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PRESSEKONFERENZ/677: Regierungspressekonferenz vom 18. Oktober 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 18. Oktober 2013
Regierungspressekonferenz vom 18. Oktober 2013

Themen: Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche (Reise nach Belgien, Festkonzert "50 Jahre Philharmonie - Raumklang", Gespräch mit José Manuel Barroso, Konstituierung des 18. Deutschen Bundestages, Überreichung der Urkunden über die Beendigung des Amtsverhältnisses an die Bundeskanzlerin sowie die Bundesministerinnen und Bundesminister, Europäischer Rat in Brüssel), Formalien zur geschäftsführenden Weiterführung der Regierungsgeschäfte, Kabinettssitzung, mögliche medizinische Behandlung von Julia Timoschenko in Deutschland, Schließung der deutschen Botschaft in Kabul, Verhandlungen mit der Türkei über einen EU-Beitritt, Umgang mit den sterblichen Überresten von Erich Priebke, Beitragssatz zur Rentenversicherung, geplante Syrien-Konferenz in Genf

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Westhoff (BMAS)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Der erste öffentliche Termin, den ich Ihnen berichten will, ist schon morgen:

Die Bundeskanzlerin reist morgen nach Belgien. Sie wird dort um 11 Uhr in der Kathedrale von Gent an der Trauerfeier für den ehemaligen belgischen Premierminister und Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei, Wilfried Martens, teilnehmen. Im Anschluss an die Trauerfeier wird es ein bilaterales Treffen mit Belgiens Premierminister Elio Di Rupo geben.

Am Sonntagabend nimmt die Bundeskanzlerin hier in der Philharmonie in Berlin am Festkonzert "50 Jahre Philharmonie - Raumklang" teil. Es beginnt um 19.30 Uhr.

Am Montagabend wird dann der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, ab 19 Uhr im Kanzleramt zu Gast sein. Es ist eine informelle Begegnung. Auf der Tagesordnung stehen natürlich europapolitische Themen und die Vorbereitung des kommenden Europäischen Rats am 24. und 25. Oktober.

Wie Sie wissen, konstituiert sich am Dienstag, den 22. Oktober, der 18. Deutsche Bundestag. Die Bundeskanzlerin wird zunächst um 8.30 Uhr am ökumenischen Gottesdienst in der St. Hedwigs-Kathedrale teilnehmen. Die konstituierende Sitzung beginnt dann um 11 Uhr. Auch an dieser nimmt die Bundeskanzlerin natürlich teil.

Am Nachmittag wird der Bundespräsident um 16.45 Uhr der Bundeskanzlerin sowie den Bundesministerinnen und Bundesministern im Schloss Bellevue die Urkunden über die Beendigung des Amtsverhältnisses überreichen.

Am Donnerstag reist die Bundeskanzlerin zu dem schon erwähnten Europäischen Rat nach Brüssel, der dort am Donnerstag und Freitag stattfindet.

Wie üblich vor Europäischen Räten bieten wir dazu auch ein Briefing an. Das machen wir am Mittwoch mit dem Leiter der Europa-Abteilung im Bundeskanzleramt, Herrn Meyer-Landrut, ab 14 Uhr an dieser Stelle.

Das sind die Termine für die nächste Woche.

Frage: Ich weiß, man hätte das wahrscheinlich längst nachlesen können: In welcher Form erfolgt die Beauftragung zur geschäftsführenden Weiterführung der Regierungsgeschäfte?

StS Seibert: Wir hatten die Frage hier schon einmal. Aber ich kann das auch gern noch einmal nachreichen:

Das Amt der Bundeskanzlerin und der Bundesminister endet ja gemäß Artikel 68 Absatz 2 Grundgesetz mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages. Dann wird voraussichtlich der Bundespräsident die Kanzlerin mit der Geschäftsführung beauftragen. Unverzüglich nach Eingang der Beauftragung erhalten die Bundesminister von der Bundeskanzlerin ein Schreiben mit der Bitte, die Geschäfte weiterzuführen. Es gibt dann in dem Zusammenhang auch keine Ernennungsurkunden. Das ist sozusagen nur ein Schreiben. Das geschieht unmittelbar danach.

