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PRESSEKONFERENZ/978: Regierungspressekonferenz vom 24. April 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 24. April 2015
Regierungspressekonferenz vom 24. April 2015


Themen: Personalie, Umzug des Bundesministerium des Innern, Termine der Bundeskanzlerin (deutsch-polnische Regierungskonsultationen in Warschau, Reise nach Kopenhagen, Kabinettssitzung, G7-Dialogforum mit der Wissenschaft, 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau), Tötung und Vertreibung von Armeniern im Osmanischen Reich, Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes, europäische Flüchtlingspolitik, Treffen der Bundeskanzlerin mit dem griechischen Ministerpräsidenten, Telefonat des Bundesaußenministers mit dem iranischen Parlamentspräsidenten, Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, versehentliche Tötung zweier Geiseln bei einem US-Drohnenangriff, Gedenkfeier für die Opfer des Germanwings-Absturzes

Sprecher: StS Seibert, Haufe (BMUB), Dimroth (BMI), Schäfer (AA), Flosdorff (BMVg)

Vors. Welty: Meine Damen und Herren, herzlich willkommen zur Regierungspressekonferenz. Ich begrüße den Regierungssprecher Steffen Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Wir begrüßen auch einen neuen Kollegen aus dem Bundesumweltministerium. Stephan Gabriel Haufe ist bei uns. Herzlich willkommen.

Herr Haufe möchte sich kurz vorstellen.

Haufe: Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der eine oder andere hat vielleicht schon einmal mit mir telefoniert oder mir gemailt oder mit mir gesprochen. Ich habe bisher fünf Jahre lang für das Umweltbundesamt, für Herrn Flasbarth und Frau Krautzberger, als Pressesprecher gearbeitet. Jetzt bin ich im BMUB.

Auf eine gute Zusammenarbeit!

Dimroth: Kurz bevor ich mich heute auf den Weg zu Ihnen gemacht habe, habe ich die letzte von insgesamt über 10.000 Umzugskisten gepackt, die im bisherigen Dienstsitz des Bundesministeriums des Innern hier in Berlin zu packen waren. Das Ministerium zieht um. Während wir hier sitzen, beginnt der Umzug. Insgesamt über 300 Lkw werden sich auf den Weg machen, der allerdings - von Alt-Moabit nach Alt-Moabit - nicht allzu lang ist. Der Standort heißt Moabiter Werder. Das ist schräg gegenüber von hier. Wir rücken also etwas näher an Sie heran. Das macht die Wege für uns kürzer.

Was die Erreichbarkeit betrifft - deswegen wollte ich es ansprechen -, so ändern sich die Telefonnummern, auch für die Pressestelle. Eine diesbezügliche Pressemitteilung ist gestern herausgegangen, und auf der Webseite des BMI können Sie die Erreichbarkeiten, auch die Anfahrtswege und anderes nachlesen.

Wir freuen uns auf das tolle, neue Gebäude, und ich freue mich darauf, wenn bei Gelegenheit der eine oder andere von Ihnen einmal vorbeikommt und es sich anschaut. - Vielen Dank.

Vors. Welty: Wann ist "housewarming"?

Dimroth: Bis zur großen Party dauert es noch, weil jetzt erst einmal die Arbeitsfähigkeit im Neubau wiederhergestellt werden muss. Da wird sich das eine oder andere sicherlich erst zurechtruckeln müssen.

StS Seibert: Guten Tag. Zu den Terminen der Kanzlerin in der kommenden Woche hatten wir schon am Mittwoch angekündigt, dass am Montag die deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Warschau stattfinden. Dazu wird ein Großteil des Bundeskabinetts gemeinsam mit der Bundeskanzlerin nach Warschau reisen.

Die Kanzlerin führt um 11.30 Uhr ein Gespräch mit der polnischen Ministerpräsidentin Ewa Kopacz. Parallel zu diesem Gespräch finden die Ressortgespräche der deutschen Minister und Ministerinnen mit ihren Amtskollegen aus Polen statt.

Danach gibt es ein gemeinsames Arbeitsmittagessen und danach eine gemeinsame Begegnung der Bundeskanzlerin und der polnischen Ministerpräsidentin mit der Presse.

Die Bundeskanzlerin wird dann noch um 15 Uhr ein Gespräch mit dem polnischen Staatspräsidenten, Herrn Bronislaw Komorowski, führen.

Themen der Konsultationen sind natürlich die Themen, die uns bilateral miteinander verbinden und die die Ressorts übers Jahr miteinander vorantreiben, aber auch die Lage in der Ukraine und sicherlich auch die Vorbereitung des Gipfels der Östlichen Partnerschaft in Riga.

Wenn wir aus dem Tagespolitischen einmal einen Schritt zurückgehen und den Blick auf die historischen Zusammenhänge richten, dann können wir, so denke ich, anlässlich dieser deutsch-polnischen Regierungskonsultationen sagen: 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist zwischen unseren beiden Völkern, zwischen Deutschen und Polen, eine wunderbare Freundschaft gewachsen. Dies ist eine Freundschaft, die sich zum Beispiel auch in solchen Regierungskonsultationen ausdrückt und der sich die Bundesregierung sehr verpflichtet fühlt.

Am Dienstag, den 28. April, reist die Bundeskanzlerin nach Kopenhagen. Sie folgt einer Einladung der dänischen Ministerpräsidentin, Helle Thorning-Schmidt.

Um 11.30 Uhr wird sie zunächst von Königin Margrethe II. empfangen. Es folgen das Gespräch mit der dänischen Ministerpräsidentin bei einem Arbeitsmittagessen und um 14 Uhr eine gemeinsame Pressebegegnung. Anschließend besuchen die Kanzlerin und Frau Thorning-Schmidt die Universität Kopenhagen und diskutieren dort mit Studenten über Europa und europapolitische Fragen.

Am Mittwoch, den 29. April, nimmt die Kanzlerin um 14.30 Uhr am G7-Dialogforum mit der Wissenschaft teil. Die Veranstaltung wird organisiert von der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina Halle, Nationale Akademie der Wissenschaften, und findet hier in Berlin im Allianz-Forum am Pariser Platz statt. Die Bundeskanzlerin wird in ihrer Rede auf die G7-Schwerpunkte der deutschen Präsidentschaft eingehen, besonders natürlich auf Fragen der Wissenschaft, speziell der Gesundheitsforschung. Die Wissenschaftsakademien werden ihrerseits der Bundeskanzlerin ihre Stellungnahmen mit Forderungen zum G7-Gipfel bezüglich des geplanten Programms für Maßnahmen zu Antibiotikaresistenzen, Tropenkrankheiten und zur Zukunft der Meere übergeben.

Die Veranstaltung ist Teil des Dialogprozesses, den die Kanzlerin im Rahmen der G7-Präsidentschaft mit ganz unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung durchführt. Sie wissen, sie hatte bereits eine Begegnung und Diskussion mit Vertretern der internationalen Gewerkschaftsbewegung. In dieser Woche gab es eine Veranstaltung mit Nichtregierungsorganisationen, und es folgen noch Gespräche mit Jugendlichen aus den G7-Staaten, mit Vertretern der Wirtschaft und mit Frauen.

Ich will dazu sagen, dass die inhaltliche Ausgestaltung dieser Dialogveranstaltungen jeweils nicht bei der Bundesregierung oder beim Bundeskanzleramt, sondern in der Eigenverantwortung der jeweiligen Gruppe liegt.

Die gesamte Veranstaltung ist presseöffentlich.

