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PRESSEKONFERENZ/736: Regierungspressekonferenz vom 12. Februar 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 12. Februar 2014
Regierungspressekonferenz vom 12. Februar 2014

Themen: Empfang des belgischen Königspaares im Kanzleramt, Kabinettssitzung (Jahreswirtschaftsbericht 2014, 17. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik), Besuch des Bundesaußenministers in Moskau, Vernichtung syrischer Chemiewaffen, Engagement der Bundeswehr in Afrika, Vorwürfe gegen den ADAC, Kinderpornografie, Netzausbau, No-Spy-Abkommen mit den USA, Personalie

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Paris (BMI), Dünow (BMWi), Rülke (BMJV), Kotthaus (BMF)



Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Bevor ich zu dem kurzen Bericht aus dem Kabinett kommen, wollte ich Ihnen einen Termin nennen: Am kommenden Montag wird die Bundeskanzlerin um 15 Uhr den belgischen König Philippe und Königin Mathilde im Kanzleramt empfangen. Das belgische Königspaar wird an diesem Tag zu einem Besuch in Berlin sein, und zur offiziellen Delegation gehören auch der Ministerpräsident, Herr Elio Di Rupo, und der Außenminister, Herr Reynders.

Das Kabinett hat sich heute im Wesentlichen mit zwei Berichten befasst, zum einen mit dem Jahreswirtschaftsbericht 2014, der den Titel "Soziale Marktwirtschaft heute - Impulse für Wachstum und Zusammenhalt" hat. Ich will hier nur die Kernbotschaften wiederholen, da er bereits vorgestellt und erläutert worden ist:

Die Bundesregierung wird die Grundlagen für Wohlstand, für gesellschaftlichen Zusammenhalt und für hohe Lebensqualität in Deutschland sichern und ausbauen. Sie setzt dabei auf Zukunftsinvestitionen. Sie setzt auf Innovationen und Forschung, auf eine Infrastruktur, die leistungsfähig ist, auf die Integration von Arbeitskräften und nicht zuletzt auf die weitere Internationalisierung der deutschen Wirtschaft. Wir werden die Konsolidierung des Bundeshaushalts und damit auch die bei der Konsolidierung in der letzten Legislaturperiode erzielten Erfolge fortsetzen. Wir werden die Einnahmen und Ausgaben so gestalten, dass der Haushalt dieses Jahr strukturell ausgeglichen ist und dass der im kommenden Jahr ohne eine Nettokreditaufnahme auskommt.

Wir gehen für das Jahr 2014 von einer durchschnittlichen Wachstumszahl von 1,8 Prozent aus. Damit liegt Deutschland wiederum deutlich über dem Durchschnitt im Euroraum. Besonders zu bemerken ist, dass das Wachstum in diesem Jahr sehr stark von den binnenwirtschaftlichen Kräften getragen wird. Eine zentrale Rolle spielt dafür natürlich die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt, und das ist vielleicht die andere Zahl, die man sich merken sollte: Der Arbeitsmarkt steuert, wenn sich alles so entwickelt, wie wir hoffen und glauben, es voraussagen zu können, auf einen weiteren Beschäftigungsrekord zu. Wir rechnen mit einer Zahl von 42,1 Millionen Erwerbstätigen im Laufe des Jahres 2014. Das wäre eine neuerliche Zunahme um fast eine Viertel Million Menschen.

Der zweite Bericht, dem das Kabinett heute zugestimmt hat, ist von den Medien vielleicht nicht mit so viel Spannung erwartet worden. Er ist aber nicht minder wichtig für unseren Rang und unser Ansehen in der Welt sowie auch für Deutschlands Attraktivität unter den klügsten Köpfen der Welt. Es ist der 17. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Das Ziel der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ist Deutschlands Darstellung als moderner und attraktiver Standort für Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung, der es auch ist. Wir stellen uns diesem globalen Wettbewerb um die besten Köpfe gleich mit verschiedenen Institutionen, natürlich zuerst mit dem Goethe-Institut, aber auch mit dem DAAD und der Humboldt-Stiftung. Unbedingt erwähnen muss man in diesem Zusammenhang natürlich die deutschen Hochschulen, die in den letzten Jahren große Reformen umgesetzt haben und die dabei ihre eigene Attraktivität für Studenten und Forscher aus dem Ausland sowie damit auch die Attraktivität des gesamten Wissenschaftsstandorts Deutschland erheblich erhöht haben.

