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PRESSEKONFERENZ/636: Regierungspressekonferenz vom 15. Juli 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 15. Juli 2013
Regierungspressekonferenz vom 15. Juli 2013

Themen: NSA-Aktivitäten in Deutschland, Vorratsdatenspeicherung, EEG-Umlage, Commerzbank, Riester-Rente, gemeinsames Treffen der G20-Finanzminister und -Arbeitsminister, Vorschläge zur Schaffung eines sogenannten Deutschlandfonds

Sprecher: StS Seibert, Spauschus (BMI), Wieduwilt (BMJ), Schäfer (AA), Enderle (BMELV), Rouenhoff (BMWi), Stamer (BMU), Westhoff (BMAS)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Zu dem Komplex (der NSA-Aktivitäten in Deutschland): Was sagt die Bundeskanzlerin zu dem Vorwurf der Opposition, namentlich Peer Steinbrücks, dass sie in dieser Angelegenheit ihren Amtseid verletze, nämlich Schaden vom deutschen Volk abzuwenden und die Einhaltung deutscher Gesetze durchzusetzen, auch gegenüber sogenannten Freunden?

StS Seibert: Die Antwort der Bundeskanzlerin haben Sie gestern fast 20 Minuten lang in dem ARD-Interview hören können. Sie hat klargemacht, was immer klar war, nämlich dass die Bundesregierung wusste, dass eine so komplexe Materie nicht bei einem Besuch, nicht in einer Gesprächsrunde zu klären sein würde. Wir haben den Prozess der Sachaufklärung und der Beantwortung unserer Fragen eingeleitet. Einiges haben die Gespräche des Bundesinnenministers und der Delegation in Washington auch bereits erbracht, aber natürlich wird das weitergehen müssen. Dazu hat sich die Bundeskanzlerin gestern im Detail geäußert, und das können Sie als Antwort darauf nehmen.

Frage: Ich würde gerne wissen, wenn der BND in seiner jahrelangen Zusammenarbeit mit der NSA immer wieder Hilfen in Form von Daten über Bundesbürger in Anspruch nehmen konnte, ob nicht der Schluss berechtigt ist, dass er das nur machen konnte, wenn er die Vermutung hatte, dass die NSA jahrelang in Deutschland Daten abgeschöpft hat.

Mich würde zum Zweiten etwas zu dem interessieren, was die Kanzlerin gestern gesagt hat. Ich habe sie so verstanden, dass sie sinngemäß gesagt hat: In Deutschland gelten deutsche Gesetze. Von daher frage ich jetzt: Ist denn die NSA nach Ihren Erkenntnissen in Deutschland selbst tätig geworden, oder hat sie das quasi über digitale Kanäle von außerhalb Deutschlands abgeschöpft? Gibt es diese Erkenntnisse schon?

StS Seibert: Zu Ihrer ersten Frage: Es gilt generell, dass es die Aufgabe deutscher Nachrichtendienste ist, unser demokratisches Gemeinwesen und unsere Bürger zu schützen, und dass sie in Erfüllung dieser Aufgabe ja seit Jahrzehnten auch mit den Diensten befreundeter Länder und von Partnerstaaten zusammenarbeiten. Ich kann hier zu konkreter nachrichtendienstlicher Arbeit natürlich nichts sagen. Das fällt in den Bereich dessen, was dem Parlamentarischen Kontrollgremium an Informationen vorbehalten bleibt.

Zu Ihrer Frage danach, was die Kanzlerin gestern genau gesagt hat: Den Satz, den sie genau gesagt hat, ist "Was wir von den USA erwarten, ist eine klare Zusage, dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halten". Dieser Satz gilt, und der fasst die Erwartung zusammen, die wir an die weiteren Gespräche, die natürlich mit den USA zu führen sind, noch haben. Wir warten jetzt auf die deklassifizierten Dokumente der Amerikaner. Sie wissen, dass die US-Regierung angekündigt hat, einige Dokumente über Aktivitäten des Nachrichtendienstes NSA, die bisher klassifiziert, also geheim, waren, aus dieser Geheimhaltungsstufe herauszunehmen, sodass sie uns Aufschluss über Aktivitäten der NSA geben können. Das ist ein nächster Schritt. Danach wird man weitere Gespräche führen müssen.

Zusatzfrage: Es gab die Forderung, dass sich die Kanzlerin selbst im Parlamentarischen Kontrollgremium über ihren Informationsstand äußern solle. Hat sie das vor?

Zu der Frage der Erwartung an die US-Dienste: Eigentlich ist es doch eine Selbstverständlichkeit, dass sich in einem Land an die Gesetze des Landes gehalten wird, und zwar egal, von wem. Wenn man jetzt sagt "Wir erwarten", dann erscheint es mir so, als ob das in der Vergangenheit nicht passiert sei. Sehen Sie diese Diskrepanz nicht auch?

StS Seibert: Was ich zum Parlamentarischen Kontrollgremium sagen kann, ist nur, dass der Chef des Bundeskanzleramtes, Herr Pofalla, vor zwei Wochen dort aufgetreten ist und für die Bundeskanzlerin und ihn selbst dargelegt hat, was gewusst wurde und was nicht. Was wir wussten, haben wir dem Parlamentarischen Kontrollgremium dargelegt. Genau das, was wir nicht wussten, wird jetzt aufzuklären sein. Der Prozess dazu ist eingeleitet worden.

Zusatzfrage: Hat die Kanzlerin also nicht vor, vor den Ausschuss zu treten?

StS Seibert: Ich kann Ihnen jetzt nicht von solchen Plänen berichten.

Zusatzfrage: Was ist mit der Frage nach der Erwartung und der Realität? Wenn man erwartet, dass sich jemand künftig an die Gesetze des Landes hält, dann muss der Umkehrschluss doch sein, dass er sich bislang offenbar nicht an die Gesetze gehalten hat; jedenfalls besteht der Verdacht.

StS Seibert: Sie wissen doch, dass eine Reihe von Berichten im Umlauf sind, die uns doch überhaupt erst dazu bringen, uns dieses Themas nun so gründlich anzunehmen. Diese Berichte müssen jetzt überprüft werden. Wenn diese Berichte voll zuträfen, dann müsste man wohl davon ausgehen, dass die deutschen Gesetze nicht eingehalten werden. Wir sind jetzt dabei, herauszufinden, ob sie zutreffen und in welchem Maße sie zutreffen. Die Grundforderung, mit der wir an diese Sache herangehen, ist: Wir brauchen eine klare Zusage der Amerikaner, dass sich auch ihr Dienst auf deutschem Boden an deutsches Recht hält.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium. Der Minister hat in Washington nun auch in Fernsehinterviews darauf hingewiesen, dass mithilfe des Prism-Programms oder von Informationen aus dem Prism-Programm fünf Anschläge in Deutschland vermieden werden konnten. Ich glaube, die Bundeskanzlerin selbst hat in der "Zeit" darauf hingewiesen, aber auch ihr Minister hat es, dass einer davon die sogenannte Sauerland-Gruppe betraf. Können Sie uns einmal die vier anderen nennen?

