Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1292: Regierungspressekonferenz vom 31. August 2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Mittwoch, 31. August 2016
Regierungspressekonferenz vom 31. August 2016

Themen: Kabinettssitzung (Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungseigentum, Gesetzentwurf zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen, Gesetzentwurf zur Heil- und Hilfsmittelversorgung, Fortschrittsbericht zur Nationalen Politikstrategie Bioökonomie, ressortübergreifende Strategie "Nachbarschaften stärken, Miteinander im Quartier", aktueller Stand der Rückkehr und Rückführung von Ausreisepflichtigen), informelles OSZE-Treffen in Potsdam, Betrugsfälle beim Kindergeld, Entscheidung der EU-Kommission zu unrechtmäßigen Steuervergünstigungen für Apple in Irland, Änderung des Soldatengesetzes, gemeinsame Übungen von Polizei und Bundeswehr, Verweigerung der Einreise aus Weißrussland nach Polen für eine Gruppe Tschetschenen, teilweise Räumung eines Terminals des Flughafens Frankfurt wegen eines Sicherheitsalarms, Forderungen nach Bankenfusionen in Deutschland

Sprecher: SRS Streiter, Scholz (BMJV), Dimroth (BMI), Daldrup (BMAS), Audretsch (BMWi), Schäfer (AA), Weißgerber (BMF), Flosdorff (BMVg)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Das Bundeskabinett hat heute ein Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungseigentum beschlossen. Viele kennen es, dass man bei manchen Maklern und manchen Verwaltern den Eindruck hat, dass sie gar nicht wissen, womit sie so handeln. Die Qualität der von Wohnungseigentumsverwaltern und Immobilienmaklern erbrachten Dienstleistungen soll deshalb verbessert werden.

Die Bundesregierung hat heute beschlossen, für sie neue Standards einzuführen. Mit dem Gesetz soll für gewerbliche Verwalter von Wohnungseigentum eine Erlaubnispflicht in der Gewerbeordnung eingeführt werden. Voraussetzung für die Erlaubniserteilung sind neben Zuverlässigkeit und dem Vorliegen geordneter Vermögensverhältnisse ein Sachkundenachweis sowie der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung. Mit der Berufshaftpflichtversicherung sollen Wohnungseigentümer vor finanziellen Schäden geschützt werden, die durch eine fehlerhafte Berufsausübung der Verwalter entstehen können. Für Immobilienmakler, die ja bereits einer Erlaubnispflicht nach 34c der Gewerbeordnung unterliegen, wird als neue Erlaubnisvoraussetzung ebenfalls ein Sachkundenachweis eingeführt. Dieses Gesetz soll unter anderem der Stärkung des Verbraucherschutzes dienen.

Dann hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen beschlossen. Die Bundesregierung will die Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren erweitern und die Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen verbessern. Dazu wurde heute ein entsprechender Gesetzentwurf beschlossen. Damit soll das seit 1964 bestehende Verbot von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen von Gerichtsverhandlungen und von Urteilsverkündungen gelockert werden. Das gewandelte Medienverständnis und der Umgang mit modernen Kommunikationsformen lassen ein generelles Verbot nicht mehr zeitgemäß erscheinen.

Künftig erhalten die Gerichte daher die Möglichkeit, in bestimmten Fällen Aufzeichnungen beziehungsweise Übertragungen zuzulassen. Die zuständigen Gerichte können künftig Folgendes zulassen: die Ton-Übertragung der mündlichen Verhandlung und der Urteilsverkündung in einen Arbeitsraum für Medienvertreter, eine audiovisuelle Dokumentation von Gerichtsverfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung sowie die Übertragung von Verkündungen von Entscheidungen der obersten Gerichtshöfe des Bundes in den Medien. Die Beschlüsse des Gerichts sind unanfechtbar. Wenn noch weitere Erläuterungsbedarf besteht, können wir dem gerne nachkommen.

Dann hat das Bundeskabinett heute einen Gesetzentwurf zur Heil- und Hilfsmittelversorgung beschlossen. Patientinnen und Patienten sollen besser mit Heil- und Hilfsmitteln versorgt werden. Dafür hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschlossen. Die darin enthaltenen Vorschriften zielen darauf ab, die Preisfindung bei Heilmitteln wie zum Beispiel Massagen und Krankengymnastik zu flexibilisieren. Dazu soll in jedem Bundesland ein Modellvorhaben zur sogenannten Blankoverordnung eingerichtet werden. Bei diesen Modellvorhaben verordnet weiterhin der behandelnde Arzt das Heilmittel. Allerdings bestimmt der Heilmittelerbringer, wie es im Amtsdeutsch heißt, also der Physiotherapeut, der Ergotherapeut oder Logopäde, dann selbst über Art und Umfang der Therapie.

Bei den Hilfsmittel - zum Beispiel Hörgeräten, Rollstühlen, Windeln etc. - soll im Vorfeld stärker darauf geachtet werden, ob die Anbieter geeignet und flächendeckend in der Lage sind, Patientinnen und Patienten mit Produkten auf qualitativ hohem Stand zu versorgen. Das Hilfsmittelverzeichnis soll kontinuierlich bereinigt und fortgeschrieben werden, damit dort die Produkte auf dem aktuellen Stand der Qualität angeboten werden. Das Verzeichnis und die Aufnahmekriterien sollen transparenter werden. Wenn Kassen Hilfsmittel ausschreiben, zum Beispiel Windeln, soll beim Zuschlag nicht allein der Preis, sondern stärker die Qualität der Produkte berücksichtigt werden. Patienten sollen bei Hilfsmitteln auch auswählen können.

Über die Möglichkeiten der Versorgung sollen die Versicherten besser beraten werden - auch, um sie vor ungerechtfertigten Mehrkosten zu schützen. Das Gesetz enthält Regelungen dazu, wie zum Beispiel chronische und schwer heilende Wunden besser versorgt werden können. Außerdem wird die Ausnahmeregelung erweitert, nach der Krankenkassen mitgeteilt werden muss, wenn ein Gesundheitsschaden durch sexuelle und häusliche Gewalt gegen Erwachsene verursacht wurde. Die Mitteilungspflicht der Ärzte an die Krankenkasse besteht nur, wenn der beziehungsweise die Versicherte ausdrücklich eingewilligt hat.

Dann hat das Bundeskabinett heute den Fortschrittsbericht zur Nationalen Politikstrategie Bioökonomie verabschiedet, die im Juli 2013 von der Bundesregierung beschlossen wurde. Ziel dieser Strategie ist es, die großen Potenziale der Bioökonomie für Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland zu nutzen. Es geht darum, den Wandel zu einer auf erneuerbaren Ressourcen beruhenden und rohstoffeffizienten Wirtschaft zu unterstützen.

Dieser Fortschrittsbericht bietet einen umfassenden Überblick über die Aktivitäten der Bundesregierung. Er kommt zu dem Ergebnis, dass alle befassten Bundesressorts die Ziele und Leitgedanken der Politikstrategie Bioökonomie bereits in sehr hohem Grad umgesetzt haben. Im Fokus stehen diverse Fördermaßnahmen, unter anderem für Biotechnologieunternehmen und Forschungseinrichtungen. Ebenso sind Initiativen wie "EINEWELT ohne Hunger", Programme wie die "Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung" oder auch die Einrichtung des Bioökonomierates Teil dieser Strategie. Der Bericht definiert zudem prioritäre Handlungsfelder für weitere Schritte.

Schon heute ist die Bioökonomie im Alltag angekommen, ob beim Auto- und Maschinenbau oder in der Chemie- und Energiebranche. In vielen Gebieten kommen bereits biobasierte Produkte und Verfahren zum Einsatz. Die Bundesregierung wird den eingeschlagenen Weg konsequent weiter gehen.

Es kommt noch mehr; heute war es viel: Das Bundeskabinett hat heute auch die vom Bundesbauministerium vorgelegte ressortübergreifende Strategie "Nachbarschaften stärken, Miteinander im Quartier" beschlossen. Mit diesem Beschluss setzt die Bundesregierung eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um, der zufolge das bisherige Programm "Soziale Stadt" im Rahmen der Städtebauförderung als Leitprogramm der sozialen Integration fortgeführt werden soll. Alles Weitere kann dann das Umweltministerium noch erläutern.

Dann hat sich das Kabinett heute auch erneut mit dem Thema "Flucht und Migration" beschäftigt. Schwerpunkt war heute der Bericht des Bundesinnenministers zum Thema "Aktueller Stand bei der Rückkehr und Rückführung von Ausreisepflichtigen". Es wurde dem Kabinett ein ausführlicher Überblick über den aktuellen Stand und die laufenden Maßnahmen der Bundesregierung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zur Förderung von Rückführungen und Rückkehr gegeben.

Ich möchte hier nochmal in Erinnerung rufen, dass abgelehnte Asylbewerber zügig das Land verlassen müssen, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Schutz in Deutschland haben oder sich aus sonstigen Gründen in Deutschland aufhalten dürfen. Für den Vollzug der Ausreisepflicht sind die Bundesländer zuständig. Der Bund unterstützt die Länder deshalb. Die Bundesregierung hat außerdem gesetzliche Neuregelungen geschaffen, mit denen Abschiebungshindernisse abgebaut wurden.

Die Rückkehrerzahlen sind in den vergangenen Monaten im Vergleich zu den Vorjahren merklich angestiegen. Diese Zahl der Rückkehrer umfasst neben Abschiebungen auch freiwillige Ausreisen. Es besteht aber weiter Handlungsbedarf, um die Zahl der Rückkehrer zu steigern, etwa ein optimierter Verfahrensverlauf, die bessere Kooperation mit den Herkunftsländern und Maßnahmen zur Erhöhung der Zahl der freiwilligen Rückkehrer. - So weit der Bericht aus dem Kabinett.

Frage: Ich weiß gar nicht, wer sich jetzt zuständig erklärt. Mich würde Folgendes interessieren: Es gibt ja auch dieses Internet. Neben Audio- und Videoübertragung sind ja auch immer wieder Tweets und Ähnliches direkt aus dem Gerichtssaal Thema. Ist oder war das kein Thema für diesen Gesetzentwurf? Gibt es da keinen Regelungsbedarf, oder ist das noch zu neu, als dass man sich per Gesetz damit befassen wollte?

Scholz: Vielen Dank für die Frage. Das Justizministerium ist da zuständig, insofern sind Sie hier an der richtigen Stelle. Herr Streiter hat es angedeutet: Es geht jetzt um eine vorsichtige Öffnung für die Medien bei Gerichtsverhandlungen, insbesondere Entscheidungen von obersten Bundesgerichten, die der veränderten Medienlandschaft Rechnung tragen. Die explizit von Ihnen angesprochenen Themen sind nicht Gegenstand dieser Regelung. Das ist richtig.

Zusatzfrage: Sind sie nicht Gegenstand, weil sie noch zu neu sind? Seit 1964 - in der Tat in den letzten 52 Jahren - gibt es Audio- und Tonübertragungen. Müssen wir weitere 50 Jahre warten, bis das erfasst wird? Oder was ist der Grund, warum das außen vor bleibt?

Scholz: Ich weiß nicht, ob da Regelungen erforderlich sind. Wenn die Pressevertreter beispielsweise an Gerichtsverhandlungen teilnehmen, dann können sie sich natürlich auch sozialer Medien bedienen, um darüber zu berichten.

Frage: Darf ich fragen, ob die Entscheidungen beziehungsweise Verfahren der obersten Bundesgerichte automatisch als von herausragender historischer Bedeutung gelten? Oder gibt es da immer noch eine Abwägung?

Scholz: Nein, das ist eine Entscheidung, die im Einzelfall vom jeweiligen Gericht getroffen wird, welche Verfahren dort aufgezeichnet und archiviert werden.

Zusatzfrage: Gibt es dafür irgendwelche Kriterien?

Scholz: Ja, die sind im Gesetz vorgegeben. Letztlich ist es aber, wie ich gerade sagte, eine Entscheidung der Spruchkammer, also des Gerichts, dann zu beurteilen, ob das archivwürdig ist.

Frage: Ich würde gern - zur Erinnerung - darum bitten, dass man uns vielleicht die aktuellen Rückführungszahlen gibt, wenn da schon auf eine positive Entwicklung verwiesen wird. Und ich würde zum Zweiten gern wissen - das geht vielleicht auch an das Arbeits- und das Wirtschaftsministerium -, inwiefern diese Kritik, die vor einiger Zeit den Bemühungen von Großunternehmen und DAX-Unternehmen geäußert worden ist im Hinblick auf Flüchtlinge - also zu geringe und zu wenige Bemühungen - noch fortbesteht, oder ob sich da inzwischen etwas geändert hat.

Dimroth: Ich fange gern an, vielen Dank. Was die Zahlen anbetrifft, ist es so, dass wir für den Bereich der Abschiebung im gesamten vergangenen Jahr 2015 17 Fälle hatten. Wir sind mit Stand vom 31. Juli dieses Jahres bei 13. Insbesondere auch der Bereich der freiwilligen Ausreise ist hier zu nennen. Da hat es eine noch stärkere Steigerung gegeben. Da waren wir insgesamt im Jahr 2015 bei etwas über 35, genau bei 35 Fällen, die über die einschlägigen Programme gefördert wurden, und sind bereits jetzt - zum Stand von Ende Juli dieses Jahres - bei knapp 35, genau 34. Insgesamt ist hier also eine signifikante Steigerung festzustellen. Es besteht, glaube ich, aber auch Einigkeit darüber, dass das insgesamt noch verbesserungsbedürftig ist. Das hat auch der Bundesinnenminister immer zum Ausdruck gebracht. Da gibt es auf verschiedenen Ebenen nach wie vor Verfahrenshindernisse, die in den Blick genommen werden müssen. Dazu ist, wie Sie auch wissen, eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben, um gemeinsam mit den Bundesländern hier vor allem auch an den Schnittstellen zwischen kommunaler, Landes- und Bundesverantwortung in diesem sehr komplexen Prozess noch weitere Verbesserungsbedarfe zu identifizieren und dann auch anzugehen.

Darüber hinaus ist immer auch das Thema Bereitschaft von Herkunftsstaaten zur Rückübernahme eigener Staatsangehöriger im Fokus und wird auch gemeinsam innerhalb der Bundesregierung an verschiedenen Stellen fortwährend bearbeitet und angegangen in der Hoffnung, dass auch dort weitere Verbesserungen zu erzielen sind. Und nicht zuletzt ist auch gesetzgeberisch in diesem Prozess in der Vergangenheit schon einiges passiert, um bestehende Abschiebehindernisse sukzessive abzubauen.

Daldrup: Ich beginne und verweise auf die Ministerin, die sich dazu heute in einem Interview noch einmal geäußert hat, nicht zu Ihrer konkreten Frage, aber zu der Frage, dass es sich hier bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt nicht um einen Sprint, sondern um einen Dauerlauf handelt, und dass es eine gemeinsame Kraftanstrengung von vielen Beteiligten ist - der Politik, der Unternehmen, aber natürlich auch den Flüchtlingen selbst - und dass man da nicht auf schnelle Erfolge hoffen kann, sondern dass das eine Aufgabe ist, der wir uns alle mit großer Kraft auf Dauer widmen müssen. Wir haben da bereits viel umgesetzt, Hürden abgebaut, und die Unternehmen sind da auch aktiv. Die heutigen Arbeitsmarktdaten zeigen auch, dass es hier Erfolge gibt. Viele Flüchtlinge befinden sich in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, aber es geht vor allem um Qualifizierung, und es geht vor allem um Spracherwerb, und das dauert. Nichtsdestotrotz appellieren wir natürlich da an die Unternehmen, ihre Anstrengungen gern noch zu vergrößern, gemeinsam das anzupacken. Die DAX-30-Unternehmen sind hier nicht die Einzigen, es geht vor allem um die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Und hier sind besonders auch die Handwerkskammern schon sehr vorbildlich unterwegs.

Audretsch: Ich kann mich der Sache anschließen, dass es eine Aufgabe ist, die von allen Beteiligten mit großem Nachdruck vorangebracht werden muss und dass wir da auch Initiativen von allen Beteiligten brauchen. Es ist tatsächlich nach wie vor so, dass eine recht unterschiedliche Bereitschaft besteht, sich beim Thema Integration von geflüchteten Menschen in Deutschland zu engagieren. Deswegen hat sich der Minister noch einmal direkt an die Vorstände der DAX-Unternehmen gewandt, weil ihm auch wichtig ist zu verdeutlichen, dass es ihm am Herzen liegt, dass die unterschiedlichen Unternehmen, also auch die großen Player, ihren Beitrag zu einer gelungenen Integration leisten. Übrigens ist es so, dass Handwerk und Mittelstand sich schon in sehr großem Ausmaß und auch intensiv engagieren, um Flüchtlinge in Ausbildung und Beschäftigung zu bringen. So gab es im Frühjahr fast 140 Beschäftigte aus Asylherkunftsländern, das sind fast 30 mehr als das im Vorjahr der Fall war. Und natürlich haben wir auch als Bundeswirtschaftsministerium eine ganze Reihe von Programmen und Projekten aufgelegt, um diese Prozesse zu unterstützen. Ich nenne vielleicht nur einmal eines davon, das sogenannte BQ-Portal, auf dem die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen mit Informationen und mit Übersichten erleichtert wird.

Zusatzfrage: Nur zur Klarstellung, Herr Audretsch: Wenn Sie von dem Brief des Ministers an die DAX-Vorstände sprechen, sprechen Sie da von einem neuen, einem aktuellen Brief oder dem, der schon vor einigen Wochen bekannt geworden ist?

Audretsch: Mir sind keine neuen Initiativen dazu bekannt, aber natürlich sind wir mit den verschiedenen Playern auch aus der Wirtschaft da immer eng in Kontakt.

Frage: Ich würde gern die Rückführungszahlen beziehungsweise die Aufnahmezahlen der Flüchtlinge aus der oder in die Türkei im Rahmen des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei erfragen.

Dimroth: Vielen Dank für die Frage: Da habe ich jetzt die Zahlen mit Stand 26. August diesen Jahres hier vorliegen. Das sind die aktuellsten, die ich dazu habe. Wie Sie wissen ist ja im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens ein bestimmter Mechanismus zwischen der Europäischen Union und der Türkei verabredet, der besagt, dass sich für entsprechend abgelehnte syrische Antragsteller, die aus Griechenland in die Türkei zurückgehen, die Europäische Union verpflichtet, in einem sogenannten Eins-zu-eins-Schlüssel entsprechend Flüchtlinge aus der Türkei nach Europa zu übernehmen. Und nach den Zahlen, die wir hier von der Kommission vom 26. August diesen Jahres haben, ist es so, dass bisher insgesamt 1140 Flüchtlinge aus der Türkei im Rahmen dieses Resettlement-Programms nach Europa gebracht werden konnten, davon 437 nach Deutschland.

Auch bei den Rückführungszahlen berufe ich mich auf die Kommission, das ist ja, wie gesagt, ein Programm der Kommission. Rückführungen von Griechenland in die Türkei gab es 484.

Zusatzfrage: Aus Europa: Gibt es auch da Rückführungszahlen aus der Europäischen Union in die Türkei?

Dimroth: Da habe ich keine Gesamtzahl vorliegen. Da müsste man ja im Prinzip jeden Mitgliedstaat anfragen. Und ich wüsste auch nicht, in welchem rechtlichen Mechanismus hier nennenswerte Rückführungen stattfinden sollten. Die europäischen Regelungen der Rückverteilung nach Zuständigkeiten von Flüchtlingen über das sogenannte Dublin-System betrifft naturgemäß die Türkei ja nicht. Insofern liegen mir in diesem Mechanismus die Kommissionszahlen vor. Ob und inwieweit bilateral andere Mitgliedstaaten mit der Türkei beispielsweise über bilaterale Rückübernahmeabkommen aktuelle Zahlen vorliegen haben, weiß ich nicht.

Zusatzfrage: Also, Rückführungszahlen aus Deutschland in die Türkei?

Dimroth: Müsste ich nachfragen, habe ich jetzt hier nicht dabei.

Frage: Zum Thema Flüchtlinge eine Frage an das Justizressort: Bleibt es dabei, dass sich am Montag die Bund-Länder-Gruppe zu dem Thema Kinderehen oder Frühehen zusammensetzt? Und an Dimroth die Frage: Wie viele sogenannte Frühehen hat man denn bei den registrierten Asylbewerbern bisher feststellen können bundesweit? Gibt es da Angaben?

Dimroth: Ich kann mit dem zweiten Teil beginnen, weil ich es schlicht nicht weiß. Ich nehme die Frage gern mit, ob das registriert wird. Und gegebenenfalls - sollte das so sein - kann ich gern natürlich eine Zahl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erbitten und dann nachliefern. Ich weiß es nicht. Ich weiß weder, ob es erfasst wird, noch die Zahl. Ich nehme das gern mit.

Scholz: Zu der ersten Frage: Ich kann bestätigen, dass am 5. September die Auftaktsitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe stattfinden wird und auf Arbeitsebene dann erste Gespräche stattfinden.

Frage: An das Außenamt zwei Fragen: Die Hauptausrichtung des informellen OSZE-Treffens morgen, wie kann man die definieren? Und die zweite Frage: Ist es so, dass einige wichtige Außenminister wie Lawrow oder der türkische Außenminister und auch John Kerry nicht daran teilnehmen?

Schäfer: Es ist schön, dass Sie fragen, weil es mir die Gelegenheit gibt, das auch noch einmal in diesem Rahmen anzukündigen. Das haben wir ja schon per Pressemitteilung getan. In der Tat hat der deutsche Außenminister in seiner Funktion als amtierender Vorsitzender der OSZE alle seine Amtskollegen für morgen nach Potsdam eingeladen. Im Grunde liegt der Einladung von Herrn Steinmeier die Erkenntnis zugrunde, dass es im Kontext der OSZE beim Krisenmanagement in der Ukraine, in Transnistrien, in Berg-Karabach, in den abtrünnigen Republiken in Georgien genauso wie bei den großen Fragen der europäischen Friedensordnung ganz wichtig ist, miteinander im Dialog zu bleiben. Deshalb hat er zu einem Mittel gegriffen, zu dem in der OSZE - wenn überhaupt - nur einmal zuvor gegriffen wurde, nämlich dass er die Außenminister zu einem informellen Rat eingeladen hat. Das bedeutet: Die Minister sind nicht von Heerscharen von Beamten umgeben, die ihnen die Texte, die da zu verlesen sind, schriftlich vorlegen, die dann verlesen werden, sondern er hat sich ganz bewusst dafür entschieden, alle seine Außenministerkollegen einzuladen, um mit ihnen informell wirklich frei über die Krisen und Probleme der Friedensordnung und der Sicherheitsarchitektur in Europa zu sprechen. Kommen werden von den 57 Mitgliedstaaten der OSZE 40 Delegationen auf Außenministerebene, und der Rest ist vertreten auf der Ebene der stellvertretenden Außenminister. John Kerry, Sergej Lawrow und auch der französische Kollege von Frank-Walter Steinmeier sind verhindert und werden deshalb nicht da sein. Die Delegationen dieser Länder sind aber vertreten und werden auf Vizeaußenministerebene vertreten.

Wir gehen davon aus, dass es insbesondere eine engagierte Diskussion geben wird über die Krise in der Ostukraine. Im ersten langen Teil der Diskussion, dieser informellen Diskussion zwischen den Außenministern geht es vornehmlich um die Krise in der Ostukraine. Herr Steinmeier - das hatte ich an dieser Stelle schon vor einigen Tagen gesagt - hat die Absicht, morgen auch seine neue Rüstungskontrollinitiative einer Reform des KSE-Vertrages, des Wiener Dokumentes und vielleicht anderer Rüstungskontrollinstrumente, die unter dem Dach der OSZE entstanden sind, dort zur Sprache zu bringen und dafür so viel politisches Momentum zu gewinnen, dass wir in absehbarer Zeit in eine Situation geraten, in der man vielleicht auch tatsächlich solche Sachen verhandeln können wird.

Wir sind den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Potsdam sehr dankbar für ihre Gastfreundschaft. Es wird da die eine oder andere Behinderung geben aus hoffentlich für alle nachvollziehbaren Sicherheitsgründen. Die Minister werden eine Straßenbahnfahrt unternehmen, auch da ohne Begleitung von Beamten. Sie werden gemeinsam über die Glienicker Brücke gehen. Die Glienicker Brücke ist, wie Sie alle wissen, ein Symbol des Ost-West-Konflikts, so würde ich es einmal sagen. Sie werden eine Bootsfahrt in Potsdam unternehmen und darüber hinaus dann auch in einem großen Hotel in Potsdam miteinander zusammenkommen. Wir erhoffen und wünschen uns - allen voran Herr Steinmeier -, dass das wirklich eine Gelegenheit ist, die Werte und Grundprinzipien der OSZE zu beschwören, zu bekräftigen und vielleicht sogar bei dem einen oder anderen Thema des Krisenmanagements gemeinsam voranzukommen.

Frage: Wenn die Ukraine so sehr Thema ist, werden dann Vertreter der Special-Monitoring-Mission dabei sein, eventuell briefen, Bericht erstatten?

Schäfer: Es ist eine Diskussionsrunde der Minister, aber eigentlich ist es - wie bei den Normandie-Treffen auch - immer so, dass die Vertreter des Sekretariats der OSZE und bestimmt auch der großen Missionen der OSZE präsent sein werden. Ich weiß das nicht genau. Ich nehme an, die Kollegen werden jetzt zuhören und können mir das gleich per SMS schicken. Ich gehe davon aus, dass auch Vertreter der SMM, der zivilen Beobachtermission der OSZE, vor Ort sein werden. Vor einigen Tagen, am Tag der offenen Tür, war ja auch Alexander Hug, der stellvertretende Leiter der zivilen Beobachtermission, ein Schweizer Diplomat, bei uns im Auswärtigen Amt und stand den Bürgerinnen und Bürgern am Tag der offenen Tür zu seiner Arbeit Rede und Antwort.

Frage: Meine Frage geht an das Finanzministerium: Herr Weißgerber, vielleicht können Sie Stellung nehmen zu den Betrugsfällen, die es bei Kindergeld in den Fällen gegeben hat, wo ein Elternteil Beamter war und ein Elternteil in der freien Wirtschaft. Können Sie uns den Stand der Dinge nennen, wie das da ist? Ist das weiterhin möglich? Wie groß ist der Schaden, der angerichtet worden ist? Wenn ich richtig informiert bin - ich bitte Sie ausdrücklich, mich zu korrigieren, wenn das falsch ist -, gibt es nach wie vor keine Möglichkeit, die sogenannten Steueridentifikationsnummern für Kinder abzugleichen, weil die Familienkassen keine bundesweit einheitliche IT haben. Großer Katalog, ich gebe es zu, und ich danke für Ihre Antwort.

Weißgerber: Vielen Dank für Ihre Frage: Das Problem, das heute in der Bild-Zeitung erwähnt wird, das ist uns schon jahrelang bekannt, und wir haben das Problem abgestellt. Das Problem ist gelöst. Es ist seit Anfang dieses Jahres so, dass, wenn Sie Kindergeld beantragen oder Kindergeld empfangen, Sie Ihre Steueridentifikationsnummer angeben müssen. Und damit können Doppelzahlungen glasklar verhindert werden. Alle Missbrauchsfälle, die es gibt, werden jetzt aufgearbeitet, das Geld wird zurückgefordert. Das ist auch verbunden mit Straf- und Bußgeldverfahren. Insofern kann ich klar sagen, dass das Problem so nicht mehr existiert. Und auch die Handhabung der Steueridentifikationsnummern läuft reibungslos. Insofern kann ich Ihnen das auch nicht so bestätigen.

Zusatzfrage: Eine kurze Nachfrage: Haben Sie eine Größenordnung, wie groß der Schaden ist, der da entstanden ist? Und wieviel davon kann überhaupt zurückgefordert werden wegen Verjährungen oder anderer Fristen?

Weißgerber: Wir haben versucht, diese Zahl heute zu ermitteln, als die Bild-Zeitung das gebracht hat, aber das würde eine umfassende Umfrage bei allen Familienkassen voraussetzen; das haben wir jetzt in der Kürze der Zeit nicht geschafft. Die Zahl, die in der Bild-Zeitung genannt ist, liegt uns so nicht vor. Ich kann sie Ihnen nicht bestätigen, ich kann Ihnen aber jetzt auch keine andere Zahl sagen.

Zusatzfrage: Darf ich noch eine Nachfrage stellen? - Werden Familienkassen geschlossen? Und wenn ja, wie viele?

Weißgerber: Wie viele Familienkassen? - Das kann ich Ihnen jetzt auch so nicht sagen. Wir haben einen Gesetzentwurf zur Familienkassenreform auf den Weg gebracht, dass eben diese Vielzahl an Familienkassen jetzt konsolidiert werden soll. Ich kann es Ihnen jetzt aber gerade nicht sagen, das müsste ich nachreichen.

