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PRESSEKONFERENZ/576: Regierungspressekonferenz vom 22. März 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 22. März 2013
Regierungspressekonferenz vom 22. März 2013

Themen: Aussteiger-Initiative aus dem Rechtsextremismus "EXIT-Deutschland", Novelle des Arzneimittelgesetzes, Durchsuchung der Büros von Nichtregierungsorganisationen durch russische Behörden, Unfall bei einer Übung der Bundespolizei im Berliner Olympia-Stadion, Finanzkrise in Zypern, Termine der Bundeskanzlerin, mögliche Waffenlieferungen an die syrische Opposition

Sprecher: StS Seibert, von Jagow (BMFSFJ), Eichele (BMELF), Peschke (AA), Kotthaus (BMF)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Von Jagow: Wie Sie vielleicht schon wissen, hat der Koalitionsausschuss gestern einen Beschluss zur Förderung von Aussteigern aus der rechtsextremen Szene gefasst, den ich Ihnen kurz vorlesen möchte:

"Für die Koalition ist die Bekämpfung des Rechtsextremismus eine gesellschaftliche und politische Daueraufgabe von besonders hoher Bedeutung. Wichtig sind uns dabei unter anderem Perspektiven für den Ausstieg aus der rechtsextremen Szene. Deshalb werden wir die erforderlichen Finanzmittel für die erfolgreiche Arbeit der Aussteiger-Initiative EXIT auch nach Auslaufen der Förderung durch den europäischen Sozialfonds zur Verfügung stellen."

Ich kann hinzufügen, dass die Übernahme der Förderung durch das Bundesfamilienministerium erfolgt und die Förderung voraussichtlich am 1. April starten wird.

Frage: Frau von Jagow, ist es zeitlich zu benennen, wie viele Jahre das gehen wird, oder läuft die Förderung erst einmal unbegrenzt?

Von Jagow: Voraussichtlich wird es auf eine dauerhafte Finanzierung hinauslaufen.

Eichele: Der Bundesrat hat vor wenigen Minuten bei der Novelle des Arzneimittelgesetzes den Vermittlungsausschuss angerufen. - Ich möchte Ihnen hierzu noch einen Kommentar unseres Hauses geben:

Aus unserer Sicht ist es absolut unverantwortlich, dass SPD- und grün-regierte Länder die Reform des Arzneimittelgesetzes hiermit auf die lange Bank schieben. Das ist Wahlkampf auf Kosten der Verbraucher. Anders kann man es nicht ausdrücken.

Die Novelle des Arzneimittelgesetzes war über Monate von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet worden. Die Bundesregierung hatte auf Wunsch der Länder, besonders jener Länder, die sich jetzt heute quergelegt haben, zahlreiche Änderungen in diesen Gesetzentwurf aufgenommen. Dass bestimmte Länder jetzt eine Kehrtwende vollzogen und sich im Bundesrat gegen die eigenen Vorschläge gestellt haben, gibt aus unserer Sicht schon zu denken. Es war ja bislang Konsens zwischen Bund und Ländern, dass der Einsatz von Antibiotika dringend gesenkt werden muss. Das gilt für die Tierhaltung genauso wie für die Humanmedizin, wo der weitaus größere Teil zum Einsatz kommt. Die Inhalte des Maßnahmenpaketes finden Sie bei uns auf der Internetseite.

Was uns auch besonders zu denken gibt, sind jüngste Äußerungen der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Sie erinnern sich vielleicht: An dem vergangenen Wochenende wurden wir erst medienwirksam aufgefordert, eine Beschränkung von Reserve-Antibiotika per Gesetz zu verankern. Genau diese Möglichkeit sah diese Gesetzesnovelle vor, die heute - allen voran von Nordrhein-Westfalen - leider abgelehnt worden ist. Damit ist es auch auf absehbare Zeit nicht möglich, den Antibiotika-Einsatz in der deutschen Landwirtschaft massiv einzuschränken.

Aus unserer Sicht ist dies eine schlechte Nachricht und eine verpasste Chance für den Verbraucherschutz.

Peschke: Ich möchte zu einer Entwicklung in Russland Stellung nehmen.

Dort hat es am gestrigen Tage zahlreiche Vor-Ort-Untersuchungen durch staatliche Behörden in Büros von Nichtregierungsorganisationen gegeben. Ich möchte sagen, dass Außenminister Westerwelle sehr beunruhigt ist über dieses Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft und gegen Nichtregierungsorganisationen in Russland.

Teil unserer Partnerschaft mit Russland ist natürlich auch die Erwartung von Respekt und einer fairen Behandlung von Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen. Konzertierte Aktionen, die die Handlungsfreiheit von Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft einschränken, sind aus unserer Sicht nicht akzeptabel.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen die Bestürzung ausdrücken, die die Bundeskanzlerin angesichts des gestrigen schweren Unfalls bei einer Übung der Bundespolizei im Berliner Olympia-Stadion empfindet. Sie wissen, dass dabei ein Mensch ums Leben gekommen ist. Mehrere Verletzte sind zu beklagen. Die Bundeskanzlerin fühlt sich den Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei besonders eng verbunden, auch weil sie häufig Hubschrauber der Bundespolizei benutzt. Sie spricht den Angehörigen, Freunden und Kollegen des verstorbenen Bundespolizisten - auch im Namen der gesamten Bundesregierung - ihr tief empfundenes Mitgefühl aus. Bundesinnenminister Friedrich als oberster Dienstherr war ja gestern Vormittag schon an den Unfallort geeilt. Den Verletzten wünscht sie gute Besserung und baldige Genesung.

Frage (zur Finanzkrise in Zypern): Herr Kotthaus, ich würde gern wissen, welchen Sinn eigentlich Telefonkonferenzen haben, in denen man sich doch informieren lassen will, wenn der zuständige Minister des Landes Zypern selbst an dieser Telefonkonferenz nicht teilnimmt und man danach überall nur hört: "Details kennen wir keine. Es ist alles offen.".

Kotthaus: Die Telefonkonferenzen und sonstige Treffen der Eurogruppe werden vom Eurogruppen-Vorsitzenden einberufen. Per se ist ein Gespräch nie verkehrt. Einige Treffen sind ergebnisreicher, und andere sind ergebnisärmer.

Zusatzfrage: Können Sie mir denn ganz konkret zu diesem Gespräch den Wert und insbesondere den Informationswert umschreiben? Gibt es neue Fakten, die Sie gelernt haben, die Ihnen die Hoffnung geben, in absehbarer Zeit eine Entscheidung zum Komplex Zypern-Hilfe treffen zu können?

Kotthaus: Normalerweise geben wir nie über Telefonkonferenzen und sonstige Treffen der Eurogruppe im Detail Kunde. Das betrifft auch diesen Fall. Sie haben gestern das Statement der Eurogruppe gesehen, das den wesentlichen Inhalt wiedergibt.

Fakt ist zurzeit, dass immer noch auf Zypern beraten wird, welchen Weg man gehen möchte. Fakt ist auch, dass die Möglichkeit eines Hilfsprogramms in der Form, wie sie am letzten Wochenende diskutiert wurde, weiter auf dem Tisch liegt. Aber es gibt momentan keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Frage; sie richtet sich auch an Herrn Seibert: Gab es denn angesichts des Rätselratens, wie die Vorstellungen Zyperns im Moment aussehen, in den letzten 24 Stunden - sei es von der Kanzlerin mit dem neuen zyprischen Präsidenten oder von Seiten Herrn Schäubles mit seinem Kollegen, der derzeit in Moskau weilt - einen telefonischen Kontakt?

Kotthaus: Ich kann Ihnen das letztendlich nicht komplett bestätigen, weil die Minister der Eurogruppe auch oft informell und über ihre Handys miteinander arbeiten. Ich kann es Ihnen daher nicht sagen.

Aber all das ist auch nur von bedingtem Interesse. Ich sage Ihnen, was jetzt passieren muss: Da der ursprüngliche, in der Eurogruppe gemeinsam gefundene Plan in Nikosia abgelehnt wurde, muss jetzt Nikosia aufweisen, wie das Programm aussehen kann, das die bekannten Parameter enthält, also Schuldentragfähigkeit, aber auch die anderen Elemente. Das soll also heißen: Wie wird man der Probleme des Bankensektors Herr, was ist mit Geldwäsche, was ist mit der Einnahmenbasis des zypriotischen Staates und vieles mehr? - Der Ball liegt in Nikosia.

Dann ist es erst einmal an der Troika, also an IWF, EZB und Kommission, zu bewerten, ob die Vorschläge, die dann aus Nikosia kommen, ein Weg zu einem Hilfsprogramm für Zypern sein könnten. Erst dann würde es wieder an der Eurogruppe als Ganzem liegen zu bewerten, ob das ein gangbarer Weg sein könnte oder nicht.