Für diese Aufgaben bleibt die Sprachförderung natürlich ein wichtiges Instrument. Es ist erfreulich, dass die Nachfrage nach Deutsch als Fremdsprache im Ausland steigt. Das können wir überall verzeichnen, vor allem - dort gibt es die größten Zuwachsraten - in Asien. Mit dem Gesetz über die Förderung Deutscher Auslandsschulen wurde außerdem zum 1. Januar 2014 zum ersten Mal eine gesetzliche Grundlage zur Stärkung der mehr als 140 deutschen Auslandsschulen geschaffen. In diesem Zusammenhang sind auch die weltweit fast 1.500 Partnerschulen zu nennen, in denen Deutsch gelehrt wird. Dieses Programm hat sich also sehr gut entwickelt und trägt dazu bei, dass nicht nur die Deutschkenntnisse im Ausland zunehmen, sondern dass in diesem Zuge eben auch immer ein Bild von einem durchaus modernen und attraktiven Deutschland vermittelt wird. - Das wollte ich erzählen.

Schäfer: Ich würde Ihnen nur gerne mitteilen, dass der Außenminister morgen nach Moskau reisen wird, um dort am Donnerstag und am Freitag ausführliche Gespräche zu führen. Im Mittelpunkt seines Besuchs stehen intensive politische Konsultationen mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow. Bei diesen Gesprächen wird es um die gesamte Bandbreite der aktuellen Themen gehen, also sowohl um die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland als auch um die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland, aber natürlich auch um die aktuellen Fragen, die auf der internationalen Agenda stehen, wie der Iran, Syrien und manches andere.

Der Außenminister wird sich für die Gespräche mit dem russischen Außenminister viel Zeit nehmen. Geplant ist ein gemeinsames längeres Abendessen und am Folgetag, am Freitag, dann ein längeres Gespräch im Delegationskreis. Es wird danach eine Pressekonferenz geben, auf der Ihre Kollegen in Moskau dann auch nachfragen können, was dieser Besuch an konkreten Ergebnissen erbracht hat.

Frage: Herr Schäfer, welche Rolle wird denn die ukrainische Frage bei diesen Gesprächen spielen? Wird Herr Steinmeier eventuell irgendeinen Vorschlag der EU zu den Dreier-Gesprächen unterbreiten, die im Raum stehen?

Schäfer: Die Ukraine ist selbstverständlich eines der wichtigen Themen auf der Agenda. Ich bin ganz sicher, dass in den Gesprächen zwischen dem russischen und dem deutschen Außenminister das Thema Ukraine zur Sprache kommen wird. Ich kann Ihnen jetzt aber nicht im Vorgriff sagen, wie das Gespräch darüber verlaufen wird.

Klar ist, das wir auch im Gespräch mit der russischen Seite ein Interesse daran haben, gegenüber allen Beteiligten - seien sie in der Ukraine oder außerhalb der Ukraine - darauf hinzuwirken, dass es eine Möglichkeit für eine Konfliktlösung zwischen den in Kiew handelnden Personen gibt, nämlich der Regierung und der Opposition. Diesbezüglich hat in der letzten Woche bedauerlicherweise mehr oder weniger Stillstand geherrscht, auch hinsichtlich der Gespräche. Richtige Fortschritte können wir nicht recht verzeichnen. Angesichts der noch immer schwierigen Lage in Kiew, auf dem Maidan und anderswo, ist es aus unserer Sicht geboten, dass alle Bemühungen um eine Konfliktlösung jetzt wirklich beschleunigt wieder aufgenommen werden.

Frage: Herr Schäfer, möglicherweise auch zu dem geplanten Besuch: Wie konkret sind die Planungen dazu, dass sich Deutschland an der Begleitmission für dieses Hydrolyse-Schiff im Mittelmeer hinsichtlich der chemischen Waffen aus Syrien beteiligt? Welche Rolle spielt dabei die Kooperation mit Russland? Ich habe verstanden, dass es dazu wohl Überlegungen im Nato-Russland-Rat gab.

Schäfer: Ob das bei den morgigen Gesprächen zwischen den beiden Außenministern eine Rolle spielen wird, kann ich jetzt noch nicht vorhersagen. Aber ich kann hier natürlich grundsätzlich etwas zu Ihrer Frage nach dem Umgang mit den syrischen Chemiewaffen sagen: Richtig ist, dass wir genauso wie die internationale Gemeinschaft ein ganz großes Interesse daran haben, dass es uns - entsprechend dem Fahrplan der internationalen Gemeinschaft, des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und der OVCW, der Organisation für die Vernichtung chemischer Waffen - bis Ende Juni dieses Jahres gelingt, die syrischen Chemiewaffen endgültig und abschließend zu vernichten und sie damit ungefährlich zu machen. Das ist selbstverständlich keine Lösung des Syrien-Konflikts, aber es ist ein Beitrag dazu, zu verhindern, dass dieser Konflikt etwa unter Nutzung von chemischen Waffen weiter eskaliert.

Wir beobachten dabei zurzeit Verzögerungen. Es gibt unterschiedliche Interpretationen für die Ursachen und Gründe dieser Verzögerungen hinsichtlich des Abtransports der syrischen Chemiewaffen von syrischem Hoheitsgebiet. Es spricht einiges dafür, dass die syrische Regierung dafür ein gerütteltes Maß an Verantwortung trägt. Deshalb gilt unser Appell auch eindringlich der Regierung in Damaskus, dafür Sorge zu tragen, dass das, was ihre völkerrechtliche Pflicht ist, nämlich die Chemiewaffen dem Zeitplan entsprechend außer Landes schaffen zu lassen, auch zugelassen wird und dass aktiv daran mitgewirkt wird, dass das gelingt.

Sie wissen sicherlich auch, dass im Anschluss an den Abtransport dieser chemischen Waffen aus Syrien geplant ist, dass sie auf hoher See, voraussichtlich im Mittelmeer, nachdem diese gefährlichen Güter mehrfach umgelagert worden sind, auf einem amerikanischen Schiff - das Verfahren nennt sich Hydrolyse - verdünnt und damit ungefährlich und unschädlich gemacht werden sollen. Da dieses Verfahren auf hoher See stattfindet, ist es nach Einschätzung aller Beteiligten wohl nötig, dass das Schiff diesen technisch schwierigen und wegen der Materie, um die es geht, auch gefährlichen Arbeiten in einem sicheren Umfeld nachgeht. In diesem Kontext gibt es zurzeit in der Tat Überlegungen dazu, in welcher Weise das amerikanische Schiff eskortiert und geschützt werden kann. Diese Prüfungen laufen zurzeit. Sie laufen in der Tat - Sie haben recht, Herr Henze - auch unter Beteiligung der russischen Regierung, was wir ausdrücklich begrüßen. Es ist jetzt aber zu früh, Ihnen dazu schon Konkretes mitzuteilen. Wir sind an diesen Prüfungen beteiligt. Das alles befindet sich in einer sehr frühen Phase, einfach deshalb, weil konkrete Entscheidungen zurzeit wegen der Verzögerungen und wegen des Ablaufs der Vernichtung noch nicht anstehen. Wir als Auswärtiges Amt stehen dazu mit dem Bundesverteidigungsministerium in engem Kontakt und werden Sie dann selbstverständlich über die Entscheidungen in Kenntnis setzen, die geplan t oder getroffen werden.

Zusatzfrage: Wenn ich es richtig verstanden habe, hat gerade erst vor einigen Tagen ein solcher Abtransport stattgefunden. Der wurde von vier Schiffen begleitet, ich glaube aus China, Dänemark und zwei weiteren Nationen. Das ist ja ein UN-Mandat. Was würde sich jetzt daran ändern? Warum hat der Nato-Russland-Rat dabei eine eigene Rolle übernommen? Kommt damit eine neue Qualität hinzu, oder will sich Deutschland nur an dem beteiligen, was schon seit einigen Monaten stattfindet?

Schäfer: Nein Sie müssen sehen, dass es dabei unterschiedliche Phasen gibt. Die Phase, von der Sie jetzt sprechen, ist die Phase, in der der Abtransport der syrischen Chemiewaffen von syrischem Hoheitsgebiet zu den Häfen, von denen sich einer in Italien befindet und in denen dieses gefährliche Gut dann auf das amerikanische Schiff verfrachtet wird, das in der Lage ist, diese Chemiewaffen auf dem Wege der Hydrolyse zu verdünnen und damit unschädlich zu machen, auf dem Schiffswege abgesichert werden muss. In dieser Phase wird sich die Bundesregierung - in welcher Weise auch immer - nicht an Sicherungsmaßnahmen beteiligen.

Ihre Frage zielt, wenn ich sie richtig verstehe, jetzt auf die nächste Phase ab. Das ist die Phase ab der Umlagerung diese Chemiewaffen auf das amerikanische Schiff, das dann mit diesen Chemiewaffen auf hohe See fahren wird, um dort den Vernichtungsprozess zu beginnen. Das ist ein Prozess, der eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird und der es erforderlich macht, dass das Schiff sozusagen abgesichert wird. Wir sprechen bei dem, was ich Ihnen eben gesagt habe, über genau diese Phase. Wann die beginnen wird, vermag ich Ihnen jetzt nicht genau zu sagen. Das hängt im Wesentlichen davon ab, ob die gesamte logistische Kette - angefangen mit dem Abtransport der syrischen Chemiewaffen aus syrischen Häfen - in Gang kommt, weil sich daraus letztlich ergibt, ab welchem Zeitpunkt der Hydrolyse-Prozess der Vernichtung der Chemiewaffen auf hoher See auf dem amerikanischen Schiff beginnen kann.

Frage: Zum Bericht aus dem Kabinett wüsste ich gerne, ob entweder Frau von der Leyen oder ein CSU-Minister eine Debatte über die Afrika-Politik der Bundesregierung angeregt hat oder ob jemand Bedarf für eine solche Kabinettsbesprechung anmeldet hat.

StS Seibert: Nein, das spielte heute keine Rolle im Kabinett.

Zusatzfrage: Herr Seibert, wenn das keine Rolle gespielt hat, wie beurteilen Sie dann die öffentlich geäußerte Kritik und das Unverständnis einiger Minister über das Verhalten einer anderen Ministerin? Gruppentherapeutisch würde ich, wenn man sich das nächste Mal sieht, sagen: Gut, dass man darüber gesprochen hat. - Aber wenn man nicht darüber spricht und trotzdem Kritik an einer einzelnen Ministerin über ihr möglicherweise nicht ganz abgestimmtes Vorgehen in einer Frage geäußert wird, was hat das politisch und gruppendynamisch für eine Konsequenz?

StS Seibert: Ich kann Ihnen hier keine gruppendynamischen Prozesse erläutern. Ich bin auch nicht ganz sicher, dass ich weiß, auf welche Äußerungen Sie anspielen.

Ich kann Ihnen sagen: Das hat heute im Kabinett keine Rolle gespielt. Alle Fragen bezüglich Afrika, die erörtert werden müssen, werden von den betroffenen Ressorts miteinander, natürlich auch unter Beteiligung des Kanzleramtes, besprochen. Wir müssen sicherlich unterschiedliche Einsätze auseinanderhalten. Wir haben über Mali zu sprechen, und es gibt andere Länder, die besprochen werden müssen. Ich kann da keinen anderen gruppendynamischen Prozess erkennen, als dass eine Regierung sich vernünftigerweise überlegt, wie sie den sowohl im Guten als auch im Schlechten äußerst dynamischen Entwicklungen in Afrika begegnet.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium. Der Jahreswirtschaftsbericht bekräftigt die Stärkung des Binnenkonsums, und es werden insbesondere steigende Lohnforderungen und ein Lohnanstieg erwartet. Die öffentlich Beschäftigten gehen mit Lohnsteigerungen von knapp sieben Prozent in die Tarifrunde. Soll das auch für andere Branchen Vorbildcharakter haben?