Frage: Ich möchte gleich beim Finanzministerium bleiben, und zwar beim Komplex Apple und Steuerrückzahlungen. Ich würde gern einmal wissen, ob es überhaupt - und wenn ja, wie viele - Prüfverfahren auf Bundes- oder auch Länderebene gibt, ob möglicherweise Steuernachzahlungen auf Gewinne von Apple nachgefordert werden können, die der Konzern hier in Deutschland gemacht hat. Mich würde zum zweiten interessieren, warum der Bundesfinanzminister so zurückhaltend geblieben ist in seiner Reaktion auf Brüssel, denn es handelt sich ja um einen Komplex, der international von ihm selbst mit dieser BEPS-Initiative mit angeschoben worden ist. In dem Zusammenhang würde mich natürlich auch interessieren, ob der Minister nicht die Entscheidung in Brüssel, 13 Milliarden Euro Steuern zurückzufordern, in hohem Maße als eine Bestätigung seines von ihm angeschobenen Kurses sieht?

Weißgerber: Vielen Dank für die Fragen. Die Kommission hat gestern ihre Entscheidung zur steuerlichen Behandlung des Unternehmens Apple durch die irischen Steuerbehörden bekanntgegeben. Wir haben das mit Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. Sie wissen, dass innerhalb der Kommission die Wettbewerbskommissarin Vestager zuständig ist. Sie hat also ein Beihilfe-Verfahren gegen Irland mit der Begründung in Gang gesetzt, dass Irland die Besteuerung des Unternehmens Apple eben nicht in dem Maße vorgenommen hat, wie es nach den geltenden Regeln hätte erforderlich sein müssen. Irland ist jetzt durch die Kommission aufgefordert worden - das war die Schätzgröße, ungefähr 13 Milliarden Euro -, die Besteuerung von Apple neu zu berechnen und dass Apple dann entsprechend diese Summe zahlen muss. Wir sehen zuerst einmal: Die Kommission ist ihrer Pflicht nachgekommen, Störungen des Europäischen Binnenmarktes zu untersuchen und Verfahren bei Verletzungen von Wettbewerbsregeln der EU einzuleiten. Dabei wird sie von Deutschland unterstützt. Sie wissen: Der Binnenmarkt ist das Herz der EU. Die Einhaltung seiner Regeln ist von fundamentaler Bedeutung für die europäische Integr ation. Insofern findet das Vorgehen von Frau Vestager die volle Unterstützung des Bundesfinanzministers.

Vielleicht noch einmal zum Verständnis: Es geht hier um die Anwendung von geltenden Steuerregeln. Irland hätte also im Jahr 2014 Apple anders besteuern - höher besteuern - müssen, als sie es getan haben. Da müsste man jetzt ein bisschen in das Steuerrecht eintauchen, wenn Sie wollen: Die Konstruktion dieses Unternehmens ist ja so, dass entscheidende Funktionen - die Geschäftsleitung und so weiter - ihren Sitz in Irland haben. In Deutschland haben wir eine Tochter von Apple mit Sitz in München, die eine reine Vertriebsgesellschaft ist. Die entscheidenden Funktionen hat Apple so ausgestaltet, dass sie in Irland beheimatet sind. Auf dieser Basis hätte eine Besteuerung nach in Irland geltendem Recht erfolgen müssen. Irland - so hat es die Kommission gesagt - hat dieses Recht nicht genutzt. Deshalb müssen die Steuern neu berechnet werden.

Jetzt zu Ihrer ersten Frage, ob sich daraus nun Nachforderungen für Deutschland ergeben: Zuerst einmal ist die Entscheidung der Kommission ja an Irland gerichtet. Das heißt, dort muss der Steueranspruch durchgesetzt werden. Hier in Deutschland, das kann ich Ihnen sagen, ich habe mich da auch mit dem bayrischen Finanzministerium in Verbindung gesetzt, wir können Ihnen das auch zusammen sagen: Die zuständigen deutschen Behörden prüfen jetzt die Auswirkungen der Entscheidung der EU-Kommission. Auf den ersten Blick ist aber nicht davon auszugehen, dass sich irgendwelche Auswirkungen auf Deutschland ergeben. Und auch bei früheren vergleichbaren Fällen, die wir in den Niederlanden hatten - Starbucks zum Beispiel oder in Luxemburg Fiat - haben sich keine Auswirkungen auf Deutschland ergeben. Das liegt daran: Es ist ja nicht so, dass wir in Deutschland Apple nicht besteuert hätten, sondern die Besteuerung eben dieser Vertriebsgesellschaft in München auf Basis des geltenden Rechts fand ja statt. Wenn die Kommission ein Beihilfeverfahren gegen Irland einleitet, heißt das ja nicht, das s Deutschland daraus nun irgendwelche Ansprüche hätte, sondern es richtet sich erst einmal gegen Irland. Und aus diesem Grund habe ich formuliert, dass wir im Moment nicht davon ausgehen, dass sich irgendwelche Auswirkungen auf Deutschland ergeben.

Ansonsten bestätige ich gern, was Sie gesagt haben: Der Bundesfinanzminister setzt sich intensiv gegen Steuerverschiebung von Gewinnen zwischen Mitgliedstaaten in Europa und weltweit ein. Sie kennen die BEPS-Initiative. Man muss hier aber immer unterscheiden: Das eine ist die Durchsetzung von geltendem Recht - darum geht es ja in dem Apple-Verfahren -, und das andere ist die Frage, ob man neue Regeln schafft, wenn man mit den gegebenen Regeln, wie man sie jetzt vorfindet, nicht einverstanden ist.

Im BEPS-Prozess, der letztes Jahr auf G20- und OECD-Ebene abgeschlossen worden ist, haben die Staaten ja vereinbart, neue Regeln durchzusetzen - ich kann Ihnen hierfür Beispiele nennen -, die dann eben eine bessere Besteuerung gerade solcher Konzerne ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist das "Country-by-Country-Reporting". Da werden wir dann also genau sehen, in welchen Ländern Konzerne welche Gewinne erzielen und wie hoch die jeweilige Besteuerung ist. Dann hat man eben Anhaltspunkte dafür, ob ein Konzern so besteuert wird, wie er es eigentlich werden müsste - in der Hoffnung, dass solche Fälle, wie sie jetzt in Irland aufgetreten sind, dann eben nicht mehr stattfinden.

Zusatzfrage: Darf ich vielleicht nach zwei Punkten nachfragen? Verstehe ich es richtig, dass die 13 Milliarden Euro, die die EU-Kommission jetzt einfordert und die ja in Verbindung mit Irland stehen, wenn sie nachentrichtet werden würden, von der Logik her in die Kassen Irlands fließen müssten?

Weißgerber: Ja, das ist richtig. Das ist eine Aufforderung an Irland, die Besteuerung des Unternehmens Apple neu zu berechnen.

Zusatzfrage: Eigentlich müsste der irische Finanzminister jetzt also erst einmal klatschen!

Zweite Frage: Wenn der Bundesfinanzminister diese Verbindung zur BEPS-Initiative zieht, die ja noch kein geltendes Recht ist, dann frage ich mich, warum der Minister mit seiner Unterstützung der EU-Kommission in einem doch relativ heftigen Konflikt, der jetzt mit den USA über diese Behandlung von US-Konzernen ausgebrochen ist, so im Verzug und so zurückhaltend ist.

Weißgerber: Ich kann Ihnen jetzt gar nicht bestätigen, dass er zurückhaltend ist. Ich habe ja auch gerade gesagt, dass er Kommissarin Vestager unterstützt, wenn es darum geht, den Binnenmarkt oder die Einhaltung der Binnenmarktregeln durchzusetzen, und dass das entscheidend für die europäische Integration ist. Insofern unterstützt der Minister das Vorgehen der Kommissarin.

Frage: Herr Streiter, in der Liste der Kabinettsthemen haben Sie nicht die Änderung des Soldatengesetzes erwähnt, die geplant war. Ich nehme an, das ist auch geschehen. Vielleicht können Sie oder Herr Flosdorff kurz etwas dazu sagen. Mich würde unter anderem interessieren, warum das Inkrafttreten dieses Gesetzes erst in einem Jahr, also zum Juli 2017, vorgesehen ist. Ist das Problem nicht so dringlich, oder warum kann man sich so viel Zeit lassen?

SRS Streiter: Ich kann dazu nur sagen: Ich habe das deshalb nicht vorgetragen, weil das auf der Liste der Vorhaben steht, die ohne Aussprache beschlossen werden. Details kann Ihnen aber gerne Herr Flosdorff nennen.

Flosdorff: Ja, es ist richtig: Dieses Gesetz ist heute beschlossen worden. Was ändert sich da? Vorher haben wir die Bewerber sozusagen erst überprüft, wenn sie schon in sensiblen Bereichen eingestellt worden waren, also nach der Einstellung. Jetzt können Bewerber, die wir ausgesucht haben und die wir für geeignet halten, schon im Vorfeld der Einstellung einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden.

Das ist sehr aufwendig. Es handelt sich dabei um viele Tausend Bewerber, und vorher waren es im Prinzip einige Hundert einzelne Fälle, die begründet waren. Das heißt also, man braucht auch mehr Personal. Das ist ein Verfahren, das vorbereitet werden muss. Das heißt also, es hängen personelle, strukturelle und organisatorische Vorarbeiten daran. Insofern ist das nichts, das jetzt auf Knopfdruck oder von jetzt auf gleich passieren kann.

Zusatzfrage: Die erste Ankündigung ist, wenn ich mich recht erinnere, auch schon etwa ein Jahr alt. Heißt das, diese Vorarbeiten konnten innerhalb dieses einen Jahres noch nicht vorangetrieben werden?

Flosdorff: Ich kann Ihnen jetzt nicht im Detail Auskunft darüber geben, was beim MAD noch alles gestaltet werden muss. Das macht vielleicht auch die dortige Pressestelle. Aber wenn Sie uns im Ministerium anrufen, kann man solche Detailfragen dort sicherlich auch abräumen.

Frage: Herr Dimroth beziehungsweise Herr Flosdorff, ich komme noch einmal zu der Frage der Übung (von Polizei und Bundeswehr), zu der Ihre Minister vorhin ja schon kurze Statements abgegeben haben. Mich würde interessieren, ob man irgendwie sagen kann, wie viele Menschen an einer solchen Übung eigentlich beteiligt sein werden und ob es sich jetzt nur um Stäbe handelt, die dort üben, oder ob es auch irgendwie "boots on the ground" gibt.

Herr Flosdorff, was bietet die Bundeswehr im Rahmen dieser Übung eigentlich an Fähigkeiten an?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Sie waren ja vorhin auch da und haben eine große Einigkeit der zuständigen Minister aus Bund und Ländern erlebt, namentlich der Bundesverteidigungsministerin, des Bundesinnenministers und eben der Vertreter der Innenministerkonferenz sowie den beiden sogenannten A- und B-Sprecher, also des Sprechers der SPD-geführten Innenministerien, Herr Jäger aus Nordrhein-Westfalen, und des Sprechers der unionsgeführten Innenministerien, Herrn Caffier aus Mecklenburg-Vorpommern.

Im Prinzip hat man ja letztlich sozusagen konkretisiert und sich noch einmal auf das geeinigt, was schon im sogenannten Weißbuch-Prozess festgeschrieben worden ist und den verfassungsrechtlichen Rahmen dessen beschreibt, was die Bundeswehr hier im Inneren tun darf. Im Weißbuch-Prozess wird ja auch schon festgeschrieben, dass das, was man darf, auch gemeinsam geübt werden soll. Sie haben auch mitbekommen, dass man sich schon darauf festgelegt hat, dass vier Bundesländer aktiv mitüben sollen. Allen anderen, da es eben offensichtlich mehr Nachfrager als Möglichkeiten gibt, kann aber ein sogenannter Beobachtungsstatus im Rahmen einer solchen Übung eingeräumt werden, sodass sie jedenfalls Kenntnis nehmen und partizipieren können.

Hinsichtlich der Detailfragen, die Sie jetzt gerade angesprochen haben und zu denen im Übrigen auch gehört, welche vier Länder das sein werden - das müssten ja die Bundesländer selbst klären -, ist eine Arbeitsgruppe auf Abteilungsleiterebene eingesetzt worden, die sich jetzt sehr rasch diesen Fragen nähern soll, um dann entsprechende Ergebnisse zu liefern. Diese Arbeiten werden auch genau die von Ihnen gerade angesprochenen Fragen umfassen, sodass ich sie Ihnen hier leider noch nicht abschließend beantworten kann.

Flosdorff: Ich kann das ergänzen: Die Polizei des Bundes und der Länder ist diejenige, die diese Übung führt und auch anfordert. Das heißt, die Bundeswehr stellt dann die Ressourcen zur Verfügung, die die Polizei anfordert. Welche das genau sein werden, kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen; darum wird sich jetzt diese Arbeitsgruppe kümmern.

Aber es ist ja klar, in was für einem Szenario wir uns dabei bewegen. Dabei geht es also um eine Großübung, um ein größeres Terrorszenario, das bewältigt werden muss. Dabei geht es um das Zusammenspiel der Sicherheitskräfte auf allen Ebenen - Bund, Länder, aber auch Organisationen wie THW und DRK. Das ist erst einmal eine Frage der Stäbe und der Abstimmung.

Dann ist es sicherlich auch denkbar, dass in kleinen Teilen vor Ort sicherlich auch noch ein tatsächliches Geschehen geübt wird. Aber welches das genau sein wird, ist jetzt Sache der Planungsarbeit, die in dieser Arbeitsgruppe stattfindet.

Ich möchte noch einmal allgemein sagen: Das heutige Treffen ist nach der Aufregung rund um das Weißbuch sicherlich ein gutes, einordnendes Signal dafür gewesen, dass sich die Diskussion versachlicht hat - dafür spricht auch das große Interesse einer Mehrzahl der Bundesländer, an solchen Übungen teilzunehmen - und dass das sicherlich ein weiterer Baustein für eine verantwortliche Sicherheitsvorsorge ist.

Was weitere Details angeht, bitte ich um Verständnis: Die Projektgruppe, die dem Innenministerium untersteht, wird jetzt erst einmal die Arbeit aufnehmen und die weitere Ausplanung bis zum Februar vornehmen.

Frage: Herr Dimroth, wenn ich den Minister richtig verstanden habe, dann sollen die Feldjäger auch hoheitliche Aufgaben nach Artikel 35 Absatz 2 GG übernehmen. Laut Verfassungsgericht ist das ja nur erlaubt, wenn ein Anschlag katastrophale Ausmaße annimmt. Daher die Frage: Von was für einem Anschlag gehen Sie konkret aus beziehungsweise inwiefern überwindet das diese Hürde?

Zweite Frage: Hat man darüber gesprochen, ob die Bundeswehr auch spezifisch militärische Waffen einsetzen wird?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Meine Antwort wird sich allerdings weitreichend an dem orientieren müssen, was ich gerade dem Kollegen geantwortet habe. Der Minister hat nicht gesagt, dass ein solches Übungsszenario den Feldjägereinsatz mit hoheitlichen Befugnissen umfassen wird, sondern er wurde abstrakt gefragt, was denkbar wäre. Das entspricht auch genau dem, was Sie gerade verfassungsrechtlich umschrieben haben, und dem, was hierzu im Weißbuch niedergelegt worden ist. Selbstverständlich würde sich eine Übung natürlich immer im Rahmen dessen bewegen, was derzeit verfassungsrechtlich zulässig ist. Das könnte also auch den von Ihnen umrissenen Sachverhalt umfassen.

Noch einmal: Wie das Übungsszenario genau aussieht, wird jetzt federführend von den Ministern besprochen und bearbeitet, die ja für die Polizeien zuständig sind. Die wären dann in einem solchen Szenario auch diejenigen, die entsprechende Hilfe anfordern müssten, sodass ich Ihnen abschließend auf Ihre Frage noch keine Antwort geben kann.

Frage: Meine Frage geht noch einmal in eine ähnliche Richtung. Der Minister hatte ja auf Nachfrage diese vier Bereiche Transport, Versorgung, Aufklärung und Feldjäger für denkbare Amtshilfe durch die Bundeswehr genannt. Die ersten drei Punkte - Transport, Versorgung und Aufklärung - sind ja wahrscheinlich verfassungsrechtlich auch nicht so sensibel wie beispielsweise der Einsatz von Feldjägern. Dazu würde mich Folgendes interessieren: Wäre der Einsatz von Feldjägern in einem solchen Szenario nötig, weil die Polizei nicht über genügend eigene Kräfte für solche Aufgaben verfügt, oder verfügt die Polizei nicht über eine entsprechende Ausrüstung? Ist das also sozusagen eine quantitative oder eine qualitative Amtshilfe, die dann auf dieser Ebene durch die Bundeswehr stattfinden müsste?

Dimroth: Auch das lässt sich jetzt natürlich ohne Kenntnis eines Übungsszenarios nicht abstrakt beantworten. Das könnte man sich ja auch in die eine oder andere Richtung denken. Ich glaube, es ist allgemein die Erkenntnis gereift - auch bei den Bundesländern -, dass Polizeistellen nicht nur nicht mehr abgebaut, sondern sukzessive aufgebaut werden müssen.

Im Bund ist hierfür in den vergangenen Haushalten und auch im aktuellen Haushalt viel geschehen, insbesondere für die Sicherheitsbehörden im Geschäftsbereich des BMI: für die Bundespolizei, aber auch für das BKA und das BfV und, davon profitierend, auch für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Das alles kennen Sie. Insofern ist völlig unabhängig von Ihrer Frage zunächst einmal klar: Die Polizei braucht mehr Stellen.

Welches Szenario man wählt, um aus diesem Szenario heraus einen bestimmten Bedarf zu analysieren, zu umschreiben und zu definieren, der dann geübt wird, ist eine Frage des Szenarios, das eben noch nicht feststeht, sondern jetzt gemeinsam zwischen den Innenministern der Länder und dann gemeinsam mit dem BMVg besprochen werden muss.

Zusatzfrage: Können die Feldjäger etwas, was die Polizisten nicht können - unabhängig von der Frage, wie viele Polizisten zur Verfügung stehen? Bieten die Feldjäger eine Fähigkeit an, die die Polizei in einer solchen Lage nicht selber hätte?

Dimroth: Ich bin kein Experte für die Fähigkeiten von Feldjägern. Insofern bitte ich um Verständnis dafür, dass ich den Vergleich, den Sie von mir erbitten, so nicht ziehen kann.

Noch einmal: Ich denke, für das Szenario und für die Übung ist das nicht relevant, sondern dafür ist relevant, welchen Fall, welches Szenario, welche genauen Abläufe man gemeinsam erdenkt. Daraus wird sich der Bedarf der Polizeien ergeben. Natürlich wird in einer Schrittfolge abgeklärt, ob die Bedarfe durch eigene Kräfte abgedeckt werden können und, wenn dies nicht der Fall ist, welche Bedarfe - in beide denkbare Richtungen: Quantität und Qualität - durch Amtshilfe der Bundeswehr abgedeckt werden können. Aber diese Frage lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern es kommt ausschließlich auf das Übungsszenario und den in diesem Szenario offenbar werdenden Bedarf an.

Frage: Ich will es etwas anders versuchen: Ist vonseiten der Länder oder der Bundespolizei der Wunsch nach dem Einsatz spezifisch militärischer Mittel und Waffen deutlich geworden?

Dimroth: Mir ist dazu nichts bekannt. Aber auch da gilt, dass nicht ohne Grund eine Expertengruppe eingesetzt wird, die - ich sage es noch einmal - gemeinsam überlegt, welches Szenario Sinn macht, um im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen einen länderübergreifenden und vermutlich auch mehrere Tage andauernden Fall zu erdenken, in dem das möglichst spezifisch geübt werden kann, was Herr Flosdorff gerade beschrieben hat, nämlich zum einen im Rahmen von Stabsübungen vor allem auf der strategischen Seite die Frage, wie Kommunikation und bestimmte Meldewege funktionieren. Aber es ist genauso denkbar, dass man zum anderen in Teilaspekten dieses Szenarios auch eine gewissermaßen sichtbare Übung der jeweiligen Organisationen miteinander durchführt. Das wird jetzt Gegenstand der Arbeiten sein, die hoffentlich rasch nicht nur angegangen, sondern auch abgeschlossen werden, um diese Fragen dann beantworten zu können.

Zusatzfrage: Herr Flosdorff, sind diese denkbaren Szenarien der Grund dafür, dass die Feldjäger in den BOS-Funk eingebunden werden oder werden sollen? Wer finanziert das, die Bundeswehr oder das Innenministerium?

Flosdorff: Wollen Sie wissen, wer die Übungen finanziert?

Zusatz: Nein, sondern die Ausstattung der Feldjäger mit BOS-Funk, was ja keinerlei militärische Komponente hat.

Flosdorff: Bestimmte Feldjägerausstattungen stehen sicherlich nicht im Zusammenhang mit dem Szenario, um das es hier geht. Das sind Planungen, die, wie Sie gehört haben, noch laufen. Ob Feldjäger und ob andere Truppenbestandteile an diesen Übungen beteiligt sein werden, ist vollkommen offen. Das wird jetzt überhaupt erst festgelegt. Viele Szenarien sind denkbar.

Aber es wäre müßig, jetzt alle hypothetischen Szenarien durchzugehen, mit denen sich die Übung im Februar dann überhaupt nicht befassen wird. Insofern ist es, denke ich, auch nicht zielführend, jetzt von der dritten Ableitung von x herzukommen, um irgendwie zur Grundgleichung vorzustoßen. Das hat an der Stelle überhaupt nichts miteinander zu tun.

Zusatzfrage: Ich habe in Mathematik nicht aufgepasst. Aber was ist dann der Grund für die Ausstattung der Feldjäger der Bundeswehr mit BOS-Funk?

Flosdorff: Ich habe keine Ahnung, welche technische Spezifikation dahintersteht. Noch einmal: Ich bitte Sie, sich mit diesen Spezialfragen an das Ministerium zu wenden. Dort haben wir Sachbearbeiter, die das in die zuständige Fachabteilung schieben. Wenn das dort nicht geklärt werden kann, schieben wir es in die technische Abteilung oder in ein nachgeordnetes Amt. Die Mitarbeiter dort fördern dann die Details zutage und bedienen Sie gern auch zeitnah damit.

Frage: Ich habe eine Frage, dessen Beantwortung sich das Auswärtige Amt und das BMI vielleicht teilen können, weil sie die beiden Themen internationale Beziehungen und innere Sicherheit betrifft.

Polen hat diese Woche eine Gruppe von 200 Tschetschenen die Einreise aus Weißrussland verweigert und dies heute damit begründet, man wolle Europa damit vor Terrorismus schützen.

Meine Frage: Gibt es bei Ihnen Hinweise darauf, dass Tschetschenen an sich eine Terrorbedrohung darstellen? In den vergangenen Jahren sind ja durchaus einige Tschetschenen über Polen nach Deutschland gekommen.

Dimroth: Eine pauschale Einordnung, wie von Ihnen erbeten, verbietet sich, denke ich, auch an dieser Stelle. Selbstverständlich wird der, dessen Einreise von den Polizeien, insbesondere von der Bundespolizei im grenznahen Bereich, festgestellt wird - egal wer und egal von wo er einreist -, einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Dazu gehört auch der Abgleich mit bekannten Dateien, insbesondere bei den Zentralstellen der Polizei in Deutschland - das ist beim BKA INPOL.

Das gilt selbstverständlich völlig ohne Ansehung von Herkunft oder Ethnie. Das Entscheidende ist, dass die Polizei ein möglichst vollständiges Bild des Einreisegeschehens hat. Noch einmal: Jeder, der von der Bundespolizei bei Grenzübertritt aufgegriffen wird, muss eine solche Überprüfung über sich ergehen lassen. Aber eine generelle Einstufung einer Ethnie, wie von Ihnen erfragt, kann ich Ihnen nicht geben. Ich kann auch nicht Ihre These bestätigen.

Noch einmal: Selbstverständlich schauen die Behörden sehr sorgsam hin, auch in Bezug auf das von Ihnen beschriebene Phänomen, und arbeiten die nötigen und von mir gerade beschriebenen Schritte in jedem Einzelfall ab.

Zusatzfrage: Polen übernimmt praktisch die Grenzsicherung für die gesamte EU an dieser EU-Außengrenze. Werden solche Abwägungen mit dem Land, das diese Absicherung vornimmt, gemeinsam besprochen, oder sagt man sich: "Jedes Land entscheidet für sich allein, wie man die EU-Außengrenze vor Terrorismus schützen will"?

Dimroth: Ich denke, das lässt sich weder mit einem klaren Ja, noch mit einem klaren Nein beantworten. Selbstverständlich haben wir über die EU-Agentur Frontex und über bestehendes europäisches Recht, das in weiten Teilen auch den EU-Außengrenzschutz regelt, nicht nur gemeinsame Verabredungen, sondern gemeinsame gesetzliche und untergesetzliche Vorgaben, die für alle diejenigen, die mit dem EU-Außengrenzschutz betraut sind, gelten. Insofern agiert niemand allein oder nach freiem Gusto, sondern in diesem Verbund und unter dem Dach dessen, was ich gerade geschildert habe.

Hinzu kommt, dass gerade auch die deutschen grenzpolizeilichen Stellen, also die Bundespolizei, über einen sehr guten, sehr etablierten und sehr vertrauensvollen tagesaktuellen Kontakt beispielsweise mit den polnischen Behörden verfügen und dieser "Draht" tagtäglich genutzt wird - es gibt ja gemeinsame Bemühungen und Initiativen -, sodass ein tagesaktueller wenn nicht gar minutenaktueller Informationsaustausch gewährleistet ist und stattfindet. In diesem Zusammenhang werden in Einzelfällen sicherlich auch operative Maßnahmen besprochen. Die letztliche Verantwortung für das, was dann geschieht, trägt selbstverständlich der agierende EU-Außengrenzstaat, in dem Falle Polen.

Aber noch einmal: Selbstverständlich gibt es einen sehr engen Erfahrungsaustausch und Informationsfluss, der über das europäisch ohnehin schon Verpflichtende hinausgeht, gerade auch im Verhältnis zu den polnischen Kollegen.

Ich kann Ihnen aber hier nicht über eine konkrete Befassung mit den von Ihnen geschilderten Fällen berichten - wenn das Ihre Anschlussfrage sein sollte - oder gar über eine bestimmte Einflussnahme Deutschlands in diesem Zusammenhang. Was ich gerade beschreibe, ist die allgemeine, sehr gute und sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der polnischen Seite.

Schäfer: Ich würde gern einen Nachtrag auf die Frage, wer vonseiten der OSZE morgen in Potsdam dabei ist, geben. Der Kollege, der gefragt hat, ist schon nicht mehr da, aber ich sage es für das Protokoll dennoch.

Es sind da: Herr Link, ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt, jetzt Leiter des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte, Frau Mijatovic, OSZE-Beauftragte für die Freiheit der Medien, und Frau Muttonen, Sonderbeauftragte der Parlamentarischen Versammlung der OSZE für Zentral- und Ostasien.

Ein Vertreter der zivilen Beobachtermission wird, anders als ich es vorhin vermutete, morgen in Potsdam nicht dabei sein. - Vielen Dank.

Dimroth: Auch ich habe noch einen Nachtrag, auch wenn der Kollege, der die Frage gestellt hat, jetzt nicht mehr da ist. Die Frage, wie viele Menschen im bilateralen Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei im ersten Halbjahr 2016 von Deutschland in das Zielland Türkei abgeschoben worden sind, ist noch offen. Die Zahl lautet: 109.

Frage: Eine kurze Frage mit absoluter Tagesaktualität: Herr Dimroth, heute gab es einen Vorfall im Frankfurter Flughafen. Das liegt, wenn ich es richtig sehe, im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. Teile des Flughafens sind gesperrt worden. Können Sie, falls Ihnen dazu etwas vorliegt, sagen, wie der aktuelle Informationsstand ist?

Dimroth: Vielen Dank. - Ich habe eine Meldung dazu zur Kenntnis genommen. Die Lage ist, wenn ich es richtig sehe, längst geklärt. Ich würde Sie bitten, Ihre Frage zu den einzelnen Verfahrensschritten an die örtlichen Stellen der Bundespolizei zu richten, weil ich den kompletten Sachverhalt nicht kenne und er das Ministerium bis jetzt nicht in aufbereiteter Form erreicht hat.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine kleine Frage an das Finanzministerium. Heute findet ein großer Bankenkongress in Frankfurt statt. Vonseiten des Marktführers Deutsche Bank ist die Rede von notwendigen Fusionen auf nationaler wie auch internationaler Ebene.

Sieht die Bundesregierung - auch mit Blick auf die Ergebnisse des Stresstests für die beiden großen deutschen Banken - irgendeinen Ansatzpunkt, wie sie zu einer Stärkung der deutschen Banken beitragen kann? Hat die Bundesregierung eine Meinung zu dem Instrument der Fusionen, um die deutsche Finanzbranche zu stärken?

Weißgerber: Vielen Dank für die Frage. - Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass wir uns zu dem Thema der Fusion von Banken hier nicht äußern. Diese Dinge haben die Banken selber zu entscheiden. Sie betreffen die Geschäftspolitik der Banken. Dazu äußern wir uns hier aus guten Gründen nicht.

Mittwoch, 31. August 2016

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 31. August 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/08/2016-08-31-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang