Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1091: Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs zu Flüchtlingsfragen, 26.10.2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Brüssel - Montag, 26. Oktober 2015
Pressekonferenz nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs zu Flüchtlingsfragen am 26. Oktober 2015 in Brüssel

Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, VN Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)


P Juncker: Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ging uns darum, eine sich anbahnende und zum Teil schon existierende humanitäre Krise abzuwenden und der dramatischen Situation, die sich in den letzten Tagen an der Westbalkanroute entwickelt hat, Herr zu werden. Deshalb habe ich auf Anregung von Angela Merkel und in Folge von einigen anderen die Westbalkan-Staaten nach Brüssel gebeten, um uns für den Teil der europäischen Problematik auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen.

Ich muss am Schluss dieser Sitzung feststellen, dass sich die anwesenden Staats- und Regierungschefs ihrer Verantwortung sehr wohl bewusst sind. Wir hatten nicht nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die sich an der Westbalkanroute befinden, eingeladen, sondern auch den serbischen, den albanischen Kollegen sowie den Staatspräsidenten der früheren jugoslawischen Republik Mazedonien hinzugebeten. Außerdem war mir daran gelegen, auch den Hohen Flüchtlingskommissar der UN, meinen Freund António Guterres, zu diesen Gesprächen zu bitten, weil er wahrscheinlich als Einziger über eine globale Sicht der Dinge verfügt.

In der heutigen Sitzung haben wir drei Hauptherausforderungen angepackt.

Der erste Punkt war, eine Unterkunft zu finden. Wir müssen sicherstellen, dass Unterkünfte für die Flüchtlinge und Emigranten entlang der Westbalkanroute geschaffen werden. Sie müssen menschlich behandelt werden. Es kann nicht angehen, dass in Europa im Jahr 2015 Menschen auf Feldern leben und schlafen müssen, und zwar unter sehr kalten Temperaturen.

Heute hat man sich verpflichtet, alles anzubieten: Wasser, sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Unterkunft und Schlafmöglichkeiten. Wenn die nationalen Mittel nicht ausreichen, wird der Zivilschutzmechanismus ausgelöst. Eine ausreichend zeitlich befristete Unterbringung muss entlang der westlichen Balkanroute sichergestellt werden. Insgesamt werden in Griechenland und im westlichen Balkan bis zu 100.000 Plätze zur Verfügung gestellt. Ich bedanke mich beim griechischen Premierminister, die Aufnahmefähigkeiten bis Ende des Jahres auf 30.000 auszubauen. Mit Hilfe des UNHCR werden dann noch weitere 20.000 Stellen in Griechenland mit finanzieller Unterstützung der anderen zur Verfügung gestellt werden.

Ich bin insbesondere António Guterres sehr dankbar. Er wird sicherstellen, dass der UNHCR diese Bemühungen tatkräftig unterstützen wird. Das heißt, humanitäre Hilfe wird es für diejenigen geben, die die Hilfe benötigen. Die Aufnahmekapazitäten werden um weitere 50.000 an der Westbalkanroute aufgestockt.

Zweitens. Gemeinsam wollen wir die Migrationsströme in den Griff bekommen. Es gibt nur eine Möglichkeit, alles in den Griff zu bekommen: die unkontrollierten Ströme von Menschen müssen aufgehalten werden. Die Politik, die Menschen anderen zuzuschieben, muss aufhören. Es muss eine Registrierung geben. Keine Registrierung, keine Ansprüchen. Alle haben sich heute darauf verpflichtet, gemeinsam Informationen zu den Flüssen auszutauschen und keine einseitigen Maßnahmen zu ergreifen, die dann anderen aufgebürdet werden. Alle werden bis morgen eine nationale Kontaktperson auf allerhöchster Ebene benennen, um Informationen über die Ströme der westlichen Balkanroute auszutauschen.

Ein dritter Punkt ist das Grenzmanagement. Um Schengen sicherstellen zu können, müssen wir auch das Grenzmanagement zwischen Griechenland, Albanien und Serbien sicherstellen, und zwar in Zusammenarbeit mit Frontex. Zusätzlich dazu werden wir 400 Polizeikräfte in Slowenien innerhalb einer Woche zur Verfügung stellen. Die Europäische Union und unsere Nachbarländer müssen an einem Strang ziehen. Sie sind Partner in der Region. Alle möchten die EU-Werte schützen. Sie alle haben die EU-Perspektive und teilen dieses gemeinsame Ziel. Deswegen sind wir heute alle in diesem europäischen Geiste zusammengekommen.