Daher lassen wir einmal die Verantwortlichkeiten da, wo sie sind. Also erst einmal muss jetzt Zypern etwas tun, und dann muss die Troika das bewerten. Dann würde es erst an der Eurogruppe liegen, darüber zu befinden.

StS Seibert: Ich kann mich dem nur anschließen, was Herr Kotthaus gesagt hat. Auch der Bundeskanzlerin liegen genau wie dem Finanzminister und der Eurogruppe als Ganzem noch keine Einzelheiten über die zyprischen Vorstellungen vor. Sie hat heute Morgen ja beide Fraktionen unterrichtet, soweit man heute Morgen überhaupt etwas sagen und wissen konnte. Sie hat einfach wiederholt, was seit Tagen unverändert die Haltung der Bundesregierung ist. Die Euroländer reichen Zypern die Hand zur Hilfe, aber nach den gleichen Grundsätzen und Prinzipien und unter den gleichen rechtlichen Bestimmungen, die auch für die Zusammenarbeit mit allen anderen Ländern gegolten haben.

Es gibt einen Weg zu Stabilität und Solidität in Zypern. Dieser ist von der Eurogruppe zusammen mit der zyprischen Regierung vor einigen Tagen beschrieben worden, hat aber im zyprischen Parlament keine Mehrheit gefunden. Dieses Angebot steht weiterhin. Wir müssen abwarten, wie sich die zyprische Regierung ihren, allerdings auch notwendigen Beitrag vorstellt. Sehr viel Zeit bleibt sicherlich nicht. Es ist eine Lage großer Dringlichkeit.

Kotthaus: Wie gesagt: Es geht darum, das "wir" zu qualifizieren. Man darf da wirklich nicht immer den Abkürzungsweg nehmen. Es ist erst einmal an der Troika zu bewerten, wie die zypriotischen Vorschläge zu sehen sind. Dann erst wäre die Eurogruppe am Ball. Es ist auch keine Frage von einzelnen Staaten, sondern Troika und Eurogruppe sind da am Zug.

Frage: Herr Seibert, die Kanzlerin hat sich ja auch verärgert über das Verhalten der zyprischen Regierung gegenüber der Troika geäußert. Gibt es Vergleiche mit anderen Ländern, die in solchen Schwierigkeiten waren? Hat es schon einmal ein Gezerre in diesem Ausmaß gegeben? Gab es schon einmal die Situation, dass sich ein Land so lange bei der Troika nicht gemeldet hat, während es Verhandlungen geführt hat? Ist durch dieses Verhalten die Schwelle, doch über eine Insolvenz nachzudenken, geringer geworden?

StS Seibert: Die Kanzlerin hat darauf hingewiesen - das ist ja hier auch schon ganz klar geworden -, dass es dringend notwendig ist, dass Zypern der Troika seine Pläne im Detail vorlegt, damit die Troika sie analysieren und die Eurogruppe sich anschließend dazu positionieren kann. Darauf hat sie hingewiesen. Dieses ist das Verfahren und war auch das Verfahren in der Zusammenarbeit mit anderen Staaten, und von diesem Verfahren ist nicht abzuweichen.

Deutschland möchte, dass Zypern eine gute und stabile Zukunft in der Eurozone hat und wird konstruktiv an Lösungen mitarbeiten. Deutschland hat bisher konstruktiv mitgearbeitet, hofft, dass sich Vernunft durchsetzt und muss allerdings, wie alle anderen europäischen Partner, auch darauf verweisen, dass es Grundsätze und Prinzipien gibt, die einzuhalten sind.

Frage: Herr Seibert, auch wenn es natürlich Sache der Troika ist und wenn die Informationslage unübersichtlich ist, hat doch offenbar die Kanzlerin in Bezug auf die Variante eines möglichen Zugriffs auf die Rentenkassen sehr deutlich gemacht, dass sie strikt dagegen ist. Sie soll das unter anderem in der FDP-Fraktion gesagt haben. Können Sie das bestätigen?

StS Seibert: Ich werde jetzt abschießend keine Einzelheiten von Programmen diskutieren, die man im Detail noch gar nicht vorgelegt bekommen hat. Es ist nur so, dass, wenn man darüber nachdenkt, dass im Parlament von Nikosia großer Widerstand gegen eine maßvolle Einbeziehung von Sparern und Einlegern geleistet wurde, es nicht leicht nachzuvollziehen ist, warum die Anzapfung der Pensionsfonds als eine aus unserer Sicht sozial sehr viel härtere und sehr viel belastendere Maßnahme eine besonders gute Idee sein soll.

Aber zu beurteilen ist das letztlich, wenn Zypern seine Vorstellungen im Detail vorgelegt hat. Die Beurteilung wird zuerst durch die Troika und dann durch die Eurogruppe als Ganzes vorgenommen.

Zusatzfrage: Dieses ist offenbar als eine Option in der Diskussion. Es trifft zu, dass die Kanzlerin gegenüber dieser möglichen Option erhebliche Skepsis beziehungsweise Ablehnung aus ihrer politischen Position geäußert hat?

StS Seibert: Das, was ich Ihnen gerade dazu gesagt habe, ist die Haltung der Bundesregierung. Aber sie wird sich ein Urteil wirklich dann abschließend bilden, wenn wir - mit "wir" meine ich die Eurogruppe über die Troika - von Zypern vorgelegt bekommen haben, was tatsächlich geplant ist.

Zusatzfrage: Letzte Nachfrage: Wenn Teilnehmer der Fraktionssitzung der FDP, bei der die Kanzlerin als Gast anwesend war, berichten, dass die Kanzlerin vor dem Informationshintergrund, den Sie skizziert haben, eine deutliche Ablehnung von Einbeziehung der Rentenkassen zum Ausdruck gebracht habe, dann haben die etwas gehört, was so nicht gesagt worden ist?

StS Seibert: Nein. Da bauen Sie mir jetzt eine hübsche Falle auf, in die ich nicht gehen werde. Die Vorträge der Bundeskanzlerin vor den Fraktionen sind vertraulich; sonst würden sie ja mit Kameras im Raum abgehalten werden.

Die Grundhaltung der Bundesregierung ist, glaube ich, sehr klar. Ich habe auch dazu etwas gesagt. Aber ich werde keine Äußerungen der Bundeskanzlerin oder Berichte über Äußerungen der Bundeskanzlerin in einer vertraulichen Sitzung der FDP-Fraktion kommentieren.

Frage: Ich habe zwei Fragen. Wenn Sie sagen, dass die Regeln für Zypern gelten müssen, wie sie für alle anderen Hilfeländer auch gegolten haben, dann würde mich eines interessieren: Es sind ja Parameter über den Teil festgelegt worden, der vom Ausland an Hilfe kommen kann, und den Teil, den Zypern selbst beizutragen hat. Ich meine diese knapp sieben Milliarden Euro, davon knapp sechs Milliarden Euro für die Banken. Der luxemburgische Finanzminister hat heute Morgen sinngemäß gesagt, dass man, bezogen auf diesen Eigenbeitrag, natürlich darüber diskutieren kann, wie viel einem die Stabilität der Eurozone wert ist. Daraus lese ich eine Offenheit, über die Höhe des Eigenbeitrags von Zypern noch einmal reden zu können. Gilt diese Offenheit auch für die Bundesregierung? Würde man den Eigenbeitrag für eine Verhandlungssache halten?

Zweitens würde mich interessieren, ob es von der Bundesregierung, respektive von der EU, einen eigenständigen Gesprächsstrang zu Russland gibt, in dem über eine mögliche Einbeziehung/Koordinierung russischer Hilfen/Beiträge zu dem Hilfspaket gesprochen wird?

StS Seibert: Vielleicht noch einmal das Prinzip: Jedes Hilfsprogramm setzt voraus, dass das Land, dem geholfen werden soll, zu einem gewissen Zeitpunkt wieder an die Finanzmärkte zurückkehren kann, dass es sich wieder auf dem freien Markt Kapital beschaffen kann. Dafür muss der Weg zu einer Schuldentragfähigkeit klar beschrieben sein. Das tun die Eckpunkte des Hilfsprogramms, das neulich in der Eurogruppe zusammen mit der zyprischen Regierung verabschiedet wurde - daher die Parameter. Die Schuldentragfähigkeit wurde mit einem Schuldenstand von 100 Prozent des BIP im Jahre 2020 definiert.

Das ist das, was für die Bundesregierung gilt. Daraus rechnet sich dann der notwendige Beitrag, den Zypern - ich würde präzisieren: und der zyprische Finanzsektor - im Idealfall zu erbringen hat.

