaft. Und das sage ich ausdrücklich im Namen des Außenministers es gilt, einen Flächenbrand in der Region zu vermeiden. Das ist in den letzten Wochen immer wieder betont worden. Sie haben vielleicht noch in Erinnerung, dass es vor wenigen Tagen im Libanon schon zu blutigen Zusammenstößen gekommen ist, die aus der schwierigen Lage in Syrien heraus in das Nachbarland Libanon "hinübergeschwappt" sind. Das ist für uns alle ein warnendes Beispiel dafür, dass es jetzt gilt, einen solchen Flächenbrand mit allem Nachdruck zu verhindern.

Deshalb ist die Haltung der Bundesregierung klar: Wir wollen eine politische Lösung, und wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Umsetzung des Annan-Plans zu erreichen. Unser Ziel im Übrigen auch das unserer französischen Partner; darüber haben die beiden Außenminister gestern Abend auch gesprochen ist es, dass die Freundesgruppe des syrischen Volkes, die sich bereits vor einigen Monaten konstituiert hat und auch mehrfach zu Begegnungen zusammengetroffen ist, so bald wie möglich wieder unter französischem Vorsitz zusammenkommt.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben jetzt zweimal die Formulierung verwendet "alle politischen Möglichkeiten ausnützen". Ich habe insofern einfach eine Definitionsfrage: Ist es ein politisches Instrument, das unter Ihr Diktum fallen würde, einen Militärschlag nicht auszuschließen?

Schäfer: Aus Sicht der Bundesregierung gibt es keinen Anlass, im Hinblick auf die Lage in Syrien über militärische Optionen zu spekulieren.

Frage: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin wird sich am Freitag mit der "schützenden Hand", die Herr Schäfer angesprochen hat, nämlich mit dem russischen Präsidenten Putin, treffen. Inwieweit wird sie auf den russischen Präsidenten einwirken, diese schützende Hand über dem Assad-Regime zurückzuziehen?

StS Seibert: Es stimmt: Die Bundeskanzlerin trifft Staatspräsident Putin, wenn er am Freitag zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin kommt, und es stimmt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit das Thema Syrien eine wichtige Rolle bei ihrem Gespräch spielen wird.

Zusatzfrage: Was will denn die Bundeskanzlerin in diesem Gespräch von Herrn Putin erreichen?

StS Seibert: Das wird sie Herrn Putin sagen. Sie wird mit Sicherheit versuchen, die russische Seite zu überzeugen, genau wie wir auf den politischen Prozess zu setzen, genau wie wir dafür zu sorgen, dass von der UN die richtigen Entscheidungen gegenüber dem Assad-Regime getroffen werden.

Frage: Gibt es, wenn es um die Ausschöpfung aller politischen Maßnahmen geht, noch ein Reservoir an verschärften Sanktionen, die im Moment im Gespräch sind, oder ist es noch nicht so konkret geworden?

Schäfer: Die Bundesregierung schließt in keiner Weise aus, dass es weitere Sanktionen, sei es auf internationaler Ebene etwa der Vereinten Nationen, sei es im Rahmen der Freunde des syrischen Volkes oder innerhalb der Europäischen Union, gibt. Das werden wir von der Entwicklung der Lage vor Ort abhängig machen, und das ist sicherlich eine der eben schon angesprochenen politischen und diplomatischen Handlungsoptionen. Es ist ja völlig eindeutig, dass die Sanktionen, die von vielen Staaten, die auch von der Europäischen Union gegen das Regime in Syrien verhängt worden sind und die ein breites Spektrum an Maßnahmen abdecken, ihre Wirkung auf die wirtschaftliche Lage des Regimes nicht verfehlt haben. Das wissen wir. Es gilt jetzt, das weiter zu beobachten und immer dann, wenn der Zeitpunkt dafür der richtige ist, den politischen Druck weiter zu erhöhen. Das gilt ausdrücklich auch für das politische Instrument der Sanktion.

Frage: Herr Schäfer, ist aus Sicht des Außenministers diese Einlassung von Präsident Holland sinnvoll, ist es in der momentanen Debatte sinnvoll, einen Militärschlag ins Gespräch zu bringen?

Schäfer: Es ist nicht an mir und nicht an uns, das zu bewerten. Ich gehe davon aus, dass der französische Staatspräsident gewusst hat, was er sagt. Die Haltung der Bundesregierung haben Herr Seibert und ich Ihnen deutlich gemacht.

Frage: Trotzdem: Können Sie es sich erklären? Gab es vielleicht nach dieser Äußerung seit der Veröffentlichung sind ja inzwischen schon ein paar Stunden vergangen Kontakte mit der französischen Regierung, die zu einer Klärung beitragen können?

StS Seibert: Ich kann Ihnen jetzt nicht von Kontakten zwischen der Bundesregierung und der französischen Regierung in den letzten Stunden berichten. Das Treffen des Außenministers mit Herrn Fabius liegt ja noch nicht lange zurück. Im Übrigen hat sich die Bundeskanzlerin beim G8-Gipfel, der auch noch nicht lange zurückliegt, auch wenn er vor dem entsetzlichen Drama von Al-Hula stattfand, sehr ausführlich unter anderem auch mit Herrn Hollande über die Lage in Syrien ausgetauscht.

Schäfer: Ich kann dem nur beipflichten. Über Kontakte auf politischer Ebene zwischen Deutschland und Frankreich zu dieser Frage seit gestern Abend, seit dem Gespräch der beiden Außenminister, ist mir nichts bekannt. Aber Sie können sicher sein, dass es angesichts der hohen Bedeutung, die beide Regierungen der Lage in Syrien und dem Umgang mit der Lage in Syrien zumessen, ständige Kontakte zwischen den Außenministerien und auch darüber hinaus zwischen beiden Staaten gibt. Ich gehe fest davon aus, dass es auch heute Morgen Kontakte dazu gegeben hat, ohne dass ich Ihnen über den Inhalt dieser Gespräche Bericht erstatten könnte.

Aden: Ich habe Ihnen eine erfreuliche Mitteilung zu machen. Der Schülerwettbewerb des Bundesjustizministeriums gegen Rechtsextremismus findet heute einen feierlichen Abschluss mit einer Preisverleihung. Dies ist ein krönender Abschluss, denn es war ein sehr erfolgreicher Wettbewerb mit über 310 Beiträgen, die eingereicht worden sind. Über 4.000 Schülerinnen und Schüler haben an diesem Wettbewerb teilgenommen. Anlass dafür, den Wettbewerb ins Leben zu rufen, war das Bekanntwerden der schrecklichen Mordserie an Migranten und einer Polizistin. Das war auch für die Bundesjustizministerin eine Zäsur, auch für sie eine Schande.

Die Schülerinnen und Schüler haben Filme gedreht, Plakate erstellt, sie haben mit Flashmobs spontan demonstriert, sie haben gebastelt, sich an Kunstaktionen beteiligt, sie haben Lieder komponiert, Lieder gesungen, sie haben Homepages erstellt, Unterrichtsmaterial konzipiert. Dieses große Engagement zeigt, dass es gerade unter jungen Leuten eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen Rechtsextremismus gibt, dass der Wettbewerb einen Nerv getroffen hat.

Ich möchte Sie alle noch einmal herzlich zur Preisverleihung heute Abend einladen, die um 19 Uhr im Radialsystem in Berlin, in der Holzmarktstraße 33, beginnt. Wir haben auch eine Einladung dazu verschickt. Es wäre schön, wenn Sie darüber berichten und dieses tolle Engagement damit würdigen könnten. Ich weiß, es ist ein weiterer Abendtermin in Ihrem sicherlich auch gedrängten Zeitplan; aber vielleicht ist es auch die Gelegenheit, einmal Ihr Kind, falls Sie eines haben und es alt genug dazu ist, mitzubringen. Das wird bestimmt eine tolle Veranstaltung.

Wir werden heute auch noch eine Pressemitteilung dazu herausgeben, in der wir auch mitteilen, wer die Preisträger sind. Wir möchten darum bitten, die Sperrfrist zu beachten. Denn es soll eine Überraschung für die Schülerinnen und Schüler sein, die heute Abend geehrt werden. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Frage: Ich möchte gerne wissen, Herr Seibert, ob das Thema Pkw-Maut inzwischen Kabinettsprominenz bekommen hat. Ist es heute von irgendeiner Seite angesprochen worden? Ist es vielleicht in einem Vorgespräch angesprochen worden? Welche Rolle wird das Thema in den weiteren Koalitionsberatungen spielen?

StS Seibert: Es hat beim Kabinett heute keine Rolle gespielt. Die Haltung der Bundeskanzlerin zu diesem Thema ist ja nun seit einiger Zeit bekannt. Für sie ist die Einführung einer Pkw-Maut kein Vorhaben für diese Legislaturperiode. Sie teilt mit dem Bundesverkehrsminister die Sorge um die verlässliche Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur. Das ist für unser Land eine ganz wichtige Frage, weswegen ja auch Ende letzten Jahres beschlossen wurde, in diesem Jahr, 2012, zusätzliche finanzielle Mittel in die Verkehrsinfrastruktur zu stecken. Darüber hinaus ist die Pkw-Maut kein Projekt für die Bundesregierung.

