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PRESSEKONFERENZ/572: Regierungspressekonferenz vom 15. März 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 15. März 2013
Regierungspressekonferenz vom 15. März 2013

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Treffen mit Vertretern des "European Round Table of Industrialists", Amtseinführung von Papst Franziskus, Kabinettssitzung, Unterrichtung des Europaausschusses des Deutschen Bundestags über die Ergebnisse des Europäischen Rats, Festveranstaltung des DIHK, Treffen mit Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer zur Energiewende, Empfang des tunesischen Staatspräsidenten), Verlängerung des deutschen Abschiebestopps nach Syrien, Diskussion über mögliche Waffenlieferungen an die Opposition in Syrien, NPD-Verbotsverfahren, Managergehälter, Telefongespräch der Bundeskanzlerin mit dem neuen chinesischen Ministerpräsidenten, mögliche Finanzhilfen für Zypern, Pläne zur Ausweitung des BAföG, Informationspflichten der Banken, Reiseetat des Verkehrsministeriums, Sicherstellung von Sprengstoff in Kabul, steuerliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften

Sprecher: SRS Streiter, Kutt (BMI), Peschke (AA), Zimmermann (BMJ), Kothé (BMF), Koufen (BMBF), Strater (BMVBS), Bauch (BMVg)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Herr Seibert hatte Ihnen ja bereits letzten Mittwoch das Treffen der Bundeskanzlerin mit Vertretern des "European Round Table of Industrialists" im Kanzleramt angekündigt. Deshalb nur noch einmal zur Erinnerung: Auch Präsident Hollande und EU-Kommissionspräsident Barroso werden am Montag beim Abendessen mit den Unternehmensvertretern dabei sein. Vor den Gesprächen, um etwa 18.15 Uhr, sind Pressestatements geplant. Die Kanzlerin, der französische Präsident, der EU-Kommissionspräsident und der Vorsitzende des European Round Table, Leif Johansson, werden dann ein Statement abgeben.

Am Dienstag wird die Kanzlerin in Rom weilen. Sie wird von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr an der Amtseinführung von Papst Franziskus teilnehmen. Weitere Teilnehmer der deutschen Delegation sind der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, und der Präsident des Bundesrats, Winfried Kretschmann.

Am Mittwochvormittag wird, wie immer, um 9.30 Uhr das Bundeskabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin tagen.

Nach der Kabinettssitzung wird die Bundeskanzlerin von 10.45 Uhr bis 11.45 Uhr im Europaausschuss über die Ergebnisse des Europäischen Rats berichten, der gerade stattfindet.

Am Nachmittag wird die Bundeskanzlerin dann um 14 Uhr an der Festveranstaltung des Deutschen Industrie- und Handelstages im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin teilnehmen. Zur Amtsübergabe des bisherigen DIHK-Präsidenten Hans Heinrich Driftmann an Eric Schweitzer wird sie eine Rede halten.

Am Donnerstag, 21. März, wird die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer weitere Schritte bei der Energiewende erörtern. Themen sind der Netzausbau, die erneuerbaren Energie und die Rahmenbedingungen für Kraftwerke. Es ist für 16.30 Uhr eine Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin, Ministerpräsidentin Lieberknecht und Ministerpräsident Albig geplant.

Am Freitagvormittag um 10.30 Uhr wird der tunesische Staatspräsident Moncef Marzouki bei der Bundeskanzlerin zu Gast sein. Im gemeinsamen Gespräch wird es um die politische Lage in Tunesien und Nordafrika gehen, insbesondere in Mali. Bei Ankunft des tunesischen Präsidenten ist ein Bildtermin geplant. Er hält sich vom 21. bis 22. März auf Einladung von Bundespräsident Gauck in Deutschland auf. - Das waren die öffentlichen Termine der kommenden Woche.

Kutt: Bundesinnenminister Friedrich hat heute der Verlängerung eines Abschiebestopps nach Syrien um weitere sechs Monate zugestimmt. Das BMI sendet damit vor dem Hintergrund der gewaltsamen Entwicklung in Syrien im Einvernehmen mit den Ländern ein klares humanitäres Signal. Gegenwärtig gibt es nach dem Stand vom 28. Februar ca. 1.500 ausreisepflichtige Syrer, die durch den Abschiebestopp Schutz finden.

Frage: Wird es (beim Treffen mit Vertretern des European Round Table of Industrialists) reine Statements oder auch die Möglichkeit für Fragen geben?

SRS Streiter: Hier steht "Statements".

Zusatzfrage: Frau Kutt, sieht Ihr Ministerium Anlass dafür, die Möglichkeit der Aufnahme syrischer Flüchtlinge und Familienangehöriger zu erleichtern, wie es die Grünen gerade fordern?

Kutt: Bislang hat die humanitäre Unterstützung vor Ort weiterhin Priorität. Einen Aufruf des UNHCR an die internationale Staatengemeinschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, hat es bislang nicht gegeben. Bundesinnenminister Friedrich wird aber im April ein Gespräch mit dem UN-Flüchtlingskommissar führen, bei dem sicherlich auch das Thema Familiennachzug angesprochen werden wird. Wir gehen für den Fall, dass es zu einer Kontingentaufnahme von syrischen Flüchtlingen kommen sollte, davon aus, dass auch familiäre Bindungen bei der Verteilung auf die Aufnahmestaaten eine Rolle spielen wird.

Zusatzfrage: Herr Streiter, die Kanzlerin hat sich auf dem Gipfel in Brüssel zurückhaltend, aber zugleich offen in Bezug auf mögliche Gespräche geäußert, was mögliche Waffenlieferungen an die Opposition in Syrien angeht, nachdem sich Frankreich und Großbritannien dazu sehr offen geäußert haben. Ist das ein Richtungswechsel? Deutet sich da ein Kurswechsel der Bundesregierung an?

SRS Streiter: Nein. Es gilt das, was die Bundeskanzlerin gesagt hat. Die Bundeskanzlerin hat einfach darauf hingewiesen, dass wir dabei sehr abwägend vorgehen wollen und natürlich auch immer darauf aufpassen müssen, dass nicht auch die Gegenseite mit mehr Waffen versorgt wird. Das ist eine sehr komplizierte Abwägungsfrage. Die Bundesregierung ist dazu bereit, dass die Außenminister dies miteinander diskutieren, wenn sich ein veränderter Blickwinkel andere Mitgliedstaaten ergibt. Das hat sie gesagt, und mehr wird sie dazu heute auch nicht sagen.

Zusatzfrage: Droht da der nächste Koalitionskrach, nachdem sich Außenpolitiker der FDP schon dezidiert gegen einen solchen Kurswechsel oder gegen eine Änderung der deutschen Haltung ausgesprochen haben?

SRS Streiter: Nein, aber es ist doch das gute Recht eines jeden Abgeordneten, sich zu äußern.

Peschke: Die Bundeskanzlerin hat sich geäußert, und der Bundesaußenminister hat sich ja vorher in dieselbe Richtung wie die Bundeskanzlerin geäußert. Ich will die Debatte vielleicht noch einmal kurz in einen Kontext stellen: Es geht ja hierbei um das Syrien-Sanktionsregime. Das EU-Waffenembargo gegen Syrien ist Teil eines umfassenden Sanktionsregimes gegen Syrien. Weil uns allen bewusst ist, dass es natürlich notwendig ist, die nationale Koalition der syrischen Opposition in jeder verantwortbaren Weise zu stärken, haben wir bereits vor zwei Wochen eine Anpassung des Syrien-Sanktionsregimes innerhalb der EU beschlossen, und zwar mit allen 27 Stimmen. Gemeinsam mit Großbritannien, Frankreich und selbstverständlich auch mit Deutschland haben wir eine Anpassung beschlossen, und die Anpassung läuft jetzt bis Ende Mai. Wenn bis Ende Mai kein neuer Beschluss gefasst wird, dann wird es rechtlich so sein, dass das Sanktionsregime gegen Syrien ersatzlos auslaufen wird. Es muss also ohnehin Beratungen innerhalb der Europäischen Union darüber geben, wie und in welcher Form die Syrien-Sanktionen über Ende Mai beziehungsweise über den 1. Juni hinaus verlängert werden. Diese Beratungen stehen an, und diese Beratungen werden natürlich geführt werden.

Jetzt haben Großbritannien und Frankreich im Vorfeld des Europäischen Gipfels gesagt, sie sähen eine derart veränderte Lage, dass sie eventuell auch schon vorher über eine erneute Anpassung des Syrien-Sanktionsregimes reden möchten. Dazu haben der Bundesaußenminister und die Bundeskanzlerin gesagt: Klar, wenn zwei wichtige Partner eine derart dramatisch veränderte Lage sehen, dann sind wir bereit, sofort innerhalb der EU darüber zu sprechen, wie das Syrien-Sanktionsregime erneut angepasst werden soll. Außenminister Westerwelle sagt, er ist zu Verhandlungen darüber bereit, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Dies ist ein Thema, das uns ohnehin Tag und Nacht beschäftigt. Wir gehen davon aus, dass das - vorbehaltlich der Beratungen, die jetzt ohnehin noch beim Europäischen Rat stattfinden - auf jeden Fall auch beim informellen Außenministertreffen Ende nächster Woche in Dublin besprochen werden wird und dass dann auch Briten und Franzosen konkret vortragen werden, was sie denn genau beabsichtigen. Es gibt sehr viele Fragen, die gestellt werden müssen: An wen soll was geliefert werden? Wie soll verhindert werden, dass Dinge in falsche Hände geraten? Es sind also eine ganze Reihe wichtiger Fragen zu klären. Das muss dann auf den Tisch gelegt werden, und dann muss im Kreis der EU-Partner besprochen werden, wie man mit dieser Frage umgeht.

Für uns und für Außenminister Westerwelle ist klar: Je einiger die EU in dieser Frage ist, desto stärker werden unsere Handlungsmöglichkeiten vor Ort sein. Deshalb ist es ganz wichtig, dass dieses Thema jetzt so schnell wie möglich im Kreis aller 27 Mitgliedstaaten besprochen wird, damit wir eine möglichst einige Linie beibehalten.

Zusatzfrage: Das heißt aber, Herr Peschke, dass der Außenminister Waffenlieferungen als Konsequenz möglicher Neuverhandlungen und Gespräche nicht ausschließt. Nun ist der Vorsitzende der AG Außenpolitik der FDP-Fraktion strikt dagegen. Er hat sich heute Vormittag entsprechend geäußert. Verläuft der Streit oder die Dissonanz möglicherweise nicht nur quer durch die Regierung, sondern auch durch die FDP? Oder würden Sie das so bewerten, dass der Vorsitzende der AG Außenpolitik vielleicht nicht ganz im Thema und in den aktuellen Diskussionen steckt?

Peschke: Ich kann Ihnen gegenüber heute keine inhaltliche Bewertung oder Vorfestlegung äußern. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir eine gültige Rechtslage, eine gültige Ausgangslage haben. Die vor weniger als 14 Tagen gerade angepassten EU-Sanktionen sind für uns gültig. Wenn jetzt wichtige Partner in der EU erneut einen Anpassungsbedarf sehen, dann müssen wir darüber reden. Aber was das Ergebnis dieser Beratungen sein wird - ich kann mich daran erinnern, dass das vor weniger als zwei Wochen eine sehr differenzierte Debatte war -, ist heute schlechterdings nicht vorhersagbar. Wir können nur sagen, dass das eine dringende Frage ist, die uns alle natürlich und logischerweise bewegt. Wir teilen alle das Ziel, die syrische Opposition in jeder verantwortbaren Weise zu stärken, weil dies auch aus unserer Sicht der einzige Weg ist, das Assad-Regime endlich dazu zu bringen, die Gewalt einzustellen und es an den Verhandlungstisch zu zwingen. Die syrische Opposition muss in jeder verantwortbaren Weise gestärkt werden. Aber wie man das macht, wie man das sozusagen konkret ausgestaltet, was "verantwortbar" heißt und wie man auch verhindert, dass Dinge in falsche Hände geraten, das sind Fragen, die besprochen werden müssen. Zur Stunde kann ich diesen Beratungen, die geführt werden müssen und die ja noch nicht einmal einberufen wurden, nicht vorgreifen. Wir gehen aber davon aus und erwarten auch, dass unsere Partner das Thema jetzt innerhalb der EU tatsächlich sehr schnell vorbringen werden und dass dann auch eine wirklich fachliche Beratung stattfinden wird. Das muss aus unserer Sicht spätestens Ende nächster Woche beim Außenministertreffen in Dublin erfolgen.

Zusatzfrage: Herr Peschke, das ist ja ein zentraler Punkt, den Sie ansprechen. Die Opposition ist ja durchaus nicht homogen. Die zentrale Frage wird also, sehr einfach gesagt, sein: Kann man Gut und Böse innerhalb der Opposition auseinanderhalten? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit zur Unterscheidung der verschiedenen Gruppen?

Peschke: Das ist eine Frage, die Sie zu Recht aufwerfen und die diskutiert werden muss.

Zusatzfrage: Haben Sie noch keine entsprechenden Parameter, anhand derer man entscheiden könnte?

Peschke: Das betrifft ja ein ganzes Bündel an Dingen, die geklärt werden müssen. Wir haben bereits beschlossen, dass bestimmte nicht letale Güter wie zum Beispiel Schutzwesten oder gepanzerte Fahrzeuge geliefert werden können. Das sind ja Dinge, die bereits nach jetziger Beschlusslage geliefert werden können. Das betrifft also einen ganzen Fragenkomplex. Dabei geht es konkret darum, was geliefert werden soll und an wen es geliefert werden soll. Von der Frage, was geliefert wird, hängt natürlich auch die Frage ab, wie man das so beschränken kann, dass es nicht in die falschen Hände gerät. Es ist ein Unterschied, ob man eine mobile Anlage liefert oder ob man zum Beispiel eine stationäre Anlage liefert. Dabei kann man ja in unterschiedlicher Art und Weise sicherstellen, dass das nicht in die falschen Hände gerät. Es gibt Gebiete, die unter weitestgehender Kontrolle der syrischen Opposition und auch der nationalen Koalition stehen. Es gibt andere Gebiete, in denen die derzeitige Sachlage vor Ort sehr viel stärker im Fluss begriffen ist. Man muss also genau schauen, wohin, an wen und zu welchem Zeitpunkt welche Güter geliefert werden. Dann kann man versuchen, Klarheit in die Frage hineinzubringen, was verantwortbar ist und wo wir Linien ziehen können. Das muss zwischen den Experten besprochen werden. Das müssen die Fachleute besprechen. Das kann ich Ihnen jetzt vom Podium aus schlechterdings nicht sagen.

Frage: Herr Peschke, noch einmal zu der schriftlichen Äußerung, die der FDP-Politiker Djir-Sarai gemacht hat: Kann man davon ausgehen, dass das, was er als nicht unbedeutender Außenpolitiker innerhalb der FDP-Fraktion mitteilt, also seine Mahnung, auch von Herrn Westerwelle geteilt wird?

Peschke: Bezüglich der Haltung von Herrn Westerwelle kann ich Sie am besten auf das verweisen, was er gestern tatsächlich gesagt hat. Er hat wörtlich gesagt: "Wir haben vor zwei Wochen die europäischen Sanktionen gegenüber Syrien verändert und der Lage angepasst. Wenn wichtige Partner in der Europäischen Union jetzt eine andere Lage sehen, die aus ihrer Sicht abermals eine Veränderung der Sanktionsbeschlüsse nötig macht, sind wir selbstverständlich bereit, darüber umgehend in der EU zu diskutieren." Das ist die Haltung. Ich glaube, mehr kann ich Ihnen über die Haltung im Moment einfach nicht sagen, weil wir im Moment eine gültige Beschlusslage haben. Die ist für uns gültig, die ist für unsere Partner gültig, die gilt für Luxemburg, die gilt für Großbritannien, die gilt für Spanien, die gilt für alle 27, und sie gilt auch für uns. Das ist die Ausgangslage, die wir haben. Das ist ein Beschluss, den wir vor weniger als zwei Wochen mitgetragen haben. Den haben die Franzosen vor weniger als zwei Wochen mitgetragen. Das ist sozusagen unsere geteilte Linie und auch die Haltung des Außenministers.

Wenn sich jetzt eine andere Lage entwickelt, dann muss zunächst erst einmal innerhalb der EU darüber gesprochen werden. Deswegen sagen wir: Diese Gespräche sollen am besten morgen stattfinden, sofort! Das sind so wichtige Fragen, dass diese Gespräche am besten morgen stattfinden sollen, auf jeden Fall so bald wie möglich und allerspätestens nächste Woche beim sogenannten Gymnich-Außenministertreffen in Dublin. Diese Gespräche müssen also stattfinden. Dann wird man sehen, was die neuen Argumente sind, was die neue Sachlage ist und welche konkreten Vorschläge gemacht werden. Dann muss man das sozusagen im Lichte dessen beurteilen, was auf dem Tisch liegt und was konkret auf den Tisch gelegt wird. Dann kann man eine Position sozusagen weiterentwickeln. Aus unserer Sicht sollte das auch immer - das ist das Entscheidende - eine gemeinsame europäische Position sein. Außenminister Westerwelle legt viel Wert darauf, dass die EU 27 in dieser Frage nach Möglichkeit zusammenbleiben, weil unser europäisches Gewicht in der Region natürlich umso stärker ist, je geeinter wir agieren.

Zusatzfrage: Es hat bei früheren wichtigen Entscheidungen manchmal Vorabinformationen der Briten und Franzosen gegeben. Etwa beim Mali-Einsatz, erinnere ich mich, hat es einen Anruf des französischen Außenministers am späten Abend gegeben. Sind Sie denn in dieser Frage von Ihren Außenminister-Partnern in Großbritannien und Frankreich vorab informiert worden, oder sind Sie gestern quasi so überrascht worden wie die Öffentlichkeit, die das überrascht zur Kenntnis nehmen musste?

Peschke: Es ist ja so, dass wir die Sanktionen vor weniger als zwei Wochen angepasst haben, und das war damals schon eine sehr komplexe Diskussion. Es gab einige Partner, die sich auch öffentlich gegen jede Änderung des Sanktionsregimes ausgesprochen haben. Es gab zu der Zeit schon die Briten, die eine komplette Aufhebung des Waffenembargos ins Gespräch gebracht haben. Es gab dann einen europäischen Kompromiss, der sowohl von denjenigen, die gegen jede Änderung waren, als auch zum Beispiel von den Briten, die eine Aufhebung des Waffenembargos ins Gespräch gebracht hatten, getragen wurde. Seither gehen die Diskussionen natürlich weiter, weil jeder weiß, dass das Sanktionsregime spätestens Ende Mai wieder auslaufen wird. Wir haben ja ganz bewusst gesagt, dass wir die Sanktionen in der veränderten Form nur für drei Monate verlängern, um sozusagen schon in drei Monaten die Möglichkeit zu haben, flexibel auf jede Lage zu reagieren. Das heißt, es gab die ganze Zeit über Diskussionen.

Es gab am vergangenen Montag ein Treffen der Außenminister, auch wieder in Brüssel. Es ist also schon so, dass die Briten, wie sie es vor drei Wochen gemacht haben, auch diesmal wieder gesagt haben: Eine Aufhebung des Waffenembargos steht im Raum. Das haben sie auch öffentlich gesagt. Dass das Thema immer wieder besprochen wird, ist in der Tat so. Die öffentlichen Äußerungen der französischen Seite dazu kamen dann gestern.

Zusatzfrage: Kamen die dann für Sie überraschend hinzu?

Peschke: Diese Diskussion ist überhaupt nicht überraschend, denn die führen wir ja schon länger.

Zusatzfrage: Ich meine nicht die Diskussion, sondern die öffentliche Äußerung des französischen Staatspräsidenten. Kam die für Sie überraschend? Gab es also keine Vorabinformation?

Peschke: Nein, das möchte ich nicht sagen. Wir pflegen natürlich die ganze Zeit über einen sehr engen Austausch mit unseren britischen, französischen, spanischen, italienischen und allen anderen Partnern. Insofern kann man schlecht von einer Überraschung sprechen. Ich kann Ihnen jetzt nur sozusagen nachzeichnen - ich kann nicht alle internen Debatten schildern; das wäre auch nicht angemessen -, wie die öffentlich wahrnehmbare Debatte ablief, und das war eben so, wie ich es gesagt habe. Dass darüber die ganze Zeit gesprochen wird, ist klar. Aber dass der französische Präsident gestern gesagt hat "Ja, wir wollen jetzt auch noch einmal so schnell wie möglich innerhalb der Europäischen Union darüber beraten", ist noch einmal eine auch öffentliche Präzisierung. Darauf sagen wir genauso öffentlich zurück: Ja, wenn Frankreich und auch Großbritannien wünschen, dass das jetzt sofort beraten wird, dann sollte aus unserer Sicht selbstverständlich jetzt sofort darüber beraten werden. Dazu sind wir natürlich bereit.

Frage: Herr Streiter, mir ist, ehrlich gesagt, die Haltung der Bundesregierung und vor allem der Kanzlerin in dieser Frage noch nicht ganz klar geworden. Gilt weiterhin das klare Nein der Bundesregierung zu Waffenlieferungen an die syrische Opposition? Ist das inzwischen nicht längst ein Jein geworden? Das Ob steht schon einmal nicht mehr in Frage, sondern jetzt nur noch das Wie, wenn ich Herrn Peschke richtig verstanden habe.

SRS Streiter: Ich meine, ich hätte mich eben ganz klar ausgedrückt. Die Bundeskanzlerin hat gesagt, dass man bereit ist, über alles zu sprechen, und dass die Außenminister das tun. Herr Peschke hat das bis ins Detail ausgeführt. Ich kann das, was Sie fragen, jetzt also gar nicht erkennen.

Peschke: Das stimmt. Wenn ich das kurz ergänzen darf, Herr Zweigler: Ihre Beschreibung ist auch - sehen Sie es mir nach, wenn ich das so charakterisiere - nicht ganz zutreffend. Für uns gilt nämlich das, was in Europa beschlossen wurde. Das ist für uns der gültige Rahmen, dem wir ja auch zugestimmt haben. Das sind die angepassten Sanktionsbeschlüsse von vor weniger als zwei Wochen. Das ist die für uns und letztendlich für Europa verbindliche Linie. Wir müssen in Europa ohnehin gemeinsam darüber beraten, wie diese Linie spätestens Ende Mai angepasst werden wird, und als Ergebnis dieser Beratungen wird sich dann eine neue Linie ergeben. Das sind Beratungen, deren Ergebnissen wir natürlich hier nicht vorgreifen können. Ich würde also sagen: Am besten berät man darüber so schnell wie möglich, damit Europa eben auch bei einer gemeinsamen und kraftvollen Linie bleibt.

Zusatzfrage: Dann formuliere ich die Frage ein bisschen anders: Ist die Bundesregierung grundsätzlich offen dafür, dass man die Position verändert und auf Drängen von London und Paris auch wirklich Waffen liefert?

SRS Streiter: Ich versuche es noch einmal mit anderen Worten als Herr Peschke: Es gibt klare Regeln. Es gibt ein klares Ende dieser Regeln. Das heißt, es muss gesprochen werden. Wenn jemand bis dahin die beschlossenen Dinge ändern will, muss man eben auch reden. Es ist doch gar nicht vorstellbar, dann, wenn andere den Wunsch haben, etwas zu ändern, darüber nicht reden zu wollen. Das nennt man Diplomatie.

Frage: Herr Peschke, Sie haben gerade erwähnt, dass die Franzosen und die Briten eine Veränderung der Sachlage in Syrien sehen und sich darum für Waffenlieferungen einsetzen. Sieht die Bundesregierung eine Änderung der Sachlage in Syrien?

Peschke: Wir sehen weiterhin eine leider äußerst dramatische Konfliktlage, die sich in keiner Weise auch nur ansatzweise gebessert hat und die uns dazu geführt hat, die Sanktionsbeschlüsse anzupassen und die uns in der Stand-jetzt-Bewertung dazu bringt, dass wir als Europäer gemeinsam alles tun müssen, um die syrische Opposition in jeder verantwortbaren Weise zu stärken.

Frage: Herr Peschke, Sie betonten, dass die Gespräche möglichst rasch beginnen sollten, also nicht erst in Dublin Ende nächster Woche. Gibt es irgendetwas, was die Regierung tun kann, um die Gespräche vorzuziehen? Gibt es entsprechende Initiativen bei der Ratspräsidentschaft?

Peschke: Wir sind im ständigen Gespräch mit unseren europäischen Partnern. Wir haben sowohl gegenüber unseren Partnern als auch gegenüber dem Europäischen Auswärtigen Dienst deutlich gemacht, dass wir erwarten, dass wir allerspätestens Ende nächster Woche darüber reden, aber - wenn sich das einrichten lässt, wenn der EAD das für möglich hält - auch zu jedem früheren möglichen Zeitpunkt.

Zusatzfrage: Sie haben noch keine Rückmeldung, ob es vorher sein kann?

Peschke: Die Rückmeldung ist, dass es auf jeden Fall in Dublin besprochen wird. Ob es vorher stattfinden kann, werden die weiteren Gespräche zeigen.

Frage: Herr Peschke, ich versuche es noch einmal, weil Sie gerade die schöne Formulierung "die Opposition in jeder verantwortbaren Weise zu unterstützen" brachten. Ist es denn verantwortbar, das Waffenembargo an der Stelle zu öffnen und weitere Lieferungen zuzulassen? Was ist denn dazu die Position der Bundesregierung?

Peschke: Ich würde einmal sagen: Die verantwortbare Linie so, wie sie beschlossen wird, ist die veränderte Anpassung der Sanktionsbeschlüsse von vor weniger als zwei Wochen. Das ist nicht Monate her, sondern es ist weniger als zwei Wochen her. Das ist die qua europäische Beschlusslage als verantwortbar ausgewiesene Linie.

Dass wir über diese Linie sprechen müssen, dass wir sie anpassen müssen, liegt ja in der Natur der Dinge. Deswegen haben wir die Sanktionsbeschlüsse einschließlich des Waffenembargos auf drei Monate beschränkt. Was Ergebnis der anstehenden Gespräche ist, die qua europäischer Beschlusslage verantwortbare Linie ist, wird sich zeigen. Ich möchte den Beratungen hier nicht vorgreifen. Für uns ist einfach ganz wichtig, dass wir Europäer in dieser für uns alle wahnsinnig wichtigen Fragen eine gemeinsame Position finden. Das ist entscheidend. Ich glaube, es ist wichtig, dass Europa in dieser schwierigen Syrien-Frage an einem Strang zieht.

Frage: Herr Peschke, wenn Sie sagen, dass das überhaupt Wichtigste die gemeinsame europäische Position ist, habe ich die Frage: Wenn Großbritannien und Frankreich Waffen schicken, schicken die Deutschen auch Waffen. Dann sind wir gemeinsam mit denen dabei. Das ist die Linie der Bundesregierung. Ist das richtig?

Peschke: Nein. Die Linie der Bundesregierung sind die Sanktionsbeschlüsse, die wir vor weniger als zwei Wochen aktualisiert haben. Das ist die gemeinsame europäische Linie. Das ist auch die Linie der Bundesregierung. Eine andere Linie gibt es derzeit nicht.

Dazu, was die Briten und Franzosen gesagt haben - Leute, aus unserer Sicht ist die Lage so dringend, dass wir jetzt möglichst schnell über eine neue Linie reden sollten, dass wir noch einmal darüber sprechen müssen, wie wir das in Zukunft gestalten wollen -, sagen wir: Ja, lasst uns sprechen.

Zusatz: Meine Frage war nicht rückblickend, sondern vorausblickend. Da für die Deutschen das Wichtigste die gemeinsame Position ist, wenn Großbritannien und Frankreich - das haben Sie ja offen gesagt - für die Lieferung von Waffen sind, sind die Deutschen auch demnächst für die Lieferung von Waffen. Und das ist eine richtige Position.

Peschke: Nein. Die Deutschen sind für das, was die EU beschlossen hat und was sie beschließen wird; das versuche ich zu erläutern. Die Beratungen müssen ja stattfinden. Das sind ja nicht nur Großbritannien und Frankreich. Das sind Schweden, Luxemburg - Sie haben heute Morgen gehört, was der luxemburgische Außenminister im Radio gesagt hat - und viele andere Länder. Die müssen alle unter einen Hut gebracht werden. Ich kann Ihnen nur sagen: Die letzten Diskussionen, die vor etwas weniger als zwei Wochen abgeschlossen wurden, waren sehr komplex.

Frage: Herr Peschke, der Minister hatte sich bisher bei diesem Thema immer sehr klar geäußert; Stichwort Flächenbrand, den es zu vermeiden gilt. Was sind seine inhaltlichen Vorschläge mit Blick auf Dublin, um im Zuge dieser dort ja spätestens stattfindenden Debatte in der Sache zu erreichen, dass es diesen Flächenbrand auch künftig nicht geben wird?

Peschke: Der Rahmen, in dem wir agieren, bleibt natürlich gleich. Da gibt es verschiedene politische Ziele, die wir verfolgen. Das erste politische Ziel ist, den Menschen in Syrien zu helfen und insbesondere dabei die syrische Opposition in jeder verantwortbaren Weise zu stärken, um ihr zu ermöglichen, in den Gebieten, wo sie derzeit de facto schon die Kontrolle übernommen hat, diese Kontrolle zu festigen und um das Assad-Regime dazu zu bringen, die Gewalt einzustellen und sich auf einen Verhandlungsprozess einzulassen. Das ist ein politisches Ziel.

Ein weiteres politisches Ziel ist, dass wir uns in einer äußerst gefährlichen Lage befinden, die droht, eine ganze Region anzuzünden. Das wollen wir natürlich auch nach Möglichkeit verhindern. Sie haben gesehen, was auf den Golanhöhen passiert ist. Sie sehen, wie labil die Lage im Libanon ist. Sie sehen die Flüchtlingsströme in Jordanien. Sie sehen die Scharmützel an der türkisch-syrischen Grenze, und deswegen hat Deutschland auch Abwehrsysteme in die Türkei entsendet. Sie sehen ja, was in der Region los ist. Es ist offensichtlich, dass es ein politisches Ziel für uns sein muss, einen Flächenbrand zu verhindern.

Die Frage der Syriensanktionen ist in dem ganzen Politikmix, den wir derzeit verfolgen, eine Frage. Das ist nicht die Antwort auf alle Fragen, sondern es ist eine Frage, die wir klären müssen. Es geht auch darum, zum Beispiel humanitäre Hilfe zu leisten. Das ist weiterhin eine ganz wichtige Frage, denn die Zahl der Syrienflüchtlinge nimmt nicht ab, sondern deren Zahl hat dramatisch zugenommen. Wir müssen weiter humanitäre Hilfe leisten, und zwar in die Nachbarländer Syriens, wo sehr viele Syrienflüchtlinge sind, auch in die Gebiete, die unter Kontrolle der Nationalen Koalition sind, wo es große humanitäre Probleme gibt.

Dann gibt es die Frage der Bemühungen des UN-Sonderbeauftragten Brahimi. Diese sind ja auch nicht zum Erliegen gekommen. Er hat auch Gespräche geführt und ist im ständigen Gespräch mit den Sicherheitsratsmitgliedern. Da ist die Frage, welchen Beitrag die anderen Sicherheitsratsmitglieder, welchen Beitrag wir leisten können und wie wir Russen und Chinesen dazu bringen können, endlich stärker Druck auf das Assad-Regime auszuüben, damit es sich gezwungen sieht, Verhandlungen für eine Zukunft Syriens zuzustimmen.

Das sind alles weitere wichtige Fragen, die in Bezug auf Syrien zu diskutieren sind. Die Frage der Syriensanktionen ist ein Aspekt, der zurzeit auf der Tagesordnung steht. Da sagen wir: So schnell wie möglich beraten.

Frage: Herr Streiter, da Sie vorhin sagten, miteinander zu reden sei die hohe Kunst der Diplomatie, wollte ich einmal praktisch nachfragen: Können Sie mir sagen, ob das Innenministerium und das Justizministerium ihren Dialog über einen NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung schon abgeschlossen haben?

Es finden im März nicht mehr viele Kabinettssitzungen statt. Bis Ende März hat die Bundeskanzlerin eine definitive Entscheidung der Bundesregierung zum NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung angekündigt.

SRS Streiter: Dann will ich Ihnen einfach auf die unklare Frage eine klare Antwort geben: Es gibt niemanden, dem die Bundeskanzlerin ein Vetorecht eingeräumt hat. Sie beabsichtigt auch nicht, dies zu tun.

Es gibt immer nur eine gemeinsame Entscheidung der Bundesregierung, die von allen Mitgliedern der Bundesregierung gefällt wird und auch von allen Mitgliedern der Bundesregierung getragen wird.

Zusatzfrage: Herr Streiter, das war nicht meine Frage. Meine Frage war, ob der Dialog zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Bundesinnenministerium, wie an dieser Stelle mehrfach angekündigt, bereits abgeschlossen ist, um eine Position der Bundesregierung für einen eigenständigen NPD-Verbotsantrag einzunehmen.

Noch einmal: Die Bundeskanzlerin hat bis spätestens Ende März eine Entscheidung angekündigt. Es gibt, glaube ich, noch anderthalb Kabinettssitzungen. Wie sehen Zeitplan und Ablauf bis dahin aus?

SRS Streiter: Sie haben den Ablauf und den Zeitplan exakt beschrieben. Das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium setzen sich ins Benehmen. Wie der Stand der Dinge ist, können Sie gerne dort abfragen. Bis Ende März wird es eine Entscheidung der Bundesregierung geben.

Zusatzfrage: Sie sagen, sie setzen sich ins Benehmen. Wenn ich die deutsche Sprache richtig interpretiere, heißt das, sie tun das demnächst. Können Sie mir sagen, wann und wieso sie das noch nicht getan haben?

SRS Streiter: Das weiß ich gar nicht. "Sie setzen sich ins Benehmen" war eine allgemeine Formulierung über den Ablauf. Ich gehe einmal davon aus, dass sie das vielleicht schon getan haben. Das weiß ich nicht. Das müssen Sie sie fragen.

Zusatz: Dann frage ich doch!

SRS Streiter: Meine Antwort auf Ihre Frage ist: Ende März gibt es eine gemeinsame Entscheidung der Bundesregierung, die von allen Mitgliedern der Bundesregierung getragen und von allen Ministern der Bundesregierung auch gefällt wird.

Zusatz: Betrachten Sie sich bitte als gefragt.

Kutt: Ich schließe mich den Äußerungen von Herrn Streiter an. Es gibt keinen neuen Zeitplan. Wir sind selbstverständlich mit dem Bundesjustizministerium in einem sehr guten Dialog.

Bundesinnenminister Friedrich hat in den vergangenen Monaten wiederholt seine skeptische Haltung zu der Frage zum Ausdruck gebracht. Er hat auch in dieser Woche noch einmal öffentlich seine Skepsis begründet. Es gibt den Antrag der Länder. Die Entscheidung im Kabinett wird bis Ende März vorliegen.

Zimmermann: Ich kann auch nur anfügen, dass es sich um eine gemeinsame Entscheidung der Bundesregierung handelt; das hat Herr Streiter ja klar und deutlich gesagt. Im Übrigen kennen Sie die Haltung der Bundesjustizministerin. An dieser Haltung hat sich in den letzten Wochen auch nichts geändert.

Frage: Herr Streiter, vielleicht auch die Kollegin aus dem Bundesjustizministerium, haben wir denn in nächster Zeit mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Aktienrechts im Hinblick auf Managervergütungen zu rechnen?

Soweit ich weiß, ist das Bundesjustizministerium zumindest schon in Diskussionen. Ist es darauf ausgerichtet, diese Diskussion über die Änderung des Aktienrechts zur Stärkung der Hauptversammlung noch in dieser Legislaturperiode vollkommen abzuschließen?

SRS Streiter: Ich kann dazu nur das sagen, was Herr Seibert Ihnen bereits am Mittwoch gesagt hat, dass die Bundesregierung es für richtig und unterstützenswert hält, dass auf europäischer Ebene Überlegungen angestellt werden. Da gibt es auch schon konkrete Vorschläge, die von Herrn Barnier angekündigt worden sind. Die Bundesregierung wird an diesen Beratungen konstruktiv mitarbeiten, sobald etwas auf dem Tisch liegt.

In den letzten Tagen haben Vertreter der Koalitionsfraktionen ihr Interesse zu erkennen gegeben, eine nationale Regelung weiterzuentwickeln und dies auch zeitlich unabhängig von den erwarteten Vorschlägen der Kommission. Das ist das gute Recht des Deutschen Bundestags.

Zusatzfrage: Das lässt bei mir natürlich trotzdem die Frage offen, was im Moment im Bundesjustizministerium läuft und ob das, was da im Hinblick auf Änderungen des Aktiengesetzes getan wird, darauf ausgerichtet ist, einen formellen Gesetzesentwurf noch für diese Legislaturperiode zu erarbeiten.

Zimmermann: Die Bundesjustizministerin hat sich ja gestern gegenüber einer großen Zeitung geäußert. Sie hat gesagt, dass derzeit geprüft wird, wie die Rechte der Aktionäre in der Hauptversammlung gestärkt werden können. Wie auch mitgeteilt wurde, befasst sich mit dieser Frage derzeit auch eine Arbeitsgruppe. Einen konkreten Zeitplan und inhaltliche Ergebnisse kann ich Ihnen an dieser Stelle derzeit nicht mitteilen.

Frage: Frau Zimmermann, Sie wissen ja, dass die Legislaturperiode endlich ist. Bis wann müsste ein solcher Gesetzentwurf oder Gesetzesvorstoß im Kabinett sein, damit er noch rechtzeitig Bundestag und Bundesrat durchlaufen kann? Sie wollen bestimmt nicht nur eine "Showpolitik", sondern Sie wollen das Ziel in der Zeit erreichen.

Zimmermann: Wie Sie wissen - das wurde hier schön öfter dargelegt und erörtert -, gibt es Fristen im Laufe eines Gesetzgebungsverfahrens, die aber durchaus abgekürzt werden können. Dazu, wann ein Entwurf wie vorgelegt wird, kann ich Ihnen, wie ich eben schon sagte, derzeit nichts Näheres sagen. Eine "Showgesetzgebung" betreiben wir ganz bestimmt nicht.

SRS Streiter: Ich wollte Ihnen noch kurz berichten, dass die Bundeskanzlerin heute Morgen mit dem neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li ein Telefongespräch geführt hat. Sie hat ihm ganz herzlich gratuliert und ihm eine glückliche Hand bei der Bewältigung der vor ihm liegenden Aufgaben gewünscht. Beide waren sich darüber einig, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen weiter vertieft werden sollen und auch die Regierungskonsultationen weiter fortgesetzt werden sollen. Die Bundeskanzlerin hat Ministerpräsident Li zu einem baldigen Besuch in Berlin eingeladen.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium: Frau Kothé, im Zusammenhang mit den Beratungen - ich weiß, sie laufen noch - in Brüssel über Zypern-Hilfe hieß es gestern, dass möglicherweise schon in der kommenden Woche der Bundestag in Beratungen zu diesem Thema einsteigen könnte. Wie schnell wäre das Finanzministerium denn in der Lage, einen Kabinettsbeschluss - den müsste es vorher ja wahrscheinlich geben - vorlegen?

Kothé: Schritt für Schritt: Heute tagen erst einmal die Finanzminister der Eurogruppe. Es gibt im Augenblick noch keinen festen neuen Entwurf, von daher ist es jetzt auch müßig, zu spekulieren. Wir würden natürlich, wenn es eine Entscheidung gibt, alles daransetzen, schnellmöglich in den Bundestag zu gehen. Dazu müssen Dokumente übersetzt werden usw., aber in der Vergangenheit haben wir immer unter Beweis gestellt, dass wir das eigentlich auch zügig hinbekommen.

Zusatzfrage: Es wäre ja auch noch Zeit in den beiden Plenarsitzungswochen im April, wenn das Geld im Mai zur Verfügung gestellt werden müsste, oder?

Kothé: An diesen Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen. Wir brauchen eine Entscheidung darüber, wie das Hilfsprogramm aussieht; danach richtet sich dann alles Weitere. Wenn es diese Entscheidung gibt, würde sich daran sofort, unmittelbar, die Befassung des Bundestags anschließen.

Zusatzfrage: Frau Kothé, die SPD fordert für eine Zustimmung zu einer möglichen Hilfe Deutschlands für Zypern unter anderem die Beteiligung der Banken und den Zugriff auf dortige Spareinlagen. Wie wichtig sind diese Themen denn für Sie und für Deutschland?

Kothé: Auch für uns ist wichtig - das ist eine bekannte deutsche Position - , dass es ein tragfähiges Konzept gibt. Das schließt natürlich auch die Finanzierungsfragen mit ein. Die Gespräche darüber, wie das genau ausgestaltet werden soll, sind eben noch zu führen.

Zusatzfrage: Die Forderung eines Zugriffs auf die zypriotischen Banken ist für Sie aber nicht sozusagen ein Veto?

Kothé: Wir streben auch insgesamt - ich glaube, das haben wir schon öfter kommuniziert - eine faire Lastenteilung an.

Frage: Zur Aktualität gefragt: Ist Ihnen bekannt, ob schon ein Bericht der Troika vorgelegt worden ist, auf den man ja nach wie vor bei der Lösung des Zypern-Problems wartet?

Kothé: Es gibt bisher offiziell nur den Entwurf aus dem November, der Ihnen bekannt ist, und seither keinen neuen oder überarbeiteten Entwurf.

Frage: Ich habe zwei Fragen an das Bundesbildungsministerium betreffend die Ausweitung des BAföG, die von Frau Wanka angekündigt worden ist.

Erstens. Es hieß, die Gespräche sollten im April beginnen. Wann sollen sie zu Ende gehen?

Zweitens. Wie sehen konkret die Pläne betreffend das Teilzeitstudium aus, wie weit sind diese Pläne gediehen? Wie könnte das BAföG auch auf das Teilzeitstudium ausgedehnt werden?

Koufen: Die GWK-Sitzung wird am Freitag, dem 12. April, also dem ersten Freitag nach Ende der Osterferien stattfinden. Wie lange die Verhandlungen dauern werden, kann ich Ihnen nicht sagen. Die Ministerin hat in dem Interview in der "Süddeutschen Zeitung" ja zunächst einmal gesagt, dass das Thema BAföG-Weiterentwicklung beim Treffen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz auf der Agenda stehen wird. Es stand übrigens auch vor einem Jahr auf der Agenda, es ist also nicht ganz neu.

Die Ministerin regt allgemein an, dass man darüber sprechen soll, wie man das Thema Studienfinanzierung stärker an die zunehmende Heterogenität der Studentenschaft anpassen kann. Damit sind also zunächst einmal keine konkreten Forderungen und schon gar keine konkreten Ergebnisse gemeint. Das Thema Anpassung der Studienfinanzierung an die zunehmende Heterogenität der Studenten ist ja auch insofern nicht neu, als sich, wie Sie wahrscheinlich wissen, zum 1. April auch der Studienkredit der KfW stärker diesen Entwicklungen anpasst. Dazu gehört zum Beispiel, dass das Alter, bis zu dem man einen solchen Kredit beantragen kann, von 34 auf 44 Jahre angehoben wird und dass man das auch als Teilzeitstudierender eher tun kann. Da gibt es also durchaus schon eine Entwicklung.

Zu guter Letzt möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass das BAföG gemeinsam von Bund und Ländern getragen wird und dass es deswegen notwendig ist, mit den Ländern zu verhandeln. Insofern können die Diskussion und dann die Entscheidung darüber, was letztlich passieren wird, nur mit Zustimmung der Länder geschehen.

Zusatzfrage: Soll noch in dieser Legislaturperiode etwas geschehen?

Koufen: Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Frage: Frau Koufen, wollten Sie uns damit sagen, dass das, was Frau Wanka heute in ihrem Interview gesagt hat, nichts Neues ist?

Koufen: Sie hat in dem Interview darauf hingewiesen, dass man das ganze Thema BAföG-Weiterentwicklung weiter denken soll als nur über die Erhöhung der BAföG-Sätze zu sprechen und dass man dem Thema lebenslanges Lernen und Diversität der Studenten, die an die Hochschulen kommen, prinzipiell stärker Rechnung tragen muss.

Zusatzfrage: Also "Ja" - wenn ich das so zusammenfassen darf?

Koufen: Sie haben die Debatte des letzten Jahres ja verfolgt: Da ging es schon stark um das Thema BAföG-Erhöhung. Frau Wanka versucht das eben weiter und ergebnisoffener zu denken und nicht immer nur auf höhere Beiträge abzuzielen, sondern stärker auf eine Umschichtung, Neugestaltung des BAföG insgesamt abzuheben.

Frage: Von was für einem Mehraufwand gehen Sie aus, wenn Sie sagen, das BAföG solle ausgeweitet werden? Kann man sagen: Wenn das 1.000 Studenten mehr sind, dann macht das soundso viele Millionen Euro aus?

Koufen: Dazu kann ich Ihnen noch keine Zahl nennen, weil es, wie gesagt, noch keine konkreten Vorschläge gibt.

Frage: Nur noch einmal für mich zur Klarstellung: Strebt die neue Bundesministerin etwas an, was sich noch in dieser Legislaturperiode in Form eines Gesetzes niederschlagen wird? Oder hat sie einen zeitlosen Diskussionshorizont, wie ihn vor ihr Frau Schavan und Frau Bulmahn schon beschrieben haben, erweitert und ein Thema beschrieben, dem man sich in den nächsten Monaten und Jahren zuwenden muss?

Koufen: Wie gesagt, es steht nicht in der Macht von Frau Wanka, dies zu entscheiden; sie muss darüber mit den Ländern sprechen. Davon hängt es ab, wie schnell und ob es ein Ergebnis geben wird.

Zusatzfrage: Die Frage war, ob Frau Wanka das anstrebt.

Koufen: Wenn sie sich in dem Interview dazu äußert, dass sie das gerne möchte, dann strebt sie es wohl auch an.

Zusatz: Okay, dann schreibe ich das so.

Frage: Gab es denn schon Rückmeldungen aus den Ländern zu diesem Vorstoß, oder hat Frau Wanka in den letzten Tagen schon einmal bei ihren Länderkolleginnen vorgefühlt, wie dieses Vorhaben ankommen könnte?

Koufen: Da würde ich Sie einfach bitten, die GWK-Sitzung im April abzuwarten; da werden sich die Länder dazu äußern.

Frage: Eine Frage an das Verbraucherministerium: Verbraucherschützer kritisieren, dass sich die Banken und Sparkassen um die Pflicht herumdrücken, ihre Provision bei Verkäufen von Wertpapieren und Fonds an ihre Kunden offenzulegen. Ist das a) ein Vorgang, der Sie auch schon beschäftigt, und ist das b) möglicherweise etwas, wo Sie gesetzgeberische Initiative, Klarstellung oder Ähnliches vorhaben?

Eichele: Danke für die Frage. Ich kann Ihnen nur bedingt Auskunft geben. Für die Finanzaufsicht sind wir nicht zuständig, das müsste die BaFin hinterleuchten. Ganz klar ist: Wir werden uns diese Studie vornehmen und wir werden das überprüfen. Wenn es hier Regelungslücken oder Grauzonen geben sollte, dann müsste man die schließen. Ich will aber auch darauf hinweisen, dass diese Bundesregierung - gerade das Verbraucherministerium - in den vergangenen vier Jahren sehr viel getan hat, um den Bankensektor zu regulieren, den Verbraucherschutz zu stärken und die Banken an die Leine zu nehmen. Denken Sie nur an die Pflicht zu Beratungsprotokollen oder an die Pflicht zu Beipackzetteln, also sogenannten Produktinformationsblättern, in denen alle Kosten, alle Chancen und Risiken eines Finanzproduktes klar ausgewiesen werden müssen.

Zusatzfrage: Dann möchte ich zum Stichwort BaFin vollständigkeitshalber noch das Finanzministerium fragen: Sind Ihnen diese Vorwürfe bekannt und wollen Sie da in irgendeiner Weise tätig werden - falls Sie nicht schon tätig geworden sind?

Kothé: Das ist mir so nicht bekannt. Ich kann dem aber gerne nachgehen. Im Übrigen würde ich das, was der Kollege gerade gesagt hat, an dieser Stelle gerne unterstreichen: Wir haben, denke ich, sehr viele Verbesserungen zugunsten der Verbraucher in diesem Bereich gesetzgeberisch auf den Weg gebracht. Diesem konkreten Fall gehen wir aber gerne noch nach.

Frage: Frau Kothé, ein Ergebnis dieser Studie der Verbraucherschützer war ja auch, dass Banken, Sparkassen usw. diese Pflicht zur Angabe ihrer Provision dadurch umgehen, dass sie Festpreisgeschäfte anbieten. Haben Sie das auf dem Schirm? Ist das eine Sache für die BaFin, oder wie sehen Sie das?

Kothé: Es ist natürlich eine Sache der Bankenaufsicht. Wie gesagt, ich kenne die Studie nicht, müsste Sie da jetzt also etwas vertrösten. Sobald uns das vorliegt, liefern wir Ihnen dazu gerne nähere Informationen.

Eichele: Klar ist, dass wir für Transparenz stehen und dass wir dafür stehen, dass die Verbraucher auf einen Blick die Kosten und auch die Provisionen mitgeteilt bekommen. Deswegen ist die Initiative der Bundesregierung zum Produktinformationsblatt gesetzlich eingeführt worden, genauso wie das Beratungsprotokoll eingeführt worden ist. Noch vor der Sommerpause wollen wir die Honorarberatung gesetzlich verankern, also neben dem provisionsbasierten und - das muss man auch ganz kritisch sagen - provisionsgetriebenen Bankenmodell eine Honorarberatung in Deutschland anstoßen, damit sich die Verbraucher durch die Zahlung eines fixen, eines festen transparenten Honorars beraten lassen können, um eben auch gerade dadurch versteckte Provisionen in Produkten umgehen zu können. Wenn es hier, wie die Verbraucherzentralen den Eindruck erwecken, eine Grauzone oder möglicherweise Fehlverhalten geben sollte - ich kann das jetzt nicht bewerten, da muss man sich erst einmal die Studie ansehen; die liegt mir nicht vor -, dann müsste in dem Fall auch die Aufsichtsbehörde, die BaFin, tätig werden.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Warum hat Herr Ramsauer im vergangenen Jahr sein Reiseetat abermals überzogen?

Strater: Sie wissen, dass wir auch im Verkehrs- und Bauministerium eine Außenwirtschaftsstrategie verfolgen. Das bringt mit sich, dass der Minister ins Ausland reisen muss. Es ist auch nicht nur der Minister, der im Ausland tätig ist, sondern es sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses. Insofern bringt diese Arbeit, diese Außenwirtschaftsstrategie natürlich mit sich, dass man auch vor Ort ist und für die deutsche Wirtschaft auch im Ausland wirbt; denn das kann man nicht vom Schreibtisch aus tun. Deswegen kommt es eben auch zu einer verstärkten Reisetätigkeit ins Ausland. Ich kann hier jetzt nichts zu Zahlen oder zu konkreten Überschreitungen nennen, weise aber zurück, dass es sich hierbei um irgendwelche überflüssigen Lust- oder Vergnügungsreisen handelt. Es geht vielmehr darum, deutsches Know-how im Ausland zu vertreten und dafür zu werben, dass zum Beispiel auch die deutsche Bauindustrie im Ausland Aufträge bekommt. Dafür setzt sich der Minister ein.

Zusatzfrage: Ich habe gar nicht unterstellt, dass es um Lustreisen geht. - Ich möchte aber nachfragen: Warum kann man das, was Sie beschrieben haben und was im Jahr 2012 nicht überraschend war, nicht schon vorher bekanntgeben, sodass der Etat entsprechend höher veranschlagt wird?

Strater: Der Etat wird veranschlagt, und dann gilt es auch gewisse Maßnahmen zu treffen, die man so im Einzelnen und im Detail nicht vorhersehen kann, oder es ergeben sich Dinge, die notwendig sind. So muss man dann von Jahr zu Jahr sehen, wie man den Etat oder auch die Reisetätigkeit anpasst. Aber wie gesagt, ich kann hier keine Stellung zu den einzelnen Punkten einzelner Haushaltsjahre nehmen.

Frage: Eine Frage an das Verteidigungsministerium: Herr Bauch, am Mittwoch sind in Kabul etwa 8 Tonnen Sprengstoff sichergestellt worden. Gibt es eigene Erkenntnisse der Bundeswehr zu diesem Vorgang oder haben deutsche Stellen zu den Ermittlungen beigetragen?

Bauch: Der Vorgang ist mir bekannt, aber ich habe keine weiteren Erkenntnisse über das, was bis jetzt öffentlich hinausgegangen ist.

Frage: Noch eine Frage an das Finanzministerium: Wie beurteilt das Finanzministerium das Vorgehen der Finanzbehörden der Bundesländer im Vorgriff auf das im Sommer zu erwartende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften, diese steuerliche Gleichstellung in 14 Bundesländern bereits zu gewähren und nur in Sachsen und in Bayern anders vorzugehen? Unterstützt das Finanzministerium dieses Vorgehen der Finanzbehörden der Länder, oder sieht das Ministerium das eher skeptisch?

Kothé: Es ist gutes Recht der Länder, solche Initiativen zu starten. Unsere Haltung kennen Sie; sie ist unverändert. Wir warten das Urteil ab und sehen dann, was zu tun ist.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 15. März 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/03/2013-03-15-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2013