Wir hatten hier ja auch schon einmal über die Parlamentarischen Staatssekretäre gesprochen. Das kann ich auch wiederholen. Sie bleiben kraft Gesetzes so lange im Amt, wie das zuständige Mitglied der Bundesregierung geschäftsführend tätig ist.

Frage: Sie haben den Termin nicht genannt. Heißt das, es wird am Mittwoch keine Kabinettssitzung geben?

StS Seibert: Nein, voraussichtlich nicht.

Frage: Wird es nach diesem Treffen mit Herrn Di Rupo in Brüssel irgendwelche Statements oder Pressekonferenz geben? Ist etwas Öffentliches vorgesehen?

StS Seibert: Nein, da ist keine Pressebegegnung geplant.

Frage: Gibt es irgendein Mitglied der Bundesregierung, das sich nach dem nächsten Dienstag nicht mehr geschäftsführend beauftragen lassen möchte?

StS Seibert: Nein.

Frage: Ich würde gerne vom Außenministerium einen aktuellen Stand in Sachen Timoschenko erfahren, nachdem offenbar der ukrainische Ministerpräsident bereit ist, nun den Weg dafür frei zu machen, dass sie zur medizinischen Behandlung nach Deutschland ausreisen kann. Wie ist Ihr Informationsstand?

Schäfer: Möchten Sie die Kurz- oder die Langfassung?

Zusatz: Das kommt darauf an, wie lang die Langfassung ist.

Schäfer: Ich versuche es einmal mit der Kurzfassung, und Sie können dann nachfragen, wenn Sie darüber hinaus noch Bedarf nach der Langfassung haben. Wir haben - ebenso wie Sie, denke ich - gestern den Agenturen und den Medien entnommen, dass der ukrainische Staatspräsident Janukowitsch öffentlich seine Bereitschaft geäußert hat, ein Gesetz zu unterzeichnen, dass die Möglichkeit vorsähe, Frau Timoschenko innerhalb der Zeit der Verbüßung ihrer Haftstrafe im Ausland medizinisch behandeln zu lassen. Nun muss man dazu wissen, dass es ein solches Gesetz im ukrainischen Recht noch gar nicht gibt. Das wiederum bedeutet, dass die Bereitschaft des ukrainischen Präsidenten, ein solches Gesetz zu unterzeichnen und dann im Fall Timoschenko entsprechende Schritte möglich zu machen, nämlich die Ausreise von Frau Timoschenko zu erlauben, zunächst voraussetzt, dass die ukrainischen Legislativorgane - insbesondere die Rada, also das Parlament der Ukraine - einen entsprechenden Gesetzesbeschluss fassen. Da sind wir noch nicht.

Deshalb gibt es in der Sache Timoschenko sowie in der Sache der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine jetzt auch wirklich keinen neuen Stand. Die Haltung der Bundesregierung ist auch angesichts der jüngsten Informationen unverändert: Die Bundesregierung wünscht sich, hofft und setzt darauf, dass es beim Gipfel der Östlichen Partnerschaft Ende November in Vilnius nicht nur mit der Ukraine, aber auch mit der Ukraine möglich sein wird, ein Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen. Dieses Assoziierungsabkommen würde die Ukraine so eng wie noch nie zuvor - und zwar politisch und wirtschaftlich - an die Europäische Union binden, und aus Sicht der Bundesregierung liegt es sowohl in unserem - im europäischen, im deutschen - Interesse wie auch im Interesse der Ukraine, dass ein solches Abkommen unterzeichnet werden kann.

Allerdings hat die Europäische Union Bedingungen und Voraussetzungen definiert, unter denen eine solche Unterzeichnung vonseiten Brüssels möglich wäre, und das sind drei Voraussetzungen. Die erste ist, dass es - das kann ich im Einzelnen ausführen - genau definierte Fortschritte im Bereich der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine geben muss. Auch diesbezüglich stehen bis Ende November noch einige Schritte an, die in Kiew zu erfolgen haben. Der zweite Punkt ist eine Reform des ukrainischen Wahlrechts. Auch diesbezüglich gibt es noch den einen oder anderen Punkt, der in Kiew noch abzuarbeiten wäre. Der dritte Punkt ist, dass aus Sicht der Europäischen Union jeder Anwurf beziehungsweise jede Perzeption von selektiver Justiz vermieden werden muss. In diesem Zusammenhang wird dem Fall Timoschenko eine große Bedeutung zugemessen.

Zusatzfrage: Ganz kurz gefragt: Verstehe ich Sie richtig, dass wir in den nächsten Wochen aufgrund fehlender rechtsstaatlicher Prozesse doch überhaupt keine Erwartungen haben müssen, wenn es darum geht, Frau Timoschenko hier in Berlin sehen zu können? Fehlt dazu also die Rechtsbasis?

Schäfer: Soweit wir es verstehen, gibt es in der Ukraine ein Gesetz, das sozusagen eine übergangsweise Ausreisegenehmigung für Gefangene in der Ukraine vorsieht, nach meiner Kenntnis zurzeit nicht, sondern es ist bekannt, dass in der letzten Woche erste Gespräche am Rande oder im ukrainischen Parlament geführt worden sind, und zwar mit dem Ziel, zu schauen, ob es parlamentarische Mehrheiten für ein solches Gesetz geben könnte. Aber die Verantwortung für die Frage, auf welche Art und Weise eine Lösung für den Fall Timoschenko gefunden werden kann oder gefunden werden wird, liegt in Kiew, nicht in Berlin und auch nicht in Brüssel. Es obliegt aus unserer Sicht den Verantwortlichen in Kiew und in der Ukraine, dafür Sorge zu tragen, dass die Bedingungen, die ich gerade ausgeführt habe, dann auch rechtzeitig erfüllt werden.

Frage: Herr Schäfer, es gibt Berichte darüber, dass die deutsche Botschaft in Kabul geschlossen sein soll. Können Sie das bestätigen? Wenn ja, was sind die Gründe dafür?

Schäfer: Ich kann bestätigen, dass die deutsche Botschaft in Kabul derzeit geschlossen ist. Zu Ihrer zweiten Frage kann ich Ihnen sagen, dass ich Ihnen hier zu den Gründen für diese Schließung keine weiteren Details nennen kann. Das mache ich schon aus Sicherheitsgründen nicht, und dafür bitte ich um Verständnis.

Frage: Die EU-Kommission hat angekündigt, dass sie die Gespräche mit der Türkei zum EU-Beitritt wieder aufnehmen will. Sieht die Bundesregierung dafür derzeit ausreichende Grundlagen oder Voraussetzungen vorliegen?

StS Seibert: Die Ankündigung folgt ja dem Fortschrittsbericht der EU-Kommission. Deutschland, und das haben wir immer wieder gesagt, hat Interesse daran, dass der Verhandlungsprozess und vor allem auch der Reformprozess in der Türkei fortgesetzt werden. Die Beitrittsverhandlungen sind ein guter Rahmen, um über Themen zu sprechen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind, auch wichtige Themen wie politische Rechte und Medienfreiheiten.

Frage: Herr Seibert, gestern kam aus Italien die Meldung, dass es angeblich Kontakte zwischen Italien und Deutschland wegen einer möglichen Rückführung des Leichnams von Herrn Priebke nach Deutschland gegeben hat. Können Sie das bestätigen? Wenn nein, wie ist der jetzige Stand der Lage?

StS Seibert: Ich denke, ich werde dem, was hier bereits am Montag und Mittwoch zu diesem Fall gesagt worden ist, nichts Neues hinzufügen können. Der Name dieses Mannes steht für ungeheure Verbrechen, von Deutschen an Italienern verübt. Die Gerechtigkeit hat ihn im hohen Alter noch eingeholt. Nun ist er tot. Es ist zu hoffen, dass die sterblichen Überreste von Herrn Priebke in angemessener Weise ihre letzte Ruhe finden können. Darauf, wie die Zuständigkeiten dabei sind, ist hier vom Auswärtigen Amt sehr eingehend eingegangen worden.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie können nicht bestätigen, dass ein Ersuchen an Deutschland gerichtet worden ist, wonach der Leichnam nach Deutschland überführt werden soll?

StS Seibert: Ich denke, das sollte das Auswärtige Amt beantworten. Da wäre so etwas ja angekommen.

Schäfer: Mir ist so etwas nicht bekannt.

Frage: Eine Frage an das Arbeits- und Sozialministerium. Herr Westhoff, die Forschungsinstitute haben gestern einen geringfügigen Spielraum festgestellt, was den Rentenbeitrag anbelangt, und zwar, dass er zum 1. Januar 2014 gesenkt werden kann. Sieht das Ihr Ministerium auch so?

Westhoff: Ob wir das so sehen, wird davon abhängen, wie die Herbstschätzung der Rentenschätzer ausgehen wird, die ja noch nicht einmal begonnen hat und erst mit der Steuerschätzung am 7. November abgeschlossen sein wird. Es ist jährlich immer das gleiche Procedere. Wir bleiben auch bei unserem jährlichen Procedere, dass wir das Ende der Rentenschätzung abwarten. Dann wird man sehen, ob und gegebenenfalls welchen Spielraum es gibt. Das warten wir in Ruhe ab.

Zusatzfrage: Ich kann mich entsinnen, dass in den Beratungen zum Bundeshaushalt dieser Punkt zumindest schon einmal als Möglichkeit erwähnt war. Können Sie grundsätzlich etwas dazu sagen, ob Sie da Möglichkeiten sehen, was den Rentenbeitrag anbelangt?

Westhoff: Es gibt unterjährig immer wieder Marksteine, an denen einmal geschaut wird: Wie sieht die Finanzentwicklung bei der Rentenversicherung voraussichtlich aus? Diese Woche Mittwoch, also vor zwei Tagen, ist der Haushaltsplan der Rentenversicherung im Kabinett behandelt worden. Da werden Sie auch Zwischenstände finden, die aber älteren Datums sind und nicht das entscheidende Datum haben. Das entscheidende Datum wird in der Tat der 7. November sein. Das heißt, wir hatten unterjährig tatsächlich Vorausschätzungen der Finanzentwicklung, die eine Beitragssatzsenkung in Aussicht stellten. Aber ob und in welcher Form es dazu kommt, muss man wie immer der Herbstschätzung und ihren Ergebnissen überlassen.

Frage: Ich wollte kurz beim Auswärtigen Amt nachfragen, ob ihm schon irgendwelche Termine für die seit langem geplante Syrien-Konferenz in Genf bekannt sind. Gibt es irgendwelche Konkretisierungen oder sind sie demnächst zu erwarten?

Schäfer: Ich kann Ihnen darauf keine konkrete Antwort, schon gar kein konkretes Datum nennen. Wir kennen die Daten, die auch in den Medien genannt sind, und sind dazu natürlich mit unseren Partnern in der Freundesgruppe des syrischen Volkes sowie mit anderen Partnern im Gespräch und im Kontakt. Aber es gibt kein Datum, das ich Ihnen dazu verkünden könnte.

Frage: Herr Seibert, in Italien ist eine Umfrage veröffentlicht worden, nach der sich 68 der Italiener eine Kanzlerin Merkel wünschen würden. Ich nehme an, die Kanzlerin weiß noch nicht darüber Bescheid. Können Sie sich vorstellen, wie ihre Reaktion auf diese Umfrage aussehen würde?

StS Seibert: Ich hoffe, es handelt sich um 68 Prozent und nicht um 68 Einzelpersonen.

Generell nehmen wir zu Umfragen im Ausland keine Stellung. Aber auch hier in Deutschland ist die Vorliebe für eine Kanzlerin Merkel erkennbar groß.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 18. Oktober 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/10/2013-10-18-regpk.html;jsessionid=1D64AD3DCE38661E85509703CE754A28.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2013