Zusatzfrage: Ich habe eine kleine Nachfrage an das Finanzministerium: Hat sich Herr Ramsauer einmal mit einem Anruf bei Herrn Schäuble gemeldet, ob man den leichtesten aller Wege mehr Mittel für das Verkehrsressort gehen sollte?

Kotthaus: Nicht, dass ich wüsste.

Frage: Herr Seibert, der Bundespräsident hat in Israel ich will einmal sagen: Bedenken bezüglich der Einschätzung der Bundeskanzlerin geäußert, wonach die Existenz Israels zur deutschen Staatsräson gehöre. Sieht die Bundeskanzlerin oder sehen Sie Anlass dazu, Ihre Position nach diesem Ratschlag von Herrn Gauck noch einmal zu überdenken, oder wie bewerten Sie diese Einlassungen?

StS Seibert: Ich bewerte sie gar nicht. Nach der Berichterstattung zu urteilen, absolviert der Bundespräsident in Israel einen erfolgreichen, einen sehr eindrucksvollen Besuch. Jedenfalls waren die Berichte von seinem ersten Besuchstag so. Wie es üblich ist, kommentiere ich nicht die Äußerungen, die der Bundespräsident bei einem solchen Besuch macht. Die stehen für sich, wie auch die Äußerungen der Bundeskanzlerin, die sie in der Vergangenheit zum deutsch-israelischen Verhältnis gemacht hat, für sich stehen und immer noch Gültigkeit haben.

Frage: Wie bewertet die deutsche Regierung die letzten Ereignisse in Spanien, insbesondere die Situation mit dem Versuch der Regierung, Bankia, eine der größten Banken Spaniens, mit Staatsanleihen zu sanieren, und der nicht so klaren Reaktion der Europäischen Zentralbank, dass es nicht erlaubt sei, mit Staatsanleihen eine große Bank zu sanieren? Hat die deutsche Regierung angesichts der Salamitaktik von Herrn Rajoy, jeden Tag eine neue schlechte Nachricht zu verkünden, noch Vertrauen in die spanische Regierung?

Noch eine Frage an den Sprecher des Finanzministeriums: Ich glaube, Herr Schäuble trifft heute Nachmittag den spanischen Wirtschaftsminister de Guindos. War das eine Initiative der spanischen Seite oder war es der Wunsch von Herrn Schäuble, mit Herrn de Guindos zu sprechen?

StS Seibert: Ich möchte gern ganz grundsätzlich sagen, dass es nicht die Aufgabe des Sprechers der Bundesregierung ist, ausländischen und befreundeten Staaten Zensuren zu geben. Wir wissen sehr genau, wie schwer und ernsthaft die Probleme sind, denen sich die spanische Regierung derzeit gegenübersieht. Der spanische Ministerpräsident Rajoy hat das der Bundeskanzlerin bei dem gemeinsamen ausführlichen Treffen in Chicago auch sehr eindrucksvoll dargelegt; er hat seinen Weg, sich mit diesen Problemen zu beschäftigen und diese Probleme langfristig zu lösen, ebenso dargelegt. Und wenn Sie nach Vertrauen fragen: Ja, die Bundesregierung hat Vertrauen in den Reformweg, den die spanische Regierung eingeschlagen hat.

Kotthaus: Der Bundesminister der Finanzen trifft sich regelmäßig und unregelmäßig mit verschiedenen seiner Kollegen im formellen und informellen Setting. Heute findet ein informelles Treffen mit seinem spanischen Kollegen statt. Sie wissen, dass sich die beiden vor Kurzem in Spanien getroffen haben; jetzt treffen sie sich hier. Wer da genau wo und wie die Initiative getroffen hat, kann ich nicht einmal mehr sagen. Wie gesagt, das ist ein nicht unnormales Treffen unter Kollegen.

Zusatzfrage: Warum gibt es kein Pressekommuniqué?

Kotthaus: Weil es ein informelles Treffen ist. Wenn wir nach jedem Telefonat oder jedem Treffen informeller Art Pressekonferenzen machen würden, dann hätten wir sozusagen die Bude ununterbrochen voll. Deswegen: Nach informellen Treffen machen wir keine Pressekonferenzen.

Zusatzfrage: Ob die Märkte danach schlecht reagieren, spielt bei dieser Entscheidung keine Rolle?

Kotthaus: Nein, das hat damit nichts zu tun. Das ist ein informelles Treffen, da trifft man sich tatsächlich im engeren Sinne des Wortes informell, ohne das durch Pressekonferenzen oder ähnliches mehr zu formalisieren.

Frage: Ich habe noch eine Frage an Herrn Seibert: Gibt es schon Details zu dem Treffen der drei Parteichefs? Ich weiß, Sie sind Regierungssprecher, aber bitte ersparen Sie mir den Hinweis. Wie soll das am Montag ablaufen? Wird es eine Pressekonferenz geben?

StS Seibert: Ich erspare Ihnen den Hinweis, aber ich erspare Ihnen auch alle Details, weil ich keine weiß.

Zusatzfrage: Noch nicht einmal eine ungefähre Uhrzeit oder so? Wann wird das denn bekanntgegeben?

StS Seibert: Wenn es bekanntgegeben wird, dann nicht vom Sprecher der Bundesregierung das muss ich jetzt dann doch sagen. Es gibt da keine feste Tagesordnung, von der ich Ihnen berichten könnte. Lassen Sie es also passieren; dann wird sich zeigen, in welcher Form dann überhaupt darüber berichtet werden kann.

Vorsitzender Hebestreit: Wir nehmen das staunend zur Kenntnis.

StS Seibert: Es ist ja nicht das erste Mal, dass dieses Format so stattfindet. Es ist sogar der Regelfall, dass es so stattfindet informell sozusagen.

Frage: Herr Kotthaus, ich möchte noch nach einem Evergreen fragen, und zwar den Verhandlungen mit der Schweiz. Die Schweiz ist fröhlich dabei, ihren Ratifizierungsprozess für das Steuerabkommen voranzutreiben; in Deutschland hört man überhaupt nichts mehr von dieser Front. Haben Sie denn in den letzten Wochen möglicherweise in Gesprächen mit den Bundesländern ein größeres Maß an Übereinstimmung herbeigeführt? Läuft diese Geschichte inzwischen im Sinne des Ministeriums?

Kotthaus: Wie Sie schon sagten, ist das ein Evergreen den sollten wir auch nicht frühzeitig beenden. Das Gesetzgebungsverfahren geht seinen geplanten Weg. Das zieht sich nach der jetzigen Planung bis in den November 2012 hin. Wir arbeiten daran und wir reden mit allen Beteiligten. Angesichts der Presselage und der Kommentare beziehungsweise auch schon fast Appelle verschiedener durchaus wichtiger Verbände, dass dieses Abkommen unbedingt umgesetzt werden müsste, bin ich da weiterhin nicht unoptimistisch. Aber wie gesagt, das Gesetzgebungsverfahren, so, wie wir es geplant haben, zieht sich bis in den November 2012 hin. Jetzt haben wir Ende Mai. Es sind also noch ein paar Tage für Beratungen und Gespräche offen.

Zusatzfrage: Gab es denn in den letzten Wochen ein Gespräch auf Topebene zu diesem Thema?

Kotthaus: Es gibt mannigfaltige Gespräche über viele Themen auf den verschiedensten Ebenen. Es macht aber ähnlich wie bei anderen Treffen wirklich keinen Sinn, ununterbrochen Wasserstandsmeldungen abzugeben.

Frage: Herr Kotthaus, können Sie uns bestätigen, dass das Thema Rekapitalisierung von Banken bei dem Treffen von Finanzminister Schäuble mit dem spanischen Wirtschaftsminister auf dem Tisch ist?

Kotthaus: Ich kann Ihnen keine Themen bestätigen, da es ein informelles Treffen ist. Ich gehe davon aus, dass die gesamte Bandbreite der Themen angefangen bei allen Themen im Zusammenhang mit der Eurogruppe über Ecofin bis hin zu G20 zur Diskussion stehen, aber ich kann Ihnen keine einzelnen Themen bestätigen.

Frage: Ich weiß dazu noch sehr wenig, aber es scheint, dass Durão Barroso gerade in Brüssel über eine Banken-Union in der Europäischen Union und davon, dass die Banken direkt beim europäischen Rettungsfonds Geld leihen könnten, gesprochen hat. Haben Sie etwas davon gehört oder hätten Sie vielleicht eine Reaktion auf diese Nachricht, die gerade aus Brüssel kommt?

StS Seibert: Wenn es gerade passiert ist, habe ich ein großes Problem, auf dem Laufenden zu sein, denn ich sitze jetzt ja schon seit 35 Minuten hier. Insofern: Nein, ich habe noch nichts davon gehört. Ich glaube, man müsste es gelesen haben und zwar ausführlich gelesen haben. Die deutsche Haltung zur Direkt-Rekapitalisierung von Banken aus dem europäischen Rettungsschirm ist bekannt.

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 30. Mai 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/05/2012-05-30-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2012