Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1512: Regierungspressekonferenz vom 31. Juli 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Montag, 31. Juli 2017
Regierungspressekonferenz vom 31. Juli 2017

Themen: Personalie, Nationales Forum Diesel, Tod eines Bundeswehrsoldaten in Munster, US-Sanktionen gegen Russland, Abschiebung von Asylbewerbern aus Deutschland, Pilotprojekt Test von Systemen zur Gesichtserkennung, Absturz eines Hubschraubers der Bundeswehr in Mali, Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung in Venezuela

Sprecher: SRS'in Demmer, Weißgerber (BMF), Hille (BMVI), Haufe (BMUB), Fischer (BMBF), Baron (BMWi), Steffen (BMJV), Reinhard (BMEL), Nannt (BMVg), Breul (AA), Neymanns (BMI)


Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Weißgerber: Ich möchte eine persönliche Ankündigung machen. Heute ist mein letzter Tag als Pressesprecher des Bundesfinanzministeriums. Ich wechsle morgen in die AG Haushalt der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, werde dann also im Haushaltsausschuss tätig sein.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen für drei spannende, intensive Jahre zu bedanken, auch für die gute Zusammenarbeit sowohl hier in der Regierungspressekonferenz, als auch am Telefon vor Ort im Bundesfinanzministerium. Hier sind ja auch einige, mit denen wir sehr, sehr eng zusammenarbeiten. Vielen Dank für diese tolle, spannende Zeit, an die ich mich immer sehr, sehr gern und sehr gut zurückerinnern werde. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute mit der Bundespressekonferenz, mit der Regierungspressekonferenz. Ich freue mich, wenn wir in Kontakt bleiben, dann eben auch aus dem Bundestag heraus. Auch dort gibt es viele spannende Dinge. Alles Gute und bis bald!

Jetzt stehe ich natürlich noch für Fragen zum Bundesfinanzministerium zur Verfügung.

Vors. Szent-Iványi: So schnell entlassen wir Sie nicht, Herr Weißgerber. Ich will Ihnen von dieser Stelle aus auch recht herzlichen Dank sagen. Ich denke, ich spreche im Namen der Kollegen, wenn ich sage, dass Sie ein hochgeschätzter Ansprechpartner waren. Wir danken für die drei Jahre der Zusammenarbeit, für die kompetenten Antworten und die Hilfestellung, die Sie uns gegeben haben. Herzlichen Dank und viel Glück auf Ihrem weiteren Lebensweg. Sie sind uns ja nicht verloren.

Weißgerber: Herzlichen Dank.

Frage (zum Nationalen Forum Diesel): Zwei Fragen habe ich. Zum einen an das Verkehrsministerium: Ist es richtig, dass Sie schon, wie heute von einer Zeitung berichtet, vor einem Jahr aus den Ecken des Kraftfahrtbundesamtes Bescheid wussten, dass bei Porsche unerlaubte Abschalteinrichtungen installiert waren?

Zum anderen wüsste ich von den beteiligten Ministerien - also Forschung, Verkehr, Wirtschaft und Umwelt - gern, ob Sie alle mit unterschiedlichen Vorschlagslisten sowie Vorstellungen und Forderungen in den Dieselgipfel gehen oder ob zumindest geplant ist, vorher noch eine einheitliche Linie herzustellen, um den Dissens nicht zu stark werden zu lassen.

Hille: Ich beginne mit dem ersten Teil. Vielen Dank für die Frage; sie gibt mir die Möglichkeit, das Ganze noch einmal ein wenig aufzudröseln. Ich bin, offen gesagt, schon fast verleitet, zu sagen: Und monatlich grüßt das Murmeltier. - Ich weiß nicht, wie häufig wir von dieser Stelle aus schon über diesen Sachverhalt gesprochen haben. Das, was dort berichtet wird, ist ein altes Thema aus dem vergangenen Jahr. Wir haben dazu zuletzt im Dezember 2016 ausführlich Stellung genommen.

Das BMVI widerspricht klar der Darstellung, die heute öffentlich gemacht worden ist, wonach das BMVI den Untersuchungsbericht der Untersuchungskommission Volkswagen zugunsten von Porsche entschärft habe. Der Untersuchungsbericht der Untersuchungskommission Volkswagen, auf den sich das bezieht, sagt eindeutig - jetzt zitiere ich aus dem Bericht; es tut mir leid, dass ich Ihnen das nicht ersparen kann, aber das gehört der Vollständigkeit halber dazu -:

"Alle Hersteller der Gruppe II passen die Wirksamkeit ihres Emissionskontrollsystems an Fahr- und Umweltbedingungen an. Dieses entspricht einer Abschalteinrichtung gemäß der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. ... Bei einem Teil der Fahrzeugtypen bestehen seitens der Untersuchungskommission des BMVI allerdings Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit der verwendeten Abschalteinrichtung."

Im Bericht der Untersuchungskommission ist der Porsche Macan den Fahrzeugen dieser Gruppe II zugeordnet. Bei diesen Fahrzeugen hatte die Untersuchungskommission, wie gerade gesagt, Zweifel, ob die gewählten sogenannten Thermofenster in vollem Umfang durch den Motorschutz gerechtfertigt sind. Die Untersuchungskommission hatte die betroffenen Hersteller daraufhin aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um das Thermofenster auf das tatsächlich notwendige Maß zu begrenzen. Im September 2016 hat das Kraftfahrtbundesamt die Freigabe für die in Rede stehende Software zur Nachbesserung des Macans erteilt.

Beantwortet das Ihre Frage?

Zusatz : Es ist jedenfalls eine Antwort, ja.

Hille: Ich habe Sie nicht verstanden?

Zusatz : Es ist erst einmal okay.

Hille: Eine gute Antwort. Gut.

Vorsitzender Szent-Iványi: Das hat der Kollege nicht gesagt.

Hille: Also, den Untersuchungsbericht wie auch die PK zur Vorstellung des damaligen Untersuchungsberichts - das alles finden Sie bei uns auf der Homepage. Da ist das nachzulesen.

Zusatzfrage: Das ist richtig. Ich habe in den Medienberichten allerdings von Berichten - in der Mehrzahl - gelesen, die geschönt worden seien - mit Ursprungsberichten; Sie beziehen sich allein auf den Untersuchungsbericht. Von daher war meine Annahme, dass es noch andere Berichte gab, die diesen Sachverhalt behandelten und in denen zumindest Formulierungsänderungen im Nachhinein vorgenommen worden seien. Die Behauptung ist ja: auf Druck der Autoindustrie.

Hille: Nein, es gibt keine anderen Berichte. Das bezieht sich auf den Untersuchungsbericht der Untersuchungskommission Volkswagen zur Thematik Abgas bei VW.

Zusatzfrage : Gut. Aber noch meine zweite Frage, zum Dieselgipfel: Mit welchen Konzepten gehen die unterschiedlichen Ministerien dort hinein?

Hille: Soweit ich das sehe, geht die Bundesregierung mit einer einheitlichen Linie in den Dieselgipfel am Mittwoch.

Zusatz: Ich wollte eigentlich von den einzelnen Ministerien wissen, ob man noch spezielle eigene Vorschlagslisten hat. Frau Hendricks hatte ich jedenfalls so verstanden, dass sie mit einem eigenen Papier dort hineingeht. Ist das beim Wirtschaftsministerium und beim Forschungsministerium auch so?

Haufe: Die Ministerin hat am Wochenende dargelegt, dass es einen Forderungskatalog geben wird. Den legt nicht sie allein vor, sondern den wird die Bundesregierung vorlegen. Die Ministerien, die den Dieselgipfel im Kern vorbereiten, sind hierzu in enger Abstimmung. Für die Ministerin ist wichtig, dass es neben den Softwareupdates auch noch um das Thema der Nachrüstung gehen muss. Wir können die Emission bei der Euro-5- und Euro-6-Flotte nur dann deutlich reduzieren und auch Fahrverbote vermeiden, wenn eben Nachrüstung erfolgt.

Die Autobranche wird - davon gehen wir aus - entsprechend berichten, wie sie sich das vorstellen kann. Es sind ja sicherlich noch einige Details zu klären. Das ist auch technisch nicht ganz einfach. Es können auch nicht alle Fahrzeuge nachgerüstet werden.

Das sind erst einmal die wichtigsten Punkte, die jetzt im Vordergrund stehen. Es geht auch um zukünftige, um mittelfristige Fragen, die bei diesem Gipfel erörtert werden, zu denen auch die anderen Ministerien wie Forschung, Wirtschaft und Verbraucherschutz eine Rolle spielen.

Fischer: Einzelne Details will ich jetzt nicht vorweg benennen. Aber wenn Sie mit Blick auf die Hightech-Strategie die Aktivitäten auch unseres Hauses verfolgen, dann können Sie sich sicherlich vorstellen, dass wir natürlich forschungsseitig eine Menge zu den Themen mit beisteuern können. Deswegen macht es nur Sinn, dass wir mit dabei sind. Aber einzelne Punkte greife ich jetzt im Vorfeld nicht heraus.

Baron: Ich habe dem nichts Wesentliches hinzuzufügen. Die beiden einladenden Häuser - das Bundesverkehrsministerium und das Bundesumweltministerium - bereiten das natürlich federführend vor. Natürlich gibt es, wie schon dargelegt, Abstimmungen, wie dann die gemeinsame Linie sein soll. Daran sind wir beteiligt.

Die Ministerin hat sich am Wochenende und in einem heute erscheinenden Interview geäußert, was auf der Linie des schon Gesagten liegt. Es geht zunächst natürlich um kurzfristige Maßnahmen mit dem wesentlichen Ziel, Softwareupdates vorzunehmen, um NOx-Werte zu senken. Es muss aber natürlich auch über kurzfristige Maßnahmen hinausgehen und Mittel- und Langfristmaßnahmen geben. Aber das Konkrete ist für den 2. August zu belassen.

Frage: Herr Hille, eine Frage habe ich. Was ich nicht verstehe: Im Abschlussbericht der VW-Untersuchungskommission ist, wie Sie gesagt haben, bei dem Macan ganz am Ende eine Passage enthalten - das ist ja dieser 3.0-TDI-Motor Euro 6 -, dass Zweifel an der Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung bestehen. Der Bericht ist, glaube ich, wenn ich es richtig weiß, am 6. April vergangenen Jahres vorgelegt worden. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist der Rückruf des Cayenne bezogen auf diesen oder einen baugleichen oder einen ähnlichen Motor erfolgt - über ein Jahr später.

Wie ist es zu erklären, dass Sie im Bericht der Untersuchungskommission schon von einer Abschalteinrichtung schreiben und wissen oder eine Vermutung haben, es erst über ein Jahr danach einen Rückruf gibt, bezogen auf diesen Motor, und dann Herr Dobrindt in der Pressekonferenz zum Cayenne auch noch gesagt hat, das sei geschehen nach der Berichterstattung der Kollegen vom "Spiegel" im Juni? Können Sie das noch einmal auseinandernehmen? Das verstehe ich nicht.

Hille: Das tue ich gern. Wir sprechen von zwei unterschiedlichen Sachverhalten. Man muss sie auseinanderhalten.

Die Untersuchungskommission Volkswagen hat sich mit der Frage der Thermofenster bei der Abgasreinigung beschäftigt, also mit der Frage: Wann und in welchem Bereich funktioniert die Abgasreinigung vollumfänglich, und wo beginnt dann das "Ausrampen" - so nennen es die Fachleute - der Abgasreinigung im Normalbetrieb. Thermofenster, VW-Untersuchungskommission 1.

Das, was jetzt beim Cayenne aufgetaucht ist, ist eine ganz andere Art von Abschalteinrichtung, nämlich in Form einer Prüfstandserkennung. Das heißt: Das Fahrzeug erkennt, wann es sich auf einem Prüfstand befindet, und zwar aus einer Kombination verschiedener Parameter. Dabei geht es um Motor- und Außentemperatur, um Höhe, um einen zeitbezogenen Drehzahlkorridor und - auch ein sehr schönes Wort - um ein zündungsstartpunktbezogenes Wegstreckenintervall. Die Kombination der verschiedenen Parameter führt bei dem Fahrzeug dazu, dass es erkennt, wann es sich auf einem Prüfstand befindet. Dann wird eine andere Abgasstrategie angewendet als dann, wenn es sich nicht auf einem Prüfstand befindet. Das ist ein ganz anderer Sachverhalt als die Frage der Thermofenster, und das ist die Antwort, warum das nicht schon, wie Sie sagen, vor einem Jahr aufgefallen ist.

Zusatzfrage: Heißt das also, dass das, was die Untersuchungskommission damals festgestellt und in dem Bericht niedergeschrieben hat, nach diesem Verständnis nicht für einen Rückruf damals schon ausgereicht hat, sondern der Cayenne erst aufgrund der neuen Sachlage zurückgerufen worden ist? Verstehe ich das richtig?

Hille: Nein, das verstehen Sie nicht richtig. Es gibt ja einen Rückruf für den Macan. Der Macan ist ja, wie ich gerade ausgeführt habe, in der sogenannten Gruppe II des Untersuchungsberichts aufgeführt, in dem die Fahrzeuge sind, bei denen es Zweifel über die Zulässigkeit der Abgasstrategie gab, man es aber nicht so rechtsverbindlich nachweisen konnte.

Mit den Herstellern dieser Fahrzeuge - es geht um 630 - haben wir auf Basis dessen, dass unsere Fachleute gesagt haben, dass Zweifel an der Abgasstrategie bestehen, genau das Gleiche vereinbart, was auch für den verbindlichen Rückruf zählt, nämlich eine Rückrufaktion im Rahmen einer Serviceaktion. Unter dem Strich werden die Fahrzeuge genauso behandelt wie die 2,4 Millionen Fahrzeuge, die sich im verbindlichen Rückruf befunden haben.

Frage : Ich habe eine Frage an das BMJV. Wird zu den Themen, die übermorgen behandelt werden, auch das Thema Sammelklagen gehören? Ministerpräsident Seehofer hat sich gestern ja überraschenderweise offen für diese Initiative gezeigt, die ja von Ihrem Haus zunächst einmal nicht weiter verfolgt werden konnte, weil die Union dort blockiert hat.

Steffen: Wir sprechen in dem Kontext nicht von Sammelklagen, weil das eher ein amerikanisches Modell ist, das wir dezidiert nicht verfolgen. Wir haben uns auch mehrfach zur sogenannten Musterfeststellungsklage geäußert. Dazu hat sich Herr Maas gestern gegenüber der dpa geäußert. Ich kann gern einen Teil des Zitats vorlesen:

"Die Musterfeststellungsklage könnte den Autokäufern in Deutschland bereits offenstehen, wenn sie nicht in der laufenden Wahlperiode blockiert worden wäre. Der entsprechende Vorschlag von mir liegt dazu lange auf dem Tisch."

Vor allem das Ministerium von Herrn Dobrindt hat die Einführung der Musterfeststellungsklage bislang verhindert. Das ist so. Aber wir stehen dem prinzipiell nicht entgegen, zu einem zügigen Verfahren beizutragen.

Zusatzfrage : Herr Hille, könnten Sie dann vielleicht sagen, ob Herr Dobrindt diesen Sachverhalt jetzt auch anders sieht als vorher, nachdem der Parteivorsitzende das jetzt so gesagt hat?

Hille: Ich habe schon - ich meine, es war in der vergangenen Woche - an dieser Stelle gesagt, dass wir einem Instrument wie Musterfeststellungsklagen - andere sprechen von Sammelklagen - grundsätzlich offen gegenüberstehen.

Nur für das Protokoll: Ich habe betont, dass das letzte Woche war, weil das vor den Aussagen war, auf die Sie gerade Bezug genommen haben.

Frage : Gleich dazu, Herr Hille: Wenn Sie sagen, der Minister ist grundsätzlich offen, dann stellt sich natürlich die Frage: Was hat diesen Sinneswandel herbeigeführt? Denn im Frühjahr dieses Jahres war ja Ihr Ministerium federführend dabei, diese Initiative von Herrn Maas abzuschmettern.

Hille: Die Beurteilung bezieht sich immer auf das, was konkret vorliegt. Ich kann noch einmal wiederholen, dass wir dem Ganzen grundsätzlich offen gegenüberstehen. Aber es wird dann natürlich am vorliegenden Entwurf geprüft, ob sich das so wiederfindet. Grundsätzlich stehen wir dem offen gegenüber.

Frage : Ich habe auch zwei Fragen an Herrn Hille. Sie sind heute wahrscheinlich der Gefragteste.

Die erste: Geht Ihr Ministerium in den Dieselgipfel am Mittwoch weiterhin mit der Maßgabe, dass es freiwillige Rückrufe geben wird, oder sind Sie nicht vielmehr der Meinung, dass man das auch verpflichtend machen müsse? Denn aus Erfahrung wissen wir, dass nur etwa 25 Prozent der Autobesitzer so etwas überhaupt wahrnehmen.

Die zweite Frage, zu den umstrittenen Softwareupdates: Es gibt Experten, die sagen: Das bringt nicht viel. Bloß 5 bis 10 oder 20 Prozent der NOx werden dadurch herausgeholt werden können. - Muss das KBA vor den Softwareupdates - ob nun freiwillig oder verpflichtend - messen und das alles genehmigen, dass es auch wirksam ist?

Hille: Ich denke, auch da geht es ein bisschen durcheinander, zwischen freiwilligem Rückruf und verbindlichem Rückruf. Einen verbindlichen Rückruf kann man nicht einfach so anordnen, weil man ihn gerade für passend hält. Grundlage für den verbindlichen Rückruf ist, wie wir es in der Vergangenheit gesehen haben - zuletzt beim Porsche Cayenne, davor beim Audi -, dass etwas Illegales nachgewiesen werden kann. Das ist am Ende, sozusagen im Konstrukt, das Gleiche wie dann, wenn es Probleme mit dem Airbag, den Bremsen oder so etwas gibt. Dann gibt es einen verbindlichen Rückruf. Das ist der Fall, wenn wir nachweisen, dass es sich um eine illegale Abschalteinrichtung handelt. Alles andere kann nur auf Basis eines freiwilligen Rückrufs stattfinden.

Was war Ihre zweite Frage?

Zusatz : Die Genehmigung von Updates. Schaut das KBA erst darauf, oder machen das die Konzerne nach eigenem Gusto?

Hille: Die Updates müssen wie auch bei den anderen Serviceaktionen natürlich genehmigt werden, bevor sie verwendet werden.

Zusatzfrage : Gibt es denn inzwischen Erkenntnisse bei Ihnen? Das schöne Wort "Prüfstandserkennungssysteme": Gibt es denn inzwischen bei Ihnen, beim KBA genaue, belastbare Zahlen, wie viele Modelle es gibt, bei denen so etwas eingebaut ist - à la Cayenne oder möglicherweise auch andere?

Wie viele sind das, und welche Hersteller sind davon betroffen?

Hille: Wie Sie wissen, prüfen wir ständig Fahrzeuge. Der Minister hat in der Pressekonferenz zum Cayenne schon darauf hingewiesen, dass Hinweise aufgetreten sind, dass es beim VW Touareg, in dem der gleiche Motor verbaut ist, möglicherweise auch die gleiche Bedatung gibt. Entscheidend bei diesen Fragen sind nicht der Motor und die Motorvariante - das ist eine Grundlage - sondern am Ende die Bedatung, die Software, die sich in diesem Motor befindet. Beim Touareg gibt es Hinweise, dass es dort möglicherweise die gleiche Bedatung gibt wie beim Cayenne. Das wird derzeit überprüft. Darüber hinaus prüfen wir alle 3-Liter-Modelle des VW-Konzerns - ohne dass wir bisher konkrete Hinweise haben - auf die Frage, ob es ähnliche oder gleiche Bedatungen gibt, wie es beim Cayenne der Fall ist - alle 3-Liter-Fahrzeuge des VW-Konzerns, nicht nur einer Marke.

Frage: Die Autoindustrie ist ja eine zentrale Industrie in Deutschland. Deswegen haben zwei Ministerpräsidenten vorgeschlagen, den stockenden Absatz jetzt mit Kaufanreizen und steuerlichen Anreizen zu fördern. Kann das Wirtschaftsministerium dem etwas abgewinnen? Kann das Finanzministerium dem etwas abgewinnen? Wird man solch einem Gedanken nahetreten?

Baron: Das sind, wie gesagt, Forderungen von Ministerpräsidenten, die ich hier nicht kommentieren kann. Sie stehen in dieser Form für sich. Wir haben in dieser Legislaturperiode Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität auf den Weg gebracht. Für uns sind diese Instrumente weiter fortzusetzen. Das Maßnahmenbündel muss am Markt wirken und ist damit weiter fortzusetzen.

Weißgerber: Aus unserer Sicht gibt es auch nicht viel hinzuzufügen. Es geht jetzt um grundsätzliche Fragen über die Zukunft von Mobilität, die Zukunft des Verbrennungsmotors, die sicherlich auch die nächste Bundesregierung beschäftigen werden. Insofern haben wir jetzt nichts zu einer Debatte über Kaufanreize beizutragen. Wir halten sie auch nicht für sinnvoll. Sie ist verfrüht. Das Thema ist sehr komplex. Steuerliche Fragen sind nicht der Startpunkt der Debatte.

Ansonsten müssen wir natürlich das Gespräch am 2. August abwarten.

Frage : Herr Hille, ein Grundkonflikt zwischen den verschiedenen Ministerien scheint ja noch die Frage zu sein, ob es am Ende nur eines Softwareupdates bedarf oder ob auch Hardwareveränderungen vorgenommen werden müssen. Wie ist dazu die Position Ihres Ministers? Hat er mittlerweile auch sozusagen eingesehen, dass möglicherweise doch auch Hardwareveränderungen an Fahrzeugen vorgenommen werden müssen?

Hille: Ich weiß nicht, was er da hätte einsehen sollen. Ich zitiere ihn aus seinem Interview, das gestern in der "BamS" erschien:

"Ob es zusätzliche Hardware-Lösungen für bestimmte Wagentypen geben kann, muss mit Experten geprüft werden."

Wenn man es nicht für nötig hielte, das zu prüfen, müsste man das nicht sagen. Er sagt aber: "muss ... geprüft werden". Das heißt also, da gibt es keinen Gegensatz.

Haufe: Ich denke nicht, dass es darüber einen Grundkonflikt gibt, wie Sie es bezeichnen. Es gibt dazu keinen Grundkonflikt.

Zusatzfrage : Dann verstehe ich noch nicht ganz, warum diese gemeinsame Position der Bundesregierung dann noch nicht in einem gemeinsamen Papier bekannt ist. Wo muss denn eigentlich noch abgestimmt werden?

Hille: Die Antwort ist denkbar einfach: Weil die Veranstaltung, über die wir reden, am kommenden Mittwoch, am 2. August, ist. Auch wenn ich Ihr Begehr verstehe, dass Sie gern alles möglichst früh kennen und haben würden, muss ich Sie - das kann ich, denke ich, auch im Namen der Kollegen der anderen beteiligten Häuser tun - um Geduld bitten. Die Veranstaltung findet erst am Mittwoch statt.

Das heißt aber, wenn ich das noch sagen darf, im Umkehrschluss nicht - das haben Sie ja gerade insinuiert -, dass es keine gemeinsame Position der Bundesregierung gebe. Dem ist nicht so. Nur weil Sie sie nicht kennen, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt.

Haufe: Ganz praktisch kann man vielleicht noch hinzufügen, dass heute zum Beispiel auch noch einmal mit den Ländern darüber gesprochen werden muss, was am Mittwoch diskutiert wird. Das gehört auch mit zu der Abstimmung. Wir als Bundesregierung sind ja nicht allein, sondern wir müssen uns mit Kommunen und Ländern abstimmen. Das alles gehört dazu, und das dauert etwas. Es ist ja keine einfache Materie, sonst würden wir ja auch nicht ständig darüber diskutieren müssen.

Zusatzfrage : Noch eine kurze Nachfrage an Frau Demmer: Ist die Kanzlerin eigentlich von ihrem Urlaubsort aus in diese ganze Abstimmung irgendwie mit eingebunden, oder lässt sie das sozusagen den zuständigen Ministerien?

SRS'in Demmer: Die Kanzlerin ist - davon können Sie fest ausgehen - in alles eingebunden und gut informiert. Am Mittwoch wird auch Staatsminister Helge Braun am Nationalen Forum Diesel teilnehmen.

Ich kann vielleicht auch von hier aus noch einmal sagen, dass das Treffen natürlich dazu da ist, dass die Politik ihre Erwartungen an die Autoindustrie formuliert. Es geht zum einen darum, welche Manipulationen es gab und wie die Industrie den dadurch entstandenen Schaden wiedergutmachen wird. Es gab in 28 Städten Probleme mit der Belastung mit Stickoxiden, insofern geht es zum anderen um die Frage: Was kann die Industrie da anbieten? Ziel des Forums ist es, die Diskussionen über die Optimierung von Dieselfahrzeugen zu bündeln und Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffemissionen dieser Diesel-Pkw zu vereinbaren.

Ganz grundsätzlich handelt es sich bei der Autoindustrie um eine wichtige Industrie. Wir brauchen eine starke und innovative, aber eben auch ehrliche Autoindustrie. Es geht insgesamt natürlich darum, an diesem Punkt zu kritisieren, was zu kritisieren ist - aber immer in dem Bewusstsein, dass es sich hierbei um einen strategisch wichtigen Industriezweig in Deutschland handelt.

Zusatzfrage: Ist die Regierung mit ihrem Konzept zum heutigen Stand schon fertig, haben Sie sich also untereinander schon verständigt, oder müssen auch Sie untereinander - Staatssekretäre oder wer auch immer - noch reden? Ich habe Herrn Haufe jetzt so verstanden, dass das Papier fertig ist und Sie noch mit den Ländern reden müssen.

Hille: Ich bin eigentlich der Meinung, dass sowohl ich als auch Herr Haufe alles, was es dazu zu sagen gibt, gesagt haben. Wir können den 2. August nicht vorwegnehmen. Ich kann Sie aber trösten: Es ist nicht mehr so schrecklich lange bis Mittwoch. Das, was da beschlossen wird, wird dann auch allen hinreichend bekannt gemacht. Es bringt jetzt, glaube ich, nicht viel, das noch auseinanderzufieseln. Die Bundesregierung wird mit einer gemeinsamen Position in das Nationale Forum Diesel gehen. Die Abstimmungen - wie das bei solchen Sachen ist; Herr Haufe hat gerade die Länder angesprochen - laufen auf den letzten Metern. Aber wie gesagt, der 2. August ist ja in greifbarer Nähe.

Frage: Das war eine wunderbare Vorlage, Herr Hille: Der 2. August ist nicht mehr so weit weg. Ich habe noch keine Einladung erhalten. Können Sie den genauen Ablauf der Veranstaltung einmal beschreiben? Gibt es eine Presseunterrichtung im Anschluss?

Hille: Ich kann Ihnen sagen, dass es um 11.30 Uhr losgeht, und ich kann Ihnen sagen, dass es im Anschluss eine Pressekonferenz geben wird. Da, wie das bei solchen Veranstaltungen üblich ist, die Dauer nicht im Voraus akkurat abzusehen ist, haben wir die Zeit dafür bisher nicht fixiert; es wird aber im Anschluss eine Pressekonferenz geben, über die alle mit dem nötigen Vorlauf informiert werden.

Zusatzfrage: Reden wir eher über 15 Uhr oder reden wir eher über 19 Uhr?

Hille: Sie sollten sich darauf einstellen, dass es im Laufe des Nachmittags eine Pressekonferenz geben wird. Ob das um 15, 16 oder 17 Uhr sein wird, werden wir sehen. Wir haben hier in der letzten Woche ja ausführlich darüber gesprochen, dass es eine große Runde ist. Allein das kann ja auch bei Ihnen zu gewissen Kalkulationen führen.

Frage : Frau Demmer, Sie sagten gerade - wenn ich das akustisch richtig verstanden habe -, wir bräuchten eine ehrliche Autoindustrie. Wann ist der Bundesregierung denn aufgekommen, dass die Autoindustrie womöglich unehrlich handelt? War dafür der "Spiegel"-Bericht ursächlich, oder gab es da andere Erkenntnisse?

Zweitens eine Verständnisfrage an Herrn Hille: In Ihrer Pressemitteilung von heute steht als zweitletzter Satz, alle betroffenen deutschen Hersteller hätten schriftlich reagiert - und dann endet diese Pressemitteilung fast schon. Verstehe ich das richtig: Sie haben eine Missetat festgestellt, dann hat der Missetäter schriftlich versprochen "Ich bessere mich", und dann war Ende Banane?

Hille: Darf ich vorgreifen, Frau Demmer?

SRS'in Demmer: Ja, klar.

Hille: Ich würde Sie bitten, auch die Zwischenpassage zwischen dem Anfang, den wir hier schon besprochen haben, und den letzten zwei Sätzen zu verlesen. Mir ist wichtig, noch einmal deutlich zu machen: Wir sprechen bei diesem Thema über den Untersuchungsbericht der Untersuchungskommission Volkswagen, wo es um die Abgasthematik ging - 54 Fahrzeuge untersucht, verbindlicher Rückruf für 2,4 Millionen Fahrzeuge des VW-Konzerns, Rückruf im Rahmen einer Serviceaktion von 630 Fahrzeugen. Letztere sind die Fahrzeuge der Gruppe II, über die wir eingangs ausführlich gesprochen haben, bei denen Zweifel bestanden, dass die Abgasreinigung vollumfänglich rechtskonform ist, bei denen es aber keinen rechtlich sauberen Beleg gab, dass es sich um eine illegale Abschalteinrichtung handelt. Mit den Herstellern dieser Fahrzeuge ist vereinbart worden, dass sie das Gleiche tun, was beim verbindlichen Rückruf stattfindet, nämlich dass sie ein Softwareupdate einspielen, um die Abschalteinrichtung aus der Software zu entfernen. Das ist der Satz, auf den Sie sich beziehen; das haben die Hersteller schriftlich zugesichert.

SRS'in Demmer: Mit Ihrer ersten Frage werden Sie wahrscheinlich die jüngsten Meldungen zu den etwaigen Absprachen der Automobilhersteller ansprechen. Davon hat die Kanzlerin aus der Presse erfahren.

Zusatzfrage : Es ging also los mit der "Spiegel"-Berichterstattung am Freitag, so wie Sie das hier auch schon kommuniziert haben?

SRS'in Demmer: Genau.

Frage: Ich würde zunächst gern noch einmal auf den Ursprung und auf diese geänderte Passage in dem Bericht zurückkommen. Herr Hille, Sie haben jetzt gesagt, dass im Abschlussbericht von Zweifeln an der Zulässigkeit der Abschaltvorrichtungen die Rede sei. Bei dem, was ich hier in der Ursprungsversion lese, geht es aber gar nicht um Zweifel. Da steht vielmehr ganz klar, das sei nach den Vorschriften als Abschalteinrichtung zu sehen. Das hieße ja, dass es sich um eine nach der Vorschrift nicht zulässige Abschalteinrichtung handelt - da steht nichts von Zweifeln, sondern da steht: Das ist eine. Deswegen noch einmal die Frage: Wie können Sie denn sagen, dass das genau das Gleiche ist?

Hille: Ich würde gerne als erstes das Grundmissverständnis aufklären: Abschalteinrichtung ist nicht gleich verbotene oder illegale Abschalteinrichtung. Sie kennen die EU-Richtlinie 715/2007. Dort heißt es: Abschalteinrichtungen sind verboten; sie sind erlaubt zum Motorschutz. Ich habe das jetzt nicht wörtlich, sondern sinngemäß zitiert. Abschalteinrichtungen sind erlaubt zum Motorschutz, sie sind also nicht per se verboten. Ich habe vorhin schon die Passage aus dem Untersuchungsbericht zitiert und kann das gerne noch einmal tun. Auch da benutzen wir explizit das Wort "Abschalteinrichtung". Zitat aus dem Untersuchungsbericht der Untersuchungskommission Volkswagen:

"Alle Hersteller der Gruppe II passen die Wirksamkeit ihres Emissionskontrollsystems an Fahr- und Umweltbedingungen an. Dieses entspricht einer Abschalteinrichtung gemäß der Definition in Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007."

Deshalb verstehe ich nicht, welchen Widerspruch Sie da konstruieren wollen.

Zusatzfrage: Noch eine Frage zum Gipfel: Warum ist dort eigentlich niemand von den Umweltverbänden mit eingeladen, die ja teilweise in der Aufklärung dieses Skandals und der Aufarbeitung sowohl vor Gericht als auch in Prüflaboren durchaus eine wichtige Rolle gespielt haben. Stimmt es, dass die da explizit ausgeladen worden sind, obwohl sie gern dabei wären? Gilt das auch für das Umweltbundesamt - das, wie man hört, gern dabei gewesen wäre, aber nicht darf -, und wenn ja, warum?

Hille: Dass irgendjemand ausgeladen worden wäre, ist mir nicht bekannt. Wir haben eingeladen zum Nationalen Forum Diesel, und zwar gemeinsam die Bundesumweltministerin und der Bundesverkehrsminister. Wenn es Ihnen hilft, zähle ich gerne noch einmal diejenigen auf, die kommen. - Herr Steiner nickt. - Vonseiten der Bundesregierung sind unsere beiden einladenden Häuser sowie das Wirtschaftsministerium, das Bundesforschungsministerium und Herr Braun als Staatsminister aus dem Kanzleramt dabei. Vonseiten der Länder sind die Ministerpräsidenten der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hamburg und Berlin dabei. Das sind einerseits die Länder mit Automobilherstellungsstätten und andererseits Länder, die besonders von der NOx-Problematik betroffen sind - das gilt für Hamburg und Berlin.

Zuruf: Ist Niedersachsen nicht dabei?

Hille: Doch, Niedersachsen natürlich auch.

Hille: Als Vertretung der Kommunen ist der Deutsche Städtetag dabei, und aufseiten der Automobilhersteller ist es der VW-Konzern beziehungsweise sind es die Marken VW, Porsche, Audi, Mercedes, BMW, Opel und Ford. Darüber hinaus sind die BDA und die IG Metall dabei.

Es geht beim Nationalen Forum Diesel in erster Linie darum, Lösungen zu finden, um die Schadstoffbelastungen in deutschen Städten zu reduzieren. Dafür ist der wichtigste Schritt die Reduzierung der Emissionen an der Quelle. Dafür sind diejenigen, die damit zu tun haben und dafür verantwortlich sind, zum Nationalen Forum Diesel geladen, und das sind die Automobilkonzerne.

Haufe: Vielleicht muss man auch noch etwas zum Charakter dieser Veranstaltung sagen: Das soll ja kein großes Forum sein, in dem noch einmal alle Angelegenheiten und Vorgänge, die wir in den letzten Monaten und Jahren, muss man ja schon sagen, erörtert haben, noch einmal komplett durchgegangen und durchdiskutiert werden. Vielmehr soll an dieser Stelle konzentriert von der Automobilbranche dargelegt werden, wie sie jetzt die Nachbesserungen und Nachrüstungen der Euro-5- und Euro-6-Flotte erledigen will. Darum geht es. In einem weiteren Schritt - das ist jetzt ja die erste Veranstaltung - wird man dann sehen, wie man das organisatorisch weiter aufzieht, weil es dann vielleicht auch um andere Fragen geht. Darauf hat die Ministerin in ihren Interviews auch hingewiesen.

Was das Umweltbundesamt angeht: Wir sind als Bundesumweltministerium eng in Kontakt mit den Kollegen dort, und die sind auch einbezogen in die Vorbereitungen. Es ist also keine richtige Darstellung, dass wir das Amt hier nicht dabei hätten. Auch wenn es nicht am Tisch sitzt, ist es also mit dabei. Es macht auch gar keinen Sinn, das Umweltbundesamt nicht einzubeziehen, denn es ist federführend in der Expertise von Emissionskontrollen; deswegen beziehen wir diesen Rat natürlich auch ein.

Hille: Ich habe noch eine Ergänzung zu meiner Aufzählung gerade: Ich glaube, ich habe den VDA und den VDIK, den Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller, als Verbandsvertreter nicht genannt. Die sind auch noch mit dabei.

Frage: Morgen gibt es ja wohl einen Vorgipfel von den Grünen mit Verbraucherorganisationen, die dann beim eigentlichen Gipfel nicht dabei sind. Herr Haufe und Herr Hille, können Sie sagen, wie Sie zu diesem Vorgipfel stehen?

Dann habe ich noch zu der Diskussion von ganz am Anfang eine Frage: Herr Hille, können Sie bestätigen, dass es einen E-Mail-Verkehr zwischen dem Kraftfahrt-Bundesamt und Porsche gab?

Hille: Ich fange einmal mit dem zweiten Punkt an: Ich kann weder bestätigen noch ausschließen, welche Kontakte es auf welchen Ebenen gibt. Ich habe ja gerade versucht, die grundsätzlichen Sachverhalte aufzuklären - ich merke, bei Ihnen war ich nicht ganz so erfolgreich.

Zusatzfrage: Es ging jetzt nur darum, ob es diesen E-Mail-Verkehr zwischen Porsche und dem Kraftfahrt-Bundesamt gab.

Hille: Das Kraftfahrt-Bundesamt steht selbstverständlich mit uns in ständigem Austausch, und es liegt natürlich auch im Wesen der Prüfungen solcher Fahrzeuge, dass man dazu auch in Kontakt mit dem Hersteller stehen muss. Das versteht sich ja von selbst. Aber daraus zu schließen, dass der Bericht in irgendeiner Form im Sinne Porsches entschärft worden sein sollte, ist definitiv falsch, und ich habe eingangs versucht, Ihnen das mit dem Zitat aus dem Untersuchungsbericht plausibel zu machen.

Frage: Ich möchte noch einmal kurz zurück zum Thema Musterfeststellungklage: Sie sagten ja, das liege alles auf dem Tisch. Gibt es jetzt noch einmal eine Initiative des Bundesjustizministers? Es ist zwar das Ende der Legislaturperiode, insofern ist mir auch klar, dass es nicht so einfach ist, das noch voranzubringen; aber es wäre ja ein starkes Signal an die nächste Regierung, wenn das alles schon fix und fertig auf dem Tisch läge und sozusagen nur neu eingebracht werden müsste.

Steffen: Na ja, der erste Versuch, also der Referentenentwurf, ist ja in der Ressortabstimmung sozusagen steckengeblieben. Wie ich eben schon sagte: Wir sind dazu bereit, für ein zügiges Verfahren zu sorgen. Ich sage es einmal so: Das Kabinett tagt einmal wöchentlich, und wir würden dem nicht entgegenstehen, das Thema voranzubringen. Wir haben auf Bitten der Justizministerinnen und Justizminister der Länder am Donnerstag oder Freitag noch einmal einen sogenannten Diskussionsentwurf an die Länder und Verbände versandt; der ist auch online zu finden.

Zusatzfrage: Das war der bisherige Diskussionsentwurf aus dem vergangenen Jahr?

Steffen: Nein, das ist dezidiert ein Diskussionsentwurf und nicht der Referentenentwurf, der in die Ressortabstimmung gegangen ist. Da gibt es also auch Unterschiede und auch Punkte, die zur Debatte stehen. Da warten wir jetzt auf die Rückmeldungen.

Frage: Herr Hille, die Deutsche Umwelthilfe hat heute Vormittag noch behauptet, es habe Abschalteinrichtungen gegeben, die dann quasi nachträglich vom KBA legalisiert wurden. Können Sie das bestätigen? Wenn ja: Von wie vielen Fällen reden wir da? Sie haben ja schon erklärt, dass nicht jede Abschalteinrichtung illegal ist; aber es hätte wohl Fälle gegeben, in denen eine illegale Abschalteinrichtung nachträglich quasi mit einer Genehmigung versehen wurde, sodass sie dann legal war.

Hille: Ich kenne viele Vorwürfe der Deutschen Umwelthilfe - da kommen ja jede Woche mehrere -, aber diesen aktuellen kenne ich jetzt noch nicht, sodass es mir nicht möglich ist, dazu in irgendeiner Form Stellung zu nehmen.

Frage : Herr Hille, noch einmal zur Musterfeststellungsklage: Ich habe immer noch nicht ganz verstanden, was jetzt eigentlich der Punkt war. Warum hat der Minister den Entwurf, den es aus dem BMJV gab, nicht in der Form gewollt? Sie haben es ja gesagt: Es ging nicht um die Musterfeststellungsklage allgemein, sondern um diesen konkreten Entwurf. Deshalb würde ich gerne verstehen, was Sie denn an diesem Entwurf wirklich gestört hat.

Hille: Ich kann Ihnen aus der Erinnerung nur Folgendes sagen: Das Thema kam im Zusammenhang mit dem VW-Skandal auf. Sie beziehen sich, glaube ich, insbesondere auf eine Berichterstattung über einen Bericht an den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, in dem es dann handschriftliche Vermerke "Das wollen wir nicht" gab. Da ist die Linie ganz klar: Das war ein völlig anderer Sachverhalt. Ein solcher Bericht zu einem Sachverhalt, der eine ganz andere Thematik hat, ist nicht der Rahmen, in dem Gesetzgebung gemacht wird. Was die Ressortabstimmung zu der Musterfeststellungsklage angeht, so kann ich Ihnen nicht sagen, wer sonst noch Bedenken gegen diesen Entwurf gehabt hat.

Zusatzfrage : Aber ich gehe doch davon aus, dass es explizite Bedenken gegeben hat; ansonsten wäre dieser Referentenentwurf dann ja auch in der Abstimmung weitergegangen. Insofern würde ich schon ganz gerne wissen, was die Gründe des BMVI waren, dort Nein zu sagen.

Hille: Wie gesagt, was für eine Haltung es dazu in anderen Häusern gegeben hat - - Ich glaube, wir waren nicht die einzigen, die diesen Entwurf so nicht gewollt haben. Ich kann Ihnen jetzt aber die Details nicht referieren, weil ich sie nicht im Kopf habe. Ich würde mich aber bemühen, das im schriftlichen Verfahren zu erledigen.

Steffen: Vielleicht kann ich das noch ergänzen: Ich glaube, das Zitat war vorhin ein bisschen unglücklich gewählt; das muss ich selber zugeben. Ich denke, es macht Sinn, noch einmal das ganze Zitat von Herrn Maas in der dpa-Meldung zu lesen. In der Tat war das BMVI nicht das einzige Ministerium, von dem ein Widerspruch kam.

Zu den Gründen oder den Widerspruchseinlassungen lassen wir uns hier in der Regel ja nicht detailliert aus.

Hille: Wenn ich noch eine Ergänzung aus der Erinnerung machen darf: Ich spreche hier für das Verkehrsministerium, das ist völlig klar; aber schauen Sie sich einmal einen Beschluss der Unions-Bundestagsfraktion an, in dem eine dezidierte Position zu diesem Thema gefasst ist. - Durch Ihr Nicken sehe ich, dass Sie den kennen.

Zusatzfrage : Das stimmt wohl. Dennoch ergibt sich für mich aus dem Ganzen gerade auch noch eine andere Frage: Nehmen wir einmal an, ich kaufe mir als Verbraucher ganz klassisch ein Auto, das nach Euro 6 klassifiziert ist. Jetzt stellen Sie fest, dass da eine Abschalteinrichtung oder ähnliches drin ist, und sagen, mein neuer Porsche sei eigentlich kein Euro-6-Fahrzeug. Jetzt haben Sie nur die Neuzulassungen gestoppt, wenn ich das richtig verstanden habe; es gibt also keine neuen Zulassungen für die entsprechenden Modelle mehr. Jetzt würde ich schon gern verstehen: Was passiert mit den bereits zugelassenen Fahrzeugen? Haben Sie da inzwischen eine klare Linie? Werden die heruntergestuft, und heißt das dann auch, dass ich im Falle der Maut-Einführung mehr bezahlen muss?

Hille: Ihre Frage ist: Was passiert mit den Porsche Cayenne, die jetzt nicht zugelassen werden?

Zusatz : Nein, mit denen, die bereits zugelassen sind; denn die sind ja sozusagen auch nicht Euro-6-konform.

Hille: Da kommt das übliche Verfahren zur Anwendung, wie es in diesen Fällen vollzogen wird: Es gibt den verbindlichen Rückruf, und der Hersteller muss ein Softwareupdate entwickeln, mit dem die in Rede stehende Abschalteinrichtung entfernt wird. Das ist in diesem Fall Aufgabe von Porsche. Dieses Update muss vom Kraftfahrt-Bundesamt begutachtet und genehmigt werden. Wenn das der Fall ist, dann kann die Rückrufaktion tatsächlich beginnen, indem der Hersteller seine Kunden anschreibt und in die Werkstätten ruft und dort das Softwareupdate aufgespielt wird. Das geschieht mit den Fahrzeugen, die im Bestand sind.

Zusatzfrage : Sie haben meine Frage, glaube ich, ganz gut verstanden. Die Frage ist: Was passiert, wenn dieses Auto, das als Euro-6-Fahrzeug verkauft wurde, jetzt nachgerüstet wird und sich am Ende herausstellt, dass es auch dann eigentlich kein Euro-6-Fahrzeug ist?

Hille: Dafür ist der Cayenne, glaube ich, kein taugliches Beispiel. Der Minister hat in der Pressekonferenz schon darauf verwiesen, dass der Cayenne mit einem modernen Abgasreinigungssystem ausgestattet ist, das so schon eigentlich alle Vorgaben erfüllen kann, und es deshalb unverständlich ist, warum es in diesem Fall überhaupt eine Abschalteinrichtung in Form einer Prüfstandserkennung gibt. Die Prämisse Ihrer Frage ist also nicht zutreffend.

Frage: Ich habe noch einmal eine Frage zur Musterfeststellungsklage an das Finanzministerium und an das Landwirtschaftsministerium - denn diese beiden Ministerien waren ja auch dagegen -: Hat sich jetzt auch da ein Sinneswandel vollzogen?

Weißgerber: Zu der Entscheidung in der Ressortabstimmung geben wir, wie immer, keine Auskunft; das ist ja eine regierungsinterne Abstimmung. Ich habe heute auch nichts Neues zu verkünden.

Reinhard: Ich kann mich dem nur anschließen und kann nur sagen, dass wir zu den Äußerungen des Ministers momentan keinen Interpretationsbedarf sehen.

Frage : Frau Demmer, Sie haben das Stichwort "ehrliche Autoindustrie" vorhin als Erwartung der Bundeskanzlerin in den Raum gestellt. Dazu zwei Fragen:

Erstens. Erwartet die Kanzlerin vom Autogipfel am Mittwoch dann auch, dass dort sämtliche illegalen Abschalteinrichtungen - Schummelsoftware oder wie immer man das nennen mag; wir wissen, was wir meinen - endlich offengelegt werden? Bisher geschah das ja immer nur in Salamitaktik - es wurde immer nur das zugegeben, was man auch nachweisen konnte.

Zweitens. Wann gab es die letzten Kontakte zwischen Bundeskanzlerin beziehungsweise Bundeskanzleramt und den Vorstandschefs von BMW, Daimler und Volkswagen?

SRS'in Demmer: Zu konkreten Kontakten, Terminen, Telefonaten oder Treffen kann ich Ihnen hier jetzt keine Auskunft geben.

Grundsätzlich: Beim Ehrlichmachen verlangt die Bundesregierung auf dem Autogipfel natürlich eine Offenheit und eine Transparenz der Autoindustrie, die alles auf den Tisch bringt. Es ist jetzt allerdings insbesondere bei den Kartellvorwürfen natürlich an den zuständigen Behörden, dem erhobenen Vorwurf konsequent nachzugehen und zu prüfen, ob und in welchem Umfang es Absprachen zwischen den Herstellern gegeben hat und inwiefern diese rechtlich zulässig waren oder nicht - das steht ja noch gar nicht fest. Die Bundesregierung appelliert aber natürlich an die betroffenen Unternehmen, mit den zuständigen Kartellbehörden zu kooperieren und lückenlose Aufklärung zu ermöglichen.

Zusatzfrage : War die Kanzlerin denn zumindest verärgert darüber, dass fast jeden Tag neue Vorwürfe an das Tageslicht gebracht werden?

SRS'in Demmer: Es ist Ihre Aufgabe, meine Worte zu interpretieren.

Zusatz : Sie war verärgert - mehr als das wahrscheinlich.

SRS'in Demmer: Nein, es geht, wie gesagt, darum - ich habe es eben schon gesagt -, dass die Autoindustrie von strategischer Bedeutung ist. Sie ist wichtig. Sie muss stark und innovativ sein, aber eben auch ehrlich. Es geht jetzt darum, das zu kritisieren, was zu kritisieren ist, dies aber eben in dem Bewusstsein zu tun, dass es hierbei um einen in Deutschland strategisch wichtigen Industriezweig geht.

Frage: Ich wollte jetzt noch einmal hinsichtlich der Erwartungen zu dem Diesel-Gipfel nachfragen, konkret hinsichtlich der Frage, inwieweit das Urteil aus Stuttgart vom letzten Freitag eigentlich noch in der Vorbereitung dieses Gipfels aufgenommen worden ist, weil das, wenn man sich die sehr lange Pressemitteilung durchliest, sehr klar aussagt, dass die Softwarenachrüstung, die bisher von Ihnen geplant ist, absolut nicht als ausreichende Maßnahme angesehen wird und von der Effektivität her viel zu gering ist, um irgendwie dazu geeignet zu sein, die Fahrverbote deswegen aufzuschieben. Das steht da ja sehr explizit drin. Da würde mich jetzt interessieren - es ist ja ein bisschen eine neue Sachlage, dass das zuständige Gericht mit sehr klaren Worten sagt "Das, was die Politik im Moment plant, ist faktisch ungeeignet" -, ob das dazu führt, dass man bei Ihnen jetzt doch etwas stärker über eine Hardwarelösung nachdenkt? Die Softwarelösung wird das Problem nämlich, wie gesagt, wenn das auch von anderen Gerichten so gesehen werden sollte, nicht lösen.

Vors. Szent-Iványi: An wen richtet sich die Frage?

Zusatz: An das BMUB und an das BMVI.

Hille: Zuerst einmal finde ich, das ist eine interessante Interpretation des Urteils, die Sie gerade vorgetragen haben. Ich darf nur erst einmal in Erinnerung rufen, dass sich das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Luftreinhalteplan der Stadt Stuttgart beschäftigt und darüber ein Urteil gefällt hat - das Verwaltungsgericht Stuttgart über den Luftreinhalteplan der Stadt Stuttgart. Dies als einleitende Aussage dazu, dass ich Ihre Interpretation des Urteils dann doch etwas interessant und sehr weitgehend finde.

Zu Ihrer Frage, ob das eine Rolle spielt: Natürlich spielt alles, was bis zum 2. August passieren wird, in der Bewertung der Situation eine Rolle; das ist ja nun klar. Ich würde dieses Urteil aber an Ihrer Stelle nicht überbewerten.

Haufe: Für die Bundesumweltministerin ist es so, dass das Urteil ihr noch einmal vor Augen geführt hat, dass wir diese Diskussion schon zu lange führen. Wir hätten das eine oder andere auch vermeiden können, wenn wir bereits bei Softwareupdates im größeren Stile angelangt wären. Es stand ja auch schon länger die Frage im Raum: Wie helfen wir den Kommunen, ihre Situation zu lösen, vor allen Dingen Kommunen, die eben besonders belastet sind? Es gibt 28 Kommunen, die Probleme mit Luftverschmutzung haben, und es gibt fast eine Handvoll Kommunen, die davon besonders betroffen sind. Dazu gehört auch Stuttgart.

Es ist jetzt nichts Neues, dass reine Softwareupdates die Lage in Stuttgart nicht sehr entspannen werden. Deswegen hat das Umweltministerium immer gesagt: Wir brauchen immer beides. Wir brauchen Softwareupdates - wir sprechen hierbei nicht von einer Nachrüstung, sondern von einer Nachbesserung -, und wir brauchen eben die technische Nachrüstung dort, wo sie bei Fahrzeugen möglich ist. Es gibt ja einen technischen Unterschied zwischen Euro-5-Abgasreinigung und Euro-6-Abgasreinigung. Es geht jetzt darum, schnell zu schauen, wo wir die Nachrüstungen dann auch wirklich vornehmen können. Eine Stadt muss dann am Ende immer selbst entscheiden, ob sie mit diesen ersten, kurzfristigen Maßnahmen auskommt, oder noch mehr braucht.

Hille: Ein Hinweis noch für das Gesamtbild: Wir haben ja aus dem verbindlichen Rückruf und dem Rückruf im Rahmen der freiwilligen Serviceaktion eine gewisse Erfahrung mit der Reduktion von NOx. In der Spitze haben die Softwareupdates zu NOx-Reduktionen in Höhe von knapp 70 Prozent geführt. Das ist nicht die Regel, aber das ist die Spitze gewesen. Das zeigt - - -

Zuruf: Der Durchschnitt?

Hille: Der Durchschnitt bewegt sich zwischen 40 Prozent und 50 Prozent.

Ein Letztes noch: Das ist sehr von den spezifischen Motoren und der Spezifikation der Motoren abhängig. Deshalb variiert das so.

Frage: Herr Nannt, ich hätte eine Frage zum Vorfall in einer niedersächsischen Kaserne in Munster. Dort gab es einen Todesfall eines wohl jungen Soldaten, eines Offizieranwärters. Die Frage an Sie lautet: Können Sie noch einmal den Stand der Dinge darstellen? Wie weit ist man inzwischen mit den Ermittlungen?

Besonders würde mich interessieren: Wurden die drei anderen Soldaten, denen es auch schlecht ging, die inzwischen behandelt worden sind und die auf dem Weg der Besserung sein sollen, mittlerweile dazu befragt? Die könnten nämlich möglicherweise Aufschlüsse über das Geschehen geben.

Zweite Frage: Wurden Fehler seitens der Führung dieser Soldaten gemacht, sodass es zu diesem Todesfall und zu diesen Zusammenbrüchen kam?

Insgesamt habe ich die Frage: Handelt es sich dabei um einen Einzelfall, was die letzten Jahre angeht? Wir müssen jetzt nicht zum "Schleifer von Nagold" in den 60er-Jahren zurückgehen, aber kommt es häufiger vor, als man es möglicherweise in der Öffentlichkeit mitbekommt, dass es solche schweren Belastungen gibt, die dann zu Zusammenbrüchen führen?

Nannt: Ich fange vielleicht einmal mit Ihrer dritten Frage an. Lassen Sie mich aber vorweg noch sagen, dass der Tod des jungen Soldaten unheimlich tragisch ist. Ich möchte an dieser Stelle den Angehörigen, den Familien und den Freunden auch mein tiefstes Mitgefühl aussprechen. Das ist ein sehr trauriger Vorfall.

Zu Ihrer dritten Frage: Mit ist so eine Dimension nicht bekannt. Was ist dort gelaufen? Das war eine ganz normale Grundausbildung im Rahmen des Offizieranwärterbataillons, die über mehrere Monate verläuft. Dort ist es auch üblich, dass auch Eingewöhnungsmärsche gemacht werden, also leichte Märsche, um die Leute, also die Soldatinnen und Soldaten, auch an ihre körperliche Weiterentwicklung heranzuführen. Es ist jetzt so, dass der Soldat, der dort jetzt leider am 19. Juli verstorben ist, nach einem Fußmarsch von 3 Kilometern Länge zusammengebrochen ist. Das war ein Fußmarsch mit leichtem Gepäck, also keinem Gepäck schwerer Dimension.

Es ist so, dass über den Tag verteilt, aber nicht in dieser Situation, drei weitere Soldaten zusammengebrochen sind. Die sind ja, wie Sie schon gesagt haben, derzeit stabil und auf dem Weg der Besserung.

Bislang ist völlig unklar, wie es hierzu kommen konnte. Insgesamt laufen natürlich umfassende Untersuchungen. Das heißt, es laufen auch Vernehmungen, und auch die Polizei wird bei solchen Dingen natürlich eingeschaltet. Der stellvertretende Generalinspekteur, Admiral Rühle, hat auch noch einmal den Inspekteur Sanität beauftragt, die medizinischen Einflussfaktoren zu ergründen, sowie den Inspekteur Heer, was die Dimension im Bereich der Ausbildungsbedingungen angeht.

Wie gesagt: Derzeit laufen die Untersuchungen. Ich möchte jetzt auch nicht weiter darüber spekulieren. Wir haben dazu auch keine weiteren Erkenntnisse. Insgesamt haben dort 43 Soldaten an der Ausbildung teilgenommen. Das war, wie gesagt, ein Eingewöhnungsmarsch mit leichtem Gepäck. Das muss man jetzt genau untersuchen, und es wäre nicht sachgerecht, jetzt vorab zu spekulieren.

Derzeit kann ich hier, wie gesagt, weil das ja auch eine Frage war, keine Fehler erkennen und keine Fehler nennen. Aber haben Sie, wie gesagt, Verständnis. Es laufen einfach die Untersuchungen, und deshalb kann und möchte ich mich dazu nicht abschließend äußern. Aber das sind die Rahmenbedingungen, und jetzt muss man den weiteren Prozess abwarten.

Frage : Ich würde gerne Sie, Frau Demmer, das Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministerium fragen: Wie ist es mit den schärferen amerikanischen Sanktionen gegen Russland? Hat der Präsident das jetzt schon unterschrieben oder hat er nur angekündigt, das zu unterschreiben?

Daraus ergibt sich die zweite Frage: Ist der Bundesregierung auf irgendeiner Ebene bekannt, dass die US-Regierung bereits Kontakt gesucht oder hergestellt hat, und zwar mit dem konkreten Ansinnen, über schärfere Sanktionen zu sprechen? In dem Gesetz, das in Amerika vom Kongress verabschiedet worden ist, steht ja nämlich, dass dies in Konsultation mit den europäischen Partnern geschehen soll. Gibt es also Anzeichen dafür, dass das vom Stadium des Wollens eines Gesetzes inzwischen in das Stadium übergegangen ist, diese Sanktionen konkret zu ergreifen?

Breul: Wir kennen auch die Berichte aus den Medien beziehungsweise über die sozialen Medien, in denen es ja Äußerungen dazu gab. Darum kann ich jetzt nicht mehr dazu sagen, ob tatsächlich eine Unterschrift des Präsidenten erfolgt ist oder nicht.

Daraus ergibt sich eigentlich, dass wir auch zum zweiten Teil der Frage noch nichts sagen können, weil diese Umsetzung der Gesetzgebung ja dann zu der Kontaktaufnahme führen soll. Wir müssen uns natürlich auch vergegenwärtigen, dass wir dabei über Freitagabend reden, und jetzt ist Montagmorgen Washingtoner Zeit. Ich glaube also, es ist noch ein bisschen zu früh, um darüber zu reden.

Zusatzfrage : Ich vermute, Ihre Botschaft in Washington ist eng an dieser Geschichte dran, möglicherweise auch enger, was die Einbeziehung in Informationen angeht, als es die Medien sind. Haben Sie irgendwelche Anzeichen oder Hinweise Ihrer Botschaft erhalten, dass man dabei ist, dies über das Gesetz hinaus jetzt schon konkret umzusetzen? Haben Sie möglicherweise aus Brüssel irgendwelche Nachrichten darüber erhalten, dass die amerikanische Regierung den Kontakt sucht, um schärfere Sanktionen mit den Europäern zu besprechen, wie ich einmal sage?

Breul: Ich kann dazu, wie gesagt, vielleicht nur sagen: Davon gehen wir natürlich aus. Diese Erwartung hat der Außenminister ja Ende letzter Woche auch ganz deutlich formuliert, dass es jetzt entscheidend ist, wie die US-Administration mit dem Gesetzentwurf umgeht und wie die Umsetzung in der Praxis genau aussieht. Das werden wir ganz genau beobachten.

Zusatzfrage: Noch einmal gefragt: Irgendwelche Hinweise darauf, dass wegen dieses Gesetzes von der US-Administration der Kontakt mit Brüssel oder mit Ihnen gesucht wird, haben Sie nicht erhalten?

Breul: Ich habe vorhin gesagt, dass wir davon ausgehen.

Frage : Ich habe noch eine Frage an das Wirtschaftsministerium, weil die Ministerin diese Sanktionen ja schon als völkerrechtswidrig bezeichnet hat: Worauf zielt sie dabei denn ab? Was ist also völkerrechtswidrig an dem, was da beschlossen wurde?

Baron: Es ist korrekt: Die Ministerin hat sich im Interview, das heute erschienen ist, dazu geäußert. Es geht um die sogenannten extraterritorialen Sanktionen oder die Sanktionen mit Drittwirkung. Sie meint die Drittwirkung, dass Handlungen von deutschen oder europäischen Unternehmen, die mit Russland Kontakte oder Geschäfte pflegen, eben an negative Wirkungen in den USA geknüpft werden. Diese Drittwirkung von Sanktionen, die auch als extraterritoriale Sanktion bezeichnet wird, lehnen wir ab, und diese erachten wir als völkerrechtswidrig.

Frage : Wenn jemand feststellt, dass etwas völkerrechtswidrig ist, dann ist natürlich die zwangsläufige Frage: Was tut er mit diesem Wissen, dieser Meinung? Zu welchem Gericht geht er? Hat er schon konkret vorbereitet, vor irgendein Gericht oder irgendeine Instanz zu gehen, um diese Völkerrechtswidrigkeit festzustellen und sich die Ermächtigung für Gegenmaßnahmen zu holen?

Baron: Zunächst gäbe es ja auch hier eine Schrittfolge, die der Kollege angedeutet hat: Die Maßnahmen müssten von der US-Administration angewendet werden, und zwar eben in einer Form, die dann diese Drittwirkung hätte. Dann wäre das nach unserer Rechtsauffassung völkerrechtswidrig. Das ist jetzt noch nicht passiert. Wir hoffen, dass es auch nicht dazu kommen wird, sondern dass man das eben in Gesprächen mit der US-Administration klären und dort die Position auch noch einmal deutlich machen kann.

Sonst gilt natürlich auch hier, und das hat die Ministerin angekündigt, dass internationales Recht einzuhalten ist. Das muss man deutlich machen. Es gelten die Grundsätze des WTO-Rechts. Es wäre dann die EU-Kommission dafür zuständig, zu prüfen, was zu tun wäre. Wir haben jedenfalls immer deutlich gemacht, dass wir dabei mit der EU-Kommission eng zusammenarbeiten und zu Maßnahmen kommen würden. Aber das alles steht jetzt, wie gesagt, im Konjunktiv, weil es diesen einen Fall ja jetzt noch nicht gibt.

Zusatzfrage : Wenn man das Wort völkerrechtswidrig in die Diskussion wirft, müsste man ja aber trotzdem wissen, welches Gremium dafür zuständig ist. Geht man an irgendeinen internationalen Gerichtshof? Geht man zur WTO? Eigentlich könnte es ja wegen der Völkerrechtswidrigkeit nicht die WTO sein.

Baron: Das wäre zu prüfen. Das ist gar nicht im Einzelnen auszuschließen, aber das ist, wie gesagt, eine Prüfung, die die EU-Kommission vornehmen müsste. Das kann ich jetzt noch nicht näher umreißen, aber es wären verschiedene Rechtsregime zu prüfen.

Frage: Ich habe zwei Fragen zum Thema Abschiebungen, zum einen an das Auswärtige Amt. Die Abschiebungen nach Afghanistan sind ja im Moment zumindest grundsätzlich ausgesetzt, und zwar bis zur Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan durch das Auswärtige Amt. Das Auswärtige Amt oder die Bundesregierung hatten angestrebt, das noch im Juli vorzulegen. Ich wollte fragen, ob wir heute noch damit rechnen können.

Die zweite Frage richtet sich an das BMI. Es geht um das Thema "nationales Abschiebezentrum". Da würde ich gerne einmal den Diskussionsstand mit den Ländern abfragen. Wie weit ist man da in der Diskussion?

Neymanns: Vielen Dank. Das nationale Abschiebezentrum war ja irgendwie ein MPK-Beschluss vom, glaube ich, 9. Februar. Das ist mit einem strategisch-politischen Bericht auch noch einmal in der letzten MPK-Sitzung - ich glaube, Mitte Juni - behandelt worden. Da hat man sich darauf verständigt, das Thema weiter zu vertiefen und eine Arbeitsgruppe zu gründen. Wer alles im Detail dabei ist, weiß ich nicht, wie ich zugeben muss. Auf jeden Fall sind es der Bund und drei Länder, wenn ich das richtig weiß. Die prüfen jetzt die organisatorischen, technischen und finanziellen Möglichkeiten, die so ein Abschiebezentrum, wie auch immer man das dann im Endeffekt nennen soll, erfüllen müsste.

Der Bericht ist in Arbeit. Das ist der Sachstand. Inhaltlich kann ich da nicht in die Details gehen. Ich gehe davon aus, dass das irgendetwas ist, das im Zweifelsfall im Jahr 2018 wieder größer auf die Tagesordnung kommen wird.

Breul: Dann ergänze ich das noch kurz hinsichtlich der Lagebeurteilung: Es stimmt - das haben wir angekündigt -, dass wir weiterhin mit Hochdruck daran arbeiten. Ich glaube, wir haben hier schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir unter sehr erschwerten Bedingungen arbeiten, und zwar dadurch, dass die Botschaft in Kabul nicht mehr oder, sagen wir einmal, extrem eingeschränkt arbeitsfähig ist. Wir sind dennoch mit Hochdruck daran. Ich kann Ihnen sagen: Die Bearbeitung ist in der finalen Phase. Wir arbeiten natürlich daran, das intensiv, aber eben auch so gründlich wie möglich fertigzustellen.

Zusatzfrage: Eine kurze Nachfrage an das BMI: Genügt Ihnen das? Es geht nämlich letztlich darum, Abschiebungen, die ja gewollt sind, auch wieder durchführen zu können. Sind Sie mit dieser Verzögerung, die ja möglicherweise gut begründet sein kann, einverstanden, oder hätten Sie es ganz gerne, dass das jetzt vielleicht wirklich in der nächsten Woche passiert?

Neymanns: Ich glaube, die Minister waren sich ja in dem Entschluss von Anfang Juni einig, noch einmal die Bewertung vorzunehmen. Es ist wichtig, dass die Bewertung gründlich ist. Wir stehen dazu auch in Kontakt. Sobald sie vorliegen wird - ich gehe davon aus, dass das irgendwie auch in Kürze erfolgen wird -, wird man eben auf dieser Basis entscheiden müssen, wie es weitergeht.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMI hinsichtlich dieser Verzögerung. Herr Schuster von der CDU hat das jetzt so dargestellt: Das könnte alles schon längst viel weiter sein, aber die SPD bremst. - Gibt es aus Ihrem Haus auch eine Bewertung dessen, wer der Schuldige an dieser Verzögerung ist, oder sehen Sie das überhaupt nicht als so problematisch an?

Neymanns: Sie wissen, dass wir einzelne politische Meinungen von wem auch immer nicht kommentieren. Es gilt das, was ich gerade gesagt habe: Ich gehe davon aus, dass die Bewertung bald vorliegen wird, und dann werden die Entscheidungen darüber zu treffen sein, wie man mit dem Thema "Rückführung Afghanistan" weiter voranschreiten wird.

Frage: Können Sie abschätzen, wie viele von den 220 Personen, die ausreisepflichtig sein sollen - zumindest ist das die Zahl von April dieses Jahres -, wie der mutmaßliche Attentäter von Hamburg ebenfalls unter den Verdacht fallen, Islamisten zu sein, aber nicht als Gefährder eingestuft werden? Gibt es eine grobe Einschätzung, wie viele das betrifft?

Neymanns: Diese Einschätzung gibt es nicht. Die unterschiedlichen Gründe dafür, dass Abschiebungen nicht vollzogen werden, sind gesundheitliche Abschiebehindernisse oder fehlende Papiere. Es wird aber nicht die Gesinnung oder die politische Meinung der Personen erfasst.

Ich würde auch in Bezug auf Hamburg dazu raten, dass die hamburgischen Kollegen - die tun das sicherlich mit Nachdruck und auch sehr gründlich - erst einmal die Tathintergründe erörtern und analysieren, um dann daraufhin zu entscheiden, was gegebenenfalls zu verbessern gewesen wäre oder in Zukunft zu verbessern ist. Aber bevor es nicht eine klare Aussage dazu gibt, was denn tatsächlich die letztendliche Motivation für diese schreckliche Tat am letzten Freitag war, sollte man zumindest aus meiner Sicht mit Konsequenzen und Forderungen erst einmal zurückhaltend agieren.

Zusatzfrage: Das BKA hat ja sozusagen eine neue Bewertungsform vorgeschlagen, nämlich RADAR-iTE. Jetzt gibt es Zweifel daran, ob das sozusagen schon in allen Bundesländern angewandt wird. Können Sie aus Ihrer Sicht ein Update dazu geben, ob die Bundesländer-Gefährder nach diesem System auch mittlerweile eingeordnet werden, kategorisieren werden und wie das funktioniert?

Neymanns: Die Berichterstattung darüber, dass einige Länder noch nicht so weit nachgezogen haben, habe ich auch gelesen. Ich gehe aber davon aus, dass auch dieses Bewertungssystem des BKA zügig angewandt werden wird, um dabei zu einer einheitlichen Bewertung zu kommen. Es war ja immer das Ziel aller Diskussionen, dass man einen einheitlichen Gefährderbegriff und ein einheitliches Bewertungssystem hat, um Entscheidungen dann sozusagen auch koordinierter treffen zu können.

Frage: Ich wollte noch einmal nachfragen. Im Zusammenhang mit dem Messerangriff von Hamburg wird ja nun argumentiert: Wenn es dieses Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht schon eher gegeben hätte, dann hätte dieser Fall verhindert werden können, dann hätte dieser Mann in Abschiebehaft genommen werden können. Ist das auch die Haltung des BMI, oder sehen Sie das möglicherweise differenzierter? Wie können Sie das erst einmal von Ihrer Seite aus abschätzen?

Neymanns: Noch einmal: Da gilt, glaube ich, der gleiche Satz, den ich vorher gesagt habe. Die hamburgischen Kollegen ergründen jetzt gerade, was denn die tatsächliche Motivlage war. Der Innensenator hat das ja am Samstag um 12 Uhr - ich kenne da keinen neuen Stand - in der Pressekonferenz relativ klar analysiert. Er sagte: Nach derzeitiger Ermittlung gibt es zwei mögliche Motive, einerseits eines, das in der Psyche des Täters liegt, andererseits eines, das in Richtung Islamismus deutet. Da gibt es, glaube ich, nach meiner Kenntnis keinen neuen Sachstand.

Insofern muss man erst einmal zu diesem Täter oder zu dieser Tat in Hamburg sagen, wenn man fragt, ob es ein Islamist oder ein Gefährder war: Nach meinem Kenntnisstand war der nicht als ein solcher eingestuft. Zu der Frage, ob das Gesetz dann angewandt hätte werden können: Dafür braucht man erst einmal Klarheit darüber, was den Ausschlag gegeben hat. Man hat mit dem neuen Gesetz, das in Kraft getreten ist, bei Gefahrgründen wie auch bei Gefährdern, deren Abschiebung sich komplizierter gestaltet, neue Möglichkeiten, diese Gefährder auch länger in Haft zu nehmen; das ist richtig. Ob das für den Hamburger Fall anwendbar gewesen wäre, muss aufgeklärt werden. Das machen die Kollegen in Hamburg.

Zusatzfrage: Aber gesetzt den Fall, dass nun herauskommt, dass es sich verstärkt um diesen islamistischen Hintergrund handelt, ist dann aus Ihrer Sicht die Argumentation richtig, zu sagen, dass das hätte verhindert werden können? Würde man sich das Ganze dann möglicherweise noch einmal erneut anschauen müssen, um daraus auch, was ja nun im Wahlkampf passiert, eine Schuldfrage abzuleiten?

Neymanns: Ich glaube, im Nachhinein zu analysieren, ob die eine Tat verhindert hätte werden können, führt einen, so schrecklich die Tat ist, nicht weiter. Man muss die Diskussion darüber führen, wie man in Zukunft Taten verhindern kann, wenn man entsprechende Hinweise hat. Das ist, glaube ich, das, was eher zielführend wäre, als rückwirkend "Was hätte man da tun müssen?" und "Was wäre gewesen, wenn?" zu fragen.

Frage : Irgendwie schleicht sich ja schon ein bisschen das Gefühl ein, dass, wenn jemand dem islamistischen Spektrum zugeordnet wird, es sich grundsätzlich möglicherweise auch um psychologische Probleme handeln könnte, die überhaupt diese Nähe dazu herbeiführen. Gibt es denn für diejenigen, die dort tatsächlich diese Einschätzungen vornehmen, im Zuge dieses Erkenntnisprozesses überhaupt die Möglichkeit, für mögliche Gefährder aus dem islamistischen Spektrum auch gegebenenfalls Psychologen zurate zu ziehen?

Neymanns: Das weiß ich, ehrlich gesagt, so aus dem Ärmel nicht. Ich gehe aber davon aus, dass diejenigen, die beispielsweise die Gefährderansprache machen, um sozusagen zu eruieren, in welche Richtung die Person tendiert, auf jeden Fall zumindest eine psychologische Schulung erhalten haben, um so etwas besser einschätzen zu können.

Frage: Eine Frage an das Bundesinnenministerium. Das Stichwort ist biometrische Gesichtserkennung. Unter Ihrer Federführung beginnt morgen am Bahnhof Südkreuz ein Großversuch zur Gesichtserkennung. Es gibt diesbezüglich nach wie vor große Vorbehalte bei Datenschützern aus Bund und Ländern, die darin einen großen Eingriff in die Grundrechte sehen und die Freiheit gefährdet sehen, sich im öffentlichen Raum anonym zu bewegen. Warum treibt das Bundesinnenministerium diese Technik trotzdem weiter voran?

Neymanns: Es geht um ein Pilotprojekt, das in der Tat morgen startet und für sechs Monate angesetzt ist. Dabei arbeitet das Bundesinnenministerium mit der Deutsche Bahn AG und auch der Bundespolizei zusammen. Das Projekt wird morgen am Berlin Südkreuz in einem eingegrenzten Bereich starten.

In diese Projektkonzeptionierungsphase sind auch Datenschützer eingebunden gewesen und haben gesagt: Für die Phase des Pilotprojektes sind die datenschutzrechtlichen Vorkehrungen in Ordnung. Wir reden jetzt erst einmal nur über das Pilotprojekt. Das muss man dann auswerten, um dann zu entscheiden: Hat sich das bewährt? Ist das eine Technik, auf die man zur Gefahrenabwehr setzen kann und vielleicht setzen sollte? Was das Pilotprojekt angeht, ist das aus datenschutzrechtlicher Sicht soweit okay.

Ich will das noch einmal erläutern, da das Projekt zwei Facetten hat: Einerseits wird die Gesichtserkennung getestet. Dafür wurden Freiwillige gesucht, und von diesem Aufruf haben die Leute rege Gebrauch gemacht. 250 Freiwillige, die den Bahnhof Südkreuz regelmäßig nutzen, haben sich gemeldet und haben eingewilligt, dass sie ihr Bild abgeben, das für die Projektphase in einer Datenbank gespeichert wird. In einem bestimmten Bereich des Bahnhofs Südkreuzes ist die Videotechnik aktualisiert worden, und es wird geprüft, ob die Technik funktioniert.

Nehmen wir einmal an, ich hätte mich als Freiwilliger gemeldet und mein Bild, das in der Datenbank gespeichert ist, wäre aus den Tausenden, Zehntausenden - ich weiß nicht, wie viele Menschen täglich am Bahnhof Südkreuz vorbeikommen - herausfilterbar, um zu überprüfen, ob ich tatsächlich vorbeigelaufen bin. Um zu überprüfen, ob die Software tatsächlich funktioniert hat, werden die Personen mit einem Transponder ausgestattet, der sozusagen als Kontrollsystem funktioniert. Der Transponder erfasst: Neymanns war am Bahnhof Südkreuz. Dann wird abgeglichen, ob mich die Gesichtserkennungssoftware tatsächlich entsprechend erfasst hat.

Es gibt einen zweiten Projektteil, und zwar ein intelligentes Videoanalysesystem, das beispielsweise verlassene Gegenstände - herrenlose Gegenstände sagt man, glaube ich, umgangssprachlich - am Bahnhof erkennt, um entsprechende Alarmierungssysteme zu aktivieren, sodass man hingehen und schauen kann, ob das jemand vergessen hat oder ob irgendjemand etwas Böses mit dem Gegenstand machen will.

Ich glaube, die Eckdaten habe ich genannt: Sechs Monate, und dann wird es ausgewertet.

Zusatzfrage: Ich muss trotzdem noch einmal nachfragen: Auf welcher rechtlichen Grundlage testen Sie das jetzt?

Was müsste gesetzlich geändert werden, um das in den Regelbetrieb zu überführen? Ihr Minister hat ja schon gesagt, dass er das trotz der Bedenken als eine hilfreiche Technik erachtet.

Neymanns: Das hat er gesagt. Was dann aber rechtlich anzupassen ist, muss man tatsächlich nach Auswertung des Projekts sehen. Dann muss man sich mit den Beteiligten des Projekts zusammensetzen, also Deutsche Bahn AG, Datenschützer etc. Das kann ich hier leider nicht kurz aus dem Ärmel schütteln.

Zusatzfrage: Aber politisch ist es vonseiten Ihres Hauses gewollt, dass das in den Regelbetrieb überführt wird?

Neymanns: Der Minister hat sich gerade dafür ausgesprochen, dass solche Systeme getestet werden, dass er sicherlich Hoffnung in solche Videoerkennungssysteme oder Gesichtserkennungssysteme setzt. Jetzt geht es darum, das Projekt durchzuführen, um zu schauen, ob die Technik so funktioniert, dass man sie sinnvoll einsetzen kann. Dann muss das evaluiert und entschieden werden, wie es damit weitergeht.

Frage: Meine Frage richtet sich in das Verteidigungsministerium und bezieht sich im weitesten Sinne auf das Thema Mali. Der Hubschrauber, der abgestürzt ist, war mit einer Sondergenehmigung im Einsatz. Wie viel Material hat die Bundeswehr weltweit in Einsatzgebieten im Einsatz, das für diese Klimazonen nicht konzipiert war?

Folgefrage: Welches andere Material, für das man keine Sondergenehmigung braucht, hat sich mittlerweile in gewissen Klimazonen als untauglich herausgestellt?

Nannt: Eine Sache vorweg: Der Absturz in Mali ist für die Angehörigen, das Einsatzkontingent vor Ort und auch für uns, für die Bundeswehr insgesamt, ein zutiefst trauriger Moment.

Zu den Hubschraubern "Tiger": Die "Tiger" sind bereits seit dem 1. Mai 2017 dort im Einsatz. Der Einsatzbetrieb verlief ganz routiniert, wie auch der logistisch-technische Betrieb. Auch die entsprechende Konfiguration des "Tiger" ist bereits lange in Afghanistan getestet worden. Es gibt dort überhaupt keine Einschränkungen, sondern der "Tiger" wird mit der Konstruktion und der Konzeption, die für ihn vorgesehen ist, in den Einsatz geschickt. So haben wir ihn am Anfang des Jahres auch dorthin verlegt, und das hat sich bislang bewährt. Es ist jetzt nicht so, wie Sie es in Ihrer Frage insinuieren, dass es dort irgendwelche Ausnahmegenehmigungen gibt, dass wir irgendwelche bestimmten Grade benannt haben, sondern das hat sich bewährt. Das hat sich auch in Afghanistan gezeigt.

Wichtig ist jetzt, dass man natürlich schnellstmöglich schaut: Was sind die Ursachen dieses tragischen Unfalls gewesen? Wie Sie wissen - das können Sie auch der Berichterstattung in den Medien entnehmen -, ist ein Expertenteam der Flugsicherheit mit insgesamt 15 Mitarbeitern vor Ort, die das Geschehen derzeit untersuchen. Die Ministerin selbst war in den letzten Stunden vor Ort und hat mit dem Team, mit den Soldaten gesprochen. Es ist jetzt wichtig, dass wir die Ursachen auswerten. Die beiden Crashboxes sind inzwischen gefunden worden, sind allerdings stark beschädigt, sodass wir versuchen, sie in Deutschland auszuwerten. Die Ergebnisse sollten wir abwarten.

Zusatzfrage: Die Frage bezog sich im Weiteren auch darauf, wie viel Material sich insgesamt als problematisch erwiesen hat, weil es ursprünglich für Klimaregionen in Europa konzipiert war, dann aber in Afghanistan oder eben auch jetzt in Mali eingesetzt wird. Gibt es Übersichten bei der Bundeswehr, was zum Beispiel Probleme mit Kabinen und Klimaanlagen oder wie auch immer angeht? Um es noch einmal zu präzisieren: Wie viel Prozent des Materials der Bundeswehr macht Probleme in den Auslandseinsätzen, weil es dafür eigentlich nie angeschafft wurde?

Nannt: Natürlich sind Klimabedingungen immer extrem. Aber wenn wir Material oder Gerät in den Einsatz schicken, dann schicken wir das Material und Gerät deshalb in den Einsatz, weil es auch unter extremen klimatischen Bedingungen in den Einsatz gehen kann. Es gibt hunderttausende von verschiedenen Materialien bei der Bundeswehr. Ich bin selbst Nachschieber und habe eine Einheit gehabt, wo ich ganz Deutschland mit Gerät versorgt habe. Das ist wie ein riesiger Versandhandel. Insofern kann ich Ihnen keine Prozentzahlen sagen. Aber das Gerät, das in den Einsatz geschickt wird, wird dafür getestet und vorbereitet. Ansonsten würde es nicht in den Einsatz gehen.

Vors. Szent-Iványi: Dann hat das Auswärtige Amt noch ein Statement.

Breul: Vielen Dank! - Ich habe noch einen Nachtrag für Herrn Heller. Ich habe das noch einmal überprüfen lassen. Nach unserer Erkenntnis hat Präsident Trump noch nicht unterschrieben. Er hat dafür jetzt zehn Tage Zeit.

Dann möchte ich noch ein kurzes Statement der Bundesregierung mit Blick auf Venezuela abgeben.

Die Bundesregierung bedauert, dass die Regierung von Präsident Maduro den Prozess zu einer verfassungsgebenden Versammlung trotz großen Widerstands der eigenen Gesellschaft und gegen den ausdrücklichen Rat der internationalen Gemeinschaft nicht angehalten hat. Dieser Schritt hat das Land weiter gespalten, die demokratische Ordnung weiter geschwächt und die tiefe Krise, von der Venezuela seit vielen Monaten erschüttert wird, weiter verschärft. Die vorhersehbare Eskalation der Gewalt hat an diesem Wochenende mehr als 15 Todesopfer gefordert. Wir sind in Gedanken bei den Familien der Opfer und verurteilen den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt.

Die Wahl der Delegierten war weder frei noch geheim noch gleich und verstieß somit gegen demokratische Grundprinzipien. Die Versammlung ist nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht geeignet, Venezuela aus seiner wirtschaftlichen und sozialen Krise zu führen.

Die EU hat sich ebenfalls dazu gerade deutlich geäußert.

Es bleibt Ziel der internationalen Gemeinschaft, das Land bei der Suche nach einer gewaltfreien Lösung der politischen und wirtschaftlichen Krise zu unterstützen. Es ist dringend notwendig, dass die Regierung mit der Opposition ernsthafte Verhandlungen über einen Ausweg aus der Krise aufnimmt und dazu die existierenden Vermittlungsangebote von Ländern aus der Region annimmt.

Frage : Herr Breul, ich hätte gerne gewusst, wie diese Unterstützung aussehen kann. Die Kanzlerin hat - ich glaube, es war auf der Mexiko-Reise - schon einmal von Einflussnahme auf die venezolanische Regierung gesprochen. Welche Schritte werden diesbezüglich gerade unternommen?

Breul: Vielen Dank für die Frage. - Sie haben es gemerkt: Ich habe auf die EU-Erklärung Bezug genommen. Wir handeln hier in ganz enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern und werden uns jetzt abstimmen, welche nächsten Schritte sinnvoll und erforderlich sind.

Montag, 31. Juli 2017

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 31. Juli 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/07/2017-07-31-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang