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PRESSEKONFERENZ/1046: Regierungspressekonferenz vom 24. August 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 24. August 2015
Regierungspressekonferenz vom 24. August 2015

Themen: Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten, Begnadigung sechs Oppositioneller in Weißrussland, gewalttätige Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenau, Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung in China auf Deutschland, mögliche Teilnahme von Mitgliedern der Bundesregierung an einer Militärparade in China zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs, Stilllegung von Kraftwerken, Forderungen nach Schaffung eines Einwanderungsgesetzes, Treffen der Bundeskanzlerin mit dem französischen und dem ukrainischen Präsidenten, Ankündigung einer Reise des Bundesaußenministers in den Iran, Transportflugzeug A400M, Rücktritt von Mahmoud Abbas vom Amt des Vorsitzenden des PLO-Exekutivkomitees, Tag der offenen Tür der Bundesregierung, Pressekonferenz der Bundeskanzlerin in der Bundespressekonferenz, Personalie

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Dimroth (BMI), Modes (BMWi), Semmelmann (BMF), Diroll (BMZ), Henjes (BMVg), Knödler (BMZ)


Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einen Hinweis zu einem Termin heute Nachmittag geben. Sie wissen, dass es um 17 Uhr ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit Präsident Hollande gibt. Vor diesem Gespräch werden beide kurze Erklärungen vor der Presse abgeben. Das wird gegen 16.45 Uhr sein, und zwar im ersten Stock des Kanzleramts, am üblichen Presseort.

Zum Zweiten möchte ich auf Ereignisse in Weißrussland, Belarus, eingehen. Sie haben es sicherlich mitbekommen: Am Samstag wurden dort sechs politische Gefangene freigelassen. Die Bundesregierung hat von der Freilassung der sechs Gefangenen, darunter Nikolai Statkewitsch, Kenntnis genommen. Wir begrüßen diesen Schritt. Belarus erfüllt damit eine seit langer Zeit vorgetragene Forderung nicht nur der Bundesrepublik und der Bundesregierung, sondern auch der Europäischen Union. Dazu gehört auch die volle Rehabilitierung der Freigelassenen. Mit der Freilassung der politischen Gefangenen können sich die Beziehungen der Europäischen Union zu Belarus verbessern. Ein wichtiger Gradmesser werden auch die für den 11. Oktober angesetzten Präsidentschaftswahlen in Belarus sein. Wir werden ihren Verlauf sehr aufmerksam verfolgen.

Schließlich möchte ich Ihnen im Namen der Bundeskanzlerin einige Worte zu dem sagen, was sich in den vergangenen Tagen und Nächten in Heidenau abgespielt hat.

Die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung verurteilen die gewalttätigen Ausschreitungen und die aggressive fremdenfeindliche Stimmung, die dort erzeugt wurde, auf das Schärfste. Es ist abstoßend, wie Rechtsextremisten und Neonazis versuchen, rund um eine Flüchtlingseinrichtung ihre dumpfe Hassbotschaft zu verbreiten. Es ist beschämend, wie Bürger, sogar Familien mit Kindern durch ihr Mitlaufen diesen Spuk unterstützen.

Die Bundeskanzlerin hat sich, wie Sie wissen, bereits in einem Fernsehinterview vor acht Tagen sehr klar zum Thema Übergriffe gegen Flüchtlingseinrichtungen geäußert. Ich wiederhole das heute; sie sagte: Gewalt gegen Asyleinrichtungen, Gewalt gegen Flüchtlinge - dafür gibt es keine Rechtfertigung. Das ist unseres Landes nicht würdig.

Anfang des Jahres hatte die Bundeskanzlerin in einem anderen, aber verwandten Zusammenhang davor gewarnt, denen zu folgen, die Vorurteile, Kälte, sogar Hass in ihren Herzen tragen. Das gilt auch heute, das gilt mehr denn je.

Deutschland ist ein Land der Mitmenschlichkeit, ein Land, das die Menschenwürde eines jeden Einzelnen achtet. Das beweisen - gerade zurzeit - unzählige Bürger, ob Ehrenamtliche oder Hauptamtliche, in diesen Tagen, in denen so viele Menschen aus aller Welt in unser Land kommen. Unabhängig davon, ob der Einzelne ein Bleiberecht als Kriegsflüchtling oder ob er oder sie Asylgründe hat - jeder hat das Recht, hier würdig und respektvoll behandelt zu werden.

Wer so handelt wie die Gewalttäter von Heidenau, der stellt sich weit außerhalb unserer Werteordnung. Wer Gewalt gegen die Polizei anwendet, dem wird mit der ganzen Härte des Gesetzes begegnet.

Deutschland lässt nicht zu, dass Flüchtlinge, über deren schwierige Lebenssituation durchaus jeder einmal nachdenken sollte, hier von hasserfüllten Parolen empfangen oder von alkoholisierten Schreihälsen bedroht werden.

Ministerpräsident Tillich selbst hat sich gestern ein Bild von der Lage in Heidenau gemacht. Er weiß: Wenn eine weitere polizeiliche Unterstützung des Bundes erforderlich ist, so wird der Bund auch helfen.

Die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung arbeiten intensiv daran, dass alle Ebenen des Staates - Bund, Länder und Gemeinden - bei der Bewältigung der Aufgaben, die sich uns jetzt stellen, zusammenwirken. Vieles ist schon geschehen. Es laufen intensive Abstimmungen zwischen Bund und Ländern. Noch im September wird die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder über weitere Maßnahmen beraten. Die Herausforderung ist erheblich, aber wir werden sie meistern - besonnen, zuversichtlich und vor allem gemeinsam.

Frage: Nur zur Sicherheit: Die Presseerklärung ersetzt nicht die für 18.45 Uhr angesetzte Pressekonferenz?

StS Seibert: Nein.

Zusatz: Das ist zusätzlich.

StS Seibert: Dies ersetzt nicht die Pressekonferenz, die die drei - Präsident Hollande, Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Poroschenko - um 18.45 Uhr abhalten. Dies ist ein Statement nur von Hollande und Merkel kurz vor 17 Uhr.

Frage: Herr Seibert, weshalb besucht die Bundeskanzlerin nicht ein Flüchtlingsheim? Gerade in Heidenau, wo es seit drei Tagen ganz schlimme Unruhen gibt, wäre es doch wichtig, jetzt ein Zeichen gegen Fremdenhass zu setzen.

Eine zweite Frage an das Auswärtige Amt: Wie besorgt sind Sie, dass das Ansehen Deutschlands angesichts dieser Ereignisse in Heidenau beschädigt wird?

StS Seibert: Ich habe gerade für die Bundeskanzlerin, für die gesamte Bundesregierung eine sehr klare Aussage zu den Ereignissen in Heidenau gemacht. Der Bundeswirtschaftsminister wird heute für die Bundesregierung Heidenau besuchen. Ich glaube, dass dies gerade läuft.

Ansonsten ist es in allererster Linie die Aufgabe der Kanzlerin, an der Spitze der Bundesregierung dazu beizutragen, dass sowohl national als auch in Europa die angemessenen Maßnahmen ergriffen werden, um die Ankunft von Hunderttausenden von Flüchtlingen zu bewältigen. Daran arbeitet die Bundeskanzlerin jeden Tag intensiv.

Schäfer: Deutschland ist ein weltoffenes und tolerantes Land. Gerade der Umgang mit Flüchtlingen zeigt das. Alle Meinungsumfragen in Deutschland - nicht nur die Politik der Bundesregierung - belegen, welch großes Verständnis, welch großes Mitgefühl und welche Aufnahmebereitschaft es in Deutschland für die vielen Flüchtlinge gibt, die in den letzten Jahren und ganz besonders in diesem Jahr zu uns gekommen sind. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieses Bild von unserem Land überall in der Welt vermittelt worden ist und weiter vermittelt wird.

Es ist richtig, dass die Bilder aus Heidenau, die mich persönlich abgestoßen haben, nicht gerade dazu beitragen, dieses grundsätzliche Bild Deutschlands im Ausland zu unterstützen. Aber ich glaube, die klare Reaktion aus der Politik, aber auch von den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland zeigt, dass es sich um eine verschwindend geringe Minderheit handelt, die weit und breit im Land keine Unterstützung genießt. Ich glaube, das ist auch das Bild, das von Deutschland ausgeht.

Auch die Initiativen, die es über das Wochenende und in den letzten Tagen vonseiten der Bundesregierung zum Umgang mit der Flüchtlingskrise in Deutschland und Europa gegeben hat, zeigen, in welcher Weise wir mit großer Unterstützung der Bevölkerung entschlossen sind, die Menschen, die zu uns kommen und auf der Flucht vor politischer Verfolgung sind, würdig und wie Mitmenschen zu behandeln. Alle unsere Anstrengungen gehen genau auf dieses Ziel.

Frage: Herr Seibert, Herr Dimroth, müssen sich Ihre Chefs mittlerweile eingestehen, dass in Deutschland rechter Terror herrscht?

StS Seibert: Ich hielte das, was die Ereignisse in Heidenau betrifft, für eine viel zu weitgehende Aussage auf das ganze Land hochgerechnet. Was von den Ereignissen in Heidenau zu halten ist, wie scharf sie zu verurteilen und wie abstoßend die Bilder von dort sind - das habe ich gerade für die Bundeskanzlerin gesagt.

Genauso richtig ist das, was der Sprecher des Auswärtigen Amtes gerade gesagt hat: Das ist nicht das Bild, das in ganz Deutschland herrscht, im Gegenteil.

Dimroth: Auch der Bundesinnenminister hat sich über das gesamte Wochenende hinweg sehr deutlich zu dem geäußert, was in Heidenau passiert ist. Der Begriff "Terrorismus" ist ein rechtlich festgeschriebener Begriff. Insofern würde ich dem, was Herr Seibert dazu gesagt hat, nichts hinzufügen wollen.

