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PRESSEKONFERENZ/1570: Regierungspressekonferenz vom 29. November 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Mittwoch, 29. November 2017
Regierungspressekonferenz vom 29. November 2017


Themen: Personalien, neuerlicher Raketentest Nordkoreas, Ende der deutschen G20-Präsidentschaft, gestriges Gespräch der Bundeskanzlerin mit Vertretern der Kommunen zur Luftqualität in Städten, Verlängerung des Abschiebestopps für straffällige Syrer, EU-Sanktionen gegen Russland, Abstimmung auf EU-Ebene über die Zulassung von Glyphosat, Medienberichte über Mehrkosten und eine Verzögerung der Fertigstellung von Stuttgart 21, Brexit-Verhandlungen, Nothilfe-Treuhandfonds der Europäischen Union zur Unterstützung der Stabilität und zur Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibungen in Afrika

Sprecher: SRS'in Demmer, Kall (BMJV), Knödler (BMZ), Adebahr (AA), Dimroth (BMI), Urban (BMEL), Haufe (BMUB), Strater (BMVI), Kolberg (BMF)

Vorsitzende Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Vorsitzende Maier: Wir haben hier auf dem Podium einen neuen Kollegen und einen Kollegen, der sich verabschieden wird. Der neue Kollege fängt erst einmal an, und das ist Herr Kall vom BMJV.

Kall: Schönen guten Tag! Maximilian Kall ist mein Name. Ich bin etwa seit zwei Monaten einer der Pressesprecher im Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz und freue mich sehr auf den Kontakt mit Ihnen allen und auf Ihre Fragen. Einige kenne ich ja schon vom Telefon.

Kurz zu dem, was ich vorher gemacht habe: Ich gehörte vorher zum Team der Prozessvertreter der Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof, habe also EuGH-Verfahren geführt und mich um Datenschutzrecht gekümmert. Das ist jetzt ein ganz anderer Bereich. Vielen Dank!

Vorsitzende Maier: Herzlich willkommen! Jetzt hat noch Herr Knödler vom BMZ das Wort.

Knödler: Vielen Dank für sehr spannende, aufregende und bewegende zweieinhalb Jahre, auch für die Entwicklungspolitik mit den Themen Syrien, Irakkrise, Afrika, die Flüchtlingskrise, also viele Themen, die unser Politikfeld mehr als jemals zuvor in das Interesse der Aufmerksamkeit gerückt haben. Ich möchte mich für die gute und spannende Zusammenarbeit bedanken und freue mich auf meine neue Aufgabe an der deutschen Botschaft in Phnom Penh, wo ich die Entwicklungszusammenarbeit verantworten werde. Vielen Dank!

Vorsitzende Maier: Vielen Dank, Herr Knödler! Danke für die gute Zusammenarbeit und natürlich viel Spaß und Erfolg. Das ist ein großartiger Job. Toll und sehr interessant!

SRS'in Demmer: Weil heute kein Kabinett war, habe ich nichts aus dem Kabinett zu berichten, möchte aber trotzdem einige Sachen ansprechen.

Wie Sie wissen, hat die Bundeskanzlerin bereits heute Nacht aus Abidjan den neuerlichen Raketentest Nordkoreas auf das Schärfste verurteilt. Dazu würde ich gerne noch ergänzen:

Das Regime in Pjöngjang hat mit seinem gestrigen Raketentest einmal mehr gezeigt, dass es eine Bedrohung der Stabilität der gesamten Region ist. Ich möchte betonen, dass die alleinige Verantwortung der Eskalation der vergangenen Monate bei der Führung in Pjöngjang liegt. Es handelt sich dabei nicht, wie Pjöngjang glauben zu machen versucht, um einen Konflikt zwischen Nordkorea und den USA. Es handelt sich vielmehr bei jedem Test - sowohl bei den ballistischen Raketen wie auch bei den Nuklearwaffen - um Verletzungen der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Die fortgesetzte Verletzung des Völkerrechts stellt eine Provokation der internationalen Gemeinschaft insgesamt dar.

Morgen, am 30. November, endet die deutsche G20-Präsidentschaft. Am 1. Dezember übernimmt Argentinien den G20-Vorsitz. Deswegen würde ich hier gerne eine kleine Bilanz ziehen.

"Eine vernetzte Welt gestalten"- "shaping an interconnected world" - war das Leitmotiv der deutschen G20-Präsidentschaft. Die Kernaussage am Ende der deutschen G20-Präsidentschaft ist das starke Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit. Durch gemeinsames Handeln können wir alle mehr erreichen als allein. Dieser Duktus prägte alle bearbeiteten Themenbereiche und zieht sich wie ein roter Faden durch das verabschiedete Kommuniqué der Staats- und Regierungschefs der G20.

Das Format der G20 hat sich auch unter den herausfordernden Bedingungen des Jahres 2017 bewährt und arbeitsfähig gezeigt. Die G20 konnte greifbare Ergebnisse in verschiedenen Bereichen erzielen. Das betrifft neben der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Weltwirtschaft und des Handels auch globale Herausforderungen wie Terrorismus, Flucht und Migration, Korruption, Pandemien und natürlich den fortschreitenden Klimawandel sowie die Zusammenarbeit bei der Partnerschaft mit Afrika und bei Maßnahmen zur Stärkung der Chancen von Frauen.

Äußerst wichtig war der Bundesregierung der Dialog mit der Zivilgesellschaft, der ein wichtiger Bestandteil der deutschen G20-Präsidentschaft war. Es gab sieben Gesprächsforen in den Bereichen Frauen, Gewerkschaften, Jugend, Nichtregierungsorganisationen, Think Tanks, Wirtschaft und Wissenschaft. Die G20 hat Impulse aus diesen Runden für ihre Verhandlungen aufgegriffen.

Während des Gipfels kam es zu Schäden, die durch Straftaten verursacht wurden. Die Hansestadt Hamburg und die Bundesregierung waren sich schnell einig, den Geschädigten zu helfen. Für diese Fälle ist ein Härtefallfonds eingerichtet worden, der in den Fällen helfen soll, wo kein Versicherungsschutz besteht. Bund und Land tragen die Zahlungen jeweils zur Hälfte bis zu einem Volumen von 40 Millionen Euro.

Dann würde ich gerne ebenfalls noch einmal auf den gestrigen Kommunalgipfel zu sprechen kommen und würde kurz die konkreten Handlungsfelder des Sofortprogramms vorstellen.

Sie haben sicher gestern die Worte der Bundeskanzlerin in der Pressekonferenz nach dem Treffen verfolgt. Dort hat die Bundeskanzlerin das Sofortprogramm vorgestellt, das den Kommunen hilft, Maßnahmen für eine bessere Luftqualität umzusetzen. Die Gelder des Sofortprogramms in Höhe von einer Milliarde Euro sollen den Kommunen möglichst schnell zur Verfügung stehen. So können die Städte ihre Projekte passgenau umsetzen.

Inhalte des Sofortprogramms für die Kommunen sind zum einen die Elektrifizierung des urbanen Wirtschaftsverkehrs, die Nachrüstung von Diesel-Bussen im Öffentlichen Personennahverkehr mit Abgasnachbehandlungssystemen, die Digitalisierung kommunaler Verkehrssystemen, die Elektrifizierung von Taxis, Mietwagen und Carsharing-Fahrzeugen, die Elektrifizierung von Busflotten im Öffentlichen Personennahverkehr und die Förderung der Ladeinfrastruktur.

Ergänzend werden natürlich weitere Maßnahmen fortgeführt. Hierzu zählen insbesondere die Verbesserung von Logistikkonzepten, Maßnahmen zur Bündelung von Verkehrsströmen und kurzfristig umsetzbare Maßnahmen im Radverkehr.

Die zusätzlichen Mittel stehen ab sofort zur Verfügung. Dazu werden einerseits bestehende Förderprogramme finanziell aufgestockt. Wo erforderlich, legt der Bund zeitnah neue Programme auf. Insbesondere gilt, dass der sogenannte vorzeitige förderunschädliche Vorhabenbeginn zugelassen wird. Das heißt, mit den Maßnahmen kann in den bestehenden Programmen ausnahmsweise sofort begonnen werden, ohne dass dadurch die Förderung gefährdet ist, wie das sonst üblich ist. Es muss somit niemand auf einen Förderbescheid warten.

Für einzelne Förderprogramme, wie zum Beispiel die Nachrüstung von Dieselbussen, müssen noch technische Fragen geklärt werden. Erst dann kann mit der Umsetzung begonnen werden. Das ist allerdings in Kürze - vermutlich bereits im Januar - der Fall. Auf der Internetseite www.bundesregierung.de/saubere-luft finden Kommunen und Förderberechtigte alle nötigen Informationen zu den Förderprogrammen. Die Internetseite wird heute im Anschluss an diese Pressekonferenz freigeschaltet.

Zur weiteren Unterstützung wird die Bundesregierung Lotsen damit beauftragen, die Kommunen bei der Vorbereitung und der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Förderprogramm zu unterstützen, damit sie aus dem Förderangebot das Programm herausfiltern, das am besten auf die Situation vor Ort passt.

Frage: Fragen zu den Plänen, die es offenbar für die Innenministerkonferenz gibt, den Abschiebestopp für straffällige Syrer kürzer zu verlängern als bisher. Herr Dimroth, im August vergangenen Jahres hat Ihr Minister gesagt: So lange in Syrien kein Frieden einkehrt, ist eine Abschiebung von Syrern in ihr Heimatland nicht möglich. - Hat sich das geändert oder können Sie sich erklären, wie es zu dieser Verlängerung um lediglich ein halbes Jahr kommen soll?

Eine Frage an das Auswärtige Amt: Es steht eine Sicherheitsbewertung für Syrien im Raum. Welche Erkenntnisquellen haben Sie dafür eigentlich?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage.- Um Ihren ersten Frageteil gleich ganz deutlich und einfach zu beantworten: Nein, diese Einschätzung hat sich nicht geändert. Der Sachverhalt, den Sie ansprechen, betrifft allerdings in doppelter Weise die Bundesländer. Einmal ist es so, dass wir hier über ein Thema sprechen, das auf der kommenden Innenministerkonferenz, die nächste Woche in Leipzig stattfinden wird, zwischen den Bundesländern besprochen werden soll. In der Sache geht es tatsächlich um die Frage der Verlängerung des Abschiebestopps nach 60a Aufenthaltsgesetz. Auch hierfür liegt das Initiativrecht allein aufseiten der Bundesländer, die, wie Sie wissen, auch grundsätzlich für die Frage der Abschiebung zuständig sind und eben nicht der Bund.

Ich würde aber dennoch gerne erläutern: Weil wir als Bundesinnenministerium Gast - ich möchte hinzufügen: vielleicht nicht ganz unbedeutender Gast - auf der Innenministerkonferenz sind, kennen wir natürlich das Verfahren, kennen den Prozess. Nach unserer Lesart geht es eben mitnichten darum, dass jemand heute der Meinung wäre, die Sicherheitslage hätte sich derart geändert, dass Abschiebungen nach Syrien möglich wären. Also nicht nur die Einschätzung des Bundesinnenministers dazu hat sich nicht geändert, sondern nach meinem Verständnis hat sich auch die Einschätzung der Landesinnenminister dazu nicht geändert.

Tatsächlich unterschiedliche Auffassungen gibt es bei der Frage, wie lange dieser Abschiebestopp nunmehr verlängert werden soll: entweder um weitere sechs Monate oder eben, wie andere meinen, um weitere zwölf Monate. Dabei gab es auch in der Vergangenheit unterschiedliche Herangehensweisen. Bis Mitte 2014 war es üblich, immer um sechs Monate zu verlängern, und dann hat man auf zwölf Monate umgestellt. Es wird in Leipzig darüber zu sprechen sein, ob man weitere sechs oder zwölf Monate verlängert. Wir teilen jedenfalls das Interesse, eine Sicherheitsbewertung vorzunehmen, um eine entsprechende Grundlage auch für die Zukunft zu haben, diese Frage auf einer möglichst validen Grundlage diskutieren zu können.

Wir teilen die grundsätzliche Ansicht, die bei den entsprechenden Anträgen für die IMK transportiert wird, dass selbstverständlich, wenn die Sicherheitslage in Syrien es wieder zulässt, dann auch Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, insbesondere solche wie hier angesprochen, also Straffällige und Gefährder, dorthin auch wieder abgeschoben werden können sollen. Noch einmal: Mit Stand heute fordert keiner, insbesondere auch nicht der Bundesinnenminister, Abschiebungen nach Syrien.