Kotthaus: Diese Zahlen sind in der Eurogruppe nach der Empfehlung der Troika von allen 17 Mitgliedern der Eurogruppe - inklusive IWF, Kommission und EZB - gemacht worden. Es ist nicht zu erkennen, dass sich in den letzten Tagen etwas geändert hat, was diese wesentlichen Kernzahlen ändern würde. Das sind ja nicht Zahlen, die willkürlich festgelegt wurden, sondern sie ergeben sich so, wie sie Herr Seibert gerade dargestellt hat.

Wenn der Finanzbedarf 17 Milliarden Euro beträgt, wie er von der Troika definiert wurde und wie es in der Eurogruppe Konsens war, und man eine Schuldentragfähigkeit in der Form erreichen will, wie sie Herr Seibert gerade beschrieben hat, dann kann man das Programm maximal auf 10 Milliarden Euro ausdehnen. Das ist kein willkürlicher Beschluss. Das hat nichts Negatives, sondern es orientiert sich einfach an den Zahlen, die es gibt. Dass uns allen die Stabilität der Eurozone sehr am Herzen liegt, ist, glaube ich, unstreitig.

Zusatzfrage: Und die Frage nach der Russlandschiene?

StS Seibert: Da gilt das, was wir vorhin schon gesagt haben. Insofern als es um Beiträge zu einem möglichen Hilfsprogramm geht, ist dieses mit der Troika und nicht bilateral mit einzelnen Euro-Mitgliedstaaten zu besprechen.

Kotthaus: Ich glaube, Russland hat klar gemacht, dass es ein großes Interesse daran hat, dass sich die Situation auf Zypern stabilisiert. Es gibt einen Kredit, den Russland Zypern gegeben hat. Der läuft, glaube ich, 2016 aus. Wie gesagt, wenn ich die russischen Reaktionen richtig verstanden habe, sagen auch die Russen: Warten wir einmal ab, wie das Paket aussieht, und dann sehen wir weiter. Das ist aber eine Frage, die vor allen Dingen Zypern mit Russland klären muss und die nicht die anderen Mitgliedstaaten und auch nicht die Eurogruppe klären müssen; denn das ist ein bilateraler Kredit zwischen Russland und Zypern.

Frage: Herr Kotthaus, eine Frage zum Zeitrahmen: Sie betonen ja immer, die Lage sei dringlich, die Lage sei ernst, das sei bedrohlich. Am Dienstag sollen die Banken in Zypern aber wieder aufmachen, ohne möglicherweise gleich wieder zuzumachen. Wie viel Zeit bleibt eigentlich für die Einigung zwischen Nikosia und der Troika?

Kotthaus: Ich glaube, mein Kalender sieht genauso aus wie der Ihrige. Wir haben heute Freitag, Sie haben den Dienstag genannt - ich weiß nicht, wie lange das jetzt auf Zypern dauert, bis die einen Vorschlag haben, den dann die Troika bewerten kann. Ich glaube, aus der Sicht der Troika und auch aus der Sicht der gesamten Eurogruppe kann man festhalten: Wir stehen bereit, Lösungen zu diskutieren, und vor allem steht erst einmal die Troika bereit, sie zu bewerten. Der Ball liegt aber in Nikosia. Wenn Sie also nach Zeiten und nach Plänen erkundigen, dann müssten Sie momentan in Nikosia anrufen.

Zusatzfrage: Die Frage, die dahintersteckt, ist einfach: Wenn es bis nächste Woche keine vernünftige Lösung gibt, würde es dann einen Plan B geben? Ich beziehe mich hier einfach einmal auf Überlegungen zum Thema EZB, Einschränkung von Auszahlungen usw. - also der ganze Rattenschwanz an Maßnahmen, der da noch dran hängt -, über die das Handelsblatt heute berichtet. Bereitet sich die Bundesregierung auch auf einen solchen Plan vor?

Kotthaus: Wir spekulieren hier nicht über irgendwelche Pläne B, C, D oder E. Wie gesagt, der Ball liegt in Nikosia. Die Troika ist, glaube ich, voll handlungsfähig und kann dementsprechend handeln, sobald ein Vorschlag vorliegt. Dann schauen wir einmal weiter.

Zusatzfrage: Es ist aber richtig, dass es nur noch Tage sind, über die wir reden, wenn es um die Lösung dieses Problems geht?

Kotthaus: Das kann ich nicht beurteilen. Ich kenne die zypriotischen Pläne nicht. Deswegen meine ich es völlig ernst, wenn ich sage: Sie müssten tatsächlich in Nikosia anrufen und dort nachfragen, wie die Pläne für die nächsten Tage und Wochen aussehen. Ich kann aus unserer Perspektive nur sagen: Die Troika ist vor Ort und steht sicherlich sofort zu jedem Gespräch, zu jeder Diskussion, zu jeder Verhandlung bereit. An der Eurogruppe wird es sicherlich auch nicht liegen. Deswegen: Der Ball liegt zurzeit in Nikosia.

Frage: Herr Kotthaus, war es so, dass Zypern schon am Wochenende bei den Verhandlungen mit der Eurogruppe die Einbeziehung von Pensionsfonds vorgeschlagen hat? Falls ja: Wie erklären Sie sich, dass dieser Vorschlag jetzt trotz der klaren Ablehnung durch Herrn Schäuble und Frau Merkel noch einmal wiederholt wird?

Kotthaus: Da ich momentan das gleiche Problem habe wie Herr Seibert, keinen Überblick zu haben, wie nun die Alternativvorschläge aus Zypern aussehen, sondern mich nur auf Ticker verlassen kann - die wir alle gemeinsam lesen - , kann ich nicht beurteilen, was jetzt wieder in welcher Form und wo und wie mit den Rentenfonds geplant oder angedacht ist. Insofern kann ich Ihnen das weder erklären noch bewerten. Ich habe bis jetzt keinen Vorschlag vernommen, der es mir möglich machen würde, ein Urteil über irgendetwas abzugeben; denn ich habe genau die gleiche oder zumindest eine vergleichbare Informationslage wie Sie.

Zusatzfrage: Können Sie denn bestätigen, dass der Vorschlag aus Zypern zu den Pensionsfonds schon am Wochenende kam?

Kotthaus: Es gab einen Vorschlag, der das beinhaltete. Der ist dann nicht weiter verfolgt worden.

Vorsitzender Mayntz: Haben wir Fragen zu diesem Thema? - Das ist nicht der Fall. Dann werfen doch einmal einen Blick in die nächste Woche.

StS Seibert: Falls Sie jetzt die Termine der Bundeskanzlerin meinen: Die habe ich bereits am Mittwoch vorgetragen. Es waren überschaubar viele.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: In dem Interview von Herrn Westerwelle mit der "Süddeutschen Zeitung" geht es um mögliche Waffenlieferungen an die syrische Opposition. Seine Aussage, dass wir bei einer veränderten Lage zu einer Veränderung unserer Politik bereit sein müssten, wurde so interpretiert, dass Deutschland durchaus bereit sei, solchen Waffenlieferungen zuzustimmen. Was ist an dieser Interpretation dran?

Peschke: Da gilt der alte Spruch: Gute Kenntnis der Fachliteratur sichert vor Neuentdeckung. Ich empfehle natürlich immer die Lektüre der Interviews meines Ministers - und auch dieses Interviews - im Wortlaut. Die Aussage, dass wir uns bei einer veränderten Lage auch überlegen müssen, was wir mit unserer Politik tun, ist ja eine generelle Aussage, die natürlich gerade auch in der Außenpolitik gilt.

Ich darf Sie da aber auch auf einen anderen Satz in dem Interview, aus dem Sie zitiert haben, verweisen. Da lautet die Frage: "Ist dennoch denkbar, dass Deutschland Waffenlieferungen zustimmt?". Die Antwort darauf leitet der Minister mit dem Satz ein: "Wir sind skeptisch und wägen ab." Dann kommt der Satz, den Sie genannt haben.

Es gilt also natürlich zunächst einmal der Eingangssatz: "Wir sind skeptisch und wägen ab." Insofern hat sich die Haltung der Bundesregierung vor den anstehenden Beratungen nicht verändert, der Stand ist unverändert. Alles Weitere muss natürlich bei den Beratungen der Außenminister, die zur Stunde in Dublin beginnen, besprochen werden. Wir haben schon mehrfach ausführlich Stellung dazu genommen, was die Ausgangslage ist.

Darüber hinaus kann ich den Beratungen an dieser Stelle nicht vorgreifen. Ich kann nur noch einmal zusammenfassend sagen: Unsere Eingangshaltung für die Diskussion ist unverändert, und jetzt warten wir ab, wie unsere Partner die Lage sehen und wie die Lage beschrieben wird. Dann setzen wir darauf, dass es im gemeinsamen Gespräch in der EU - und das wird nicht nur heute stattfinden, sondern das wird auch in den nächsten Tagen stattfinden - gelingt, wieder eine einvernehmliche Position zu finden.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 22. März 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/03/2013-03-22-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2013