Paris: Ich muss Ihnen sagen, dass ich erst einmal überhaupt keine Parallelen ziehen kann. Die Forderungen der Gewerkschaft ver.di für die Tarifentgelte im öffentlichen Dienst sind seit gestern bekannt und setzen sich aus einem Sockelbetrag und aus einer Mehrforderung von 3,5 Prozent zusammen, also zusammen fast 7 Prozent, wie Sie sagen. Darauf hat das BMI in Person von Minister de Maizière gestern auch reagiert. Er hat deutlich gemacht, dass er das als übermäßig ansieht. Letztendlich kommt es jetzt aber darauf an, dass die Tarifgespräche geführt werden. Das wird im Frühjahr der Fall sein. Aber ganz klar: Eine Forderung in der Höhe ist maßlos überzogen. Das haben wir gestern deutlich gemacht.

Wenn Sie mich jetzt fragen, ob das für andere Bereiche auch gelten wird, bin ich einfach schlicht und ergreifend Ihr falscher Ansprechpartner und bin überfragt. Sie müssten vielleicht einmal diejenigen fragen, die solche Forderungen erheben könnten.

Zusatzfrage: Dann eine Frage an das Wirtschaftsministerium, weil da ja auch die Betonung auf die Lohnsteigerung liegt. In welchem Rahmen könnte man sich für Deutschland eine Lohnsteigerung vorstellen, die dann auch den Binnenkonsum stärkt?

Dünow: Wenn das eine Frage an mich war: Der Jahreswirtschaftsbericht enthält selbstverständlich keinerlei Empfehlungen an irgendwelche Tarifvertragsparteien zu irgendwelchen Lohnabschlüssen. Es gab heute dazu eine etwas skurrile Berichterstattung in einer großen deutschen Wirtschaftszeitung. Das Nötige dazu hat Sigmar Gabriel eben am Rande des Wirtschaftsausschusses gesagt.

Frage: Eine Frage zum ADAC an das Justizministerium. Es kommen immer neue Dinge zu Tage. Wird eventuell gedacht, in Bezug auf das Vereinsrecht Änderungen vorzunehmen und dort für mehr Klarstellung zu sorgen?

Rülke: Der Minister hat sich wiederholt zu dem Fall des ADAC geäußert und hat gesagt, dass der Verein von dem Vertrauen seiner Mitglieder lebt und dass er selbst das größte Interesse daran haben muss, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Das wird dem ADAC nur gelingen, wenn es dort tatsächlich grundlegende Reformen geben wird, wenn es externe Überprüfungen gibt und wenn der ADAC - so hat er es zuletzt gesagt - vom Kopf auf die Füße gestellt wird.

Zu der Vereinsstruktur des ADAC kann ich Ihnen sagen, dass das aktuell von einem Gericht überprüft wird. Das ist umstritten. Ich will mich, da das ein laufendes Verfahren ist, von dieser Stelle dazu nicht äußern.

Frage: Herr Seibert, sieht die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode Handlungsbedarf beim Thema "Abwehrbekämpfung von Kinderpornografie"? Ich meine gesetzlichen Handlungsbedarf mit Blick auf Strafverschärfung oder Aufklärung oder sonst etwas. Steht das auf der Agenda?

StS Seibert: Ich würde gerne an das Ressort, das dafür zuständig ist, abgeben.

Rülke: Es ist ein Thema mit Blick auf den Koalitionsvertrag, weil sich die Parteien im Koalitionsvertrag darauf geeinigt haben, dass der sogenannte Schriftenbegriff im Strafgesetzbuch überarbeitet werden soll, soweit ich weiß. Dort ist nämlich immer noch von der "Verbreitung von Schriften" die Rede, und das passt, wie sich jeder schnell vorstellen kann, nicht mehr in unser digitales Zeitalter. Dieser Begriff soll überarbeitet werden, soll reformiert werden. Bislang ist es großes Verdienst der Gerichte, dass sie diese Vorschrift überhaupt handhabbar gemacht haben. Der Gesetzgeber wird das aber im Lauf der Legislaturperiode ändern und die Systematik dort nachbessern.