Richtig und wichtig ist, dass die Sicherheitsbehörden einschließlich des Bundesverfassungsschutzes selbstverständlich sehr aufmerksam beobachten, was auch in diesem Spektrum passiert, und zu angemessen Schlüssen kommen, soweit das erforderlich ist.

Selbstverständlich ist das eine ernst zu nehmende Entwicklung. Die Zahlen auch in diesem Bereich, was Übergriffe gegen Asylbewerberunterkünfte und Asylbewerber anbetrifft, sind gestiegen. Das ist aus den von den beiden Sprechern vor mir gerade genannten Gründen nicht hinnehmbar. Aber Sie können gewiss sein, dass die Sicherheitsbehörden sehr aufmerksam darauf schauen, um die angemessenen Schlüsse zu ziehen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass das eher ein Einzelfall, ein Einzelereignis und keine Reihe von Übergriffen und Angriffen auf Flüchtlingsheime und -unterkünfte ist?

StS Seibert: Nein. Das habe ich weder gesagt, noch hätten Sie mich da richtig verstanden. Herr Dimroth hat es genau gesagt: Wir haben - das macht uns besorgt, und das verfolgen wir sehr genau - eine steigende Zahl solcher Vorkommnisse. Das wird sehr ernst genommen. Aber das ist noch immer ein weiter Weg zu der Aussage, die Sie in den Raum stellten und von der Sie wollten, dass ich sie bestätige.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gesagt, dass Herr Gabriel heute im Namen der Bundesregierung Heidenau besucht. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat er dort ziemlich wörtlich gesagt, jeder einzelne dieser Flüchtlinge gehöre mehr zu diesem Land als Menschen, die mit nationalistischen Parolen das tun, was sie tun. Hat er das auch im Namen der Bundesregierung gesagt, beziehungsweise macht sich die Kanzlerin diese Einschätzung zu eigen?

Zweitens. Politik besteht zum Teil ja doch auch aus symbolischen Aktionen. Das wissen Sie besser als jeder andere. Manchmal ist eine symbolische Aktion nicht nur das, was man macht, sondern das, was man nicht macht. Ist es nicht doch angezeigt, dass die Bundeskanzlerin in naher Zukunft eine direkte Begegnung mit Flüchtlingen an einem repräsentativen Ort, wenn man so will, in Erwägung zieht? Es muss ja nicht Heidenau sein.

StS Seibert: Zum ersten Teil Ihrer Frage: Ich weiß noch nicht, wie der Besuch des Bundeswirtschaftsministers dort abgelaufen ist. Ich habe noch gar keine Äußerungen von dort gehört und würde deswegen nur ungern auf mir jetzt zugetragene Äußerungen reagieren. Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang er dies gesagt hat. Es ist auf jeden Fall gut und im Sinne der gesamten Bundesregierung, dass der Bundeswirtschaftsminister selbst heute dort vor Ort ist.

Zu der Frage, die Sie angeschlossen haben, haben wir hier schon mehrfach berichtet. Ich habe Ihnen ausgeführt, wie intensiv die Bundeskanzlerin auf allen Ebenen - sowohl national als auch europäisch - mit der Lösung der Flüchtlingsproblematik befasst ist. Sie selbst hat bereits gesagt, sie werde zum gegebenen Zeitpunkt sicherlich eine Flüchtlingseinrichtung besuchen.

Zusatzfrage: Ist dieser gegebene Zeitpunkt in einem Zeitrahmen absehbar, in einer Woche, in zwei, in drei Wochen?

StS Seibert: Warten Sie die Ankündigung ab, die wir dann machen.

Frage: Herr Seibert, einmal anders gefragt: Das aktuelle Jugendwort des Jahres beschreibt das aktuelle Verhalten der Kanzlerin ganz gut und steht für Nichtstun, keine Entscheidung treffen und ausschließlich selbstverständliche Äußerungen von sich geben. Warum bevorzugt es die Kanzlerin, weiter zu "merkeln"?

StS Seibert: Ich habe Ihnen hier beschrieben, wie die Bundeskanzlerin agiert. Mit welchen Worten Sie das belegen, das ist Ihre journalistische Verantwortung.

Zusatzfrage: Herr Dimroth, Ihr Minister hat am Samstag von friedlich angemeldeten Protesten in Heidenau gesprochen. Kann man auch gewaltsame Proteste anmelden, oder hat er sich da versprochen?

Dimroth: Nein. Aber die Voraussetzung für eine erfolgreiche Anmeldung einer Versammlung ist, dass sie friedlich stattfindet. Das ist sowohl im Grundgesetz als auch in den das Grundgesetz ausführenden einfachen Gesetzen so vorgesehen. Insofern ist eine tatbestandliche Voraussetzung für die erfolgreiche Anmeldung einer Versammlung, dass diese friedlich ist.

Zusatzfrage: Warum gibt es eigentlich bei einem Bundesligaspiel mehr Polizeikräfte als bei solchen angemeldeten Protesten in Heidenau?

Dimroth: Die polizeiliche Lage vor Ort ist selbstverständlich durch die zuständigen Behörden zu beurteilen gewesen. Das ist in diesem Fall der Freistaat Sachsen gewesen. Insofern kann ich jetzt keine pauschale Gegenüberstellung vornehmen.

Es ist aber gewiss, dass die Sicherheitsbehörden der Länder, die auch für die Bundesligaspiele und deren Sicherheit zuständig sind, durch die Kräfte des Bundes, durch die Bundespolizei bezüglich der Sicherheit bei den Bundesligaspielen ebenso unterstützt werden wie auch bei solchen außerordentlichen Vorkommnissen wie in Heidenau. Ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die zuständigen Polizeiführer die Kräfte im Grundsatz lageangemessen anfordern, um den jeweiligen Lagen dann auch Herr zu werden.

Frage: Ich war vorhin in der Auffangstelle Turmstr. 21 vom LAGeSo. Der Verein "Moabit hilft!" vermittelt dort Wohnungen für Flüchtlinge auch an Privatstellen. Ich hätte dafür Räumlichkeiten. Jetzt wird dort gesagt, die Hostels nähmen keine Flüchtlinge mehr auf, weil das Land Berlin die Gutscheine nicht bezahlt. Wie will der Bund denn da helfen? Im nächsten Monat findet ja ein Treffen mit den Regierungschefs der Bundesländer statt. Vielleicht gibt es da schon etwas Konkretes. Die müssen sich ja schon vorher zusammengetan haben.

Vorsitzender Szent-Iványi: An wen richtet sich diese Frage?

Zusatz: An Herrn Seibert, bitte.

StS Seibert: Auf diesen Einzelfall, den Sie ansprechen, kann ich hier jetzt nicht reagieren. Aber Sie haben vollkommen recht: Das Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Bundesländer, das es im September geben wird, wird natürlich gut vorbereitet. Derzeit gibt es eine Vielzahl von Treffen auf allen Ebenen, auch auf der Ebene des Bundeskanzleramts mit den Chefs der Staatskanzleien der Bundesländer. Das heißt, wir sind mit den Ländern - wie es sein muss - im Gespräch über alle Facetten der Aufgaben, die sich jetzt stellen: finanzielle, organisatorische und personelle Facetten. Aber darin - ich bitte um Entschuldigung - kann ich jetzt diesen Fall nicht einordnen. Aber wenn das ein Problem für das Land ist, dann wird es das in diesem Kreise sicherlich vorbringen.

Frage: Herr Dimroth, die Deutsche Polizeigewerkschaft hat jetzt eine Bannmeile um alle Flüchtlingsheime gefordert. Das heißt, innerhalb einer solchen Zone können Polizisten anlasslos Personalien kontrollieren sowie Platzverweise und Aufenthaltsverbote aussprechen. Was hält denn der Innenminister davon?

Dimroth: Ich kann nur noch einmal darauf verweisen, auch wenn ich Sie damit langweile, dass für die Sicherheit der Asylbewerberunterkünfte die jeweiligen Bundesländer zuständig sind. Das ändert nichts daran, dass der Bundesinnenminister im Grundsatz eine sehr klare Haltung dazu hat, die sowohl von mir oder meinen Kollegen hier als auch durch den Bundesinnenminister selbst gerade auch in jüngerer Vergangenheit in kaum steigerbarer Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht wurde, nämlich dass jeder - so, wie Herr Seibert es eben in seiner Erklärung gesagt hat -, der hierherkommt - völlig egal, aus welchen Motiven, völlig egal, aus welchem Land, völlig egal, mit welchem Hintergrund -, um hier Schutz zu suchen, Schutz bekommen muss. Das bedeutet, dass er sicher, anständig und würdig untergebracht wird. Zur Sicherheit gehört natürlich auch, dass keine Übergriffe stattfinden. Noch einmal: Was konkrete Maßnahmen anbetrifft, um dieses Ziel zu erreichen, so richtet sich diese Forderung an die dafür zuständigen Bundesländer.

Zusatzfrage: Ich habe eine allgemeine Lernfrage an Herrn Seibert und Herrn Dimroth: Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass so etwas, was am Wochenende in Heidenau passiert ist, nicht noch einmal irgendwo in Deutschland passieren kann? Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, damit so etwas nicht mehr passiert? Denn wir sitzen alle zwei, drei Wochen hier und fragen zu ähnlichen Ereignissen. Das kann doch nicht mehr so weitergehen.

StS Seibert: Ich glaube, das ist zunächst einmal beim Innenministerium und im Grund genommen auch bei den Ländern besser aufgehoben.