Am Sonntag, den 3. Mai, wird die Bundeskanzlerin anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des KZ Dachau nach Dachau reisen, ab 9.45 Uhr an den Gedenkveranstaltungen dort teilnehmen und auf dem ehemaligen Appellplatz um 11.45 Uhr eine Rede halten. Anschließend wird sie am Internationalen Mahnmal einen Kranz niederlegen. Bei dieser Gedenkfeier werden auch Überlebende des KZ Dachau und auch ehemalige Befreier aus den USA anwesend sein. Das Ganze wird vom Bayerischen Rundfunk live übertragen.

Pardon. Eines habe ich noch vergessen: Am Mittwoch, um 9.30 Uhr, ist Kabinett.

Frage (zur Tötung und Vertreibung von Armeniern im Osmanischen Reich). Herr Seibert, der Bundespräsident hat gestern von einer Mitschuld am türkischen Völkermord an den Armeniern gesprochen. Spricht die Bundesregierung jetzt von Mitschuld sowie von Völkermord?

StS Seibert: Die Worte des Bundespräsidenten stehen wie immer für sich. Sie wissen, dass wir die Reden und die Äußerungen des Staatsoberhaupts aus Respekt vor seinem hohen Amt nicht kommentieren. Ich kann Ihnen für die Bundesregierung sagen, dass sie hinter den Gedanken und Formulierungen des Entschließungsantrags steht, den der Deutsche Bundestag heute debattiert hat. Der Text dieses Entschließungsantrags ist, wie wir hier ja auch dargelegt haben, das Ergebnis der Gespräche zwischen Bundesregierung und Fraktionen.

Frage: Gibt es schon eine offizielle Reaktion aus der Türkei, entweder auf die Rede des Bundespräsidenten oder auf das, was im Bundestag gesagt worden ist? Wurde möglicherweise der deutsche Botschafter einbestellt? Werden deutsche Diplomaten künftig an Veranstaltungen teilnehmen dürfen, bei denen vom Völkermord an den Armeniern die Rede ist und bei denen man das schon vorher weiß?

Schäfer: Die Antwort auf die erste Frage ist ganz einfach: Ich weiß nichts von einer Reaktion der türkischen Regierung. Vielleicht gibt es sie, aber sie wäre mir nicht bekannt. Als ich das Auswärtige Amt verlassen habe, war jedenfalls den Kollegen dort nichts bekannt.

Ihre zweite Frage finde ich etwas ungewöhnlich. Vielleicht sollten Sie erklären, was aus Ihrer Sicht vorher deutschen Diplomaten nicht gestattet war.

Zusatzfrage: Es geht um die Teilnahme deutscher Diplomaten an Veranstaltungen zum Völkermord an den Armeniern, möglicherweise auch in der Türkei selbst.

Schäfer: Worauf bezieht sich Ihre Annahme, dass deutsche Diplomaten an Gedenkveranstaltungen für die schrecklichen Ereignisse von 1915 bislang nicht teilnehmen durften?

Zusatz: Ich meine nicht Gedenk-, sondern Diskussionsveranstaltungen. Das ist etwas anderes.

Schäfer: Ich bin jetzt, ehrlich gesagt, überfragt. Ich verstehe die Frage nicht so ganz, aber ich versuche, sie zu beantworten.

Selbstverständlich nehmen heute, nahmen in der Vergangenheit und nehmen in der Zukunft Vertreter Deutschlands im Ausland, also deutsche Diplomaten, Angehörige deutscher Auslandsvertretungen, an Gedenkveranstaltungen teil, die sich mit all den Fragen beschäftigen, über die wir jetzt hier reden. Das ist doch völlig selbstverständlich. Das gilt selbstverständlich auch für Diskussionsveranstaltungen.

Vielleicht habe ich Ihre Frage nicht verstanden. Ich bin ein bisschen überfragt.

Zusatzfrage: Wenn es eine Veranstaltung zum Völkermord an den Armeniern ist, dann besteht kein Problem für deutsche Diplomaten, daran teilzunehmen?

Schäfer: Wenn man eine Einladung zu einer Veranstaltung bekommt, dann schaut man sie sich an, und dann überlegt man, ob es zeitlich passt, ob man dorthin gehen kann, ob das angemessen ist. Ich kann mir jetzt keinen rechten Grund vorstellen, weshalb irgendwo auf der großen, weiten Welt, auf der es ganz bestimmt zahllose Gedenkveranstaltungen für die schrecklichen Ereignisse von 1915, die wir heute, am 24. April 2015, begehen, gibt, deutsche Diplomaten nicht würden daran teilnehmen können.

Ich glaube, es ist bei diesen Veranstaltungen auch üblich. Sicherlich wird es so etwas auch für die Veranstaltungen, sagen wir, aus Anlass des Kriegsendes vor 70 Jahren am 8. und 9. Mai 1945, geben. Da hat es ganz bestimmt auch Handlungsempfehlungen aus der Zentrale gegeben, wie man sich bei diesen Einladungen geriert. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen - ja ich bin sogar sicher, sagen zu können, dass die Teilnahme an solchen Gedenkveranstaltungen geradezu gewünscht wird.

Frage : Herr Schäfer, versteht die Bundesregierung die gestrige Gauck-Rede als eine Aufforderung, sich mit der historischen Aufarbeitung, also mit der Mitschuld am Völkermord, zu befassen?

Schäfer: Ich kann mich nur ausdrücklich und ohne ein weiteres Wort zu sagen, dem anschließen, was Herr Seibert gesagt hat, nämlich dass wir die Äußerungen des Bundespräsidenten natürlich nicht kommentieren. Aber ich glaube, die Bundesregierung braucht eine solche Aufforderung, wenn es sie denn gegeben hätte, was ich, wie gesagt, nicht kommentiere, überhaupt nicht. Ich kann für den Außenminister sagen, dass wir weit vor der Beschäftigung mit diesem Thema durch die deutsche Öffentlichkeit in den letzten Tagen, weit vor der Beschäftigung mit diesem Thema durch die deutsche Politik in den letzten 15 Monaten ganz häufig mit dem Thema zu tun hatten. Herr Steinmeier ist in Eriwan gewesen, hatte den armenischen Außenminister in Berlin zu Besuch, hat vielfältige Kontakte mit dem damaligen türkischen Außenminister und jetzigen Ministerpräsidenten Davutoglu und seinem Nachfolger, Herrn Çavusoglu, gehabt, und es ging bei fast jeder Begegnung auch um die Frage des Umgangs mit den Ereignissen von 1915, weil es aus Sicht des deutschen Außenministers klar war, dass der heutige Tag, das Gedenken an den 100. Jahrestag, für viele Beteiligte besonders in der Türkei und in Armenien schwierig ist. Es war immer das Ziel, darauf hinzuwirken, dass bereits deutlich vor einem solchen Gedenktag, der die Frage sozusagen an die Weltöffentlichkeit bringt, die beiden Regierungen, die beiden Gesellschaften, die Vertreter, Persönlichkeiten beider Länder, vielleicht auch Historiker aufeinander zugehen, um gemeinsam zu versuchen, aus den schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit heraus so etwas wie eine gutnachbarschaftliche, gemeinsame Zukunft zu erreichen. Er hat dafür auch ausdrücklich deutsche Hilfe angeboten.

Nun ist es so gekommen, wie es gekommen ist und wie wir das in den letzten Tagen alle haben mitverfolgen können. Dennoch wird die Bundesregierung, wird der Außenminister ganz sicher weiter daran arbeiten, dass sich auf der Grundlage der Erfahrungen, der schmerzhaften Erinnerung an die Geschichte, das Verhältnis zwischen Türken und Armeniern in Zukunft verbessern kann. Natürlich machen wir das.

Zusatzfrage : Warum ist Herr Steinmeier nicht selbst bei der Gedenkfeier? Warum ist ein Staatssekretär hingeschickt worden?

Schäfer: Jetzt müssen Sie mir sagen, welche Gedenkfeier Sie meinen. Der Außenminister war heute im Plenum bei der Debatte im Deutschen Bundestag. Das meinen Sie offensichtlich nicht.

Zusatz : In Armenien selbst. Dorthin ist Herr Roth gefahren.

Schäfer: Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Herr Roth, ist Angehöriger des Bundeskabinetts. Ich glaube, das brauchen wir jetzt auch gar nicht zu rechtfertigen. Herr Roth ist in Eriwan und vertritt dort sehr angemessen und so, wie sich das gehört, Deutschland bei den Gedenkfeierlichkeiten.

Zusatz : Das war nicht die Frage.

Schäfer: Sondern?

Zusatzfrage : Warum Herr Steinmeier nicht selbst dort ist.

Schäfer: Weil Herr Roth da ist. Das habe ich ja erläutert.

StS Seibert: Ich will einmal den Kulturstaatsminister Naumann zitieren, der im Jahr 2011 in Potsdam bei der Eröffnung des Lepsiushauses über die Rolle der damaligen deutschen Reichsregierung Folgendes sagte:

"Die deutsche Reichsregierung war darüber" - gemeint waren die Massenmorde an den Armeniern durch das Osmanische Reich - "von Anfang an informiert. Als Kriegsverbündete des Osmanischen Reiches schwieg sie dazu und verbot Veröffentlichungen hierüber. Dieses Verhalten muss uns noch heute mit Scham erfüllen. Der Bundestag hat 2005 die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches bedauert und den Opfern des armenischen Volkes ein Gedenken gewidmet."

Das nur als ein Zeichen, dass natürlich die Aufarbeitung der Rolle des Deutschen Reiches damals die Bundesregierung und nicht nur die Historiker, sondern eben auch Stellen der Bundesregierung schon seit Jahren beschäftigte. Wir werden diese weitere Aufarbeitung der Thematik, natürlich einschließlich der Rolle des damaligen Deutschen Reiches, auch weiter unterstützen, indem wir die Aktenbestände deutscher Archive ohne jede Einschränkung der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit und natürlich auch den Regierungen der Türkei und Armeniens zugänglich machen.

Zusatzfrage : Sie haben gerade von Scham geredet. Haben Sie denn Verständnis dafür, dass viele sich für die Bundesregierung schämen, weil nicht von Völkermord gesprochen wird?

StS Seibert: Das mag Ihr Gefühl sein, aber wir können hier nicht über Ihre Gefühle sprechen. Ich glaube, wir haben hier sehr klar dargelegt, dass die Bundesregierung nicht erst seit diesem Jahr sehr klar ist in ihrer Einschätzung der unfassbaren Verbrechen, die dort geschehen sind, und solidarisch mit den Opfern und vor allem der Aufarbeitung dieser Verbrechen und der Annäherung zwischen den beiden Staaten, die dies in erster Linie betrifft, der Aussöhnung zwischen diesen beiden Staaten verpflichtet.

Frage (zur Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes): Herr Seibert, bleibt Herr Schindler im Amt, kann er im Amt bleiben, und wann ist mit einer Entscheidung darüber zu rechnen?

StS Seibert: Die Bundesregierung hat zu dem Sachverhalt, den Sie ansprechen, gestern eine Presseerklärung herausgegeben. Ich habe dieser nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Das bedeutet, er bleibt im Amt?

StS Seibert: Das bedeutet, dass ich der Presseerklärung der Bundesregierung von gestern Nachmittag nichts hinzuzufügen habe.

Frage : Ich habe aber eine Frage zu dieser Pressemitteilung, Herr Seibert. Sie sagen, im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht habe das Bundeskanzleramt technische und organisatorische Defizite beim BND identifiziert. Welche Defizite sind denn das?

StS Seibert: Ich muss auch Ihnen noch einmal sagen, dass ich dem Wortlaut dieser Presseerklärung nichts hinzuzufügen habe. Die Presseerklärung und der gesamte Sachverhalt berühren nachrichtendienstliche Vorgänge. Ich bin gar nicht in der Lage, Ihnen über diese Presseerklärung hinaus darüber zu berichten. Das alles muss, kann und wird in den dafür vorgesehenen parlamentarischen Gremien erörtert werden.

Zusatzfrage : Können Sie vielleicht erörtern, warum Herr Schindler noch tragbar ist?

StS Seibert: Dazu verweise ich auf meine Antwort an Herrn Decker.

Frage : Herr Seibert, wer trägt denn die Verantwortung für die Defizite, und warum ist die Frage geheim, ob Herr Schindler Verantwortung für den Bundesnachrichtendienst trägt?

StS Seibert: Ihre Fragen sind gar nicht geheim. Ich sage, dass der Gesamtsachverhalt einer ist, der nachrichtendienstliche Vorgänge berührt und der deswegen von der Bundesregierung den zuständigen parlamentarischen Gremien dargelegt wird. Dort ist bereits der Sachverhalt dargelegt worden, und selbstverständlich wird das auch weiter, wenn neue Erkenntnisse auftauchen, geschehen. Dass das Kanzleramt mit diesem Sachverhalt verantwortlich umgeht, sehen Sie ja genau daran, dass der Chef des Bundeskanzleramts, Minister Altmaier, das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend informiert hat. Dadurch ist ja die Berichterstattung in den Medien erst möglich geworden. Ebenso hat der Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes, Staatssekretär Fritsche, den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages informiert.

Wie gesagt: Wenn neue Erkenntnisse entstehen, wenn neue Fragen gestellt werden, dann werden die Vertreter der Bundesregierung auch weiterhin den dafür zuständigen Gremien des Parlaments zur Verfügung stehen. Sie werden über den Sachverhalt berichten, über die ergriffenen Maßnahmen und auch über geplante Konsequenzen.

Frage: Herr Seibert, in welcher Form werden denn diese Defizite jetzt untersucht? Wird es wie bisher so sein, dass die Herren Heiß, Fritsche, Altmaier beim BND nachfragen: Wie macht ihr es? Und dieselben, die bisher nicht oder sehr spät informiert haben, jetzt eben in anderer Form informieren, oder wird man sich Gedanken darüber machen, ob man so etwas wie - um ein neumodisches Wort zu nehmen - eine Taskforce oder Ähnliches einrichtet und selbst einmal nachschaut?

StS Seibert: Ich möchte auch Sie noch einmal auf den Wortlaut der Presseerklärung hinweisen, in der steht, dass das Kanzleramt den Bundesnachrichtendienst angewiesen hat, den komplexen Sachverhalt aufzuklären. Was die Defizite betrifft, die beim BND identifiziert worden sind, so ist der BND unverzüglich angewiesen worden, diese zu beheben.

Zusatzfrage: Das heißt also, der BND darf selbst untersuchen, was er falsch gemacht hat, und selbst bestimmen, was er richtig machen wird? Wenn sich das Kanzleramt nicht selbst informiert, sondern auf die Information des BND verlässt, bleibt ja gar nichts übrig. Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, dass hier der Bock zum Gärtner gemacht wird?

StS Seibert: Das heißt, dass das Bundeskanzleramt im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht Defizite identifiziert hat und unverzüglich Weisung erteilt hat, dass diese Defizite behoben werden.

Zusatzfrage: Die Pressemitteilung habe ich verstanden. Ich habe nur nicht verstanden, wie Sie das umsetzen wollen, was Sie da ankündigen.

StS Seibert: Dann kommen wir leider wieder zu dem Punkt, an dem ich Ihnen sagen muss, dass ich hier über diese Pressemitteilung hinaus nichts sagen kann. Ich habe ihr auch nichts hinzuzufügen. Ich glaube, dass sie an diesem Punkt sehr klar ist.

Frage : Herr Seibert, können Sie denn sagen, ob die Bundesregierung durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses Erkenntnisse über die Arbeit des BND erhalten hat, die ihr nicht vorher direkt bekannt waren?

StS Seibert: Die Bundesregierung arbeitet mit diesem wie mit anderen Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages kooperativ zusammen. Darüber hinaus muss ich Sie noch einmal auf die gestrige Presseerklärung verweisen, und ich möchte Sie gerne auch auf den Satz in der Presseerklärung verweisen, dass sich das Bundeskanzleramt zur Frage, inwieweit die öffentlich behaupteten Tatsachen zutreffen, ebenfalls gegenüber den parlamentarischen Kontrollgremien äußern wird.

Zusatzfrage : Vielleicht kann ich es etwas simpler formulieren: Hält die Bundesregierung diesen Untersuchungsausschuss, dem die Koalitionsparteien ja zugestimmt haben, jetzt auch für ihre eigenen Erkenntnisse über ihren eigenen Geheimdienst für nützlich?

StS Seibert: Es ist nicht Sache der Bundesregierung, Untersuchungsausschüsse des Bundestages zu beurteilen. Es ist ein hohes, wichtiges parlamentarisches Recht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, und wenn er eingesetzt ist, dann hat eine Bundesregierung mit ihm zusammenzuarbeiten, aber ihn nicht in Pressekonferenzen zu beurteilen.

Frage : Sieht denn die Bundesregierung irgendeine Notwendigkeit für mögliche strafrechtliche Konsequenzen, oder ist das auch geheim?

StS Seibert: Ich verweise auf die Presseerklärung, der ich hier nichts hinzuzufügen habe.

Zusatz : Darin werden aber strafrechtliche Konsequenzen in keiner Weise angesprochen.

StS Seibert: Dann wird das seinen Sinn haben, dass dieses die Presseerklärung ist, die gestern gegeben wurde.

Frage : Im Anschluss an die Frage: Herr Seibert, macht der BND Dinge, von denen selbst das Kanzleramt nichts weiß?

StS Seibert: Ich habe Sie darauf hingewiesen, dass wir in der Presseerklärung ja sehr deutlich davon sprechen, dass Defizite - organisatorische wie technische Defizite - identifiziert wurden und die Bundesregierung, das Bundeskanzleramt, im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht Weisung erteilt hat, dass diese Defizite behoben werden.

Zusatzfrage : Aber welche das sind, wollen Sie nicht verraten?

StS Seibert: Ich habe der Erklärung, die wir gestern an die Presse gegeben haben, nichts hinzuzufügen.

Frage : Herr Seibert, das, was Sie Defizite nennen, nennt Herr Ströbele Lüge. Würden Sie dem widersprechen?

StS Seibert: Es steht mir nicht zu, einen Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu kommentieren. Ich verweise auf den Text der Presseerklärung, den wir gestern herausgegeben haben.

Frage: Sie haben ungewöhnlich schnell und auch ungewöhnlich klar auf das, was da bekannt wurde - was der BND gemacht haben soll -, reagiert. Sollen wir aus dieser ungewöhnlichen Klarheit und dieser ungewöhnlichen Schnelligkeit auch eine ungewöhnliche Bedeutsamkeit schließen? Was hat Sie dazu bewogen, das so klar wie noch nie, seit es die Snowden-Veröffentlichungen gibt, zu formulieren?

StS Seibert: Ich fürchte, die Interpretation werde ich auch dieses Mal wieder Ihnen überlassen. Die Bundesregierung steht, wie es in dem Pressetext auch steht, zu diesem Vorgang seit mehreren Wochen in intensivem Kontakt mit dem Bundesnachrichtendienst. Es ist, wie Sie ja wissen, eine Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums vorgenommen worden, anschließend auch des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages, und es war selbstverständlich, dass wir in dem Moment, in dem, dem folgend, Medienberichte erschienen sind, dazu eine Presseerklärung gegeben haben.

Zusatzfrage: Sie würden also nicht sagen, dass dies ein ungewöhnlich wichtiger oder gar gravierender Vorgang ist?

StS Seibert: Lesen Sie die Presseerklärung, und ziehen Sie daraus Ihre eigenen Schlüsse.

Frage: Ich hätte auch gerne noch einmal eine Interpretationshilfe, was diese Presseerklärung angeht. Darin ist die Rede von organisatorischen Defiziten. Sind damit organisatorische Defizite innerhalb des Bundesnachrichtendienstes oder möglicherweise auch organisatorische Defizite bei der Kontrolle des Auslandsgeheimdienstes gemeint? Gibt es die Überlegung, dass man aus diesen Defiziten möglicherweise auch strukturelle Konsequenzen ziehen sollte?

StS Seibert: Ich kann nur noch einmal auf den Text verweisen, der aber, glaube ich, die Antwort auf Ihre Frage enthält: Im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht hat das Bundeskanzleramt technische und organisatorische Defizite beim BND identifiziert.

Zusatzfrage: Sehen Sie die anderen Defizite, weil aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium ja auch sehr viel Frust darüber zu hören ist, dass man sich als Parlamentarier in seiner Kontrollfunktion nicht so ernst genommen fühle, nicht?

StS Seibert: Ich habe dem Text der Presseerklärung nichts hinzuzufügen.

Frage : Herr Seibert, ist es nicht Ihre Aufgabe, genau das zu tun? Sie geben eine Pressemitteilung heraus. Wollen Sie uns dann nicht erklären, was die bedeutet, weil wir sie nicht verstehen?

StS Seibert: Ich glaube, ich hatte eingangs deutlich gesagt, dass hier nachrichtendienstliche Vorgänge berührt sind und dass ich deswegen gar nicht befugt bin, hier ausführlich und über die Presseerklärung hinaus Bericht zu erstatten. Das alles muss geschehen und wird in den parlamentarischen Kontrollgremien geschehen; so ist die parlamentarische Kontrolle unserer demokratischen Nachrichtendienste verfasst.

Zusatzfrage : Vielleicht anders gefragt: Warum geben Sie die Pressemitteilung denn überhaupt heraus, wenn Sie dazu nichts sagen wollen?

StS Seibert: Ich hatte den Eindruck, dass sie auf gewisses Interesse bei den Medien gestoßen ist.

Frage: Gibt es denn schon Reaktionen darauf aus den USA? Hat man seitens der Bundesregierung den BND beauftragt, erklärend an die befreundeten Dienste heranzutreten?

StS Seibert: Ich kann Ihnen hier nichts über Kontakte des Bundesnachrichtendienstes oder sonstiger Institutionen sagen. Klar ist: Deutschland und die USA sind Freunde und Partner auf vielen Gebieten und eben auch auf dem Gebiet der Sicherheit. Unsere Zusammenarbeit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus ist und bleibt von entscheidender Bedeutung, und zwar für unsere Sicherheit hier in Deutschland wie übrigens auch für die Sicherheit von Soldaten und Soldatinnen, die wir Deutsche in den Auslandseinsatz schicken. Zu dieser engen Zusammenarbeit steht die Bundesregierung. Sie ist im Interesse der deutschen Bürger. Wir werden bei der Wahrung unserer Sicherheitsinteressen weltweit keinen besseren Partner als die USA finden.

Zusatzfrage: Hat der beste Partner, den wir weltweit haben, nun bedauerlicherweise einfach ein paar Selektoren zu viel herübergeschoben, oder hat er versucht, den anderen Partner zu unterlaufen?

StS Seibert: Ich werde mich zu dem Sachverhalt, der jetzt in Rede steht, und auch überhaupt zum Wahrheitsgehalt des Sachverhalts, über den in den Medien berichtet wird, hier nicht äußern. All das ist in den parlamentarischen Gremien zu leisten.

Zusatzfrage: Gibt es dafür, also für die Ermittlungen und auch für die Information, die Sie dem Parlament geben wollen, so etwas wie einen Zeithorizont? Haben Sie also auch dem BND einen Zeithorizont gesetzt, innerhalb dessen Ergebnisse geliefert werden sollen?

StS Seibert: Das Adverb "unverzüglich" gibt, glaube ich, einen gewissen Hinweis: Dem BND ist die Weisung erteilt worden, unverzüglich die erkannten Defizite abzustellen. Das zeigt einen gewissen Zeithorizont.

Ansonsten wird die Aufklärung dieses sehr komplexen Sachverhalts natürlich mit Energie vorangebracht, und sie wird so lange dauern, wie sie dauern wird.

Frage: Ich wollte fragen, ob es zwischen dem Kanzleramt oder dem Auswärtigen Amt und den französischen Partnern irgendwelche Diskussionen über dieses Thema gegeben hat.

StS Seibert: Ich kann Ihnen hier nicht über Kontakte und nachrichtendienstliche Vorgänge zwischen der Bundesregierung und anderen befreundeten Regierungen berichten.

Zusatzfrage: Zu diplomatischen Einbestellungen oder Ähnlichem?

Schäfer: Ich habe nichts, was ich Ihnen sage könnte.

Frage : Vielleicht an das Innenministerium, da sie ja eher der Experte für Massenüberwachung sind: Wenn 40.000 unkontrollierte Selektoren im Echtzeit-Stream keine Massenüberwachung darstellen, ab welcher Zahl muss man denn dann davon sprechen?

Dimroth: Die in Ihrer Frage enthaltene Unterstellung weise ich mit Nachdruck zurück.

Zu dem Sachverhalt: Es wird Sie nicht überraschen, dass ich dem, was Herr Seibert ausgeführt hat, nichts hinzuzufügen habe.

Zusatzfrage : Ist das denn für das Innenministerium Massenüberwachung?

Dimroth: Meine Antwort war abschließend.

Frage : Die Frage geht an Herrn Flosdorff, vielleicht auch mit Unterstützung von Herrn Seibert, Herrn Schäfer und Herrn Dimroth: Was ist denn jetzt der Auftrag für die Deutsche Marine nach dem gestrigen EU-Sondergipfel zum Stichwort "Flüchtlinge im Mittelmeer"? Welche Schiffe sind vorgesehen? Wann werden sie eintreffen?

Flosdorff: Wollen Sie vielleicht vorab etwas zu dem Rahmen sagen, oder soll ich mit den Schiffen anfangen?

StS Seibert: Ich kann ja vielleicht zunächst einmal ganz kurz etwas sagen: Gestern - das ist das Thema, das Sie ansprechen - stand im Zentrum des europäischen Sonderrats tatsächlich die Rettung von Menschenleben. Deswegen wurden schnelle Hilfsmaßnahmen vereinbart, damit das Sterben der Menschen im Mittelmeer ein Ende nimmt. Dafür werden die Mittel für die zuständige Frontex-Mission verdreifacht; das haben Sie sicherlich gestern Abend erfahren. Zusätzlich hat die Bundesregierung die Bereitstellung zweier Bundeswehrschiffe angeboten. Wenn das von Frontex gewünscht wird, könnten das eine Fregatte und ein Einsatzgruppenversorger sein. Spätestens bei diesem Stichwort, glaube ich, muss das Bundesverteidigungsministerium ran!

Flosdorff: In der Tat hat die Bundeswehr die Möglichkeit und Fähigkeit, zwei Schiffe an das westliche Mittelmeer heranzuführen. Es handelt sich hierbei um Schiffe, die im Moment im Rahmen des Einsatzausbildungsverbandes der Marine im Seegebiet des Golfs von Aden eingesetzt werden. Das ist von dem potenziellen Einsatzgebiet im Mittelmeer ungefähr 4.600 Kilometer entfernt, und wegen dieser Distanz würde es realistischerweise auch einen Zeitraum von 12 bis 14 Tagen in Anspruch nehmen, bis man die Schiffe dann vor Ort hat.

Der Auftrag ist, wie Herr Seibert auch schon gesagt hat, die Seenotrettung, wobei das im Rahmen der bestehenden EU-Missionen Triton im Mittelmeer und der Operation Poseidon, die ja schon bestehen, geschieht. Die Gespräche mit der EU, aber auch mit den anderen beteiligten Ressorts darüber, wie die Aufträge genau ausgestaltet werden, laufen im Moment noch und sind noch nicht abgeschlossen.

Zusatzfrage : Herr Flosdorff, nun sind Hubschrauber ziemlich gut geeignet, Flüchtlinge im Meer zu entdecken. Die Deutsche Marine hat aber ein kleines Problem mit Hubschraubern. Es sind gerade wieder einmal zwei Hubschrauber auf der Fregatte "Bayern" im Atalanta-Einsatz eingeschifft. Ist daran gedacht, die zwei Einheiten, wenn sie denn angefordert werden, auch mit Hubschraubern auszustatten? Ist das nach dem Klarstand überhaupt möglich?

Flosdorff: Ich habe keinen stündlich aktuellen Überblick über den Klarstand der Marinehubschrauber. Selbstverständlich wird man in den kommenden Tagen alles, was zur Unterstützung dieser Mission notwendig ist, prüfen. Es muss auch erst einmal operativ eingeordnet werden, was dann wirklich notwendigerweise für diesen Einsatz zur Verfügung zu stellen ist. Das betrifft nicht nur Hubschrauber, sondern eventuell noch anderes Material. Ich denke dabei zum Beispiel auch an das mobile Krankenhaus, das an Bord dieses Einsatzgruppenversorger ist und das dann auch mit Personal ausgestattet werden müsste. Aber noch einmal: Das ist im Rahmen der nächsten zwei Wochen, die ja sowieso vonnöten sind, um die beiden Schiffe in das Seegebiet zu bringen, sicherlich alles prüf- und umsetzbar.

Zusatzfrage : Herr Seibert, Herr Schäfer, in dem ursprünglichen Papier vom Montag war auch von der Zerstörung von Schleuserlogistik die Rede, um es einmal mit meinen Worten zu sagen. Ich glaube, es hieß "capture and destroy smugglers, ships" usw. Können Sie mir vielleicht sagen, wie weit die Überlegungen nach dem gestrigen Treffen gediehen sind?

StS Seibert: Es ist auf jeden Fall richtig, dass man gestern natürlich nicht nur über dieses aktuell vorrangige Thema der Lebensrettung auf hoher See gesprochen hat, sondern dass allen Teilnehmern des Europäischen Rates klar war, dass wir eine Gesamtstrategie brauchen, die auch noch ganz andere Punkte in Angriff nimmt. Dabei ist die Bekämpfung der Schleuserkriminalität ein besonders wichtiger Punkt.

Die Hohe Vertreterin, Frau Mogherini, ist beauftragt worden, unverzüglich mit den Vorbereitungen für eine mögliche Operation zum Thema der Schleuserbekämpfung zu beginnen, und zwar im Einklang mit dem Völkerrecht. Sie selbst hat dort vorgetragen, dass sie sich um ein UN-Sicherheitsratsmandat, eine Resolution, bemühen will. Das alles ist jetzt noch nicht abschließend zu beurteilen. Klar ist: Wenn wir die Schlepperbanden energisch und robust bekämpfen wollen, dann brauchen wir dafür eine völkerrechtliche Basis. Damit, die herzustellen, ist Frau Mogherini jetzt als Hohe Vertreterin beauftragt.

Frage : Herr Dimroth, Herr de Maizière hat ja auch von der Zerstörung von Flüchtlingsbooten gesprochen. Woran erkennt man denn ein Flüchtlingsboot?

Dimroth: Her Seibert, hat ja gerade ausgeführt, dass das bei den gestrigen Gesprächen der Regierungschefs ebenso wie am vergangenen Montag bei den Gesprächen der Außen- und Innenminister ein Thema war. Nicht nur Frau Mogherini ist beauftragt, ein robustes Mandat zu prüfen und dann gegebenenfalls zu realisieren, sondern auch die Kommission und der Rat sind beauftragt, jetzt sehr zeitnah das, was gestern und Montag beraten und beschlossen wurde, mit Detailvorschlägen zu unterlegen. Insofern kann man der Frage, wie das dann im Detail sowohl rechtlich als auch tatsächlich ausgestaltet werden wird, heute sicherlich noch nicht vorgreifen.

Zusatzfrage : Das könnte doch ein Problem sein, denn diese Flüchtlingsboote sind ja in der Regel alte Fischerboote. Diese werden genutzt, weil nicht mehr gefischt werden kann. Will man die zerstören?

Dimroth: All das wird sicher bei der Frage eine Rolle spielen, wie man das umsetzt, auch wenn das beispielsweise Boote sind, die für die Versorgung der betroffenen Bevölkerung eingesetzt werden oder auch eingesetzt werden, wie Sie es gerade gesagt haben, weil es Fischerboote sind. Dann wird man sicher zu erwägen haben und abzuwägen haben, ob das genauso gilt.

All das ist, wie gesagt, Thema der Detailausarbeitung, die ansteht und der ich heute nicht vorgreifen kann.

Frage: Ist ein Bundestagsmandat für diesen Einsatz notwendig? Auch wenn die Marine beteiligt ist, ist es ja kein Kampfeinsatz. Wie sehen Sie das? Hätten Sie das gerne und würden Sie das vielleicht auch haben wollen, wenn es nicht zwingend notwendig ist?

Präzisierung zu der Frage von vorhin in Sachen Frontex: Ist es richtig, dass Frontex noch gar nicht signalisiert hat, ob Interesse an zwei deutschen Schiffen besteht? Wenn das so ist, wann rechnet man mit einer Antwort?

Flosdorff: Soweit ich das gestern verstanden habe, ist die EU dabei, Optionen zu entwickeln. Danach wird sich alles richten. Wenn wir genau wissen, was die Aufträge, die konkreten Handlungen sind und wenn der Rechtsrahmen geprüft ist, wird man Aussagen darüber treffen können, welche innenpolitischen Schritte dafür getan werden müssen.

Schäfer: Ich kann auf die Fragen ergänzen. Wir hatten vor einigen Tagen schon darüber gesprochen, als es um die Frage ging: Atalanta - Erfolgsmodell für eine EU-Mission, die die Piraterie am Horn von Afrika bekämpft hat, und was man vielleicht daraus für eine Mission im Mittelmeer ableiten kann. Schon damals hatten wir gesagt, dass es da gewichtige Unterschiede gibt. Wenn Sie die Frage des Bundestagsmandats ansprechen, meint das natürlich verfassungsrechtliche Fragen.

Es gibt auch völkerrechtliche Fragen. Ich greife einfach noch einmal eine heraus: Nach den Regeln des Völkergewohnheitsrechts, auch den Regeln des internationalen Seerechts, hat jeder Staat der Welt auf internationalen Gewässern das Recht, gegen Piraterie vorzugehen. Das ist Atalanta. Das ist aber bei anderen Formen von Straftaten anders. Wir sprechen hier ja von Menschenschleusungen und Schlepperkriminalität. Da ist der Grundsatz im Völkerrecht, dass grundsätzlich nur Kriegsschiffe des Flaggenstaates gegen diese Art von Straftaten auf internationaler See vorgehen können. Das würde also bedeuten - und daraus mögen Sie ableiten, welche Probleme das mit sich bringt -, dass wir vielleicht ein libysches Fischereiboot haben, das mit oder ohne libysche Flagge ausgestattet ist. Sie kennen den Zustand des libyschen Staatswesens zurzeit. Was das für rechtliche Probleme mit sich bringt, können Sie sich denken. Daher kommt, denke ich, der Gedanke von Frau Mogherini, über eine Ermächtigungsgrundlage des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vielleicht diese und andere schwierigen rechtlichen und politischen Fragen zu überwinden.

Auch da gilt, glaube ich, dass Europa der Humanität, aber auch des Rechts verpflichtet ist. Wir wollen, sollten und werden nichts tun, was nicht im Einklang mit unserem Verfassungsrecht sowieso, aber auch mit dem Völkerrecht und den Rechten anderer Staaten steht. Da kann man, glaube ich, nur um etwas Verständnis für die Hohe Vertreterin und auch für die Mitgliedstaaten werben, dass es jetzt ein klein wenig Zeit braucht, das alles sauber zu prüfen und das, was wir für politisch notwendig halten, so rechtlich abzusichern, dass es dann auch nach den Regeln eines Rechtsstaats und einer rechtstaatlichen Gemeinschaft umgesetzt werden kann.

StS Seibert: Zu der Frage in Sachen Frontex: Es waren gestern die 28 Regierungschefs der Mitgliedstaaten, die zu einem Sonderrat zusammengekommen sind. Diese waren zunächst einmal aufgefordert, zu erklären, was ihre Regierung, ihr Staat bereit ist, vermehrt in die Rettung von Menschenleben auf hoher See zu investieren, wie ich es jetzt einmal ausdrücke. Es gab nicht nur von Deutschland, sondern von sehr vielen Ländern Angebote bezüglich Personal und zusätzlichen Schiffen. Man ist sich sehr schnell einig gewesen, dass man die zur Verfügung zu stellende Geldsumme verdreifachen will. Nun wird es natürlich darum gehen - und zwar schnell -, dass das alles sinnvoll in die Missionen Frontex, Triton und Poseidon integriert wird. Ich glaube, alle Beteiligten - nicht nur auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs, sondern auch bei Frontex - ist die Dringlichkeit absolut klar.

Vors. Welty: Die Frage nach dem Bundestagsmandat war noch offen.

StS Seibert: Die hatte Herr Flosdorff eigentlich beantwortet. Man wird die konkreten Modalitäten der Zuordnung der Schiffe unter das Mandat klären müssen, und dann wird sich auch diese Frage stellen.

Zusatzfrage: Ich wollte nur sichergehen, dass ich Herrn Schäfer richtig verstanden habe. Wäre aus Sicht der Bundesregierung ein UN-Mandat für diese andere Geschichte, wo man gegen die Schiffe vorgeht, zwingend notwendig?

Schäfer: Ich glaube, soweit sind wir in unseren Prüfungen noch nicht. Ich kann nur das bekräftigen, was Herr Flosdorff und auch Herr Seibert gerade gesagt haben. Ob etwas erforderlich ist - etwa beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York - und was das dann sein wird, hängt doch davon ab, was uns die Hohe Beauftragte in Kürze so schnell, wie es irgend geht, tatsächlich vorschlagen wird.

Frage : Herr Seibert, Herr Schäfer, ist nicht der beste Weg, die Schleuser zu bekämpfen, ihnen einfach die Geschäftsgrundlage zu entziehen und die Flüchtlinge selbst nach Europa zu bringen?

StS Seibert: Ich glaube, es gab gestern Einigkeit auf dem Europäischen Rat, dass die Zahl derjenigen Menschen, die nach Europa kommen wollen, wahrscheinlich immer größer sein wird, als die Zahl derjenigen Menschen, die Europa sinnvoll aufnehmen und integrieren kann. Nichtsdestotrotz ist ja gestern auch über Fragen einer besseren, einer gerechteren Verteilung von Flüchtlingen über Europa gesprochen worden. Ich glaube, wenn man feststellt, dass diese Schlepper ein verbrecherisches Gewerbe betreiben, dann ist es auch eine moralische Verpflichtung, gegen dieses verbrecherische Gewerbe und die Täter vorzugehen.

Zusatz : Das war aber nicht die Frage, Herr Seibert.

StS Seibert: Ich habe Ihre Frage gehört. Ich denke, ich habe sie so beantwortet, wie ich sie beantworten kann.

Frage : Eine Lernfrage an Herrn Schäfer. Als die Atalanta-Mission mit der Ermächtigung ausgeweitet wurde, gegen Piratenlogistik am Strand vorzugehen, war die SPD ziemlich geschlossen dagegen und hat dem Bundestagsmandat damals nicht zugestimmt. Ich glaube, der Fraktionsvorsitzende damals hieß Steinmeier. Nun sind wir ein paar Jahre später. Nach meiner Erinnerung hat der jetzige Außenminister Steinmeier in Briefen an die Fraktionen bei den letzten Verlängerungen darauf hingewiesen, dass die SPD sich bemühen wolle, diese Regelung wieder zurückzunehmen.

Schäfer: Sie meinen die Regelung, am Strand - -

Zuruf : Genau! Die berühmten 2.000 Meter, je nachdem, wo die Wasserlinie ist.

Insofern müsste ich jetzt verstehen, warum der Außenminister und eine Regierungsfraktion bei der Pirateriebekämpfung das nicht gut finden, sich aber im Hinblick auf eine mögliche entsprechende oder analoge Ausweitung bei Bekämpfung der Schleuserkriminalität kein vehementer Widerspruch des Außenministers erhebt.

Schäfer: Gegen was müsste jetzt der Außenminister Widerspruch erheben?

Zusatzfrage : Dass für die Schleuserkriminalität etwa Ähnliches geschaffen wird, wie das, was er damals bei Atalanta vehement abgelehnt hat.

Schäfer: Ich frage noch einmal, weil Sie sagen der Außenminister habe bei Atalanta diese oder jene Position vertreten: Gegen was bei den Planungen, um die es hier geht, soll er sich denn jetzt schon wehren? Wir reden doch die ganze Zeit davon, dass es noch gar keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch gibt. Gegen was soll er denn Widerspruch erheben?

Zusatzfrage : Es gibt ja die Aussage "capture and destroy of vessels". Das wird ja ausdrücklich von Frau Mogherini und ihrer Sprecherin unter Bezug auf entsprechende Regelungen bei Atalanta verkündet. Insofern scheint es ja aus Sicht der EU-Kommission eine gewisse Analogie zu geben. Diese habe ich mir ja nicht ausgedacht.

Schäfer: Mir ist kein konkreter Vorschlag bekannt, der von offizieller Seite - von Frau Mogherini auf dem Europäischen Rat, von der Bundesregierung oder aus dem Kreis des Parlaments - gemacht worden wäre, zu dem man sich jetzt positionieren sollte. Ich glaube, das vernünftige Vorgehen ist doch, sich die Situation herzunehmen, wie das in den letzten Tagen geschehen ist, und daraus Handlungsoptionen abzuleiten. Auch das ist geschehen. Die gesamte Europäische Union hat sich solidarisch hinter das klare Bekenntnis zur Seenotrettung gestellt. Das ist sozusagen das, was als unmittelbares Ergebnis dieses schrecklichen Unglücks jetzt veranlasst wird. Alles Weitere - der Umgang mit dieser Flüchtlingsproblematik - bedarf einer Gesamtkonzeption, in die von Ihnen angedeutete Überlegungen natürlich Eingang finden müssen. Aber diese Überlegungen gibt es doch noch gar nicht sozusagen in geronnener Form, sodass man sich darüber konkret im Wege von "Ich bin dafür oder dagegen" einlassen könnte.

Dass der Außenminister dafür ist, den Schlepperbanden das Handwerk zu legen, hat er übrigens bereits am Montag beim Rat der Außen- und Innenminister gesagt. Er hat auch gesagt, dass es nicht nur eine politische, sondern eine moralische Verpflichtung Europas ist, genau das zu tun.

Die Modalitäten und die Art und Weise, in der das geschehen soll, müssen jetzt besprochen werden. Ich glaube, da macht es jetzt Sinn, die wenige Geduld, die das braucht, aufzubringen, und die Vorschläge von Frau Mogherini, die dafür förmlich vom Europäischen Rat beauftragt worden ist, abzuwarten. Ich bin mir ganz sicher, dass die Bundesregierung - ganz sicher auch der Außenminister - sich dazu dann positionieren werden.

Letzter Satz: Ich habe vorhin versucht und ich habe auch vorgestern versucht, Ihnen und Ihren Kollegen deutlich zu machen, dass - aus unserer Sicht jedenfalls - die Parallelen oder, wie Sie sagen, die Analogien zwischen Atalanta und der Situation im Mittelmeer echt begrenzt sind. Die Schlussfolgerung, Atalanta sei ganz toll gelaufen und deshalb müssten wir nur eins zu eins das, was wir bei Atalanta gemacht haben, auf die Situation im Mittelmeer übertragen, ist sicherlich trügerisch, einfach weil eigentlich alle Rahmenbedingungen ganz andere sind - alle rechtlichen, politischen und sonstigen Rahmenbedingungen sind völlig andere. Deshalb kann ich nur davor warnen, in einfache Analogien und Parallelen zwischen Atalanta und der schrecklichen Situation der Flüchtlinge im Mittelmeer einzutreten.

Zusatzfrage : Uns brauchen Sie ja nicht zu warnen, aber warnen Sie jetzt die EU davor? Denn die EU tut es doch beziehungsweise die Kommission.

Schäfer: Es ist doch gar nichts dagegen einzuwenden, dass man sich hernimmt, was bei Atalanta geschehen ist, und sich überlegt, welche Elemente von Atalanta auf eine völlig andere Situation angewendet werden können. Das Einzige, was ich sage, ist: Es gibt hier gewichtige Unterschiede. Bei dem einen Fall haben wir es mit Piraterie zu tun. Wir haben in Somalia - dem Land, von dem die Piraterie ausgeht - eine völlig andere Situation als in Libyen oder in anderen Transitländern, von denen aus die Schlepperbanden agieren. Das ist einfach per se nicht das Gleiche. Das ist das einzige, was ich sage. Ich glaube, da gibt es auch überhaupt keinen Dissens mit Brüssel oder mit wem auch immer in der Europäischen Union.

Frage : Ich habe noch eine Lernfrage an Herrn Schäfer: Sie sprechen immer so viel von Libyen. Kommen denn alle Boote von der libyschen Küste?

Schäfer: Habe ich das behauptet?

Zusatzfrage : Nein, aber weiß die Bundesregierung denn, woher die Boote kommen?

Schäfer: Ich glaube, das wäre jetzt eher eine Angelegenheit für die Kollegen aus dem Innenministerium, aber auch darüber ist in den Medien ja schon breit berichtet worden: Es gibt unterschiedliche Migrations- und Flüchtlingsrouten, auf denen diese Schlepperbanden agieren. Vorgestern sprachen wir zum Beispiel auf die Frage eines griechischen Kollegen zu Schlepperrouten im Wesentlichen von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, die über die Türkei nach Griechenland und so in die Europäische Union kommen. Des Weiteren gibt es mehrere bekannte Fluchtrouten im westlichen, im mittleren und auch im östlichen Mittelmeer.

Bekannt ist in der Tat, dass ein wesentlicher Teil dieser Flüchtlingsströme von libyschem Staatsgebiet ausgeht. Das ist aber sehr wechselhaft, weil diese Schlepperbanden und auch die Flüchtlingsbewegungen sehr erratisch sind und sozusagen sofort auf Änderungen der Rahmenbedingungen reagieren. Wir wissen zum Beispiel, dass es vor einigen Jahren Probleme mit Flüchtlingsrouten über Marokko und Tunesien gegeben hat. In diesen Ländern ist es geglückt, in Partnerschaft mit diesen Ländern die Probleme einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. Aber dann gibt es Ausweichbewegungen, und angesichts der wirklich schwierigen Lage eines Staates, der auf dem Weg ist, auseinanderzufallen, oder nicht mehr als Staat bezeichnet werden kann - wie in Libyen -, ist es ganz offenbar für die Schlepper und Menschenschleuser leichter, Menschen durch Libyen in Richtung Europa auf den Weg zu bringen, als durch andere Transitländer.

Zur Frage, wo die Schiffe herkommen: Ich glaube, da bin ich total überfragt. Sie hatten ja gerade eben feste Vorstellungen darüber, was das für Boote sind und wofür die sonst verwendet werden - vielleicht wissen Sie mehr als ich. Ich kann dazu nichts beitragen.

Frage: Herr Seibert, könnten Sie das gestrige Treffen von Frau Merkel und Herrn Tsipras kommentieren?

StS Seibert: Das war, wie die Bundeskanzlerin gestern auch schon sagte, ein konstruktives Treffen, bei dem beide Seiten einander striktes Stillschweigen versprochen haben. Daran werde ich mich als Sprecher der Bundesregierung natürlich halten.

Zusatzfrage: Laut griechischen Meldungen hat Herr Tsipras gestern Frau Merkel gesagt, Athen habe das, was es versprochen habe, bereits in die Tat umgesetzt, und jetzt seien die Partner dran. Sind die Partner jetzt dran?

StS Seibert: Unsere Position hat sich gegenüber dem, was hier in den letzten Tagen und Wochen - und vor allem natürlich auch vom Finanzministerium - vielfach vorgelegt wurde, nicht verändert. Im Übrigen möchte ich dieses wirklich konstruktive Gespräch und auch Äußerungen über dieses Gespräch jetzt auch nicht weiter kommentieren. Das ist das, was ich unter Stillschweigen verstehe.

Frage : Herr Schäfer, es gab gestern Medienmeldungen aus dem Iran, wonach es zu einem Telefonat es zwischen dem Bundesaußenminister und Herrn Laridschani, dem iranischen Parlamentspräsidenten, kam. Können Sie so ein Gespräch bestätigen?

Schäfer: Kann ich.

Zusatzfrage : Können Sie Einzelheiten darüber berichten?

Schäfer: Nein.

Frage : Herr Schäfer, der Außenminister hat am Sonntag im "Bericht aus Berlin", als es um Waffenlieferungen an Saudi-Arabien ging, davon gesprochen, dass das nur Waffen sein sollten, die möglichst nicht zur innerstaatlichen Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden können. Was für Waffensysteme oder Waffen sollen das sein?

Schäfer: Sie sprechen die restriktive Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung an, die gegenüber Saudi-Arabien genauso gilt wie gegenüber jedem anderen Land. Bei jedem einzelnen Antrag - ehrlich gesagt liegt das eher in der Federführung des Wirtschaftsministeriums, aber da Sie mich fragen, sage ich das auch gerne in Vertretung -- auf die Ausfuhr eines Gegenstandes, eines Produktes, das unter diese Definition fällt, prüft die Bundesregierung, ob eine Exportgenehmigung angemessen ist oder nicht. Da verbietet sich im Grunde jede Art von pauschaler Definition; es kommt da sehr stark auf den Einzelfall und jedes einzelne Produkt an.

Zusatzfrage : Herr Flosdorff, da sind Sie vielleicht eher Experte: Was für Waffen gibt es denn, die nicht zur innerstaatlichen Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden können, die Deutschland nach Saudi-Arabien liefern könnte? Gibt es solche Waffen überhaupt?

Flosdorff: Ich bin kein Experte, der hier über so etwas Auskunft geben könnte.

Zusatzfrage : Herr Schäfer, Herr Steinmeier musste sich gedanklich doch konkrete Waffensysteme vorgestellt haben?

Schäfer: Ich kann nur noch einmal bekräftigen, dass die Rüstungsexportpolitik eine Politik ist, in der wir sehr umsichtig und sehr restriktiv mit Genehmigungen des Exports von Rüstungsgütern umgehen. Das, was der Außenminister im "Bericht aus Berlin" gesagt hat, steht ganz genau so, und das bedeutet: Für alle Anträge aus Saudi-Arabien oder jedem anderen Land in der Region und in der Welt werden wir genau diese Grundsätze anwenden, über die es in der Bundesregierung absolute Einigkeit gibt.

Frage : US-Präsident Obama hat sich gestern für das Töten zweier westlicher Geiseln per Drohnenangriff entschuldigt. Er bedauerte das uns sprach von einer schrecklichen Tragödie. Hat sich die Bundesregierung auch schon bei den Angehörigen entschuldigt, Herr Seibert?

StS Seibert: Ich verstehe den Sinn und Hintergrund Ihrer Frage nicht.

Zusatzfrage : Ich frage das, weil Deutschland die US-Drohnenangriffe via Ramstein duldet.

StS Seibert: Das ist ja eine Behauptung von Ihnen -

Zusatz : Nein, das ist eine Tatsache.

StS Seibert: -, über die wir hier ja schon mehrfach gesprochen haben. Ich habe meinen Ausführungen der letzten Pressekonferenzen zu diesem Thema nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Ich frage aber, ob Sie sich entschuldigen.

StS Seibert: Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Die Bundesregierung äußert sich zu diesem Zwischenfall, den der US-Präsident zum Anlass für seine Erklärung genommen hat, nicht.

Frage : Es soll am Montag, glaube ich, in Barcelona noch eine Gedenkfeier für die Opfer des Germanwings-Absturzes geben. Ich möchte wissen, ob die Bundesregierung dort vertreten sein wird, und wenn ja, durch wen.

StS Seibert: Die Bundesregierung wird vertreten sein. Ich sage jetzt einmal vorbehaltlich - ich glaube, es ist so -, dass es der Chef des Bundeskanzleramts, Minister Altmaier, sein wird.

Freitag, 24. April 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 24. April 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/04/2015-04-24-regpk.html;jsessionid=63DCF324C4DA247B31311ED7B72AE1FE.s3t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2015

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