Zusatzfrage: Aber eine Verschärfung - das ist jetzt etwas laienhaft ausgedrückt, ich bitte um Verständnis - mit Blick auf Blockade oder Stopp-Kampagne im Internet für alles, was mit Kinderpornografie in Zusammenhang gebracht werden könnte, ist nicht vorgesehen, ist das richtig?

Rülke: Es gibt jetzt schon Möglichkeiten, dass kinderpornografische Inhalte aus dem Netz gelöscht werden können. Im Übrigen werden wir das immer im Auge behalten, das ist ein drängendes Thema. Mir sind aber keine konkreten Verschärfungsvereinbarungen innerhalb der Koalition bekannt.

Zusatzfrage: Herr Seibert, auch wenn Sie das zuständigkeitshalber so schnell abgegeben haben, möchte ich noch eine kurze Frage an Sie richten: Ist Ihnen eine Meinung der Bundeskanzlerin zum Fall Edathy bekannt?

StS Seibert: Das ist keine Angelegenheit, die die Bundesregierung in diesem Fall betrifft, deswegen bin ich da als Regierungssprecher auch nicht der richtige Ansprechpartner. Ich glaube, es ist offensichtlich, dass der Kampf gegen Kinderpornografie für diese Regierung wie für ihre Vorgängerregierung ganz große Bedeutung hat, dass uns die Abscheu vor diesem Verbrechen eint und dass wir mit den möglichen rechtsstaatlichen Mitteln, die wir haben, dagegen vorgehen. Herr Rülke hat gerade erzählt - und das ist ja sehr überzeugend -, wie man immer wieder weiter daran arbeiten muss, dass die Bekämpfungsmöglichkeiten auch mit den Möglichkeiten der Kommunikation und der digitalen Welt Schritt halten. Das ist es, was uns eint. Zu einem Einzelfall werde ich mich hier nicht äußern.

Frage: Herr Seibert, können Sie uns irgendetwas Neues zum Thema Stromtrassen-Diskussion mitteilen? Es gab ja die Meldung, heute solle ein Treffen von Herrn Altmaier mit ein paar Ministerpräsidenten stattfinden, in dem man sich um eine Annäherung bemüht. Gibt es da einen neuen Sachstand?

StS Seibert: Es stimmt, dass der Chef des Bundeskanzleramts heute in einem Gespräch im Kanzleramt mit Vertretern betroffener Länder wie auch mit Vertretern von Übertragungsnetzbetreibern Fragen des Netzausbau erörtert. Dieses Gespräch findet heute statt. Teilnehmer sind beispielsweise eine Vertreterin des Freistaats Bayern, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, der Chef der Staatskanzlei Thüringen, selbstverständlich auch ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministers, nämlich der zuständige Staatssekretär, und wie gesagt die Übertragungsnetzbetreiber. Im Mittelpunkt des Gesprächs geht es um den HGÜ-Korridor D, der im Bundesbedarfsplangesetz als Vorhaben Nr. 5 verankert ist und in der Netzentwicklungsplanung 2013 auch bestätigt worden ist. Für Fachleute: Das ist die Trasse Lauchstädt-Meitingen. Ich kann diesem Gespräch nichts vorwegnehmen und kann darüber jetzt auch nichts berichten. Das ist ein normales Gespräch, das im Grunde genau das realisiert, was wir uns ja auch in den Energieeckpunkten, die neulich vom Kabinett beschlossen wurden, vorgenommen haben, nämlich dass wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien und den notwendigen Ausbau der Leitungen immer wieder miteinander verknüpfen. Genau darüber muss auch immer wieder in einem dynamischen Prozess gesprochen werden.

Zusatzfrage: Gehe ich recht in der Annahme, dass die Bundesregierung den Bau dieser Trasse, die Sie jetzt ja auch ganz konkret erwähnt haben, für unverzichtbar hält, um die Ziele der Energiewende zu erreichen?

StS Seibert: Ich werde mich hier nicht zu einzelnen Trassen äußern. Das Gespräch behandelt dieses Thema, so wie ich es Ihnen erzählt habe, und ich werde hier jetzt nichts bereits vor dem Gespräch äußern. Es ist ein Gespräch, das dem Zweck dient, die Fragen des Netzausbaus - Intensität, Notwendigkeit, Tempo usw. - miteinander am konkreten Beispiel zu besprechen.

Zusatzfrage: Sie haben das eben so allgemein formuliert: Wer nimmt denn für den Freistaat Bayern daran teil?

StS Seibert: Die Staatsministerin für Wirtschaft, Medien, Energie und Technologie. Das ist Frau Aigner.

Frage: Herr Seibert, wird es denn im Anschluss an das Gespräch eine Unterrichtung geben?

StS Seibert: Damit rechne ich nicht. Das ist eines von sehr vielen vertraulichen Gesprächen, die geführt werden, um die Energiewende zum Gelingen zu bringen. Es gibt sehr viele solche Gespräche.

Frage: Herr Seibert, der US-Präsident hat gestern klargestellt, dass die Vereinigten Staaten kein No-Spy-Abkommen mit irgendeinem Land haben, auch nicht mit den Ländern, die in der Five-Eyes-Gruppe sind. Was macht denn die Bundesregierung zuversichtlich, dass ausgerechnet Deutschland ein solches No-Spy-Abkommen mit Washington abschließen könnte?

StS Seibert: Wir kommen hier zu einer Diskussion, die wir schon sehr oft geführt haben, zurück. Ich verweise gern noch einmal auf die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin im Januar, in der sie ja sehr ausführlich dazu Stellung genommen hat und im Übrigen auch gesagt hat, dass unsere Vorstellungen und die Vorstellungen unserer amerikanischen Partner in diesen Fragen, die uns so bewegen, ziemlich weit auseinanderliegen. Das könnte man nun auch an der Äußerung des amerikanischen Präsidenten ablesen. Ich habe dazu nichts Neues zu vermelden. Wir sind weiterhin bei dem Stand, den die Bundeskanzlerin ja auch beschrieben hat: Wir wissen, dass Vertrauen verletzt worden ist - wir spüren das -, wir wissen, das Vertrauen wiederhergestellt werden muss, und wir führen Gespräche, weil wir glauben und überzeugt sind, eine klare neue Grundlage unserer Zusammenarbeit schaffen zu müssen. Diese Gespräche dauern an.

Vorsitzende Welty: Fragen zu anderen Themen? - Dann soll Herr Kotthaus das Wort haben.

Kotthaus: Ich war heute sehr schweigsam, so wie es üblicherweise meine Art ist, wollte mich von Ihnen aber doch noch einmal sozusagen auch förmlich verabschieden. Sie wissen, dass ich meinen Laptop am Sonntag im BMF ausschalten und am Montag im Auswärtigen Amt anschalten werde. Ich darf in meiner neuen Funktion dann auch gleich zu einer kleinen Sitzung zu Themen, die uns allen bekannt sind, nach Brüssel fliegen.

Ich wollte mich bei Ihnen allen bedankt haben - den Leuten hier im Saal, aber auch den Damen und Herren an den Bildschirmen. Ich habe hier viel Freude gehabt; ich hoffe, Sie hatten auch ein bisschen Freude mit mir. Man sieht sich ja bekanntermaßen immer zweimal im Leben - oder auch dreimal oder auch viermal. Schauen wir einmal, wo wir uns das nächste Mal sehen.

Aber für heute erst einmal besten Dank und bis zum nächsten Mal!

Vorsitzende Welty: Wir sagen danke schön und wünschen Glück und Erfolg für die neue Aufgabe!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 12. Februar 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/02/2014-02-12-regpk.html;jsessionid=8BA9BE4F1B1167C7AE8760889B46DC08.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2014