Dimroth: Ich denke, es ist Aufgabe der Bundesregierung und auch des Bundesinnenministers, zunächst einmal auf einer Ebene ganz klar Position zu beziehen, was von solchen Ereignissen, was von den Menschen, die für solche Ereignisse verantwortlich sind, zu halten ist. Das ist, wie gesagt, in einer für mich kaum vorstellbar steigerbaren Deutlichkeit geschehen, gerade auch im Zusammenhang mit den jüngeren Ereignissen.

Organisatorisch - auch das hat Herr Seibert erwähnt - steht der Bund selbstverständlich mit seinen Kräften zur Verfügung, wenn die dafür zuständigen Länder eine entsprechende Verstärkung anfordern. Diese Verstärkung wird durch den Bund jederzeit gewährleistet. Das ist völlig zweifellos.

Zusatzfrage: Heißt das, in Zukunft liegt es auch einmal an den Ländern, dem Bund rechtzeitig Bescheid zu geben "Hier könnte etwas passieren; komm' einmal her!"?

Dimroth: Ich habe in meinen Antworten bisher nicht zum Ausdruck gebracht, dass Kräfte in Heidenau nicht rechtzeitig, zu spät oder gar nicht angefordert wurden. Ganz grundsätzlich haben wir in der Bundesrepublik Deutschland eine Sicherheitsarchitektur, die so ist, wie sie ist. Das bedeutet, dass die Länder zuständig sind, was die operative Sicherheit dieser Einrichtungen anbetrifft. Das befreit den Bund aber nicht davon, sich klar zu positionieren und da, wo angefordert, entsprechend zu unterstützen. Beides geschieht in vollem Umfang.

Frage: Herr Gabriel hat gestern in einem Interview verlangt, dass die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung, wenn ich das richtig verstanden habe, weitestgehend oder annähernd komplett vom Bund zu tragen sind. Hat er auch damit den Willen der gesamten Bundesregierung zum Ausdruck gebracht? Diese Information ist ja vermutlich allgemein angekommen.

StS Seibert: Es ist bekannt, dass der Bund sein finanzielles Engagement bereits in diesem Jahr erheblich erhöht hat und dies im kommenden Jahr noch einmal weiter steigern wird. Darüber hinaus sind jetzt die finanziellen Fragen, die selbstverständlich auf den Tisch gehören, zwischen Bund und Ländern genau zu besprechen. Dem werde ich nicht vorgreifen.

Frage: Herr de Maizière hat am Wochenende gesagt, dass 800.000 Flüchtlinge pro Jahr in Zukunft zu viel für Deutschland seien. Sieht das die Kanzlerin ebenso?

StS Seibert: Zunächst einmal haben wir jetzt die Prognose für die Gesamtzahl der Flüchtlinge, die in diesem Jahr in Deutschland erwartet werden. Ich glaube, niemand kann schon jetzt vorhersagen, wie sich diese Zahl in den Jahren 2016, 2017 und 2018 entwickeln wird. Unsere Arbeit ist jetzt darauf ausgerichtet, mit dieser Zahl zurechtzukommen und dafür zu sorgen, dass die staatlichen Institutionen gewappnet sind und dass wir genau das gewährleisten können, was wir vorhin angesprochen haben, nämlich eine menschenwürdige und respektvolle Aufnahme sowie eine zügige Bearbeitung der Asylanträge. Darüber hinaus werde ich nicht in die Zukunft spekulieren. Ich glaube, das wollte auch der Bundesinnenminister nicht.

Zusatzfrage: Ich habe eine Lernfrage an Herrn Dimroth: Wie ist eigentlich die Zahl von 800.000 Flüchtlingen genau zu verstehen? Ist das die Migration insgesamt, oder haben Sie noch eine Migration aus anderen EU-Ländern, legale Migration usw.? Gibt es eine Gesamtzahl für 2015 oder für die Zukunft?

Dimroth: Zunächst einmal noch zu der Frage davor: Wenn Sie den Bundesinnenminister zitieren, dann bitte zukünftig zutreffend. Er spricht davon, dass auf Dauer - also nicht für die nächsten Jahre, sondern auf Dauer - eine Zahl von 800.000 Flüchtlingen zu hoch ist. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Zu Ihrer Lernfrage: Die Zahl 800.000 betrifft die zu erwartenden Asylantragsteller für das laufende Jahr 2015. Die Fallgruppen, die Sie zusätzlich angesprochen haben, sind in dieser Zahl nicht enthalten. Eine gesamte, aufsummierte Zahl für das Jahr 2015 kann ich Ihnen nicht nennen.

Es gibt eine Reihe von Publikationen zu den Themen, die Sie angesprochen haben, insbesondere zur EU-Binnenmigration. Es gibt einen Migrationsbericht der Bundesregierung, der auch Abwanderungen mit in Rechnung stellt; denn auch das findet in großen Zahlen statt, sodass man einen Saldo bilden muss, wenn man innerhalb der EU von Zu- und Abwanderung spricht. Es gibt eine Reihe von Bundesbürgern, die Deutschland verlassen - aus welchen Gründen auch immer -, beispielsweise um woanders tätig zu werden. Insofern muss man da einen Saldo bilden. Aber diejenigen sind in den 800.000 nicht enthalten.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema China und wüsste gerne, ob die Bundesregierung über die Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung in China besorgt ist, die sich inzwischen deutlich am Aktienmarkt zeigen. Vielleicht gibt es auch eine Meinung zu den Maßnahmen, die dort angekündigt worden sind, mit denen die chinesische Regierung der konjunkturellen Abwärtsfahrt begegnen möchte.

Vorsitzender Szent-Iványi: An wen richtet sich diese Frage?

Zusatz: An denjenigen, der sich dafür zuständig fühlt. Herr Seibert oder das Wirtschaftsministerium, würde ich jetzt vermuten.

Modes: Ich würde einmal beginnen. Vielen Dank für die Frage. - Wir verfolgen die Entwicklung in China natürlich sehr aufmerksam. Die unmittelbaren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft dürften zum jetzigen Zeitpunkt allerdings gering sein. In China findet derzeit eine Abschwächung des Wachstumstempos statt, was gemeinhin als "new normal" bezeichnet wird. Bei einer Wachstumsabschwächung geben die volatilen Exporte nur geringfügig nach, haben wir beobachtet.

Die Exporte nach China sind für Deutschland wichtig, haben aber nur einen Anteil von 6,6 Prozent. Die Exportdynamik kommt derzeit aus den 28 EU-Ländern.

Allgemein zur Konjunktur in Deutschland: Sie ist robust, vor allem getragen von der hohen Inlandsnachfrage. Im Zuge der Wachstumsanstrengungen der Schwellenländer und der weiterhin hohen Ölproduktion kommt es zu einem Rückgang der Ölpreise.

Dann hatten Sie noch nach Maßnahmen gefragt. Die Maßnahmen, die China im Rahmen der Turbulenzen trifft, kann ich von dieser Seite aus nicht bewerten.

Zusatzfrage: Den Verfall des deutschen Aktienindex DAX auf unter 10.000 Punkte, was ja doch erheblich ist, finden Sie gering? Das verstehe ich jetzt aus Ihren Worten.

Modes: Wir bewerten das nicht. Ich kann Ihnen nur die Auswirkungen auf Deutschland sagen, die wir daraus sehen, die sich ergeben.

Zusatz: Auch wenn Sie das nicht bewerten, ist "gering" aus meiner Sicht aber schon eine Bewertung. Ich bin jetzt ein bisschen verwirrt.

Modes: Die Märkte bewerten wir vonseiten des Wirtschaftsministeriums nicht. Ich kann Ihnen nur die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft sagen. Hier sehen wir nur geringe Auswirkungen, und zwar aufgrund der Daten zum Export, die ich Ihnen genannt habe.

Frage: Ich würde diese Frage der Kollegin gerne noch an das Finanzministerium weitergeben, weil ich im Rahmen der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen gelernt habe, dass es einen hochrangigen regelmäßigen Finanzdialog zwischen Deutschland und China gibt. Ich weiß gar nicht, was das ist. Das wäre die erste Frage. Werden auch solche Fragen dort besprochen, also die Entwicklung in China?

Semmelmann: Die von Ihnen angesprochenen Konsultationen finden mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf der Fachebene statt. Was allerdings die aktuelle Entwicklung angeht, würde ich sagen, ist G7 das richtige Forum dafür. Die G7-Staaten tauschen sich regelmäßig und eng darüber aus, wobei ich das nicht auf das Thema China eingrenzen will, sondern nur sehr allgemein sage. Die Inhalte sind vertraulich. Das heißt, ich kann jetzt nicht bestätigen oder dementieren, worüber in diesem Forum gesprochen wird. Aber ich kann sagen, dass man sich eng und regelmäßig austauscht.

Frage: Herr Schäfer, China will am 3. September mit einer Militärparade des Endes des Zweiten Weltkriegs gedenken. Nimmt jemand von der Bundesregierung daran teil, zum Beispiel der Außenminister?

Schäfer: Ich weiß von keiner Teilnahme des Außenministers. Ich kenne allerdings aus Berichten unserer Botschaft in Peking die Pläne der chinesischen Staatsführung, dieses Ereignis zu feiern. Es ist China selbstverständlich unbenommen, dieses Ereignis in einer aus seiner Sicht geeigneten Weise zu feiern. Ob und wie die Bundesregierung an diesen Feierlichkeiten teilnehmen wird, kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht sagen.

Zusatzfrage: Könnten Sie das nachreichen?

Schäfer: Sofern das schon entschieden wäre, klar.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Nach neuen Zahlen der Bundesnetzagentur schalten immer mehr Energieversorger Kraftwerke ab. Gibt es deswegen einen Handlungsbedarf? Muss deswegen bei der Energiewende nachgesteuert werden?

Modes: Vielen Dank für die Frage. - Wichtig für das BMWi und zentrale Aufgabe der Energiepolitik ist die Sicherstellung der Versorgungssicherheit. Die Versorgungssicherheit ist in Deutschland, insbesondere auch im kommenden Winter, selbst in den kritischsten Situationen gewährleistet. Wir haben derzeit kein Kapazitätsproblem am Strommarkt. Deutschland- und europaweit betrachtet haben wir derzeit sogar Überkapazitäten.

Die Entscheidung einer Stilllegung ist jeweils eine unternehmerische Entscheidung.

Wir haben mit dem System von Wintergesetz und Reservekraftwerksverordnung gesetzliche Regelungen, um die Versorgungssicherheit in Süddeutschland auch in den Wintermonaten zu gewährleisten. Das ist eine vorübergehende Regelung, derzeit befristet bis 2017.

Die Kraftwerksbetreiber müssen bei der BNetzA, wie Sie es schon gesagt haben, die Stilllegung anmelden. Die BNetzA prüft, ob sie für die Versorgungssicherheit relevant sind, und kann sie sozusagen gegebenenfalls in die Netzreserve überführen. Auf der Seite der Bundesnetzagentur gibt es eine Liste, in der Anträge und wie ihnen stattgegeben wurde genau aufgeführt sind.

Wie gesagt: Es gibt keine Kapazitätsprobleme, sondern wir haben sogar Überkapazitäten.

Zusatzfrage: Könnten Sie sagen, wie viele Kraftwerke theoretisch noch abgeschaltet werden könnten?

Modes: Möglicherweise gibt es dafür Berechnungen. Ich müsste einmal bei der Bundesnetzagentur nachfragen, ob die so etwas hat.

Zusatz: Es wäre schön, wenn Sie das nachreichen könnten.

Modes: Ja.

Frage: Ich habe eine Frage an Herr Seibert: Gestern haben sich in der "F.A.S." zwei Minister im weitesten Sinne zur Flüchtlingsproblematik geäußert. Sie fordern darin erneut ein Einwanderungsgesetz. Meine Frage an Sie: Ist diese Diskussion ein bisschen weiter vorangeschritten? Dies war ja hier schon öfter Thema. Gibt es vielleicht mittlerweile inhaltliche Punkte? Wie könnte so ein Einwanderungsgesetz aussehen? Was würde es dazu beitragen, die ganze Situation hier im Lande zu verbessern? Gibt es dazu einen neuen Stand?

StS Seibert: Zunächst einmal möchte ich zu dem Text der beiden Minister nur sagen, dass es natürlich sehr viel Übereinstimmung gibt und dass sehr viele Punkte, die darin genannt werden, genau der schon jetzt durchgeführten Regierungspolitik entsprechen, vor allem das Drängen auf europäische Lösungen, das die beiden Minister sehr stark machen. Wir sprechen mit unseren europäischen Partnern und der Europäischen Kommission genau darüber, welche Schritte jetzt unternommen werden können, um zu einer harmonischen europäischen Lösung zu kommen.

Zum Thema Einwanderungsgesetz: Die Kanzlerin hat in dem von mir vorhin schon erwähnten Sommerinterview deutlich gemacht - das ist am 19. Juli gewesen -: Wir überprüfen zurzeit die Regelungen für eine geregelte Einwanderung. Nach einer solchen Überprüfung sind gesetzliche Änderungen immer möglich. Wir müssen aber sagen, dass Deutschland in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Regelungen neu beschlossen hat, die die Fragen der Einwanderung und der Arbeitsaufnahme erheblich erleichtern. Das heißt, da ist schon viel geschehen. Die Diskussion über ein solches mögliches Gesetz läuft in den Parteien. Das ist nichts, wozu der Regierungssprecher weiter Stellung nehmen könnte.

Zusatzfrage: Verstehe ich Sie richtig - das hat ja schon eine ziemliche Wichtigkeit, zumindest für manche Kabinettsmitglieder -, dass das Thema eines Einwanderungsgesetzes jetzt erst einmal nachrangig ist, weil es sozusagen andere Themen gibt, die aktuell zu lösen sind, und man dann sehen wird, ob es überhaupt eines Einwanderungsgesetzes bedarf?

StS Seibert: Ich will das nicht bewerten. Es gibt darüber eine Diskussion in den Parteien, und da soll sie auch geführt werden. Für die Bundesregierung ist zurzeit natürlich vordringlich, dass wir die Aufgaben lösen, die der Umgang mit so vielen Asylbewerbern zunächst einmal stellt, dass wir dabei zu Lösungen kommen, dass wir zu einer schnelleren Bearbeitung der Asylanträge kommen, dass wir zu mehr Plätzen in Erstaufnahmeeinrichtungen kommen usw. Das ist all das, was der Bundesinnenminister am Wochenende auch noch einmal betont hat. Ich will das eine nicht gegen das andere ausspielen, aber für die Bundesregierung sind diese operativen Aufgaben zurzeit vorrangig.

Frage: Ich habe noch einmal eine Frage zu gesetzlichen Regelungen. Herr Seibert, Herr Dimroth, kommt es für die Bundesregierung infrage, den Bundesländern, die nicht bereit oder in der Lage sind, rechtsextreme Ausschreitungen vor Flüchtlingsheimen zu verhindern, die Hilfsmittel zu kürzen, wie man es bei afrikanischen Ländern plant, die sich weigern, ihre Bürger zurückzunehmen?

Dimroth: Zunächst müssten Sie vielleicht etwas konkretisieren, was Sie mit Hilfsmitteln meinen; das ist mir nicht ganz klar. Das ist in dem anderen Kontext sehr deutlich, und insofern wäre ich erst einmal für eine Konkretisierung dankbar, ohne in Aussicht stellen zu wollen, dass die dann darauf folgende Antwort Sie abschließend befriedigen wird. Aber ich wäre dankbar, wenn Sie vielleicht erläutern könnten, welche Hilfsmittel Sie meinen.

Zusatz: Das Bund-Länder-Geflecht ist ja so kompliziert, dass man wahrscheinlich einige Stellschrauben so stellen kann, dass man sagen kann "Sachsen, das wird abgezogen" oder "Das wird jetzt einmal gestoppt" oder "Die Hilfe wird jetzt einmal eingestellt". Ich weiß es nicht, aber es muss ja irgendwelche Stellschrauben geben, mit denen man den Ländern einmal ein bisschen mehr Druck machen kann. Sie zeigen ja nämlich auch oft auf die Länder und sagen, dass die ihre Hausaufgaben offenbar nicht machen.

Dimroth: Auch diesem Eindruck muss ich leider erst einmal wieder entgegentreten. Dieses stete Bemühen, mir sozusagen durch Fragestellungen Aussagen unterzuschieben, ist auf Dauer etwas ermüdend. Ich habe nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Länder ihre Hausaufgaben nicht machen, mit keinem Wort. Insofern weise ich das zurück und kann das so nicht stehen lassen.

Im Übrigen kann ich, wenn Sie sagen, es gäbe da vielleicht irgendwelche Stellschrauben, nicht pauschal die Frage beantworten, ob Stellschrauben, die Sie im Kopf haben und die ich jetzt so nicht zuordnen kann, weil sie nicht hinreichend konkret in Ihrer Frage benannt worden sind, dazu geeignet wären oder nicht.

Ganz grundsätzlich, noch einmal gesagt, ist es natürlich Aufgabe der Länder, für die Sicherheit dieser Unterkünfte zu sorgen. Der Bund unterstützt das, wo er kann, und wird das auch in Zukunft tun; das ist völlig selbstverständlich. Dem habe ich auch in diesem Kontext nichts hinzuzufügen.

Schäfer: Sie sprechen den Punkt 7 aus dem Zehn-Punkte-Plan der Minister Gabriel und Steinmeier an. Wenn Sie wollen, erläutere ich das vielleicht einmal nur ganz kurz: Dabei geht es letztendlich darum, dass wir erwarten, dass Menschen aus Ländern, aus denen Menschen zu uns kommen, die (das Vorliegen einer) politischen Verfolgung behaupten, aber deren Anspruch letztlich nach den laufenden Verfahren abschließend und rechtskräftig abgelehnt wird, dann von diesen Ländern auch wieder zurückgenommen werden. Es gibt vielfältige Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Zusammenarbeit mit diesen Ländern. Dabei geht es manchmal um die Ermittlung von Identitäten, weil Menschen, die zu uns kommen, ihre Pässe vorher weggeworfen haben oder ihrer jedenfalls nicht mehr habhaft sind, oder es geht darum, dass es gültige Reisedokumente geben muss, auf deren Grundlage diese Menschen dann überhaupt in ihrer Heimatländer zurückkehren können. Bedauerlicherweise - das ist ein dickes Brett, das auch immer wieder vom BMI und vom Auswärtigen Amt gebohrt werden muss - gibt es Länder, bei denen - ich sage es einmal vorsichtig - die Zusammenarbeit in diesen Fragen ausbaubar ist. Da eine Konditionalität einzuführen, wie die beiden Minister es gestern im Punkt 7 ihres Zehn-Punkte-Plans öffentlich gemacht haben, soll dem Zweck dienen, die Bereitschaft dieser Länder zu erhöhen, uns dabei zu helfen, mit diesem Problem umzugehen. Dazu gehört auch, dass diejenigen, hinsichtlich derer Gerichte oder deutsche Behörden der Meinung sind, dass keine politische Verfolgung vorliegt, eben auch wieder zurückgeführt werden können. Das eine geht nicht ohne das andere. Ich glaube, das ist auch die Botschaft, die die beiden Minister mit diesem Punkt 7 ihres Zehn-Punkte-Plans zum Ausdruck bringen wollen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, wie bewertet die Kanzlerin den Zehn-Punkte-Plans der beiden Minister?

StS Seibert: Das habe ich gerade gesagt. Ich hatte mich vor etwa dreieinhalb Minuten genau dazu geäußert.

Dimroth: Nur eine kurze Ergänzung: Der Bundesinnenminister unterstützte das, was Herr Schäfer gerade vorgetragen hat, nachhaltig. Ich hatte Sie aber gerade so verstanden, dass Sie nach dem Bund-Länder-Verhältnis fragten, also nach den Bundesländern. Okay, dann habe ich Sie richtig verstanden. Aber das, was Herr Schäfer gerade vorgetragen hat, entspricht zu 100 Prozent dem, was wir darüber denken.

Frage: Frau Diroll, Ihr Bundesminister wird ja praktisch seit Amtsantritt nicht müde, eine Neuorganisation der europäischen Flüchtlingspolitik und vor allem verstärkte Finanzmittel zu fordern. Er sagt, es müssten keine neuen Mittel sein, sondern das ginge über den Weg der Umschichtung. Er ist da, wie gesagt, seit annähernd zwei Jahren fast ein alleiniger Rufer in der Wüste. Gibt es da unter dem Eindruck der jüngeren Ereignisse zum einen auf der EU-Ebene Fortschritte? Gibt es zum anderen eine verstärkte Unterstützung der gesamten Bundesregierung?

Diroll: Der Minister hat bei zwei EZ-Räten in Brüssel - einen im Dezember vergangenen Jahres und einen im Mai dieses Jahres - sehr viel Unterstützung für seinen Vorschlag erhalten. Frau Mogherini, die Außenkommissarin, die an jener Stelle die Sitzungen geleitet hat, hat die Vorschläge aufgenommen. Im Januar dieses Jahres ist bereits ein erster Beschluss erfolgt. Es wurde von der EU-Kommission eine Sondermilliarde für den Bereich der Flüchtlinge zugesagt. Ein weiterer Schritt war vor zweieinhalb Wochen ein Paket in Höhe von 2,3 Milliarden Euro, die die EU-Kommission zur Unterstützung der Aufnahmeländer in der Region rund um den Syrien Konflikt zugesagt hat. Die Forderungen des Ministers haben damit also nicht nur Gehör gefunden und sind so aufgenommen worden, wie Sie es gerade geschildert haben, sondern sie sind auch breit diskutiert worden. Viele Länder, die schon im Dezember vergangenen Jahres und im Frühjahr mit ähnlichen Flüchtlingszahlen zu kämpfen hatten, haben dem Minister an dieser Stelle große Zustimmung zuteilwerden lassen. Wir sind im Moment immer noch in Gesprächen mit der EU.

Sie wissen, dass der Minister auch gesagt hat: Das sind keine neuen Milliarden, die die EU an dieser Stelle zur Finanzierung braucht, sondern das kann aus bestehenden Finanztöpfen der Entwicklungszusammenarbeit finanziert werden. Die Entwicklungsfinanzierung läuft immer über sieben Jahre, diesmal beginnend mit dem Jahr 2013. Hier ist Minister Müller der Auffassung, dass man sich die Schwerpunkte anschaut, die Fokussierung anschaut und aufgrund der Situation überall um Syrien herum und in den Gebieten, aus denen die Flüchtlinge zu uns kommen, die Bereiche "Flüchtlingsunterstützung", "Aufbau von Unterkünften/Flüchtlingsunterbringung", "Schule" und "Ausbildung" unterstützt, und zwar so, wie auch die deutsche Bundesregierung in diesem Bereich unserer Haushaltsmittel aufgestockt hat. Wir haben zum Beispiel, wenn ich einen Punkt nennen darf, zusammen mit dem Auswärtigen Amt seit 2012 rund 1 Milliarde Euro in den um Syrien liegenden Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen - noch in ganz anderen Größenordnungen als wir -, eingesetzt. Die Liste lässt sich fortsetzen. Wenn Sie dazu noch Fragen haben, stehe ich dafür gerne bereit.

Zusatzfrage: Ist mit diesen Umschichtungen und Schwerpunktmitteln - das sind ja keine geringen Summen - die Forderung des Ministers zufriedenstellend erfüllt, oder ist das aus Sicht Ihres Hauses eigentlich nur ein erster Anfang? Wie groß ist dann das weitere Volumen, das noch bedient werden kann und muss?

Diroll: Das Volumen hat der Minister beziffert. Er hat von Anfang an dieses 10-Milliarden-Notprogramm gefordert. 3 Milliarden Euro, wie ich Ihnen eben geschildert habe, sind von der EU-Kommission jetzt bereits in diese Arbeit investiert worden beziehungsweise geflossen. Der Minister steht zu diesen 10 Milliarden Euro und sieht den Bedarf an dieser Stelle als drängender denn je an. Wir merken ja schon an den Themen, die wir hier diskutieren, dass der Druck steigt, und deshalb bleibt es bei dieser Größenordnung, die der Minister jetzt als Notprogramm an dieser Stelle gefordert hat.

Darüber hinaus ist Minister Müller natürlich der Auffassung, dass wir die Entwicklungszusammenarbeit mit vielen dieser Länder, aus denen die Flüchtlinge zu uns kommen, stärken müssen und dass Entwicklungszusammenarbeit gerade in den Bereichen von Bildung, Schule und beruflicher Bildung gut investierte Gelder sind.

Frage: Herr Seibert, heute Abend wird das Treffen der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten und dem ukrainischen Präsidenten stattfinden. Mit welchem Ziel wird das Treffen heute abgehalten?

Der russische Präsident wird nicht dabei sein. Welches Signal soll damit nach Moskau gesendet werden?

StS Seibert: Das Ziel des heutigen Treffens bezieht sich natürlich immer wieder auf das Maßnahmenpaket von Minsk. Das ist und bleibt unser Referenzpunkt. Heute Abend sollen in erster Linie die Perspektiven dafür erörtert werden, wie man den Minsk-Prozess stärken kann. Wir müssen ja leider feststellen, dass sich die Sicherheitslage in der Ostukraine in der vergangenen Zeit, in den letzten Wochen, verschlechtert hat. Das bringt nicht nur für die Bevölkerung schwere Probleme mit sich, sondern auch für die OSZE-Sonderbeobachtungsmission, die ja sehr wichtig ist, wenn wir wollen, dass das Minsker Maßnahmenpaket greift und umgesetzt wird. Dieser ganze Minsk-Prozess, der auf politischen Ausgleich, auf Deeskalation zugunsten der Bürger, der Menschen, die dort leben, und zugunsten einer friedlichen Lösung ausgerichtet ist, ist zurzeit gestört und befindet sich in einer schwierigen Phase. Es soll also darum gehen, wie dieser Prozess wieder gestärkt werden kann.

Die Besetzung in Form der drei - Merkel, Hollande und Poroschenko - ist kein Signal. Es hat diese Dreier-Gespräche vor allem auch telefonisch immer wieder gegeben. Das ersetzt nun auch nicht, wie mancher schon am Wochenende vermutet hat, künftige Gespräche im vollen Normandie-Format, sondern das ist jetzt einfach eine Bestandsaufnahme: Was kann geschehen, damit der wirklich so wichtige Minsk-Prozess, der hinsichtlich des Versuchs, die Probleme zu lösen, immer noch das Beste ist, was wir haben, wieder vorangebracht wird?

Zusatzfrage: Heute feiert man in der Ukraine einen Unabhängigkeitstag, und das Treffen findet ausgerechnet heute statt. Das ist kein Telefonat, sondern ein Treffen in Berlin. Ist damit also wirklich keine Signalwirkung, keine Symbolwirkung gemeint?

StS Seibert: Es ist richtig, dass Sie daran erinnern: Heute ist der ukrainische Unabhängigkeitstag. Wir gratulieren der Ukraine zu ihrem Unabhängigkeitstag. Gleichwohl sind wir, was den Minsk-Prozess betrifft, zurzeit in einer schwierigen Phase, und es ist in allseitigem Interesse, zu schauen, wie wir vorankommen können, wie wir eine Umsetzung der einzelnen Punkte von Minsk wirklich voranbringen können. Das ist der Sinn des heutigen Treffens.

Zusatzfrage: Noch eine kurze Nachfrage: Gab es eine negative Reaktion seitens Moskaus auf dieses Treffen und darauf, dass der russische Präsident nicht dabei ist?

StS Seibert: Nein. Ich habe es gesagt: Das ist kein Ersatz für Treffen und Gespräche im Vierer-Format, die es immer wieder auf verschiedenen Ebenen gibt. Dies ist etwas, das es telefonisch schon mehrfach gegeben hat, nämlich ein Gespräch des französischen Präsidenten, der Bundeskanzlerin und des ukrainischen Staatspräsidenten. Ich kenne auch keine Reaktionen darauf, schon gar nicht, bevor das Treffen überhaupt stattgefunden hat.

Frage: Wie sollte man den Minsker Prozess stärken? Was ist die Meinung der Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Nun gut, wir müssen natürlich einfach zuerst einmal - "einfach" sollte ich nicht sagen, weil dort nichts einfach ist - dort ansetzen, wo die Probleme schon beginnen: Die Verletzungen der Waffenruhe müssen zurückgefahren werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Waffenruhe tatsächlich eingehalten wird. Das, was derzeit an vielen Orten in der Ostukraine passiert, steht eben im Widerspruch zu den Buchstaben und dem Geist des Minsker Maßnahmenpakets. Schon dieser Zustand, dass es keinen Frieden und keine Waffenruhe gibt, gefährdet die Umsetzung aller weiteren zentralen Punkte wie die Vorbereitung der Kommunalwahlen und die Verfassungsänderung.

Die Bundesregierung appelliert, und dies ja nicht zum ersten Mal, an alle Konfliktparteien, in den Gremien, die dafür vorgesehen sind - die Arbeitsgruppen der Kontaktgruppe, die sich ja vor einiger Zeit gebildet haben -, Gespräche darüber aufzunehmen, wie wir die Lage schnellstmöglich beruhigen können. Es gibt Arbeitsgruppen, in denen der Fortschritt größer ist, und es gibt Arbeitsgruppen, in denen der Fortschritt noch eine Schnecke ist.

Zusatzfrage: Ja, aber das war keine Antwort auf meine Frage. Das war eine Beschreibung der Realität. Wie wollen Sie das machen?

StS Seibert: Wir können immer nur den Weg des Gesprächs und der Überzeugung wählen, und das war ja von vornherein der Grundgedanke. Minsk setzt ja dem kriegerischen Geschehen in der Ostukraine eine friedliche Alternative entgegen. Zu der haben sich alle Beteiligten bekannt. Wir müssen dafür sorgen - mit aller Überzeugungskraft, die wir haben, und mit allem diplomatischen Geschick, das wir und auch die Franzosen haben -, dass dieses Minsker Maßnahmenpaket Realität werden kann. Daran arbeiten der Außenminister und die Bundeskanzlerin unermüdlich, und wir werden auch weiterhin die Kraft der Überzeugung, der Argumente und der Beharrlichkeit wählen müssen.

Zusatzfrage: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

StS Seibert: Das, finde ich, ist jetzt eine zu negative Einschätzung von Ihnen. Nur weil wir noch nicht da sind, wo wir gerne wären, und nur weil es Probleme gibt, sind der Minsker Prozess und das Minsker Maßnahmenpaket deswegen ja nicht wertlos. Im Gegenteil: Es ist immer noch der einzige Weg, den alle Parteien beschrieben und auf den sich alle Parteien geeinigt haben, der zu einer friedlichen Lösung im Interesse der Menschen in der Region führen kann. Daran müssen wir festhalten.

Frage: Herr Schäfer, weil Herr Seibert gerade von kriegerischem Geschehen spricht, habe ich noch eine Nachfrage zur letzten Woche, als ich gefragt hatte, ob für die Bundesregierung das, was in der Ukraine los ist, Krieg ist, oder ob es wie für Kiew ein Anti-Terror-Kampf ist. Dazu hatte sich Ihre Kollegin fast gar nicht geäußert. Man will also weder sagen, dass das ein Anti-Terror-Kampf ist, noch, dass es ein Krieg ist. Können Sie endlich einmal sagen, ob das für die Bundesregierung ein Krieg ist? Es sind ja nämlich auch völkerrechtliche Fragen, die dabei eine Rolle spielen.

Schäfer: Begrifflichkeiten helfen uns, glaube ich, bei der Lösung der Krise nicht weiter. Ich kann, und das will ich als Erstes sagen, wirklich nur Herrn Seibert beipflichten, dass es nicht Aufgabe der Bundesregierung ist, die Streitigkeiten, die es zwischen den Separatisten sowie auch zwischen Kiew und Moskau gibt, so einfach beizulegen. Das müssen die drei Konfliktparteien schon schön selbst machen. Was wir seit Februar des letzten Jahres tun, ist, mit vollem Engagement, auch mit viel politischem Risiko, jedenfalls mit größtem Engagement dafür zu sorgen, dass die Beteiligten - insbesondere die Regierungen in Kiew und in Moskau - miteinander reden. Dem dient das Normandie-Format; denn außerhalb des Normandie-Formats hat es in der letzten Zeit weitgehend keinerlei Kommunikation und Gespräch mehr gegeben. Das ist der Sinn und Zweck des Normandie-Formats.

Das ist kein Selbstzweck, sondern wenn da jemand bessere Ideen dafür hat, auf welche Art und Weise man die Konfliktparteien miteinander ins Gespräch bringt, dann wäre die Bundesregierung die Allerletzte, die solchen guten Vorschlägen nicht aufgeschlossen gegenüberstände. Das ist wahnsinnig schwierig, weil immer wieder aufs Neue versucht werden muss, die Gesprächsfäden zu knüpfen. Das haben die Außenminister insgesamt fünfmal getan. Die Bundeskanzlerin hat es gemeinsam mit dem französischen Präsidenten am 11. und 12. Februar getan. Dabei ist das Minsker Maßnahmenpaket herausgekommen. Herr Seibert hat beschrieben, welche Schwierigkeiten es macht, das umzusetzen.

Ich wäre nur sehr vorsichtig damit, zu sagen, dass das alles gescheitert sei, solange man nicht etwas Besseres parat hat. Im Übrigen ist das Kaffeesatzleserei. Sie wissen, glaube ich, genauso wenig wie wir auf dieser Seite der Bank, was passiert wäre, wenn es Minsk und die Bemühungen Deutschlands und Frankreichs um Vermittlung und Ausgleich sowie eine Lösung der Krise in der Ostukraine nicht gegeben hätte. Ich glaube, wir waren mehrfach in einer Situation, in der womöglich ein offener Krieg mitten in Europa hätte stattfinden können. Da sind wir jedenfalls nicht, auch wenn die Lage mit vielen Tausenden Toten, Millionen Flüchtlingen und viel menschlichem Leid wirklich besser sein könnte.

Jetzt zu Ihrer Frage: Krieg ist ein völkerrechtlicher Zustand des formalen Miteinanders im Kampf-Sein zwischen zwei Staaten. Das ist ganz offensichtlich nicht der Fall. Ich möchte mir aber gleichzeitig für die Bundesregierung auch nicht den Begriff des Anti-Terror-Kampfes zu eigen machen. Das ist eine Begrifflichkeit, die gerne und aus Kiewer Sicht auch völlig zurecht verwandt wird. Für uns ist das ein ganz ernster Konflikt, der jeden Tag Menschenleben kostet, und unser Einsatz zielt ausschließlich darauf ab, dem Leid ein Ende zu setzen und den Risiken für die europäische Friedensordnung, die der Konflikt automatisch mit großen Gefahren in sich birgt, entgegenzuwirken.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, wenn (kein) Krieg zwischen zwei Staaten stattfindet, dann ist das halt ein Bürgerkrieg zwischen zwei Volksgruppen in der Ukraine. Warum ist denn das kein Bürgerkrieg?

Schäfer: Dass das, was da passiert - die militärische Auseinandersetzung unter Nutzung schwerer Waffen -, Züge von etwas hat, das Sie als Krieg bezeichnen, kann ich überhaupt nicht abstreiten; das ist doch völlig selbstverständlich. Da ist schweres Gerät im Einsatz. Wir bemühen uns seit vielen, vielen Monaten darum, die Konfliktparteien dazu zu bewegen, endlich einmal diese Waffen zurückzuziehen - das ist Teil von Minsk, das ist auch Teil unserer Verhandlungen -, und das werden wir auch weiterhin tun. Der Außenminister hat heute seinen Botschafterinnen und Botschaftern auf der gerade heute Morgen eröffneten Botschafterkonferenz mit auf den Weg gegeben: Selbst wenn es noch so frustrierend ist, selbst wenn es noch so mühsam ist, und selbst wenn es immer wieder zu Rückschlägen kommt, wird diese Bundesregierung nicht davon ablassen, zu versuchen, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und Lösungen zu finden, die irgendwann perspektivisch auch zu einer Beruhigung der Lage und zu einem Ende des Leids von Millionen Menschen führen können.

Frage: Herr Seibert, der Außenminister hatte vorhin angekündigt, dass es demnächst wieder ein Treffen im Normandie-Format geben könnte. Kann man dieses Treffen heute Abend eigentlich auch als eine Art Etappe auf dem Weg zu so einem möglichen Treffen verstehen? Was ist da eigentlich der Zeitrahmen?

StS Seibert: Vielleicht sagt der Sprecher des Außenministers etwas dazu.

Schäfer: Ich kann es vielleicht nur geraderücken: In der Tat sprach Herr Steinmeier davon, dass es sein kann, dass das Normandie-Format eines bleibt, das aus unserer Sicht faute de mieux eines ist, mit dem wir arbeiten wollen. Das schließt selbstverständlich auch nicht aus, dass es auf welcher Ebene auch immer wieder zu Begegnungen der Außenminister und womöglich sogar der Staats- und Regierungschefs kommt.

Herr Steinmeier hat heute in seiner Rede weder einen konkreten Termin noch ein konkretes Format genannt. Der Versuch, Gespräche zu vermitteln, läuft innerhalb der Kontaktgruppe weiter. Auch übermorgen wird die Kontaktgruppe wieder tagen. Auch die vier Arbeitsgruppen werden, glaube ich, wieder tagen. Im Lichte der Ergebnisse dessen, was dabei in Hinblick auf die bald anstehenden Kommunalwahlen, die militärische Lage vor Ort, den Waffenstillstand, den Rückzug schwerer Waffen und die Rolle der OSZE herauskommen wird, müssen wir schauen, wann der Punkt gekommen ist, an dem es zweckmäßig sein könnte, sich auf politischer Ebene vielleicht auch wieder im Normandie Format zu treffen. Aber von konkreten Absichten hat der Außenminister nicht gesprochen, und darüber kann ich Ihnen hier auch nicht berichten.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben gerade gesagt, dass das Normandie-Format faute de mieux so aussieht, wie es aussieht. Der polnische Präsident hat eine Erweiterung dieses Formats vorgeschlagen, zum Beispiel auf die EU oder die USA. Was halten Sie davon?

Zur zweiten Frage: Herr Poroschenko hat erwähnt, in den letzten Tagen seien drei russische Konvois in die Ostukraine eingedrungen. Verfügen Sie über Erkenntnisse über diese Behauptung?

Schäfer: Ich glaube, der ukrainische Präsident hat das heute auf seiner offiziellen Rede aus Anlass des Tags der Unabhängigkeit auf dem Chreschtschatyk gesagt. Das ist jetzt ein paar Stunden her. Mir liegen jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine belastbaren eigenen Erkenntnisse vor, die das, was der ukrainische Präsident gesagt hat - ich glaube, im Übrigen, gesagt hat, ohne das irgendwie kontextuell und zeitlich einzugrenzen -, nicht nachhalten. Aber ich denke, wenn der ukrainische Präsident so etwas sagt, dann ist das für uns auch Anlass und Gelegenheit, das zu überprüfen.

Zu Ihrer ersten Frage ist eigentlich alles in dem gesagt worden, was ich vor einigen Minuten gesagt habe: Wenn es Vorschläge inhaltlicher Natur oder prozeduraler Natur gibt, gerne auch, was die Teilnehmer angeht, die aus Sicht aller Beteiligten und insbesondere aus Sicht der Konfliktparteien - denn die müssen mit den Formaten arbeiten, und die müssen auf der Grundlage dessen, was es an Formaten gibt, miteinander zu Lösungen kommen - (dafür geeignet sind), dann wird das ganz sicher nicht an der Bundesregierung scheitern.

Frage: Herr Seibert, Herr Schäfer hat gerade gesagt, dass es die Aufgabe der Bundesregierung ist, die Konfliktparteien ins Gespräch zu bringen. Warum ist das dann heute Abend nicht gelungen?

StS Seibert: Heute Abend findet, wie wir jetzt mehrfach beschrieben haben, ein Dreier-Treffen statt, wie es bereits viele Dreier-Gespräche zum Thema Ukraine und Konfliktlösung gegeben hat. Es ist vollkommen klar und auch immer Grundlage der Politik der Bundesregierung, dass eine offene Diskussion und ein enger Draht mit Moskau bei allen Fragen unverzichtbar sind, die zur Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets gehören. Diesen engen Draht pflegen die Bundesregierung, die Bundeskanzlerin persönlich und der Bundesaußenminister, und der wird auch weiter gepflegt werden.

Schäfer: Vielleicht nur ein konkretes Beispiel, das Ihnen aufzeigt, wie schwierig das ist, aber wie sehr sich die Bundesregierung gleichwohl darum bemüht, für Kontakte zwischen den Konfliktparteien zu sorgen: Die Bundeskanzlerin und der Außenminister haben in der letzten Zeit in ihren Kontakten mit Moskau und Kiew immer wieder festgestellt, dass es bei der Interpretation von Minsk - der rechtlichen, verfassungsrechtlichen, staatsrechtlichen Interpretation - große Meinungsverschiedenheiten zwischen Moskau und Kiew gegeben hat. Das ist deshalb zum Anlass dafür genommen worden, die Rechtsexperten der jeweiligen Regierungen, nämlich der Kiews und der Moskaus, nach Berlin einzuladen, gemeinsam mit unseren französischen Partnern. So haben sich letzte Woche Donnerstag unter Leitung des Völkerrechtsberaters der Bundesregierung, Herrn Botschafter Koch, in Berlin Experten aus Paris, aus Moskau und aus Kiew getroffen, und zwar mit unserem Ziel, in den Positionierungen zwischen Kiew und Moskau zu etwas mehr Verständnis und Ausgleich auf dem Weg zu einer Umsetzung von Minsk beizutragen. Das sind alles verdammt dicke Bretter, die man da bohren muss. Manchmal muss man die Fortschritte mit der Lupe suchen, manchmal findet man sie gar nicht, manchmal geht es größere Schritte voran, und dann kommt es wieder zu Rückschlägen.

Aber ich finde, das ist ein ganz gutes Beispiel dafür, um Ihnen aufzuzeigen, in welcher Detailtiefe die Bundesregierung bereit ist, immer wieder dafür zu sorgen, dass Kiew und Moskau miteinander in Kontakt kommen, in Kontakt bleiben und miteinander darum ringen, irgendwie ansatzweise konstruktive Lösungen zu finden, die uns nach vorne bringen.

Frage: Ich verstehe nicht ganz, warum man sich dann heute persönlich trifft und nicht, wie früher, ein Telefonat der drei durchführt.

Können Sie bestätigen, dass dieses Treffen auf Wunsch von Kiew stattfindet?

StS Seibert: Wenn es Treffen gibt, dann gibt es immer Verabredungen zu diesen Treffen. Mehr sage ich dann dazu nie.

Es macht einfach Sinn, sich persönlich zu treffen. Sie kennen den Unterschied zwischen einem Telefonat und einem persönlichen Treffen. Es hat jetzt in diesem Format länger keines mehr stattgefunden. Es ist richtig und gut, dass heute Abend die drei Regierungschefs beziehungsweise die beiden Staatspräsidenten und die Bundeskanzlerin mit ausreichend Zeit miteinander zusammensitzen, um wirklich in die Tiefe und alle Facetten der Probleme zu gehen.

Frage: Herr Schäfer, zwei Fragen zum Thema Iran: Der Bundesaußenminister hat heute angekündigt, dass er im Oktober in den Iran reisen wird. Mit welchen Erwartungen reist er in den Iran und was bedeutet das für die bilateralen Beziehungen? Soweit ich weiß, ist es der erste Besuch eines deutschen Außenministers dort seit fast zwei Jahrzehnten.

Eine zweite Frage: Israel hat den Iran beschuldigt, hinter dem jüngsten Raketenangriff vom syrischen Territorium zu stehen. Ich hätte gerne eine Reaktion Ihres Hauses dazu.

Schäfer: In der Tat hat der Außenminister heute in seiner Eröffnungsrede der diesjährigen Botschafterkonferenz davon gesprochen, dass er in Kürze - im Oktober - nach Teheran zu reisen beabsichtigt. Die Gespräche über einen möglichen Zeitpunkt einer solchen Reise und über die Gestaltung einer solchen Reise beginnen jetzt erst. Das ist noch eine ganze Zeit hin; bis Anfang Oktober sind es noch mehr als fünf Wochen. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keinen konkreten Gesprächstermin nennen.

Aber der Außenminister ist der Auffassung, dass die Vereinbarungen von Wien vom 14. Juli und damit die Überwindung eines der ganz großen Brocken an Konflikten im Nahen und Mittleren Osten ein richtiger Anlass sind, die deutsch-iranischen Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen. Alle wissen, dass es in der Vergangenheit - im Grunde über Jahrhunderte, könnte man fast sagen; jedenfalls über Generationen - sehr enge Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran gegeben hat. Deutschland war eine lange Zeit lang der wichtigste Handelspartner des Iran. Es hat intensive politische, kulturelle, auch zwischengesellschaftliche Beziehungen zwischen beiden Ländern gegeben, die damals für beide Seiten sehr nützlich und sehr vorteilhaft gewesen sind. Im Grunde ist das Ziel, an diese Zeiten wieder anzuknüpfen. Das geht nicht von heute auf morgen, das wird Zeit brauchen. Aber das Wichtigste ist der erste Schritt. Da scheint uns das Timing, die internationale Lage und auch die Lage der bilateralen Beziehungen geeignet zu sein, das jetzt anzupacken.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Bundesregierung hat mit einiger Sorge am Ende der vergangenen Woche mitverfolgt, dass es aus Syrien zu Raketenangriffen auf Israel gekommen ist. Solche Angriffe von syrischem Territorium aus verurteilen wir auf das Schärfste. Wenn irgendjemand - wer auch immer das ist - versucht sein sollte, von syrischem Territorium sozusagen die Lunte zu legen, um einen weiteren Baustein in der Krisenlage in der Region zu legen und einen Konflikt zwischen Syrien und Israel heraufzubeschwören, dann muss er wissen, was das bedeuten kann, nämlich eine weitere drastische Eskalation der Lage.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch sagen: Israel hat natürlich das Recht, sich gegen solche Angriffe von außen nach den Regeln des Völkerrechts angemessen zu verteidigen.

Zu Ihrer konkreten Frage vielleicht nur einen Satz: Wir haben keine eigenen Erkenntnisse darüber, wer diese Raketenangriffe durchgeführt und politisch zu verantworten hat. Wir haben den Medien entnommen, dass es von israelischer Seite Vorwürfe gibt, die sich für uns jetzt nicht ohne Weiteres überprüfen lassen. Letztlich geht es um die Rolle des Iran als ein ganz wichtiger, vielleicht entscheidender Spieler in der Region des Nahen und Mittleren Ostens.

Herr Steinmeier hat heute Morgen auf der Botschafterkonferenz noch einmal zum Ausdruck gebracht, dass er auch mit den Vereinbarungen über das iranische Atomprogramm vom 14. Juli die Hoffnung verfolgt, dass es, wenn Teheran das will und sich entsprechend einbringt, gelingen kann, zu neuen konstruktiveren Beziehungen bei all den Konfliktlagen im Nahen und Mittleren Osten zu kommen. Dazu gehört aus unserer Sicht auch, dass die offensichtlich bestehenden Verbindungen und auch die Unterstützung von Organisationen wie Hisbollah und anderen in der Region zu diesen Organisationen, die aus unserer Sicht eher terroristischen Aktivitäten nachgehen, in Teheran auf den Prüfstand gestellt werden.

Frage: Ehud Barak hat am Wochenende enthüllt, dass die israelische Regierung in den letzten fünf Jahren dreimal entschlossen war, iranische Atomanlagen zu bombardieren und offenbar nur durch Bedenken hochrangiger Militärs daran gehindert wurde. Herr Schäfer, waren der Bundesregierung solche Pläne in irgendeiner Form bekannt, die ja ungeahnte Auswirkungen hätten haben können?

Schäfer: Der Bundesregierung war durch Äußerungen von offiziellen Vertretern Israels und der israelischen Regierung bekannt, dass die israelische Regierung solche Maßnahmen in Erwägung ziehen könnte. Das haben wir an mehreren Stellen der Verhandlungen des iranischen Atomprogramms, etwa durch den iranischen Ministerpräsidenten, erlebt. Darüber hinaus gibt es, glaube ich, keine weiteren Erkenntnisse, die der Bundesregierung vorgelegen hätten.

Zusatzfrage: Gehen Sie davon aus, dass die Gefahr solcher erneuten Militärschläge durch die jetzigen Vereinbarungen mit dem Iran eingedämmt sind oder halten Sie so etwas für immer noch möglich? Man kann ja nicht immer darauf vertrauen, dass der israelische Generalstab als Friedensengel auftritt.

Schäfer: Wir sind mit unseren Partnern in den E3+3 der festen Überzeugung - sonst hätten wir die Vereinbarung vom 14. Juli auch nicht unterzeichnet -, dass sie die richtige ist, um sicherzustellen, dass auf absehbare Zeit eine nukleare Bewaffnung des Iran durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen ausgeschlossen ist. Wir gehen davon aus, dass der Iran sich an die Vereinbarung vom 14. Juli dem Geiste und den Buchstaben nach in vollem Umfang halten wird. Wir haben durch die Vereinbarung des 14. Juli sichergestellt, dass es eine lückenlose Überprüfung der vom Iran zugesagten und versprochenen Maßnahmen zum Abbau des Atomprogramms kommen wird. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es zu einer Normalisierung der Beziehungen einschließlich einer Aufhebung der gegen den Iran verhängten multilateralen und bilateralen Sanktionen kommt.

Diese unsere Haltung ist der israelischen Regierung bekannt. Diese unsere Haltung ist auch von den deutschen Verhandlungsführern, unter anderem von Botschafter Lucas, der israelischen Regierung wirklich im Detail erläutert worden. Wir erleben weiter, dass die israelische Regierung, insbesondere angesichts einer heftigen Debatte in den Vereinigten Staaten von Amerika, aus ihrer Ablehnung der Vereinbarungen von Wien keinen Hehl macht. Wir sind da anderer Meinung. Wir werden auch nicht nachlassen, unsere Meinungen, unsere Überzeugungen, angereichert durch die Fakten dessen, was wir am 14. Juli erreicht haben, mit allen unseren Partnern, einschließlich Israel, auszutauschen und dafür zu werben, dieser Vereinbarung eine Chance zu geben.

Frage: Herr Schäfer, die iranische Regierung, speziell das Außenministerium, hat in den letzten Tagen wiederholt davor gewarnt, dass Israel versuchen wird, diesen Deal zu sabotieren. Sehen Sie die jetzigen Vorwürfe gegen Teheran auch als ein Instrument oder einen Weg, diesen Deal zu torpedieren?

Schäfer: Das kann ich nicht beurteilen, und ich will auch überhaupt nicht auf die Motivationslage von wem auch immer eingehen. Das kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen.

Frage: Herr Schäfer, zum Besuch von Herrn Steinmeier im Iran: Ist auch geplant, dass er sich mit dem sogenannten obersten Führer Khamenei trifft?

Schäfer: Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass die Besuchsplanungen sich in einem sehr frühen Stadium befinden. Mein Gefühl sagt mir - ohne, dass ich das jetzt belastbar begründen könnte -, dass es unüblich ist, dass sich ausländische Gäste, zumal Außenminister, mit dem geistlichen Führer des Iran treffen. Aber ich will überhaupt keine Barrieren einbauen. Der Besuch von Herrn Steinmeier beruht auf einer Einladung seines iranischen Amtskollegen. Ich bin ganz sicher, dass wir einen geeigneten Termin finden und ein Besuchsprogramm vereinbaren werden, das den Zielen, die ich vorhin versucht habe zu erläutern, dann auch tatsächlich entspricht.

Zusatzfrage: Würde er sich denn wünschen, sich mit Herrn Khamenei zu treffen? Er hat am Ende im Iran doch wie kein anderer etwas zu sagen.

Schäfer: Ich war heute Zeuge der Rede des Außenministers und hatte seither noch keine Gelegenheit, ihm diese Frage zu stellen. Wenn Sie mir die Gelegenheit geben, sie zu stellen, dann antworte ich hoffentlich beim nächsten Mal darauf.

Frage: Ich versuche es mit einer ganz kurzen Frage an Herrn Henjes: Morgen startet ein A400M zu einem seiner letzten Erprobungsflüge. Soweit ich weiß, hat die Ministerin immer gesagt, dass sie ganz hart um Ausgleichszahlungen mit Airbus verhandeln will. Gibt es ob der Verzögerung der Auslieferungen bereits eine Bestätigung über Ausgleichszahlungen? Wenn ja, in welcher Höhe?

Henjes: Vielen Dank für diese Frage. Mir persönlich liegen noch keine Erkenntnisse über ein Ergebnis vor. Wir sind noch im Gespräch mit Airbus. Insofern werden wir noch sehen, ob Ausgleichszahlungen und, wenn ja, in welchem Umfang geleistet werden. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts dazu sagen.

Frage: Herr Schäfer, am Wochenende ist Herr Abbas als PLO-Chef zurückgetreten. Zwei kurze Fragen dazu: Begrüßt die Bundesregierung das? Was bedeutet das für den sogenannten Friedensprozess?

Schäfer: Auf Ihre erste Frage möchte ich keine Antwort geben, und ich erläutere Ihnen auch, warum nicht: Die PLO ist kein Staat, und aus Sicht der Bundesregierung ist auch Palästina noch kein unabhängiger Staat. Gleichwohl gebietet es die Höflichkeit und auch die Rücksicht vor den inneren Angelegenheiten der PLO und der Palästinenser, von außen keine schlauen Kommentare von der Seitenlinie zu machen. Wir haben am Wochenende zur Kenntnis genommen, dass diese Entscheidung von Herrn Abbas getroffen worden ist, die nach allem, was wir wissen, sich wirklich nur auf das Exekutivkomitee der PLO und nicht auf die Rolle als Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde bezieht. Ich glaube, darüber, welche Motive dahinterstehen - ich sehe, dass in den Medien darüber spekuliert wird, wer vielleicht Herrn Abbas nachfolgen soll oder mag oder will -, ist es zu früh, an dieser Stelle zu sprechen.

Richtig ist, dass aus unserer Sicht Präsident Abbas eine ganz wichtige Rolle für den Nahost-Friedensprozess spielt, er immer wieder versucht hat, Lösungen auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung zu finden, die aus unserer Sicht, aus Sicht der Allermeisten in der internationalen Staatengemeinschaft, die richtige und wahrscheinlich auch die einzige Lösung ist, um den Nahost-Konflikt nachhaltig beizulegen. Wir wünschen uns, dass es eine Führung der PLO ebenso wie eine Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde gibt, die genau diesen Weg, nämlich den Weg des friedlichen Ausgleichs mit Israel ohne Terrorismus, ohne Gewalt auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung, die alle wichtigen Parameter lösen kann, weiter fortsetzt.

Zusatzfrage: Ich habe eine organisatorische Frage zu einem anderen Thema, nämlich zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung. Mich würde interessieren, wann die jeweiligen Minister an diesem Tag in ihren Häusern anwesend sein werden.

Herr Seibert, wann gibt es den BPK-Termin der Kanzlerin?

StS Seibert: Ich schlage vor, dass wir hier keine Abfrage von Ministerterminen durchführen, die sehr viel Zeit braucht. Es lässt sich sicherlich, wenn man in das Internet unter das Stichwort "Tag der offenen Tür" schaut, genau recherchieren, welcher Minister wann wo anwesend ist.

Der zweite Teil Ihrer Frage hat ja mit dem Tag der offenen Tür nichts zu tun. Aber es wird auch in diesem Jahr einen solchen BPK-Auftritt, eine Pressekonferenz der Bundeskanzlerin geben. Den Termin reiche ich Ihnen dann nach, wenn er feststeht.

Zusatzfrage: Wann können Sie noch nicht sagen?

StS Seibert: Ich nenne Ihnen den Termin dann, wenn er feststeht.

Zusatzfrage: Die Frage bezüglich des Tages der offenen Tür bezieht sich unter anderem darauf, dass im Verteidigungsministerium völlig unklar ist, ob Frau von der Leyen zum Beispiel anwesend sein wird oder nicht.

Henjes: Danke für die Frage. Der Tag der offenen Tür liegt vor uns, nämlich am nächsten Wochenende. Sie haben sicherlich den Inhalt unserer diesbezüglichen heutigen Pressemitteilung mitbekommen. Ich kann Ihnen aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, ob unsere Verteidigungsministerin an einem der beiden Tage hier in Berlin mit anwesend sein wird.

Vorsitzender Szent-Iványi: Dann hat zum Abschluss Frau Diroll noch eine Ankündigung.

Diroll: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

Knödler: Ganz kurz: Mein Name ist Benjamin Knödler. Ich bin ein (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich) des BMZ und dort seit 2007 tätig, zuletzt im G7-Präsidentschaftsteam und auch zwischendrin drei Jahre bei der Weltbank. Jetzt freue ich mich darauf, die Pressestelle des BMZ zu verstärken und mit Ihnen zusammenarbeiten.

Vorsitzender Szent-Iványi: Herzlichen Dank! Herzlich willkommen in der Bundespressekonferenz und auf gute Zusammenarbeit. - Dann hat Herr Schäfer noch eine Antwort nachzureichen.

Schäfer: Sie hatten zu China gefragt. Derzeitiger Planungsstand ist, dass unser Botschafter in Peking, Herr Botschafter Michael Clauss, bei der von Ihnen angefragten Veranstaltung am 3. September die Bundesregierung und Deutschland vertreten wird.

Montag, 24. August 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 24. August 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/08/2015-08-24-regpk.html;jsessionid=B363C2CB7A278DAEF58FCE808D850ACF.s1t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2015

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