Ich möchte mich insbesondere bei Angela für ihre Initiative und für die Unterstützung bedanken, damit dieses Treffen möglich wurde. Jetzt geht es darum, die Verpflichtungen umzusetzen, auf die wir uns heute verständigt haben. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel über europäische Werte gesprochen. Genauso wie ich wissen Sie, dass das alles nicht ausreichend umgesetzt wurde. Jetzt werden wir am Ende jeder Woche feststellen, welche Fortschritte erzielt wurden. Es gibt natürlich keine Allheilmittel. Die Grenzen dicht zu machen, ist langfristig keine Lösung. Die Lösung besteht darin, in Europa solidarisch und verantwortungsvoll zu handeln. All unsere Politiken - operationell und finanziell - müssen umgesetzt werden. Europa kann man nicht gegeneinander aufbauen. Man kann Europa nur aufbauen, wenn man miteinander arbeitet.

BK'IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, ich möchte mich ganz herzlich bei Jean-Claude Juncker bedanken, dass er dieses außergewöhnliche Treffen einberufen hat. Besondere Zeiten erfordern auch besondere Maßnahmen und besondere Formate. So war es heute wichtig, dass zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union und drei Nicht-Mitgliedstaaten am Tisch saßen. Aber genauso wichtig war, dass UNHCR, Frontex und EASO mit dabei waren - die Institutionen, die uns sehr bei dieser außergewöhnlichen Flüchtlingskrise helfen.

Es ging heute darum, erst einmal das Leid der Flüchtlinge entlang der sogenannten Balkanroute zu lindern. Wir sind alle humanitären und menschlichen Werten verpflichtet. Wir haben alle die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet. Die Bilder, die wir in den letzten Tagen gesehen haben, haben dem nicht entsprochen, was unsere Werte sind, denen wir uns verpflichtet fühlen.

Das heißt, es geht darum, die Flüchtlingssituation zu ordnen und kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen. Aber es geht genauso um mittelfristige Maßnahmen, die dann auch zu einer Steuerung und Begrenzung führen.

Die kurzfristigen Maßnahmen haben wir heute sehr ausführlich diskutiert und gesagt: Wir müssen erst einmal ein besseres Maß an Information erreichen. Das heißt, dass jedes Land, das heute teilgenommen hat, dem Kabinett von Jean-Claude Juncker eine Kontaktperson benennen wird, wo wöchentlich ein Austausch stattfindet, wie die Prozesse entlang der Westbalkanroute ablaufen. Wir werden uns auch untereinander verbessert informieren. Es werden vor allen Dingen - und das ist die wichtige Nachricht - insgesamt 50.000 Plätze mit Hilfe des UNHCR geschaffen, die Warte- und Ruhezonen und eine vernünftige Versorgung der Flüchtlinge entlang dieser Balkanroute ermöglichen.

Das Zweite ist, dass wir mittelfristige Maßnahmen diskutiert haben. Hier ist besonders die Bereitschaft von Griechenland sehr bemerkenswert, sich jetzt sehr konkret zu der Frage der Hotspots zu äußern. Wir haben die Verpflichtung von Griechenland, zusammen mit dem UNHCR 30.000 Plätze und in der Folge dann noch einmal 20.000 Plätze zur Verfügung zu stellen - die 30.000 bis zum Ende des Jahres -, sodass dann der Verteilmechanismus, der ja für die 160.000 Flüchtlinge verabredet wurde, innerhalb der Europäischen Union starten kann. Das ist dann ein ganz wichtiger qualitativer Schritt zu einem geordneteren und gesteuerten Management und auch einer wenigstens teilweisen Lastenteilung innerhalb der Europäischen Union.

Die Voraussetzung dafür war, dass Griechenland diese Bereitschaft zeigt. Ich bin dem UNHCR sehr dankbar, dass er den Aufbau dieses sogenannten Hotspots für die Verteilung und auch Rückführung von Flüchtlingen, wenn sie keinen Anspruch auf Schutz haben, dann auch mit begleitet.

Wir haben dann in Bezug auf die mittelfristigen Maßnahmen noch einmal betont, dass die Kooperation mit der Türkei von großer Wichtigkeit ist, um den EU-Türkei-Migrationsplan zu verabschieden. Deutschland wird das auch bilateral unterstützen.

Wir haben des Weiteren darüber gesprochen, dass wir ein engeres Management bezüglich der Rückkehr von Flüchtlingen mit bestimmten Ländern brauchen - insbesondere mit Bangladesch, Pakistan und Afghanistan - und dass mit diesen Ländern, sofern es noch keine Rückkehrabkommen gibt, diese dann geschlossen werden. Wir laden die Kommission ein, dieses auch voranzubringen.

Ich glaube, dass wir damit heute Abend vier wichtige Bereiche besprochen haben: Erstens die Begleitung der Flüchtlinge entlang der Balkanroute, zweitens den nächsten qualitativen Schritt, was den Hotspot-Aufbau in Griechenland anbelangt, drittens das Türkei-EU-Abkommen und viertens die Rückübernahmeabkommen und Rückführungsfragen mit Ländern wie Pakistan, Bangladesch und Afghanistan.

Es wird jetzt einmal wöchentlich ein permanenter Informationsaustausch mit der Kommission und unter den teilnehmenden Ländern stattfinden. Es wird die fortlaufenden Verhandlungen mit der Türkei geben. Es wird am 9. November den Innen- und Justizministerrat geben, wo die Pläne zu den Hotspots sowohl in Griechenland als auch in Italien konkretisiert werden. Wir werden demnächst ja auch den EU-Afrika-Gipfel haben, sodass wir jetzt eine sehr strenge Arbeitsordnung haben. Mein Dank gilt Jean-Claude Juncker und dem UNHCR, der uns bei all diesen Fragen sehr intensiv unterstützt.

Guterres: Ich bin Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Kommission, für seine Einladung sehr dankbar. Ich konnte diese Einladung nicht abschlagen. Als UN-Flüchtlingskommissar ist es für mich entscheidend, dass Europa, die Europäische Union ein Asylkontinent bleibt. Die Nachhaltigkeit des europäischen Schutzes der Flüchtlinge muss garantiert werden. Gerade jetzt stellen wir fest, dass es eine große Flüchtlings- und Migrationskrise in Europa gibt. Diese Nachhaltigkeit ist nur dann möglich, wenn es ein Projekt aller europäischen Länder wird. Ein Projekt der Solidarität, wobei die gesamte Union mit eingeschlossen wird und nicht nur ein paar Länder, die bereit sind, Flüchtlinge aus den Krisengebieten insbesondere im Nahen Osten aufzunehmen.

Damit das möglich ist, damit diese Solidarität auch gezeigt werden kann, ist die Umsiedlung anerkannter Flüchtlinge für alle europäischen Länder ein Muss. Wir haben immer gesagt: Damit diese Umsiedlung möglich ist, muss es adäquate Empfangskapazitäten geben und dort, wo die Hotspots vorgesehen sind, eine Registrierung, ein Screening der Flüchtlinge. Diese Flüchtlinge, die an diesem Prozess teilnehmen möchten, können sich dort registrieren lassen. Nur so kann es zu einer Interaktion mit allen Ländern der Umsiedlung kommen. Nur dann wird das Projekt erfolgreich sein.

Ich bin Griechenland sehr dankbar dafür. Griechenland hat nicht nur akzeptiert, dass 30.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden - 7.000 auf den Inseln und den Rest auf dem Festland. Die Familien, die Zivilgesellschaft wird aufgefordert, 20.000 weitere Plätze mit Unterstützung aller zu schaffen, um damit sicherzustellen, dass damit die Aufnahmekapazität aufgestockt wird. Wir wissen natürlich, wie wichtig der Winter ist. Bisher war die Entwicklung auf der Balkanroute chaotisch. Der Konsens, der erreicht wurde, der sich offenbar und hoffentlich auch in Entscheidungen ummünzen lässt, bedeutet zusätzliche 50.000 auf dem Weg. Dort können die Menschen Unterschlupf finden. Damit wird das Ganze handhabbarer, auch vorhersehbarer. Wir hoffen natürlich, dass humanitäre Hilfe möglicher wird, um mögliche Tragödien zu verhindern, wenn es zu chaotischen Bewegungen in diesem sehr schwierigen Gebieten im Winter kommt.

In dieser Hinsicht glauben wir, dass der erreichte Konsens sehr wichtig war, und der UNHCR wird diesen Konsens tatkräftig unterstützen.

Wichtig ist, auch noch auf etwas anderes hinzuweisen. Man war sich auch einig, dass es eine klare Unterscheidung gibt. Es gibt Menschen, die schutzbedürftig sind. Diesen Menschen, die als Flüchtlinge eingestuft werden, geht es nicht um die Wahlmöglichkeit. Europa ist verpflichtet, sie aufzunehmen, ihnen Schutz, Unterstützung und eine sichere Zukunft zu geben. Aber es gibt eben auch Menschen, die sich aus anderen Gründen bewegen, die aber keinen Schutz benötigen. Wir alle sind uns einig: Dort ist die Rückführung in das Ursprungsland ganz normal, vorausgesetzt natürlich - das war ein weiterer Aspekt, und ich freue mich, dass es auch da Konsens gab -, dass ihre Menschenwürde und ihre Menschenrechte auch vollständig eingehalten werden.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Entscheidungen, die man hier auf dem Wege des Konsens gefunden hat, einen wichtigen Beitrag leisten können, damit die richtigen Gremien der Union die richtigen Entscheidungen treffen können, um so sicherzustellen, dass wir diese Situation in den Griff bekommen. Wir haben immer gesagt: Das Ganze ist handhabbar, und das wird dann auch wirklich verwaltbar. Das gilt natürlich für die schutzbedürftigen Menschen. Aber es geht natürlich auch um die Stabilität der Europäischen Union und der Institutionen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, wir haben in den vergangenen Monaten erlebt, dass trotz aller Verträge, Vereinbarungen und Absichtserklärungen viele Länder eigentlich alles nur daran gesetzt haben, die Lasten und Probleme, die mit der Fluchtbewegung verbunden sind, auf ihren nächsten Nachbarn abzuschieben. Was soll uns denn zusichern, dass die Vereinbarungen von heute Abend, diese Absichtserklärungen, dieses Mal andere Folgen haben?

Haben Sie heute Abend einen Höhepunkt europäischer Solidarität und europäischen Gemeinschaftssinns erlebt oder war es vielleicht doch eher ein Tiefpunkt?

BK'in Merkel: Ich würde sagen: weder noch. Es ging um eine spezielle Fluchtroute. Die Staaten, die sich heute an diesem Treffen beteiligt haben, worunter ja auch drei Nicht-Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren, haben alle eine Verantwortung gezeigt. Diese Verantwortung spiegelt sich in der Schaffung von 50.000 Plätzen, in der Verpflichtung, eine humane Behandlung der Flüchtlinge zu garantieren, ein besseres Management in Kraft zu setzen. Aber das löst natürlich die Gesamtprobleme noch nicht. Das ist ein Beitrag zu einem vernünftigen Umgang in dem Sinne, wie Herr Guterres das eben gesagt hat, nämlich zu unserer Verpflichtung, mit Flüchtlingen menschlich entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention umzugehen.

Es werden weitere Schritte folgen, die dann wirklich auch zu einer Lösung führen. Das ist eben Lastenteilung, Legalisierung. Da spielt die Türkei eine wichtige Rolle und hier brauchen wir noch eine längere Zeit. Es müssen weitere Schritte bezüglich der fairen Lastenteilung innerhalb der Europäischen Union folgen. Dazu war das heute nicht das Format. Das betrifft dann 26 oder 25 Mitgliedstaaten - alle die, die in dem Dublin-System mitarbeiten. Dazu war das heute nicht der Anlass. Es war, glaube ich, wenn wir die aktuellen Bilder sehen, ein wichtiges Treffen dahingehend, dass humanitäre Fragen einer Klärung zugeführt werden konnten. Die anderen Dinge bleiben, wie gesagt. Diese habe ich benannt: Türkei und eben auch die Zusammenarbeit mit Ländern wie Afghanistan, Pakistan und Bangladesch.

P Juncker: Ich würde ganz gerne hinzufügen, dass man zur Kenntnis nehmen muss, dass wir insgesamt 100.000 zusätzliche Plätze zur Verfügung stellen. Davon entfallen 50.000 auf Griechenland, die sich so aufteilen: 30.000 bis Ende des Jahres und 20.000 weitere mit finanzieller Unterstützung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, falls die Europäische Union dem zustimmt. Das ist unsere Erwartung.

Zweitens. Herr Krause hat gefragt, ob das ein Höhepunkt war oder ob man sich in der tiefsten aller denkbaren Ebene bewegt. Es ist so, dass es doch wichtig war - deshalb habe ich diese Initiative auch ergriffen -, dass die Westbalkanstaaten untereinander, miteinander reden. Das war bislang nicht immer zu 100 Prozent der Fall. Jeder Regierungschef konnte erklären, wo seine Probleme genau liegen und welche Probleme er mit seinem Nachbarstaat hat. Insofern war dies eine erkenntnisreiche Sitzung.

BK'in Merkel: Und in diesem Sinne auch eine positive Sitzung.

Frage: Eine Frage an Sie alle drei. Was bedeutet das in praxi? Wir erleben, dass die Leute sich schnell innerhalb von zehn Tagen, zwei Wochen von der Türkei nach Deutschland bewegen. Was passiert jetzt? Werden Sie jetzt ein oder zwei Wochen bleiben? Was glauben Sie, wie lange sie in jedem dieser Länder verbleiben werden? Haben Sie denn eine Zustimmung von den betroffenen Ministerpräsidenten dahingehend erhalten, dass sie sie nicht länger in Busse und Züge setzen und zur nächsten Grenze transportieren lassen? Was werden Sie tun, um das einzuschränken?

P Juncker: Wir haben alle heute deutlich gemacht, dass die Politik des einfachen Durchwinkens gestoppt werde muss. Und das wird auch so sein. Dadurch, dass wir jetzt zwingend alle eingeladen haben, sich gegenseitig zu informieren, wird es nicht mehr - wenn ich dies so sagen darf - zu einem wilden Grenzübertritt kommen, sondern die einzelnen Mitgliedstaaten werden andere Mitgliedstaaten, wo die Menschen sich hin bewegen, vorab konsultieren und über die Dichte des sich anbahnenden Flüchtlingsverkehrs informieren. Insofern ist dies schon ein sehr bemerkenswerter Fortschritt.

BK'in Merkel: Man muss jetzt ja sehen, dass die 50.000 zusätzlichen Plätze erst einmal geschaffen werden müssen. Das wird mit Hilfe des UNHCR gehen. Das heißt, das wird nicht heute Früh in Kraft sein.

Zweitens hängt natürlich auch die Frage, wie lange dort Wartebereiche eingerichtet werden können, in gewisser Weise von der Zahl der ankommenden Flüchtlinge ab. Aber dennoch gibt es ein koordiniertes Management; dazu haben sich jedenfalls alle verpflichtet.

Guterres: Wenn Sie erlauben, will ich noch etwas Wichtiges unterstreichen: Das Ziel besteht darin, diese Art von Bewegungen durch eine reguläre Verbringung, Umsiedlung vom Eintrittsort in europäische Länder zu ersetzen - und dies auf bequemere Art und Weise, zum Beispiel per Flugzeug. Natürlich haben wir im Moment nicht die Möglichkeit, das sofort zu tun. Wir müssen aber eine starke Aufnahmekapazität schaffen - das werden wir tun - und auch entsprechende Kapazitäten für Registrierung und Screening in Griechenland. Dann muss es weiter gehen.

(Der letzte Teil der Pressekonferenz konnte aus logistischen Gründen nicht protokolliert werden)

Montag, 26. Oktober 2015

*

Quelle:
Pressekonferenz nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs
zu Flüchtlingsfragen am 26. Oktober 2015 in Brüssel
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/10/2015-10-26-pk-merkel-bruessel.html;jsessionid=70217434AE2A86CCA35C48D7FDDCE7A1.s4t2
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang