Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/484: Regierungspressekonferenz vom 24. September 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 24. September 2012
Regierungspressekonferenz vom 24. September 2012

Themen: Parlamentswahlen in Weißrussland, geplante Fusion von EADS und BAE Systems, Vorwürfe gegen den früheren Bundesfinanzminister Steinbrück/Sponsorenwerbung bei Unternehmen im Bundesbesitz, europäische Schuldenkrise, Treffen der Bundeskanzlerin mit EZB-Präsident Draghi, Rentenangleichung Ost-West, sogenannte Facebook-Partys, Lawinenunglück in Nepal, vermuteter Einbruch in CDU-Büro während Klausurtagung, geplante Rückholung von radioaktiven Abfällen aus dem Atommülllager Asse

Sprecher: StS Seibert, Kotthaus (BMF), Enderle (BMELV), Schäfer (AA), Stamer (BMU)



Vorsitzender Freitag eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Morgen auch von mir. Wie Sie wissen, haben in Weißrussland Parlamentswahlen stattgefunden. Die Beurteilung der Wahlen durch die OSZE steht noch aus. Ich will dieser Beurteilung gar nicht vorgreifen. Ich will nur für die Bundesregierung Folgendes sagen:

Diese Wahlen haben in einem Umfeld stattgefunden, das freie Wahlen kaum ermöglicht. Es sind weiter politische Gefangene in Haft, Oppositionelle wurden daran gehindert, sich zur Wahl zu stellen. Es gab vielerorts Repressionen. Auch die Berichterstattung und die Wahlbeobachtung wurden behindert, ich nenne nur die beiden Fälle der ZDF-Journalistin Anne Gellinek, die keine Einreise gestattet bekam, und des Bundestagsmitglieds Marie-Luise Beck, die ebenfalls nicht nach Weißrussland einreisen konnte. ZDF-Journalisten, die in Weißrussland waren, wurden vor Ort kurzzeitig verhaftet.

In diesem fortdauernden Umfeld der Einschüchterung haben große Teile der Opposition dann von einer Teilnahme an diesen Wahlen abgesehen. Es ist ganz offensichtlich, dass Staatspräsident Lukaschenko, anstatt die angebotene Partnerschaft mit Europa anzunehmen, weiterhin auf einen Kurs der Unterdrückung setzt. Das ist für sein Land, für die Bürger in Weißrussland, eine Tragödie.

Die Bundesregierung ruft Lukaschenko und die Regierung in Minsk dazu auf, sofort die politischen Gefangenen freizulassen und die Repression zu beenden.

Frage: Herr Seibert, ich würde gern nachfragen zu den Gesprächen vom Wochenende zwischen der Kanzlerin und Herrn Hollande in Sachen EADS und BAE: Was ist eigentlich das Ziel zwischen den beiden Ländern? Will man eine gemeinsame Position verabreden, oder will man sich nur abstimmen? Das ist für mich durchaus etwas Unterschiedliches. Und wie weit ist man auf dem Weg gekommen?

StS Seibert: Es gilt immer noch das, was die Bundeskanzlerin am Samstag bei der Pressekonferenz gemeinsam mit Präsident Hollande gesagt hat: Das Thema einer möglichen Fusion von EADS mit BAE ist ein so sensibles Thema, dass man nicht mit Details der Überlegungen einzelner Staaten an die Öffentlichkeit geht, sondern mit einem Gesamtergebnis, wenn diese Überlegungen abgeschlossen sind.

Deutschland und Frankreich sind mit der notwendigen Sorgfalt dabei, sich alle Aspekte dieses Vorschlags anzuschauen. Sie sprechen miteinander, es werden auch Gespräche mit den Unternehmen geführt. Ich muss Sie bitten abzuwarten, wie diese Gespräche enden.

Zusatzfrage: Darf ich da noch einmal nachfragen? Ich wollte ja keine Details, ich wollte nur das Ziel dieser Gespräche mit Frankreich von Ihnen erfragen. Ist das Abstimmung, oder ist das gemeinsame Position?

StS Seibert: Es ist gemeinsames Nachdenken über die Fragen, die dieses mögliche Geschäft aufwirft. Und das findet jetzt intensiv statt.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert und an Herrn Kotthaus. Herr Seibert, ganz grundsätzlich: Dürfen Bundesminister per Briefkopf um Sponsorentätigkeiten von Unternehmen bitten, die zum Teil oder überwiegend in Bundesbesitz sind? Gibt es da ganz grundsätzlich eine Sprachregelung oder eine Verhaltensempfehlung in dieser Bundesregierung?

An Herrn Kotthaus die Frage: Können Sie sich an einen Fall erinnern, dass Finanzminister Schäuble unter Erwähnung seines Namens "Komma Bundesfinanzminister" bei Bundesunternehmen um Sponsorengelder für nette oder weniger nette Veranstaltungen gebeten hat, oder dass er dies tun würde?

StS Seibert: Ganz grundsätzlich wird man wohl sagen müssen, dass der Briefkopf von Ministern der Korrespondenz dient, die mit ihren Amtsgeschäften zu tun hat.

Zusatzfrage: Und Sponsoren einzuwerben, gehört nicht zu den Amtsgeschäften?

StS Seibert: Sie haben mich nach einer ganz grundsätzlichen Auskunft gefragt. Einzelfälle müssen untersucht werden. Das kann ich Ihnen hier jetzt nicht bieten.

Kotthaus: Meine Antwort ist noch kürzer: Nein.

Frage: Herr Staatssekretär, weil Sie gesagt haben, Einzelfälle müssten dann immer untersucht werden: Ist denn der vorliegende Fall einer, der im Nachhinein untersucht werden sollte?

StS Seibert: Ich muss wirklich sagen, dass ich mir über diese Frage heute noch keine Gedanken gemacht habe. Wenn sich da Fragen stellen, werden diese Fragen gestellt werden und auch beantwortet werden.

Frage: Herr Kotthaus, weil Sie so nett Nein geantwortet haben und damit klargemacht haben, dass Herr Schäuble ein solches Verhalten nicht an den Tag gelegt hat wie Peer Steinbrück, einer der Vorgänger im Amt des Bundesfinanzministers: Sieht der jetzige Bundesfinanzminister Grund, diesem Sponsoring-Wunsch des Finanzministers Peer Steinbrück im Nachhinein nachzugehen, weil es da ja um behaupteten Druck auf Unternehmen, die zum Teil im Bundesbesitz sind, gehen könnte?

Kotthaus: Mein Nein bezog sich auf Ihre Frage, ob mir das bekannt sei. Darauf habe ich Nein gesagt. Zweitens: Ich habe den Fall auch nur heute Morgen gelesen, weiß dazu nicht mehr und kann deswegen auch nicht mehr dazu sagen.

Zusatzfrage: Können Sie sich denn um eine Aufklärung bemühen, ob man im Lauf des Tages mehr als ein Nein sagen könnte oder wollte?

Kotthaus: Moment, zu der Frage, ob wir etwas gemacht haben, dürfte mehr als Nein schwierig werden, jedenfalls, was Finanzminister Schäuble betrifft.

Zu dem anderen Thema geht es mir - wie gesagt - ähnlich wie Herrn Seibert. Ich habe es heute Morgen gelesen, und mehr kann ich dazu momentan nicht sagen.

Vorsitzender Freitag: Er fragte, ob Sie sich im Laufe des Tages bemühen könnten, ob Sie in Erfahrung bringen können, ob dieser Fall aufgeklärt werden kann. Ich denke, Sie können Bemühen zusichern, Herr Kotthaus?

Kotthaus: Ich bin stets bemüht.

Frage: Vielleicht ganz allgemein: Wie stellt sich die Bundesregierung zu den Berichten, dass das Haushaltsloch in Griechenland nun doch sehr viel größer sein soll als zunächst vermutet, größer als 11,5 Milliarden Euro, bis zu 20 Milliarden Euro?

StS Seibert: Sie wissen, dass die Troika in Griechenland tätig ist, in intensiven Gesprächen mit der griechischen Regierung und allen Institutionen dort. Aus dieser Arbeit wird ein Bericht hervorgehen, der uns dann klar sehen lässt, wie die Situation ist, sowohl, was den Haushalt betrifft, als auch die Umsetzung der von Griechenland versprochenen Maßnahmen. Und auf der Ebene werden wir dann so etwas auch beurteilen können, aber jetzt werde ich dazu keine Antwort geben können, weil die Zahlen und die Fakten noch nicht wirklich daliegen.

Kotthaus: Ich darf ergänzen: Uns ist die Zahl, die da kolportiert ist, auch nicht bekannt. Es ist bei der Lektüre heute Morgen aufgefallen, dass Sie alle die gleiche Quelle zitieren. Das ist natürlich klassisch eine sehr solide Berichterstattung. Aber - wie gesagt -: Die Zahl ist uns nicht bekannt. Die Troika arbeitet, sie wird einen Bericht erstellen. Und dann haben wir auch harte Facts. Ich glaube, es macht nur bedingt Sinn, alle drei Tage irgendwelche neuen Zahlen durch die Gegend zu würfeln und die dann bewerten oder nicht bewerten zu wollen. Bei uns gilt auch weiterhin: Wir warten auf den Bericht der Troika.

Frage: Herr Kotthaus, wenn ich Ihren Staatssekretär heute richtig verstanden habe, dann hat er angegeben, dass eine Lücke zwischen dem existiert, was Griechenland bringen muss und dem, was die Troika erwartet. Also bestätigen Sie quasi, dass da eine Lücke aufgetreten ist?

Kotthaus: Ich glaube, in Ihrer Zeitung und auch in vielen anderen ist regelmäßig über Gespräche der Troika mit Griechenland berichtet worden über eine Lücke, die - glaube ich - mit 11,5 Milliarden Euro beziffert wurde, wenn ich das richtig habe verfolgen dürfen. Wir wissen alle: Das zweite Programm hat einen bestimmten Ablauf vorgesehen. Dieser Ablauf wurde durch zweimalige Wahlen sicherlich nicht befördert. Dass irgendeine Lücke existiert, ist hoch wahrscheinlich. Nur wie hoch die im Endeffekt sein wird und wie die dann zu füllen sein wird, da müssen wir schlicht und ergreifend abwarten, bis die Troika da ihren Bericht vorlegt.

Zusatzfrage: Wenn ich den Herrn Kampeter recht verstehe, sagt der eben, dass es über die 11,5 Milliarden Euro hinausgeht. Das ist das Neue an dieser Lücke, die da aufgetan wurde.

Kotthaus: Ich habe meinen Staatssekretär heute Morgen nicht Wort für Wort verfolgen dürfen, ich kann nur sagen: Ich habe keine soliden Zahlen. Mir liegen keine soliden Zahlen vor, die mich in eine Lage versetzen würden hier zu sagen: Das und das ist die Lücke, und darüber müssen wir reden. Fakt ist - und das hat auch der Staatssekretär relativ klargemacht -: Wir sind abhängig davon, wie der Bericht der Troika ausfällt. Da werden wir solide Zahlen habe. Da werden wir die Zahlen haben, die durch den Blick in die Bücher in Athen untermauert und fundiert sein werden. Dann können wir auch vernünftig beurteilen, was zu tun ist und was nicht zu tun ist. Jetzt ist es schwierig bis unmöglich, genau das zu tun. Deswegen - gerade auch im Interesse, nicht weiter irgendwelche Unruhe zu stiften oder irgendwelche Besorgnisse zu wecken oder ähnliches mehr oder wilde Spekulationen zu treiben - sagen wir ganz klar: Wir warten auf den Bericht der Troika. Das werden erst die soliden und validen Zahlen sein.

Frage: Herr Kotthaus, haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass wir möglicherweise erst im November auf eine Mega-Entscheidung zu verschiedenen offenen Fragen - sprich: Zypern, Griechenland, vielleicht auch Spanien - zusteuern, wie es heute in einem Zeitungsbericht suggeriert worden ist?

Kotthaus: Wir sind da auch in den Händen der beteiligten Parteien. Die Spanier wollen Ende September vorlegen, wie ihr Bankenrekapitalisierungsbedarf wirklich aussieht, dementsprechend dann das Bankenrekapitalisierungsprogramm finalisieren. Sie haben angekündigt, Ende September auch weitere Reformschritte zu machen. Die Zyprioten befinden sich noch in Gesprächen mit der Troika, die Griechen tun das ebenso. Ich bin kein Hellseher, ich bin nicht Troika, ich bin nicht Zypern, ich bin nicht Griechenland. Wir sind abhängig davon, wie schnell die Gespräche da laufen, und dann werden wir sehen.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine zusätzliche Frage an Herrn Kotthaus oder auch Herrn Seibert: Ist an die Bundesregierung von US-amerikanischer Seite irgendein Anliegen herangetragen worden, die Entscheidungen in Sachen Griechenland bis nach der US-Wahl zu verzögern?

StS Seibert: Ich kann Ihnen so etwas nicht berichten. Im Übrigen ist die Entscheidung, wann die Troika ihren Bericht vorlegt, natürlich eine Entscheidung der drei Institutionen, die die Troika tragen, des IWF, der EZB und der Europäischen Kommission und nicht der Bundesregierung.

Frage: Zum Thema Euro: Die Frage der Hebelung ist bisher schon beim EFSF verankert. Gibt es einen Fall, wo diese Hebelung zum Zug kam? Darüber hinaus die Frage: Warum wollen Sie diesen Mechanismus vorsehen, wenn er - bisher zumindest - relativ selten zum Einsatz kam?

Kotthaus: Fangen wir von vorne an, um es ganz klarzumachen, die Begrifflichkeiten gehen hier ein bisschen wild durcheinander. Fangen wir ganz vorne an: An den 190 Milliarden Euro, für die Deutschland haftet, wird sich nichts ändern, egal was passiert. Das war erstens.

Zweitens. Wir haben jetzt dem Bundestag die Leitlinien des ESM für die fünf bekannten Instrumente vorgelegt. Das sind die Darlehen mit makroökonomischen Anpassungsprogrammen, es sind die vorsorglichen Kreditlinien, es ist die Primärmarktintervention, es ist die Sekundärmarktintervention und es sind die Darlehen an Mitgliedstaaten zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten. Von diesen fünf Instrumenten sind bis jetzt das erste, das Darlehen mit makroökonomischen Anpassungen in Griechenland, Irland und Portugal, und das Darlehen zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten in Spanien eingesetzt worden. Das war es bis jetzt.

Nichtsdestotrotz gilt es natürlich, den Instrumentenkasten beziehungsweise die Möglichkeiten des ESM ähnlich zu gestalten wie die des EFSF - damals mit Zustimmung des Bundestages. Nach reichlicher, langer Debatte - wir erinnern uns, wir haben diese Debatte auch in diesem Raum relativ intensiv geführt -, hat der Bundestag zugestimmt, dass es eine Möglichkeit eine Teilabsicherung gibt, als Unterkategorie, also Beteiligung von privatem Kapital an Darlehen respektive den Instrumenten für die Staaten, die danach ein Bedürfnis haben.

Es hat bis jetzt dazu kein Bedürfnis gegeben, diese Unterart zu gestalten und zu nutzen. Nichtsdestotrotz - wir fordern regelmäßig auch, dass auch privates Kapital durchaus stärker in Betracht gezogen werden soll - ist das eine Möglichkeit, die auch in Zukunft zu diskutieren sein wird, ist aber bis jetzt in den Leitlinien nicht vorgesehen, weil sie zurzeit in Brüssel diskutiert wird. Also die Leitlinien, die zurzeit dem Bundestag vorliegen und die die konkreten Instrumente des ESM konkretisieren und ausgestalten, sehen zurzeit diese Unterarten nicht vor, weil dazu die Diskussion in Brüssel noch nicht abgeschlossen ist und noch läuft.

Nichtsdestotrotz waren sie beim EFSF da. Beim EFSF hat der Bundestag ihnen zugestimmt, und es gab bis jetzt keinen Anwendungsfall. Das ist richtig. Aber wenn ich irgendwelche Zahlen lese, was da für Volumina im Raum stehen, muss man ganz klar sagen: Das ist wirklich in überhaupt keiner Form nachvollziehbar. Die Zahl, die da kolportiert wurde, ist weder verständlich, noch nachvollziehbar, noch erkennbar. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass man versucht, gegebenenfalls da, wo es sich anbietet, da wo man auch näher am Markt sein möchte - da ist es eine Möglichkeit, dass man privates Kapital und öffentliches Kapital zusammenbringt -, da eine höhere Nähe zum Markt herzustellen. Das ist Ziel und Zweck dieser Unterart von Instrumenten.

Wie gesagt: Die Diskussionen dazu in Brüssel laufen. Und wenn in Brüssel ein Konsens erzielt ist, dann würde das natürlich auch wiederum in der gleichen Art und Weise wie jetzt die Leitlinien dem Bundestag zur Beteiligung vorgelegt werden.

Zusatzfrage: Können Sie noch die Position des Finanzministers nennen? Sie befürworten diese Aktion?

Kotthaus: Ja, beim EFSF - wie gesagt - ist der Bundestag der Überzeugung, das wäre richtig. Die Bewertung, die der Bundestag damals gehabt hat, zu sagen, das ist ein richtiges Instrument, hat sich aus unserer Perspektive nicht geändert.

Frage: Ich möchte gern etwas mehr über das Treffen morgen im Kanzleramt zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Herrn Mario Draghi wissen. Ich habe gesehen, dass es um Austausch geht. Aber die Frage ist, ob es in der Vergangenheit schon passiert ist, dass ein Präsident der EZB im Kanzleramt einen Besuch gemacht hat und ob Herr Mario Draghi das gefordert hat oder umgekehrt.

StS Seibert: Treffen werden nicht gefordert, sondern vereinbart. Die letzte Begegnung mit einem EZB-Präsidenten im Kanzleramt war mit Mario Draghi vor einigen Monaten. Ich könnte Ihnen jetzt nicht genau den Tag sagen, aber Mario Draghi war zu einem solchen Arbeitsgespräch mit der Bundeskanzlerin vor einigen Monaten bereits im Kanzleramt. In der Kontinuität dieses Meinungsaustausches werden sie sich morgen wiedertreffen.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage dazu: Das hat nichts zu tun mit dem Vorschlag von Mario Draghi, eine Rede im Bundestag zu halten?

StS Seibert: Noch einmal: Wenn ich mich an das Interview erinnere, auf das das alles zurückgeht, dann wurde Herr Draghi von dem Journalisten der "Süddeutschen Zeitung" gefragt, ob er sich vorstellen könnte, im Bundestag aufzutreten. Daraufhin - also nicht als eine selbst aktiv vorgebrachte Idee - hat Herr Draghi - glaube ich - gesagt, das könnte er sich vorstellen. Ich finde, das haben Sie jetzt ein bisschen zu aktiv dargestellt. An eine Forderung kann ich mich da nicht erinnern. Im Übrigen ist das eine Sache des Deutschen Bundestages, da hätte die Kanzlerin ohnehin nichts mit zu tun.

Frage: Zwei kleine Fragen zu dieser Hebelgeschichte. Ich kann mich erinnern, dass seinerzeit, bevor das beim EFSF diskutiert worden ist, der Chef des EFSF auf Tour geschickt worden ist, um bei großen Investoren, unter anderem in China, das Interesse an diesem Instrument zu wecken und darüber zu sprechen. Ist das jetzt im Falle ESM auch noch einmal passiert? Sprich: Ist diese Diskussion Ausdruck dessen, dass man den Eindruck gewonnen hat, Investoren wären doch gewillt, im Zweifelsfall dieses Instrument zu nutzen?

Und noch eine zweite Frage: Wenn ich das richtig erinnere, haben Sie, Herr Seibert, am Freitag gesagt, Frau Lagarde werde bei dem Empfang für Herrn Schäuble auch zugegen sein. Ist denn am Rande dieses Gesprächs irgendein Treffen von Frau Lagarde mit Frau Merkel vorgesehen?

Kotthaus: Vielleicht ganz kurz: Der EFSF ist eigentlich ein sehr erfolgreiches Instrument. Er hat seine institutionellen Schwächen, weswegen wir gesagt haben, der ESM ist das bessere Instrument. Deswegen brauchen wir auch diesen permanenten Schirm. Aber bis jetzt hat der EFSF sehr erfolgreich am Markt und in der Krise operiert. Daher hatte man beschlossen, dass eigentlich die Instrumente des EFSF, die dort existieren, auch dementsprechend auf den ESM übertragen werden sollen, also vor dem Hintergrund: "Never change a winning team", dass man da dementsprechend weiter fortschreitet. Das ist im Wesentlichen die Motivation dahinter.

StS Seibert: Ja, es wird eine Begegnung, ein Gespräch Frau Lagardes mit der Bundeskanzlerin geben.

Zusatzfrage: Wann? Mit Presseunterrichtung?

StS Seibert: Das muss ich Ihnen nachreichen, weil ich es jetzt nicht genau sagen kann.

Frage: Herr Kotthaus, ich kann mich entsinnen, dass der Hebel beim EFSF einen Faktor von zwei hatte. Entspricht das auch den Erwartungen beim ESM?

Kotthaus: Der Hebel, der damals beim EFSF von der Presse weit diskutiert wurde, hatte eine große und beeindruckende Bandbreite. Er wurde faktisch aber nie eingesetzt, deswegen wissen wir es nicht. Sie müssen da auch aufpassen: Es gibt im ESM respektive zurzeit noch im EFSF verschiedene Instrumente, die in verschiedener Art und Weise angewandt werden. Je nach Gemengelage - zum Beispiel, wenn es ein Land geben würde, das näher am Markt bleiben sollte, wo man also den Privatsektor stärker beteiligt haben möchte, um die Distanz zum Markt nicht zu haben - könnte man dieses Instrument der Teilabsicherung nutzen. In welcher Höhe und mit welchem prozentualen Anteil das dann geschehen würde, darüber wage ich nicht zu spekulieren; das kommt auf den Einzelfall an, Herr Pichler.

Die Summe, die am Wochenende kolportiert wurde, wäre ein beeindruckender Multiplikator über die gesamte Summe des ESM - was völlig illusorisch ist. Noch einmal: Die Instrumente sind deswegen so differenziert, weil der ESM auf verschiedene Situationen punktgenau reagieren können soll. Von daher kann ich Ihnen hier nicht sagen, ob und in welcher Höhe der Privatsektor an einem Programm beteiligt wäre. Das kommt auf den Einzelfall an, das kommt auf das Bedürfnis an, das kommt auf die Situation an, in der der jeweilige Staat wäre - rein theoretisch -, und was da die Sachlage ist. Das müsste man sich dann konkret anschauen.

Sie werden in der Vergangenheit sicherlich immer wieder einmal gelesen haben, dass bei der Teilabsicherung eine Summe von 30 Prozent in der Diskussion war. Aber noch einmal: Das ist rein abstrakt, das würde wirklich auf den jeweiligen Einzelfall ankommen, wenn das Instrument angewendet würde.

Man muss auch noch einmal festhalten: Der ESM ist dafür da, einfach bereit zu stehen. Idealerweise haben wir keine weiteren Programme, idealerweise laufen die Reformen so gut, dass sich diese Frage niemals stellen wird. Nur, wir wollen eben eine Möglichkeit haben, so punktgenau und zielgenau auf die Situation reagieren zu können, wie es angebracht ist. Das ist der Hintergrund für die verschiedenen Instrumente des ESM, die ich Ihnen gerade noch einmal heruntergebetet habe, und das ist auch der Hintergrund für die Diskussion, inwieweit man eine Beteiligung von privaten Geldern mit vorsehen könnte.

Zusatzfrage: Herr Kotthaus, die 30 Prozent, die Sie nannten, sind sozusagen die Quote des ESM, und dann kämen noch die Privaten dazu?

Kotthaus: Wie gesagt, auch das ist eine abstrakte Zahl; die werden Sie auch in zahllosen Artikeln immer wieder finden, deswegen erwähne ich sie einfach mal. Es kommt aber wirklich immer auf den Einzelfall, auf die Einzelsituation an. Man müsste eben schauen, was für ein Sachverhalt vorliegt und wie die Situation am Markt aussieht. Wie gesagt: Bis jetzt ist das Instrument nie zum Einsatz gekommen.

Frage: Wenn so eine Hebelung kommt, muss dann der Bundestag darüber entscheiden?

Kotthaus: Der Bundestag muss über jedes Programm entscheiden. Immer, wenn wir ein neues Land haben, ein neues Programm haben, ist der Bundestag gefordert zu entscheiden. Darüber hinaus ist der Bundestag auch bei den Instrumenten, also den ESM-Leitlinien, die jetzt verabschiedet werden, beteiligt.

Zusatzfrage: Muss der Bundestag denn über die Hebelung selber entscheiden?

Kotthaus: Erstens. Wir beraten zurzeit im Haushaltsausschuss über die ESM-Leitlinien. Die ESM-Leitlinien gestalten die ESM-Instrumente aus, damit sie auch praktisch anwendbar gemacht werden können. Sie finden zum Beispiel die Leitlinien des EFSF heute auf der Webseite des EFSF unter "Instrumente". Da haben Sie eine lange Liste, in der es um die Fragen geht: Was sind die Voraussetzungen, was sind die Konditionalitäten, was sind die Überprüfungsmechanismen, was sind die Zinssätze? Das finden Sie alles auf der Webseite des EFSF und das können Sie sich gern noch einmal anschauen und ausdrucken. Ähnlich werden die Leitlinien für den ESM aussehen. Auch dort geht es um die Fragen: Was ist der Obersatz, was ist das Programm, was ist der Inhalt, was sind die Konditionalitäten - und Ähnliches mehr. Das ist auch Teil des bereits vom Bundestag konsentierten ESM, in dem Sie diese Programme auch abstrakt finden. Die konkrete Ausgestaltung soll aber jetzt gerade im Haushaltsausschuss beraten und beschlossen werden.

Zweitens. Wenn es irgendwann in Zukunft noch einmal zu einem Fall kommen würde - oder auch nicht; wir wissen es ja nicht -, dass ein Land Hilfe vom ESM bräuchte, dann müsste der Bundestag natürlich wieder zustimmen.

Vorsitzender Freitag: Ich glaube, Herr Seibert hat jetzt die genauen Daten des Treffens zwischen Frau Lagarde und Frau Merkel.

StS Seibert: Ich kann noch nachreichen, dass die Bundeskanzlerin Frau Lagarde am Mittwochnachmittag im Bundeskanzleramt treffen wird. Das ist ein vertrauliches Arbeitsgespräch der beiden, es wird danach also - analog zu dem Gespräch mit EZB-Präsident Draghi - keine Pressekonferenz geben.

Frage: Herr Seibert, ich wüsste gerne, ob sich Ihre Regierung einen Zeitplan für die Rentenangleichung Ost und West gesetzt hat. Das war ja ein Koalitionsvorhaben zu Beginn dieser Koalition. Ich wüsste gern, in welchem Jahr nach derzeitiger Regierungsplanung das Rentenniveau Ost und West gleich ist - vor oder nach der nächsten Wahl?

StS Seibert: Sie haben Recht, dies ist ein Thema, das zu betrachten sich die Regierung im Koalitionsvertrag vorgenommen hatte. Es ist sehr schwierig, eine Regelung zu finden, die den unterschiedlichen Erwartungen und Interessen in Ost und West, bei alten und jungen Menschen gleichermaßen, gerecht wird und zur Befriedung beiträgt. Eine solche Regelung ist zurzeit nicht absehbar. Dabei hat gerade bei diesem Thema natürlich ein Konsens, eine möglichst große Einigkeit aller Beteiligten, große Bedeutung, damit die Lösung, die man dann findet, auch akzeptiert wird. Insofern ist dies ein Thema, bei dem man zum Beispiel immer auch versuchen würde, eine Lösung zusammen mit den Ministerpräsidenten der östlichen Bundesländer zu finden.

Ich kann Ihnen im Moment also nicht sagen, dass da eine Lösung absehbar wäre. Es ist eine sehr komplizierte Frage. Es gilt zu bedenken, dass die bestehenden Regelungen die unterschiedlichen Lagen, die unterschiedlichen Lohnniveaus in Ost und West ja auch schon berücksichtigen.

Zusatzfrage: Bei Koalitionsbildung - und auch in gelegentlichen Äußerungen der Bundeskanzlerin selbst, meine ich mich erinnern zu können - war ja durchaus mehr als nur ein unpräzises Eruieren des Problems angekündigt worden. Es gab doch - korrigieren Sie mich bitte, falls dies nicht so sein sollte - eine Art von Versprechen, dies zu regeln. Gilt dieses Versprechen noch, oder sagt die Regierung, nachdem sie sich drei Jahre darum bemüht hat: Das ist unter den Lebenden nicht mehr hinzubekommen?

StS Seibert: Sich dieses Themas anzunehmen ist lohnend und auch erforderlich. Es ist allerdings auch ein Thema, das eine sehr wohlaustarierte Lösung braucht. Diese Lösung ist derzeit nicht absehbar.

Frage: Ich habe eine Frage an das deutsche Verbraucherschutzministerium. Frau Enderle, Sie kennen bestimmt Facebook. Kennen Sie auch das Phänomen "Facebook-Partys"?

Enderle: Ja.

Frage: Was hält das deutsche Verbraucherschutzministerium von diesen "Facebook-Partys", und wie sieht es in diesem Zusammenhang mit der Privacy für Benutzer von Facebook aus?

Enderle: Wir haben uns ja am vergangenen Wochenende zu diesem Thema geäußert. Wir sagen, dass Facebook unter anderem auch eine Mitschuld an solchen Eskalationen trägt, weil der Konzern nicht bereit ist, seine Datenschutzeinstellungen in diesem Bereich zu verbessern. Wir sind der Meinung, dass Facebook durch restriktive Grundeinstellungen sicherstellen muss, dass Kinder und Jugendliche nicht irrtümlicherweise eine private Veranstaltung für Millionen von Nutzern öffentlich macht. Noch ist es leider so, dass das Einstellen einer Veranstaltung zunächst einmal öffentlich ist. Das heißt, man muss explizit sagen, dass man nicht möchte, dass diese Veranstaltung für alle sichtbar ist. Das halten wir für einen Fehler.

Zusatzfrage: Wenn das ein Fehler ist: Haben Sie diesbezüglich permanent Gespräche mit Facebook? Wie muss ich mir Ihre Kommunikation mit so einem großen Medium vorstellen? Es ist ja nicht das erste Mal, dass es solche Probleme gibt.

Enderle: Wir sind in Gesprächen mit Facebook. Die Ministerin hat bei ihren Besuchen in Washington und auch hier in Berlin deutlich gemacht, dass das ein Service beziehungsweise eine Einstellung ist, die so nicht in Ordnung ist. In der Vergangenheit haben wir das bei anderen Themen auch so gemacht, beispielsweise bei dem Thema Gesichtserkennung. Da hat sich gezeigt, dass dieser öffentliche Druck sehr effektiv ist. Wenn Sie am Wochenende Zeitung gelesen haben, dann haben Sie vielleicht auch gesehen, dass dieser Dienst nun nicht kommt. Bei Gesichtserkennungsdiensten hat Facebook nicht zuletzt auch auf unseren öffentlichen Druck hin eingelenkt und wird diesen Dienst nicht anbieten. Insofern: Wir sind in Gesprächen mit dem Unternehmen.

Zusatzfrage: Was ist in Deutschland das Problem mit solchen "Facebook-Partys", zu denen teilweise Hunderte oder Tausende nicht eingeladene Besucher kommen und oft ziemlich viel Schaden anrichten?

Enderle: Da gilt, glaube ich, überall das Gleiche. Die Voreinstellung ist eben, dass solche Einladungen öffentlich sind. Ich denke, da gilt hier genau das Gleiche wie anderswo auch.

Zusatzfrage: Waren Sie überrascht, dass es bei einer Party eines 16-jährigen Mädchens in den Niederlanden - das war eine Privatparty, sie hat aber nicht mitbekommen, dass die Einladung öffentlich war, obwohl sie das nicht wollte; sie hat dann auch klargestellt, dass das auch privat bleiben sollte - Sachschäden in Höhe von einer Million Euro, Dutzende von Verletzten und Dutzende von Verhafteten gab? Sind Sie überrascht, dass das in Holland ein so großes Problem ist und dass das mit solcher Wucht passieren kann? Denken Sie, dass das so auch in Deutschland passieren kann?

Enderle: Es gab in Deutschland ja ähnliche Fälle, insofern ist das keine Überraschung.

Vorsitzender Freitag: Herr Kollege, bevor wir das Thema weiter vertiefen, möchte ich im Sinne aller Mitglieder nur kurz fragen: Gibt es dazu oder zu anderen Themen noch weitere Fragen? - Dann würde ich Sie bitten, nur noch eine kurze Frage zu stellen, bevor wir zu anderen Themen kommen.

Zusatzfrage: Man sieht also, dass es ständig diese Probleme gibt und dass das auch ein bisschen entartet - mit Verletzten, Verhafteten und auch großen Sachschäden. Wenn es demnächst keine Lösung beziehungsweise keine Einigung mit dem Konzern gibt: Was tun Sie, um zu verhindern, dass Kinder geschädigt werden und dass solche Partys - die von den Beteiligten und von der Polizei, von den Behörden, nicht gewollt sind - trotzdem stattfinden? Was tun Sie konkret, um zu sagen: Jetzt reicht es, jetzt ist Schluss?

Enderle: Wir werden das weiterhin thematisieren, wir werden diese Debatte weiterführen, und wir werden den Finger auch weiterhin in die offene Wunde legen und den Druck aufrechterhalten, damit diese verbraucherunfreundlichen Datenschutzeinstellungen geändert werden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt: Gibt es neue Erkenntnisse zu dem Lawinenunglück im Himalaya? Sie sagten heute Morgen, das Auswärtige Amt sei in Kontakt mit der Botschaft in Kathmandu. Gibt es da etwas Neues? Ist mittlerweile womöglich auch geklärt, ob vielleicht auch ein weiterer Deutscher unter den Toten ist, oder können Sie etwas zum Stand der Vermissten sagen?

Schäfer: Ich muss Ihnen leider bestätigen, dass bei dem Lawinenunglück in Nepal über das Wochenende ein deutscher Staatsangehöriger ums Leben gekommen ist und zwei deutsche Staatsangehörige verletzt worden sind. Darüber hinaus liegen mir keine Informationen vor, die ich jetzt so abgesichert hätte, dass ich sie mit Ihnen teilen könnte. Ich kann Ihnen aber versichern, dass die deutsche Botschaft in Kathmandu mit den zuständigen nepalesischen Stellen in engem Kontakt ist und wir weiter mit Hochdruck um Aufklärung bemüht sind, ob bei diesem Lawinenunglück noch weitere deutsche Staatsangehörige betroffen sind. Sie sollten wissen, dass es nach Informationen, die uns vorliegen, noch zahlreiche weitere Vermisste gibt, die in diesem Lawinenunglück möglicherweise zu Schaden gekommen sind. Es ist aber zu früh, um Ihnen darüber definitive bestätigte Angaben zu machen.

Frage: Herr Seibert, muss ich mir Sorgen machen, dass offenbar in das Headquarter für den Wahlkampf von Angela Merkel eingebrochen wurde? Gibt es jemanden in der Bundesregierung, der sich darüber Sorgen macht? Oder handelt es sich um ein Versehen, dass eine Hotelzimmertür in einem engen Büroraum von Angela Merkel offen war und Diebstahl vermutet wurde? Wie kann es überhaupt dazu kommen, dass bei Frau Merkel ohne Widerstand eingebrochen wird?

StS Seibert: Dies ist eine Parteiangelegenheit, keine Sache der Bundesregierung; insofern bin ich da eigentlich nicht der richtige Ansprechpartner. Die Fakten sind aber auch nicht so, dass "bei Frau Merkel ohne Widerstand eingebrochen" wurde. Ansonsten empfehle ich, sich mit den ermittelnden Behörden in Kontakt zu setzen, die ihre Ergebnisse möglicherweise irgendwann einmal auch öffentlich machen. Sorgen in der Bundesregierung über diesen Vorfall gibt es keine.

Zusatzfrage: Ihren Worten entnehme ich: So dramatisch war es dann auch wieder nicht?

StS Seibert: Die Bundesregierung macht sich keine Sorgen.

Frage: Eine Frage an das Bundesumweltministerium: Am Wochenende hat der Vorsitzende der Entsorgungskommission, Herr Sailer, noch einmal Bedenken bezüglich der Asse geäußert. Er hat von einer "Mission Impossible" gesprochen, was die Rückholung der Fässer betrifft. Mich würde interessieren, ob das in Ihrem Haus jetzt noch einmal zu einer Neubewertung führt, ob das vielleicht auch noch in die Überlegungen des möglichen Asse-Gesetzes eingeht und ob die Rückholung womöglich doch noch infrage gestellt wird.

Stamer: Der Bundesumweltminister und auch unsere Parlamentarische Staatssekretärin, Frau Heinen-Esser, haben sich am Wochenende bereits dazu geäußert; das waren ganz klare Aussagen. Der Minister hat noch einmal gesagt: Seine Position ist eindeutig, die radioaktiven Abfälle sollen herausgeholt werden. Frau Heinen-Esser hat auch noch einmal darauf hingewiesen, dass die Rückholung die bevorzugte Option ist. Daran gibt es keinen Zweifel.

Es gibt - Sie haben es angesprochen - Vorschläge des Bundesumweltministeriums, für die Rückholung eine gesetzliche Regelung zu erlassen. Hierzu gibt es einen ersten Vorschlag aus unserem Haus, der in den vergangenen Tagen bereits mit den Vertretern der Asse-Begleitgruppe beraten worden ist. Diese Diskussionen werden in den nächsten Tagen und Wochen weitergehen.

Was die Entsorgungskommission angeht, so ist es die Aufgabe dieser Experten, das Bundesumweltministerium in diesen Fragen unabhängig zu beraten. Deswegen sind auch kritische Positionen zu respektieren. Im Übrigen sind die Argumente, die Herr Sailer am Wochenende in der "Frankfurter Rundschau" dargelegt hat, nicht neu. Wir setzen uns fortlaufend mit ihnen auseinander.

Zusatzfrage: Das heißt, es gibt jetzt keinerlei Überlegungen, das Ganze doch noch einmal wissenschaftlich in einer neuen Art und Weise zu betrachten, um womöglich doch noch zu anderen Schlüssen zu kommen?

Stamer: Die Position, die das Ministerium dazu hat, ist klar und eindeutig; die habe ich Ihnen eben noch einmal dargelegt. Ansonsten ist das natürlich - ich habe es gerade ja angesprochen - eine ständige, fortlaufende Diskussion mit den Experten. Wir haben die Entsorgungskommission ja genau deshalb berufen, damit diese fachlichen Fragen mit ihr diskutiert werden. Im Übrigen wissen Sie: Ein Konzept für die Sanierung der Schachtanlage Asse vorzulegen, ist Aufgabe des Bundesamtes für Strahlenschutz, das dieser Aufgabe auch nachkommt.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 24. September 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/09/2012-09-24-regpk.html?nn=391778
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2012