Spauschus: Herr Seibert hat es ja gerade schon erwähnt: Es geht jetzt zunächst einmal darum, diesen Prozess der Deklassifizierung auf amerikanischer Seite voranzubringen. Das sind Informationen und Sachverhalte, die eben diese Einstufung als "geheim" und insofern "nicht in der Öffentlichkeit kommunizierbar" unterliegen. Es gibt aber in der Tat zwei Gruppen, die man nennen kann, nämlich die Sauerland-Gruppe und die Düsseldorfer Zelle, über die auch verschiedentlich schon berichtet wurde. Alles Weitere ist, wie gesagt, dann erst Aufgabe dieses Deklassifizierungsprozesses, und am Ende wird man dann noch über das eine oder andere Detail reden können.

Zusatzfrage: Verstehe ich Sie richtig, dass auch Ihnen beziehungsweise dem Bundesinnenminister die drei anderen Fälle bisher noch nicht bekannt sind?

Spauschus: Es geht ja darum, dass im Nachhinein seitens der Amerikaner festgestellt wurde, dass in diesen fünf Fällen, die Herr Minister Friedrich genannt hat, eine Verbindung zu Prism bestanden hat. Das war letztlich die Erkenntnis daraus. Wie gesagt: Zu allem Weiteren - ich bitte um Verständnis - kann ich an dieser Stelle nichts ausführen.

Zusatzfrage: Darf ich die Nachfrage noch einmal wiederholen? Der Minister kennt die drei anderen Fälle nicht. Ist das richtig?

Spauschus: Nein, da haben Sie mich falsch verstanden. Es geht darum, dass die Fälle sozusagen auf geheimdienstlicher Ebene auch schon zuvor behandelt wurden, dass sich jetzt aber im Nachhinein herausgestellt hat, dass bei fünf Fällen ein Bezug zu Prism bestanden hat. Über diese fünf Fälle hat Minister Friedrich berichtet, und über zwei davon ist ja auch schon öffentlich berichtet worden.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und möglicherweise auch an Herrn Spauschus. Jetzt deutet sich ja an, dass die NSA möglicherweise Verbindungsdaten, also Absender, Adresse und Betreffzeile, dauerhaft gespeichert hat, was ja weit über das hinausgeht, was nicht nur nach deutschem Recht in der Regel anerkannt ist. Warum haben wir darüber nichts von Herrn Friedrich erfahren, als er in den USA war? Liegt das daran, dass ihm das nicht mitgeteilt wurde? Wenn das der Fall ist, was sind die Gespräche dann wert, wenn ihm solche Grunddaten nicht mitgeteilt werden?

Spauschus: Nach den mir vorliegenden Informationen ist es so, dass sich aus dem Ergebnis der Gespräche ergeben hat, dass vonseiten der Amerikaner oder der NSA keine flächendeckende anlasslose Speicherung von Inhaltsdaten erfolgt. Sie müssen sich - so stellt es sich nach den Gesprächen, die geführt wurden, dar - das Ganze als ein zweistufiges Verfahren vorstellen. Es ist so, dass in einem ersten Schritt in der Tat Verkehrsdaten flächendeckend erfasst werden, sogenannte Metadaten. Das betrifft dann aber nur Gespräche, die nach Amerika erfolgen oder die über amerikanische Server laufen oder die von amerikanischer Seite aus ins - von dort aus betrachtet - Ausland laufen. Nur dann, und darauf sollte man eben auch ausdrücklich hinweisen, wenn sich daraus Hinweise darauf ergeben, dass etwa eine terroristische Bedrohung oder organisierte Kriminalität im Raum stehen, muss - auf einer weiteren richterlichen Anordnung basierend - eine Überwachung von Inhaltsdaten beantragt werden, aber eben nur dann, wenn sich aus diesem ersten Schritt entsprechende Anhaltspunkte ergeben. Das heißt, es findet keine anlasslose flächendeckende Überwachung von Inhaltsdaten statt.

Zusatzfrage: Das war auch nicht meine Frage. Meine Frage ist ja: Wie kommt es, dass wir immer scheibchenweise - ich will es noch einmal anders formulieren - beziehungsweise durch Journalisten, Medienberichte oder andere Quellen davon erfahren, dass die NSA Dinge tut, von denen wir bisher nichts wussten, etwa die dauerhafte Speicherung von Verbindungsdaten, die ja nach deutschem Recht ohnehin nicht zulässig wäre? Wie kommt es, dass Herr Friedrich diese Information, die sehr wichtig ist, nicht aus den USA mitgebracht hat?

Spauschus: Es sind ja Erkenntnisse von Herrn Minister Friedrich, über die ich gerade berichtet habe. Im Übrigen ist es auch so, dass Geheimdienste eben auch geheim und vertraulich arbeiten müssen. Das wird auch sicherlich weiterhin so sein. Das heißt, solche Dinge können nicht von vornherein in der Öffentlichkeit ausdiskutiert werden.

Frage: Herr Seibert, welche Möglichkeiten hat eigentlich die Bundesregierung, zu überprüfen, inwieweit sie irgendwann einmal das ganze Ausmaß der Überwachung erfahren hat? Wie kann sie also selbst und unabhängig von den Angaben der US-Regierung prüfen, was da stattfindet? Kann es sein, dass sich auch ein gewisses Gefühl von Hilflosigkeit breitmacht?

StS Seibert: Nein. Es gibt einen längeren Prozess; anders geht das nicht. Der kann nur im Gespräch mit unseren Partnern erfolgen. Das hat begonnen. Jetzt ist es sicherlich sehr wichtig, sich genau die deklassifizierten Dokumente und das anzuschauen, was daraus hervorgeht. Daraus werden sich möglicherweise neue Fragestellungen und ganz sicherlich wieder das Bedürfnis nach neuen Gesprächen ergeben, zu denen die Amerikaner ja auch bereit sind. Wir stehen hier also sicherlich am Anfang eines Aufklärungsprozesses.

Wie die Kanzlerin gestern gesagt hat und wie auch Bundesinnenminister Friedrich bereits nach seiner Reise berichtet hat, gibt es noch weitere erste konkrete Ergebnisse. Wir sind jetzt mit den Amerikanern dabei, jahrzehntealte Vereinbarungen, die de jure noch bestehen, wenn sie auch de facto schon gar nicht mehr genutzt wurden und keine Rolle mehr spielten, nun auch wirklich zu beenden. Das ist sicherlich auch ein guter Schritt. Damit beenden wir auch alle mutmaßenden und spekulativen Diskussionen darüber.

Wir sehen außerdem nach dieser Reise auch klarer - ich beschreibe Ihnen das, weil ich sagen will, dass das ein erster konstruktiver Schritt war -, was wir noch in die europäischen Beratungen über diese Datenschutz-Grundverordnung einbringen müssen. Diesbezüglich werden sich noch in dieser Woche der Innenminister und die Justizministerin in Brüssel mit den deutschen Überzeugungen auch sehr klar zu Wort melden.

Frage: Ich möchte noch einmal an die Frage des Kollegen Fried anknüpfen und Herrn Spauschus etwas fragen. Ich habe das jetzt so verstanden, dass der Innenminister alle fünf vereitelten Anschläge kennt. Nur zwei sind bisher bekannt. Warum können Sie uns also nicht die drei anderen nennen? Das haben Sie immer noch nicht beantwortet.

Spauschus: Eine Sache ist es ja, die entsprechende Zahl zu kommunizieren, und die ist Herrn Friedrich auch so mitgeteilt worden. Wie gesagt: Unter den Geheimdiensten hat ein entsprechender Austausch darüber stattgefunden. Es hat sich jetzt eben herausgestellt, dass Prism in fünf Fällen eine Rolle gespielt hat. Diese Informationen sind schlicht und ergreifend noch eingestuft, und bevor das kommuniziert werden kann, müssen sie vonseiten der Amerikaner erst freigegeben werden.

Im Übrigen darf man jetzt auch nicht den Eindruck erwecken - ich kann jetzt auch nichts darüber berichten, wie weit die fortgeschritten waren; die können auch in einem sehr frühen Stadium gewesen sein -, wir hätten vor fünf konkreten Terroranschlägen gestanden - das wäre sicherlich die falsche Botschaft -, sondern es geht eben darum, dass in fünf Fällen entsprechende Informationen von Prism hilfreich dabei gewesen sind, überhaupt und möglicherweise auch schon in einem sehr frühen Stadium entsprechende Ausführungen zu verhindern.

Zusatzfrage: Heißt das - nur dass man sich das einmal vorstellen kann -, das könnten auch Fälle wie diese Modellflieger sein, hinsichtlich derer neulich behauptet wurde, sie würden Anschläge prüfen, und dann gab es noch nicht einmal Haftbefehle, und man hat es dabei bewenden lassen? Oder muss es sozusagen zwingend um Dinge gehen, die schon irgendwie eine relevantere Bedrohung darstellen?

Spauschus: Darüber möchte ich jetzt gar nicht spekulieren. Das unterliegt, wie gesagt, alles noch der Einstufung. Ich bitte um Verständnis.

Frage: Noch einmal zur EU-Datenschutzrichtlinie: Die Bundeskanzlerin hat gestern gesagt, dass sich Deutschland für diese einheitliche Datenschutzrichtlinie EU-weit einsetzen werde. Sie hat auch über einen Unterschied zwischen dem irischen und dem deutschen Recht gesprochen. Meine Frage wäre: Sind die nationalen Datenschutzgesetze in anderen Ländern nicht streng genug oder nicht ausreichend in Kraft gesetzt worden?

StS Seibert: Der zentrale Punkt bei der Datenschutz-Grundverordnung, für den sich Deutschland jetzt noch verstärkt einsetzen will, ist eigentlich ein anderer. Der zentrale Punkt ist, dass in dieser Datenschutz-Grundverordnung die Internetunternehmen wie Google und Facebook - Sie kennen die Namen - dazu gebracht werden sollen, dass sie klar Auskunft darüber geben müssen, an wen sie ihre Daten weitergeben. Das halten wir im Interesse der Verbraucher und der Menschen, die ihre Daten im Grunde abgeben, wenn sie diese Unternehmen nutzen, für sinnvoll. Es wird seit Langem darüber verhandelt. Es ist bisher in diesem Punkt noch nicht zu einer für uns befriedigenden Einigung gekommen. Umso stärker werden sich die Ministerin für Justiz und der Innenminister in dieser Woche dafür bei den informellen Gesprächen - es sind zunächst einmal informelle Gespräche der Minister - auf europäischer Ebene einsetzen.

Spauschus: Vielleicht noch kurz ergänzend: Es geht uns als Ziel darum, den hohen deutschen Datenschutzstandard auf EU-Ebene zu verankern. Wir sehen Deutschland dabei schon in einer gewissen Vorreiterrolle, was, EU-weit betrachtet, den Datenschutz angeht. Diese Standards möchten wir eben gerne auch EU-weit etablieren. Insoweit ist das Ziel, uns mit einer entsprechenden Positionierung in die Verhandlungen zu begeben, die ja auch schon seit einigen Monaten geführt werden.

Frage: Herr Seibert, Sie haben jetzt noch einmal daran erinnert, dass Herr Pofalla darüber Auskunft gegeben hat, dass der Bundesregierung über das Wesen und den Umfang dieser Vorratsdatenspeicherung seitens der Amerikaner bisher nichts bekannt war. Ich frage mich jetzt: Wie ist es mit der Frage, welche Regierungsmitglieder möglicherweise abgehört werden? Sie benutzen doch als Mitglieder der Bundesregierung Handys oder Smartphones, die über amerikanische Server laufen, bewusst nicht für vertrauliche Gespräche. Das ist ja öffentlich bekannt. Der Bundesinnenminister weist auch gerne darauf hin, dass es eben ein geschütztes Netz der Bundesregierung gibt, das man für vertrauliche Informationen nutzt. Ist der Umstand, dass man jetzt darauf verzichtet, für diese Gespräche oder diese Datenübertragung diese Handys, die über amerikanische Server laufen, zu benutzen, also ein Hinweis darauf, dass man eigentlich doch weiß, dass die Amerikaner diese Daten von ihren Servern abgreifen? Ist das eine reine Vorsichtsmaßnahme? Gab es irgendwelche Hinweise darauf, dass so etwas passiert? Das würde ich mir gerne noch einmal erklären lassen.

StS Seibert: Über die Hardware-Ausstattung der Mitglieder der Bundesregierung gebe ich hier keine Auskunft. Grundsätzlich hat die Bundeskanzlerin gestern gesagt, dass sie keinen Anhaltspunkt dafür hat, bisher abgehört worden zu sein, sonst hätte sie es dem Parlamentarischen Kontrollgremium ja auch schon gemeldet. Ich kann dazu also keine Auskunft geben.

Es gibt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das natürlich die Pflicht hat, die Mitglieder der Bundesregierung auf den bestmöglichen technischen Stand zu bringen, und das dieser Pflicht auch nachkommt.

Zusatzfrage: Dann frage ich noch einmal Herrn Spauschus, weil Ihr Minister ja bereitwillig darüber Auskunft gibt, dass er sein iPhone, sein BlackBerry oder so etwas eben nicht für bestimmte Dinge benutzt. Was steckt dahinter? Ist das eine grundsätzliche Vorsichtsmaßnahme, oder gibt es konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Daten, die über amerikanische Server laufen, nicht sicher sind?

Spauschus: Nein. Herr Seibert hat ja vom Prinzip her schon beschrieben, was die Aufgabe des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik ist. Das Bundesamt gibt entsprechende Empfehlungen für den Einsatz von Kommunikationsgeräten heraus. Es gibt zum einen Empfehlungen für den Bereich des E-Mail-Datenverkehrs, auf der anderen Seite aber auch für den Bereich der Sprachkommunikation. Dafür gibt es jeweils entsprechende und auch technische Einsatzempfehlungen. Das Ganze, muss man sagen, hängt eben jeweils davon ab, welche Informationen transportiert werden sollen. Das heißt, wie in anderen Bereichen der Verwaltung auch gibt es unterschiedlich vertrauliche Informationen. Sie können die Verabredung zu einem Mittagessen ohne Weiteres auch mit einem Telefon oder Smartphone - ja, vielleicht sogar mit ihrem privaten Gerät - kommunizieren, aber es gibt eben auch Bereiche, die einer strikten Vertraulichkeit unterliegen. Das geht eben bis dahin, dass man für Telefonate beispielsweise nur noch Kryptotelefonie nutzt. Das hängt von der Art der Information ab, die kommuniziert werden soll. Man kann also nicht grundsätzlich sagen, dass eine Person grundsätzlich immer mit einem bestimmten Gerät kommunizieren muss, sondern entscheidend ist die konkrete Information, die kommuniziert werden soll. Dafür gibt es technischerseits entsprechende Einsatzempfehlungen des BSI, des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.

Zusatzfrage: Diese technischen Empfehlungen basieren doch auf irgendwelchen Annahmen. Besteht die Verbindung mit BlackBerrys oder iPhones, die sie für diese vertraulichen Austausche nicht benutzen dürfen, darin, dass es sich um amerikanische Betreiber und um amerikanische Server handelt, über die diese Informationen vermittelt werden? Sie sprachen von einem technischen Hinweis. Die Frage ist: Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Datenverkehr über amerikanische Server diesen Ansprüchen an die Datensicherheit eben nicht genügt, weil es den Verdacht gibt, den Hinweis gibt oder Informationen darüber gibt, dass genau von diesen amerikanischen Servern Informationen möglicherweise abgegriffen werden können oder tatsächlich abgegriffen werden?

Spauschus: Die Empfehlung für den Einsatz bestimmter Geräte oder Techniken erfolgt jeweils nach einer entsprechenden Zertifizierung seitens des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Dabei geht es dann darum, dass bestimmte Dinge auch vom Hersteller gegenüber dem Bundesamt offen gelegt werden, darum, dass das BSI sozusagen Einblick in die Technik dieser Geräte bekommt, und darum, dass es dann, eben aufbauend auf diesem Einblick, sagen kann "Das ist ein Gerät, das nach den von uns definierten Anforderungen sicher und damit für den Einsatz in der Regierungskommunikation geeignet ist" oder eben, wenn es die Kriterien nicht erfüllt oder wenn bestimmte Informationen seitens des Herstellers nicht publiziert werden oder nicht gegenüber dem BSI bekannt gemacht werden, auch nicht geeignet ist. Es geht also einfach darum, dass man sich positiv überlegt, wie eine sichere Kommunikation aus Sicht der Bundesregierung oder des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik aussehen sollte.

Frage: Ich würde gern wissen, ob der Innenminister oder die Justizministerin präzise Vorschläge für dieses informelle Treffen - ich glaube, es wird in Vilnius stattfinden - in dieser Woche haben.

Zweitens: Es gibt viele, viele Daten, die durch Frankfurt gehen, und die amerikanischen Unternehmen und andere Unternehmen haben "data farms". Gibt es für diese Unternehmen einen Konflikt - ich versuche, das zu verstehen - zwischen deutschem Recht und amerikanischem Recht? (Ist es so, dass) die nach deutschem Recht nichts an Daten übergeben müssen, aber dass Daten nach amerikanischem Recht eigentlich übergeben werden müssen und dass dieser Konflikt irgendwie gelöst werden muss?

Spauschus: Vielleicht zuerst zur ersten Frage: Es geht Minister Friedrich darum, zusammen mit seinen anderen Fachministerkollegen darüber zu beraten, wie sich die anderen Mitgliedstaaten der EU den Datenschutz in diesem Bereich künftig vorstellen. Das heißt, das wird insofern natürlich anlassbezogen ein Thema sein. Aber ich habe jetzt noch von keinem konkreten Vorschlag zu berichten, mit dem Herr Minister Friedrich dort auftreten wird.

Wieduwilt: Ich möchte nur allgemein darauf hinweisen - ich kann jetzt natürlich nicht die Rede der Ministerin vorwegnehmen -, dass die Funktion, die dieses Sprechen dort sicherlich auch ausfüllen soll, ist, für Datenschutz zu werben, wie er in Deutschland gepflegt wird, aber auch auf europäischer Ebene, um dann eben auch mit einer Stimme sprechen zu können und dem Datenschutz auch international Vorschub zu leisten. Sie wissen vielleicht, dass die Ministerin bereits vor einer Woche den Vorschlag gemacht hatte, den IPbpR, also den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, entsprechend zu ergänzen. Dort für Datenschutzbelange zu werben, ist dafür sicherlich auch eine Vorarbeit.

Zur zweiten Frage: Es gibt sicherlich in gewisser Weise gegenläufige Interessen, da einer der Grundsätze im deutschen Datenschutzrecht die Datensparsamkeit ist und es generell eines der Ziele von datenverarbeitenden Unternehmen ist, viele Daten zu bekommen. Ich würde jetzt aber nicht von einem grundsätzlichen Rechtskonflikt sprechen; damit bin ich auch schlicht überfragt. Aber es gibt diese gegenläufigen Interessen.

Vorsitzender Mayntz: Wollten Sie das ergänzen, Herr Spauschus?

Spauschus: Nur dahingehend, dass am Ende natürlich eine Lösung stehen muss, die auch praktikabel ist. Alles andere würde keinen Sinn machen.

Frage: Frage an das BMJ: Ist Ihre Ministerin, die ja am Anfang sehr alarmiert war, mit dem Verlauf und der Mission Friedrich zufrieden? Sieht sie noch Aufklärungsbedarf? Wenn ja, wo?

Frage an das Auswärtige Amt: Sie hatten letzte oder vorletzte Woche schon erklärt, dass man die Sicherheit der Botschaften und Vertretungen immer im Auge habe, sie prüfe und checke und dass das anlassbezogen jetzt auch wieder vielleicht überprüft werde. Ist das geschehen? Hat man die Auslandsvertretungen an der Uno, in den USA generell und vielleicht auch woanders daraufhin noch einmal gezielt überprüft, ob sie verwanzt worden sind? Betrifft das, soweit Sie wissen, auch die EU-Vertretungen?

Wieduwilt: Ich würde mich dem Regierungssprecher voll umfänglich anschließen. Die Reise des Bundesinnenministers ist ein erster Schritt - nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.

Die Deklassifizierungsprozesse wurden bereits angesprochen. Natürlich sind da noch eine Menge Fragen offen. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, wo genau der Schuh am meisten drückt. Aber er drückt an vielen Stellen.

Vorsitzender Mayntz: Die Frage bezüglich der Sicherheit der Botschaften?

Schäfer: Ich bekräftige noch einmal das, was ich vor zwei Wochen gesagt habe, dass nämlich generell und ständig, aber auch anlassbezogen an allen deutschen Auslandsvertretungen Sorge dafür getragen wird, dass die Sicherheit der Kommunikation innerhalb der Auslandsvertretungen, aber auch die Kommunikation mit der Zentrale in Berlin, mit der Hauptstadt, so erfolgt, dass sie nicht von anderen mitgehört wird, dass das ein wichtiges Anliegen für uns im Auswärtigen Amt ist und dass dafür alle notwendigen Maßnahmen ergriffen worden sind und ergriffen werden.

Zusatzfrage: Die Frage war ja konkret, ob nicht generell, sondern ob jetzt auf diesen Anlass bezogen eine solche Überprüfung noch einmal gezielt stattfindet.

Schäfer: Für EU-Vertretungen kann ich nicht sprechen. Diese liegen nicht in unserem Herrschaftsbereich.

Für deutsche Auslandsvertretungen gilt das, was ich gerade eben gesagt habe.

Frage: Ich hätte eine Frage an das Verbraucherschutzministerium. Ihre Ministerin hat gestern in dem "BamS"-Interview gesagt, es sei bis in Regierungskreise hinein abgehört worden. Sie hat das als Tatsachenfeststellung mit dem Zusatz formuliert, dass man das unter Freunden nicht tue. Worauf bezieht sie sich da?

Enderle: Um es mit den Worten des Regierungssprechers zu sagen: Es sind Berichte im Umlauf, dass auch Einrichtungen der EU-Behörden oder bei der EU abgehört wurden. Diese Einrichtungen werden nun einmal von nationalen Regierungen getragen. Darauf hat die Bundesministerin hingewiesen, als sie gesagt hat - ich zitiere das noch einmal ausführlich, weil Sie den ersten Teil weggelassen haben -: "Es gibt einige Fragen, die von der amerikanischen Seite beantwortet werden müssen. Es hat Überwachungen gegeben bis in Regierungskreise hinein."

Sie hat nicht gesagt, dass expliziert auch die Bundesregierung davon betroffen ist, sondern sie hat lediglich aufgegriffen, was ohnehin im Raum steht, nämlich dass Regierungen der EU betroffen sein sollen.

Zusatzfrage: Sie verfügt also über keine Erkenntnisse, die über das hinausgehen, was jetzt ohnehin schon auf dem Markt ist?

Enderle: Sie bezieht sich dabei auf die Vorwürfe, die im Raum stehen.

Frage: Herr Seibert, noch einmal zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung. Bei diesen recht zähen Verhandlungen lag ja bisher ganz klar die Federführung beim Bundesinnenminister. Die Bundeskanzlerin hat nun im Sommerinterview die Formulierung gewählt: "Ich habe heute mit den Ministern abgemacht..." Sie hat sich dabei auf Herrn Friedrich und Frau Leutheusser-Schnarrenberger bezogen. Gibt es eine Gewichtsverschiebung hin zur Chefsache?

StS Seibert: Nein, es gibt keine Gewichtsverschiebung. Aber es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung. In der Tat hat sich die Bundeskanzlerin zu diesen Fragen sowohl mit der Justizministerin als auch mit dem Innenminister als auch beispielsweise dem Außenminister mehrfach und sehr intensiv ausgetauscht. Es liegt ein solcher Wust von Fragen vor uns - wir bearbeiten das schon seit geraumer Zeit in der Bundespressekonferenz -, dass doch verschiedene Ressorts intensiv davon betroffen sind und das auf ihre tägliche Arbeit, gerade auch auf ihre Stellungnahmen im europäischen Raum, abstrahlt. Deswegen gibt es eine intensive Zusammenarbeit in der Bundesregierung.

Frage: Herr Spauschus, Sie haben jetzt gerade noch einmal dargelegt, wie das mit der Speicherung der Metadaten bei den Amerikanern ist und dass eine richterliche Anordnung nötig ist, um auf Gesprächsinhalte zuzugreifen usw. Ihr Minister hat diese Darstellung offensichtlich akzeptiert oder findet es so in Ordnung, wie das läuft. Nun ist das ja eine Praxis, die bei uns illegal wäre, weil diese Daten bei uns nicht gespeichert werden dürfen. Die Bundesregierung hat ein entsprechendes Gesetz ja nicht verabschiedet, weil es zumindest seitens des einen Koalitionspartners erhebliche Bedenken gibt - abgesehen davon, dass es auch anders geregelt ist, weil bei uns diese Daten, wenn man sie speichern dürfte, bei den Providern gespeichert werden und nicht bei Regierungsstellen gespeichert werden dürfen.

Die Amerikaner machen jetzt alles so, wie sie es für richtig halten. Das steht aber im Widerspruch zu dem, wie wir es für richtig halten. Ist das irgendwie ein Problem für Ihren Minister? Sieht er da einen Widerspruch? Ist es in Ordnung, wenn die Amerikaner das auf ihre Art und Weise mit unseren Daten machen, aber wir das gar nicht machen, weil wir das irgendwie nicht richtig finden? Klären Sie uns doch bitte darüber noch einmal auf.

Spauschus: Noch einmal grundsätzlich: Der Minister hat ja kritische Fragen an die US-Seite gestellt. Dort wurde die deutsche Besorgnis aufgenommen, die eben auch dieses Thema Datenschutz betrifft.

Es wurde auf der anderen Seite zugesagt, dass auch keine wechselseitige Beauftragung beziehungsweise Arbeitsteilung der Nachrichtendienste zum Ausspähen der jeweils eigenen Staatsbürger erfolgt. Das heißt, es ist insofern keine Umgehung der in Deutschland geltenden Regelungen. Das ist aus unserer Sicht auch ein sehr wesentliches Ergebnis dieser Gespräche. Wie gesagt: Nach dem, was die amerikanische Regierung mitgeteilt hat, hält sie sich an die dort geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Diese habe ich von hier aus nicht zu kommentieren.

Aber entscheidend ist auch der Zusatz - das ist das, was der Regierungssprecher gesagt hat -, dass sich natürlich an deutsches Recht und Gesetz im Rahmen des jeweiligen Anwendungsbereichs zu halten ist. Das ist ebenso selbstverständlich.

Zusatzfrage: Ist es beruhigend, wenn die Amerikaner nach ihrem Recht etwas machen, was sie nach unserem Recht nicht dürften? Finden wir das gut? Sie weisen immer daraufhin, dass es einen richterlichen Vorbehalt gibt. Es ist ja dann aber ein amerikanischer Richter und kein deutscher Richter, der über diesen Vorbehalt entscheiden muss. Es geht aber offensichtlich, wie wir inzwischen wissen, um unsere Daten. Es sind unsere Datenverkehre, die Gegenstand dieser Beobachtung sind. Ist das, was wir von den Amerikanern erfahren haben, beruhigend? Oder ist es Anlass zu sagen, dass wir genau das nicht möchten, weil unsere Vorstellungen davon andere sind?

Spauschus: Wie gesagt: Es gibt die Aussage, dass man sich bei all dem, was passiert, an das geltende amerikanische Recht hält. Die USA sind ein Rechtsstaat. Das ist, wie gesagt, insoweit nichts, was von meiner Seite aus zu kommentieren wäre.

Zusatzfrage: Wenn ich noch einmal kurz nachfragen darf, weil Sie gerade das Stichwort "wechselseitige Beauftragung" nannten: Wenn es um die Informationen über diese fünf Fälle geht, wo, wie Sie sagen, Anschlagsvorbereitungen unterbunden werden konnten, dann haben wir doch offensichtlich, wenn es diesen "Prism"-Bezug gibt, auf eine Datenspeicherung zugegriffen oder von ihr profitiert, die nach unserem Recht illegal wäre. Wir verfügen über diese Daten nicht, wir können diese Verbindungsdaten nicht nutzen, weil wir sie selber nicht speichern dürfen, weil deutsche Richter diese entsprechende Anordnung gar nicht treffen dürfen, weil es das Recht nicht gibt. Wir nutzen jetzt aber sozusagen nach amerikanischem Recht mit amerikanischem Richtervorbehalt - oder was auch immer - deren Daten. Ist das nicht eine Form der wechselseitigen Beauftragung?

Spauschus: Aus meiner Sicht muss zunächst einmal im Rahmen dessen, was jetzt vereinbart wurde, im Rahmen der Deklassifizierung aufgeklärt werden, was tatsächlich wie und auf welcher Grundlage ausgetauscht wurde. Vorschnelle Bewertungen zu treffen, halte ich nicht für angebracht.

Zuruf: Sie haben ja den "Prism"-Bezug hergestellt.

Spauschus: Das sagt ja jetzt noch nichts über die Qualität und Art der Daten aus. Wie gesagt: Das sind alles Dinge, die noch einer weiteren Aufklärung bedürfen. Sie stehen im Zusammenhang mit dem Programm "Prism".

Schäfer: Ohne mich jetzt hier für das Auswärtige Amt in irgendeiner Form in konkrete Rechtsfragen einlassen zu können, glaube ich doch, sagen zu können, dass das, was wir an Debatten hier in diesem Kreis und in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit geführt haben, doch eines zeigt: dass sich nämlich der Schutz der Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung so, wie wir Deutschen das in unserer Rechtsordnung und nach unserem Verständnis für angemessen halten, in Zeiten der Globalisierung doch auf nationaler Ebene überhaupt gar nicht umfassend regeln lässt. Deshalb kann doch nur der Ansatz sein, dass wir uns, wenn wir eine langfristige, vernünftige und dauerhafte Lösung wollen, darum bemühen, so etwas auf globaler Ebene einzurichten.

Wenn Sie gestern das Interview der Bundeskanzlerin verfolgt haben, haben Sie sicherlich auch gehört, dass die Bundeskanzlerin dazu etwas im Zusammenhang mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesagt hat. Das ist etwas, was die Bundeskanzlerin mit dem Außenminister bereits vor einiger Zeit vereinbart hat. Das ist sozusagen das grundlegende Dokument, in dem bürgerliche und politische Rechte auf globaler Ebene gesichert werden. Dort sind die allermeisten Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auch Mitglied.

Die Regelungen, die den Schutz der Privatsphäre betreffen - das ist Art. 17 -, stammen aus den 60er-Jahren und sind gewissermaßen von den Entwicklungen der modernen Kommunikation und den technischen Möglichkeiten, die das mit sich bringt, überholt. Deshalb ist es Ziel des Außenministers, im Kreise der Bundesregierung auch in dieser Weise gemeinsam mit Partnern umgehend eine Initiative auf den Weg zu bringen, dessen Ziel es wäre, bei den Vereinten Nationen über die Themen Datenschutz, Schutz der Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung mit dem Ziel zu diskutieren, etwa diesen Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte mit einem Fakultativabkommen zu ergänzen, um auf diese Art und Weise wirklich möglichst weitgehende globale Regelungen zu erreichen, die mindestens annähernd den Vorstellungen entsprechen, die wir hier in Deutschland alle gemeinsam haben.

Frage: Frage an das Wirtschaftsministerium: Der Verband der mittelständischen IT-Wirtschaft hat am Wochenende den deutschen Kunden, insbesondere der deutschen Wirtschaft, geraten, amerikanische Anbieter - amerikanische Cloud-Computing-Server, Mail-Programme etc. - zu meiden und deutsche Anbieter zu benutzen. Teilen Sie diese Auffassung? Unterstützen Sie eine solche Forderung?

Rouenhoff: Grundsätzlich möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir innerhalb der Bundesregierung in engen Gesprächen sind, was die Vorwürfe an die USA angeht.

Zu diesem konkreten Fall kann ich hier sicherlich keine Stellung nehmen.

StS Seibert: Vielleicht ist es an dieser Stelle einmal Zeit, auf einen Bürgerdienst hinzuweisen, den das schon mehrfach erwähnte Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik vorhält. Dieser nennt sich "BSI für Bürger". Es gibt zahlreiche nützliche Tipps und Hinweise für einen sicheren Umgang mit dem Netz. Ich könnte mir vorstellen, dass das in diesen Tagen viele Bürger auch interessiert.

Spauschus: Der Dienst steht im Übrigen auch der Wirtschaft als Ansprechpartner zur Verfügung.

Zusatz: Das Presseamt könnte ja eine Informationskampagne - Plakate etc. - starten. Es laufen doch gerade so viele.

StS Seibert: Ich weiß jetzt nicht, was Sie mit "vielen Plakataktionen" meinen. Ich würde einmal sagen: So viele sehe ich da im Moment nicht. Das ist weitgehend abgelaufen. Aber wenn es aktuellen Informationsbedarf gibt, können wir auch weiterhin aktuell informieren.

Frage: Herr Spauschus, nach der Berichterstattung der "Bild"-Zeitung von heute möchte ich noch einmal konkret fragen: Sie haben ja vorhin gesagt, dass die Amerikaner Metadaten abgreifen, wenn sie von und nach Amerika oder über amerikanische Server gehen. Nun berichtet die "Bild"-Zeitung heute, dass die NSA 72 Stunden lang ohne richterlichen Beschluss auf alle Kommunikationsdaten eines deutschen Entführungsopfers zugreifen und diese auswerten darf, und zwar im Zusammenhang mit der Berichterstattung, dass der BND die NSA gefragt habe, was denn kommuniziert worden sei, als Deutsche im Jemen und in Afghanistan entführt worden waren. Trifft es zu, dass die NSA 72 Stunden lang ohne richterlichen Beschluss auf Daten eines deutschen Entführungsopfers zugreifen kann?

Herr Seibert, können Sie bestätigen, dass der BND die NSA um Hilfe gebeten und auf Daten zugegriffen hat? Es ist ja sicherlich sinnvoll, dass Amerikaner bei der Befreiung deutscher Entführungsopfer helfen; das will ich ja gar nicht infrage stellen. Aber dann wüsste der BND ja, dass es diese Kommunikationsdaten gibt.

StS Seibert: Ich kann es schnell machen: Wie Sie wissen - das haben wir hier immer so gehalten -, können wir hier über operative Details der nachrichtendienstlichen Arbeit keine Auskunft geben. Das sind Informationen, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium vorbehalten sind und dort auch gegeben werden können.

Zusatzfrage: Das verstehe ich. Das andere ist aber eher eine juristische Frage. Darf der Dienst 72 Stunden lang die Daten halten? Das muss ja nicht ins Parlamentarische Kontrollgremium gehen. Ich kann auch versuchen, das anders herauszufinden. Vielleicht wissen Sie das ja, Herr Spauschus.

Spauschus: An dieser Stelle habe ich nichts zu ergänzen. Wenn, dann sind das Dinge, die, wie Herr Seibert beschrieben hat, der operativen Tätigkeit unterliegen.

Vorsitzender Mayntz: Hat das BMJ Informationen dazu? - Nicht.

Zusatzfrage: Herr Seibert, ohne auf einzelne operative Maßnahmen einzugehen: Wenn der BND grundsätzlich Zugriff auf US-Daten dieser Art hatte, dann musste doch auch das Bundeskanzleramt, das für die Aufsicht des BND zuständig ist, wissen, dass dort Daten erhoben worden sind, die auf dem üblichen Weg eigentlich nicht hätten erhoben werden können. Also war das Bundeskanzleramt doch informiert über ein gewisses Ausmaß der Datenabschöpfung der NSA?

StS Seibert: Was das Bundeskanzleramt wusste, das hat es in Person des Chefs des Bundeskanzleramtes, Herrn Pofalla, dem Parlamentarischen Kontrollgremium mitgeteilt. Was es nicht wusste, ist Gegenstand der jetzt begonnenen Aufklärung. So ist das.

Im Übrigen kann ich nur sagen, dass wir natürlich wussten - das ist nun auch wirklich kein Geheimnis, das wussten alle, die in den letzten Jahrzehnten in deutscher Regierungsverantwortung waren -, dass es eine Zusammenarbeit deutscher Dienste mit Partnerdiensten gibt. Daran ist nichts Neues.

Frage: Herr Seibert, das Thema NSA zieht ja unverkennbar weiter seine Kreise; die Opposition hat offenbar ein großes Interesse daran. In wenigen Tagen geht die Kanzlerin ja in ihren wohlverdienten Sommerurlaub. Könnte es denn sein, dass dieses Thema Auswirkungen auf die Urlaubsgestaltung der Kanzlerin hat?

StS Seibert: So wenig ich hier über die Urlaubsgestaltung der Kanzlerin Auskunft gebe, so wenig gebe ich darüber Auskunft, was eventuell auf diese Urlaubsgestaltung Einfluss haben könnte. Die Diskussionen entwickeln sich, wie sie sich entwickeln. Die Bundeskanzlerin hat gestern sehr ausführlich geantwortet. Sie wissen, dass sie am Freitag hier in der Bundespressekonferenz sein wird. Wenn es weitere Fragen dazu gibt, wird sie auch für diese zur Verfügung stehen. Dann irgendwann beginnt ein verdienter Urlaub, wie Sie es sagen. Aber eine Bundeskanzlerin ist ohnehin immer im Dienst.

Frage: Zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Herr Spauschus, nachdem sich nach Herrn Seehofer nun auch Frau Aigner distanziert gezeigt hat und eine Neuverhandlung gefordert hat - zum Beispiel auf die drei Monate Mindestspeicherdauer hin, was ja auch ein Vorschlag ist, den Herr Friedrichs Vorgänger de Maizière einmal gemacht hatte -, möchte ich fragen: Kann sich Herr Friedrich ein Einsetzen für eine Neuverhandlung in Brüssel vorstellen?

Spauschus: Von hier aus ist ja schon häufiger über dieses Thema berichtet worden. Es gibt da jetzt nichts Neues. Es gibt eine geltende EU-Richtlinie, die umzusetzen ist. Das ist die Erwartung unseres Ministers bei diesem Thema.

Frage: Ich würde mich gerne vom Umweltministerium oder vom Wirtschaftsministerium auf den Stand der Dinge im Hinblick auf EU-Bedenken gegen Vergünstigungen bei der EEG-Umlage bringen lassen und ich würde mir in diesem Zusammenhang gerne genau erklären lassen, inwieweit es denkbar ist, dass im Nachhinein Vergünstigungen zurückerstattet werden und inwiefern Firmen damit rechnen müssen, dass diese Vergünstigung rückwirkend hinfällig wird.

Stamer: Sie wissen, dass die EU-Kommission in dieser Frage noch in der Phase der Vorprüfung ist. Es gibt noch keine Entscheidung, ob überhaupt ein Beihilfeverfahren eröffnet wird oder nicht; diese Entscheidung der Kommission steht noch aus. Wir warten das weitere Vorgehen in Brüssel ab und sehen dem auch mit Gelassenheit entgegen. Ansonsten werden wir uns nicht in einem schwebenden Verfahren beziehungsweise zu einem schwebenden Verfahren äußern. Deswegen werde ich mich hier an dieser Stelle auch an keinen Spekulationen beteiligen.

Rouenhoff: Ich kann das noch ergänzen. Ich möchte noch einmal betonen, dass die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission sehr deutlich gemacht hat, dass sie zu einer grundlegenden EEG-Reform bereit ist und dass diesbezüglich auch dringender Handlungsbedarf besteht. Das BMWi spricht sich schon seit über einem Jahr für eine zügige und grundlegende Reform des EEG aus. Die Bundesregierung war auch zu einem ausgewogenen Kompromiss bei der Strompreisbremse bereit, die Kriterien für die Ausnahmen der EEG-Umlage, die 2004 eingeführt worden sind, schärfer zu fassen. Da war ein Einsparvolumen von etwa 700 Millionen Euro vorgesehen. Dies hat allerdings nur Sinn, wenn man gleichzeitig auch zu Einschnitten bei der Ökostromförderung kommt. Das hätte zu einer deutlichen Entlastung bei den Verbrauchern geführt. Leider waren aber die Bundesländer hierzu nicht bereit.

Zusatzfrage: Sie sind ja sicherlich - wahrscheinlich beide Ministerien - auch in Kontakt zu den Stellen in Brüssel. Haben Sie irgendwelche Indizien erhalten, wann in Brüssel irgendetwas spruchreif werden könnte, wann wir also mit einer konkreten Entscheidung über Beihilfeverfahren - ja oder nein - rechnen müssen?

Die Frage nach der Rückwirkung ist ja eigentlich eine, die abseits von diesem Fall einfach die Grundlagen der Regelungen, auf denen das EEG beruht, betrifft. Können Sie mir denn da nicht informationsmäßig einfach sagen, ob es eine solche Möglichkeit der Rückwirkung gibt, wenn man einen Teil dieses Vorhabens kippt, oder ob es sie nicht gibt?

Stamer: Wir haben gute Argumente in der Sache, die wir auch in Brüssel vertreten haben. Ansonsten gilt, dass es derzeit keine Veranlassung gibt, dass wir uns zu einem schwebenden Verfahren äußern. Es gibt noch keine Entscheidung, und was eine mögliche Entscheidung - ich betone das noch einmal ausdrücklich - nach sich zieht, steht heute nicht an, dazu kann ich Ihnen heute nichts sagen. Es gilt uneingeschränkt, dass wir uns an Spekulationen nicht beteiligen.

Zusatzfrage: Darf ich noch einmal die Frage wiederholen: Haben Sie irgendwelche Indizien von Brüssel erhalten, wann wir mit der Entscheidung rechnen können?

Stamer: Das ist eine Sache, die die Kommission bekanntgibt.

Frage: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin hat ja gestern gesagt, dass es mit Blick auf das EEG jetzt kritische Fragen aus Brüssel gebe. Kann man konkretisieren, was das für Fragen sind?

StS Seibert: Naja, ich glaube, das ist hier jetzt alles besprochen worden. Wir haben unsere Argumente in Brüssel vorgebracht. Wir sind überzeugt: Es sind gute Argumente. Wir gehen davon aus, dass die EEG-Förderung eben keine Beihilfe darstellt und deswegen auch mit EU-Recht vereinbar ist. In dem Bewusstsein, unsere Argumente vorgebracht zu haben, sehen wir jetzt einmal den weiteren Brüsseler Beratungen mit Ruhe entgegen.

Frage : Frau Kothé, können Sie etwas zu den Verkaufsplänen der Bundesregierung in Sachen Commerzbank sagen? Können Sie das Treffen zwischen Herrn Weber und Herrn Schäuble bestätigen?

Kothé: Wir haben uns am Wochenende schon zu der entsprechenden Berichterstattung geäußert. Dem habe ich eigentlich auch nichts hinzuzufügen. Ich kann das aber gerne wiederholen: Ziel der Bundesregierung ist, die im Zuge der Finanzmarktkrise gewährten Stabilisierungsmaßnahmen zeitlich so eng wie möglich zu begrenzen. Wann der Aktienanteil, den der SoFFin an der Commerzbank noch hält, veräußert wird, ist derzeit nicht absehbar.

Zusatzfrage : Ich hatte Ihre Erklärung nicht gesehen. Gab es das Treffen zwischen Herrn Weber und Herrn Schäuble?

Kothé: An den Spekulationen, die am Wochenende diesbezüglich durch die Presse gegeistert sind, beteiligen wir uns nicht.

Frage: Gibt es in der Bundesregierung bei solchen Verkaufsbemühungen, wie es sie im Falle der Commerzbank entweder schon gibt oder noch geben wird, Präferenzen für inländische oder ausländische Investoren, oder ist die Regierung in solchen Fragen grundsätzlich immer offen für Investoren, woher sie auch kommen?

Kothé: Wie gesagt, an diesen Spekulationen möchte ich mich hier nicht beteiligen. Wir gehen natürlich offen in so einen Verkaufsprozess hinein, da gibt es keine Vorfestlegungen. Aber wie gesagt, im Augenblick ist das alles nicht absehbar.

Frage: Ich hätte Fragen an das Bundesarbeitsministerium zum Thema Riester-Rente.

Erstens: Wie erklären Sie sich den Rückgang der bestehenden Verträge, vor allem bei den Fonds-Sparplänen?

Zweitens: Wie stehen Sie zu dem Vorschlag vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, die Grundzulage von 154 Euro zu erhöhen?

Drittens: Gibt es weitere Reformpläne zum Thema Riester-Rente aus Ihrem Haus?

Westhoff: Die Zahlen, die die Fonds-Branche dort veröffentlicht hat, werden uns ja jeweils gemeldet; das war in den bisherigen Jahren schon so und das war auch für das erste Quartal dieses Jahres so. Die Fonds-Branche hat die Zahlen ja selber eingeordnet und schon deutlich gemacht, dass sie falsch klassifiziert waren. Das gilt vor allem hinsichtlich der Übergänge in die Auszahlungsphase. Das ist ein wesentlicher Punkt bei der Riester-Rente; denn wir erreichen bei der Riester-Rente jetzt einen Reifegrad, wo Verträge einfach in die Auszahlungsphase übergehen und von den Anbietern jeweils anders klassifiziert werden. Bei der Fonds-Branche war es anscheinend so, dass solche Verträge fehlerhaft klassifiziert wurden, nämlich indem sie gar nicht mehr mitgezählt wurden. Das zeigt schon, dass es da im Moment einige statistische Verzerrungen gibt. Die schlagen umso stärker zu Buche, als ein gewisser Sättigungsgrad bei der Riester-Rente eingetreten ist.

Die, die es vorhatten und die sich bewusst entschieden haben, zusätzlich für das Alter vorzusorgen, haben das getan. Es gibt im Moment ein Umfeld, das es nicht unbedingt neuen Gruppen von potenziellen Riester-Sparern verlockend erscheinen lässt, dort einzusteigen. Das hat auch mit der aktuellen Verunsicherung durch die Finanzmarktkrise und der Niedrigzinsphase zu tun, von der ja auch andere Vorsorgeformen - nicht geförderte Vorsorgeformen - betroffen sind, wie man sieht, wenn man sich beispielsweise die Berichterstattung über das Abschlussgeschäft bei Lebensversicherungen anschaut. Das muss man also differenziert betrachten.

Zum Thema Reformen: Wir haben gerade erst das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz in Kraft gesetzt; das ist jetzt in Geltung und hat unter anderem ein Produktinformationsblatt mit sich gebracht. Es hat aber auch die Deckelung von Wechselkosten, Verbesserungen bei der Wohn-Riester-Variante und andere Dinge mehr gebracht. Von daher ist die Riester-Rente nie etwas gewesen, was sozusagen unangefasst weiterläuft; vielmehr ist das immer im Lichte der gemachten Erfahrungen fortentwickelt worden. Nicht zuletzt die Pläne zur Aufwertung von Rentenansprüchen bei Geringverdienern haben ja auch vorgesehen, dass die Tatsache, dass zusätzliche Altersvorsorge betrieben wird, sozusagen als Voraussetzung aufgenommen wird und auf der anderen Seite ausgeglichen wird durch eine Nichtanrechnung von Riester-Vorsorge oder privater Altersvorsorge in der Grundsicherung. Sie sehen daran: Es besteht weiterhin Reformbedarf, es besteht weiterhin Fortentwicklungsbedarf. Das ist eine Sache, die aus unserer Sicht in der nächsten Legislaturperiode auf jeden Fall mit Priorität angefasst werden muss.

Die finanzielle Förderung weiter zu erhöhen, ist aus aktueller Sicht nicht opportun; denn die Förderung ist recht hoch, die 154 Euro Grundzulage und Kinderzulagen, die ja fast doppelt so hoch sind, sind eben gerade für Geringverdiener sehr lukrativ. Wenn man sich den Eigenbeitrag anschaut, der dafür aufzubringen ist, sieht man, dass das eine Förderung ist, die sich gerade bei Geringverdienern sehr gut auswirkt. Wenn ich das richtig überblicke, gibt es auch Forderungen, den steuerlich geförderten Höchstbetrag noch weiter anzupassen. Das würde dazu führen, dass Riester gerade für Gutverdiener noch einmal lukrativer wird. Das ist sicherlich nicht unbedingt die Richtung, in die man im Moment gehen müsste.

Frage: Noch eine kleine Frage zum bevorstehenden G20-Treffen. Nachdem es dieses Mal ja auch ein gemeinsames Treffen der Finanzminister und der Arbeitsminister gibt, würde ich vom Arbeitsministerium gerne wissen: Haben wir nach diesem Gespräch so etwas wie eine gemeinsame Erklärung dieser großen Runde zu erwarten, wird es ein gemeinsames Papier, gemeinsame Formulierungen geben, die man sich zum Ziel genommen hat?

Westhoff: Das wird man sicherlich abwarten müssen. Es ist schon bewusst so, dass sich im Kreise der G20 jetzt auch die Arbeits- und Finanzminister zusammensetzen; denn es geht darum, das Thema Setzen von Beschäftigungsimpulsen, Förderung von Beschäftigung, und Fragen der sozialen Sicherung auch in diesem Forum ausführlicher zu diskutieren, als das bisher der Fall war. Wir hatten ja vor etwa zwei Wochen auch hier in Berlin ein größeres Treffen zu diesem Thema. Es geht dann auch darum, im Kreise der G20-Partner die Ergebnisse und das, was aus diesem Treffen von vor zwei Wochen hier in Berlin resultieren soll und resultieren wird, darzulegen und auch nach außen, in das G20-Verhältnis hinein, darzustellen, wo wir im Setzen von Beschäftigungsimpulsen, in der Sicherung von Beschäftigung und vor allen Dingen im Abbau von Jugendarbeitslosigkeit im Moment stehen und wo wir hin wollen. Man wird also tatsächlich sehen müssen, ob es eine gemeinsame Erklärung oder gemeinsame Verlautbarungen geben wird. Es ist jedenfalls schon auch symbolisch zu verstehen, dass sich in diesem Fall die Arbeits- und die Finanzminister gemeinsam treffen.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium: Frau Kothé, es gibt aus einigen ostdeutschen Bundesländern Vorschläge, einen sogenannten Deutschlandfonds zu schaffen, quasi als Anschluss für den Solidarpakt 2020. Was hält Ihr Ministerium davon?

Kothé: Sie kennen unsere Position, an der hat sich in den letzten Tagen auch nichts geändert - ich glaube, der Minister hat das vor Kurzem auch in einem Interview gesagt -: Das Gesetz läuft bis 2019, und dann wird man sehen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 15. Juli 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/07/2013-07-15-regpk.html;jsessionid=BB32E04ECFDA4A8976F81176F2A8A1D2.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2013