Zusatzfrage: Wenn ich nachfragen darf: In der Berichterstattung ist die Rede davon, dass damit gerechnet wird, dass es einzelne Teile Syriens geben könnte, die als sicher angesehen werden. Ist das Ihrer Ansicht nach denkbar? Ist das etwas, was im Raum steht? Würde man möglicherweise auf der Grundlage handeln?

Dimroth: Genau das wäre eine Frage, die zu klären ist, wenn man denn eine neue Bewertung vornimmt. Das wäre aber der logisch erste Schritt, bevor ich mich jedenfalls in der Lage sähe, den zweiten Schritt zu tun, nämlich Ihre Frage zu beantworten.

Adebahr: Für das Auswärtige Amt kann ich sagen, dass mir kein konkretes Datum für eine neue Sicherheitslagebewertung in Syrien bekannt ist.

Wie Sie wissen - das ist weltweit bei der Erstellung von Sicherheitslagen so -, spielt die Botschaft vor Ort eine große Rolle, die wir seit 2012 vor Ort in Damaskus nicht haben. Insofern sind wir in Syrien nicht diplomatisch präsent. Das ist eines der Instrumente, die bei der Erstellung einer Lagebeurteilung sehr wichtig sind. Wir greifen dabei auf Gespräche vor Ort, auf die Kompetenz unserer Botschaftsmitarbeiter zurück, die zumeist aus verschiedenen Teilen der Bundesregierung und nachgeordneten Behörden kommen. Wir greifen natürlich auf den Sachverstand von internationalen Organisationen zurück, auf deren Berichte und Analysen. Das ist der Grundsatz, nach dem wir dort arbeiten, um eine Lagebeurteilung zu erstellen.

Zusatzfrage: Was heißt das jetzt für Syrien?

Adebahr: Ich kann Ihnen heute von hier aus kein konkretes Datum nennen, wann eine solche Lagebeurteilung anstünde. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen. Ich habe nur dargestellt, wie die Situation momentan in Damaskus ist, nämlich dass wir keine Botschaft vor Ort haben, und welche grundsätzlichen Quellen man für jedes Land heranziehen muss, um eine solche Lagebeurteilung fundiert erstellen zu können.

Frage: Herr Dimroth, zwei Lernfragen. Wie viele Syrer, die ausreisen müssten, wenn es dort friedlich wäre, gibt es überhaupt in Deutschland? Wie viele davon würde man in diese "Straftäter-Nicht-Kooperationsgruppe" einsortieren? Das wäre ja wahrscheinlich ähnlich (akustisch unverständlich) im Fall von Afghanistan.

Zweite Frage: Könnte das überhaupt national entschieden werden? Herr Caffier verwies ja auch auf die europäische Ebene. Er sagte, der Innenminister müsse auch in Brüssel darüber reden. Die Europäische Menschenrechtskonvention verbietet im Moment Abschiebungen nach Syrien. Wo müssten Entscheidungen überhaupt getroffen werden?

Dimroth: Zu Ihrer ersten Frage: Ich müsste gleich einmal schauen, ob ich Zahlen dabei habe. Sicher nicht detailliert und statistisch belastbar zu der Unterfrage nach bestimmten Teilgruppen, weil das statistisch nicht erfasst wird, jedenfalls nicht in den Bundesregistern. Möglicherweise gibt es solche Zahlen oder sich annähernde Zahlen bei den Ländern. Das weiß ich nicht.

Zahlen zu den ausreisepflichtigen syrischen Staatsangehörigen müssten wir haben. Entweder ich habe sie dabei - dann kann ich das noch im Laufe der Veranstaltung nachreichen - oder sonst gerne im Nachgang.

Ansonsten ist es so, dass nach dem föderalen System in Deutschland für die hier in Rede stehenden Fragen die Länder zuständig sind. Es gibt immer eine Einzelfallprüfung bei einer bevorstehenden Abschiebung, ob bestimmte Abschiebehindernisse in Rede stehen. Das ist sozusagen der Individualprüffall, der ohnehin immer durchlaufen werden muss. Daneben gilt für Fälle, dass man, wenn in dem betroffenen Herkunftsland die Situation dermaßen unsicher oder schlecht ist, per se das Instrument des Abschiebestopps in die Hand nimmt. Das regelt 60a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Hier liegt, wie ich gerade ausgeführt habe, das Initiativrecht ausschließlich aufseiten der Bundesländer. Genau hierüber wird die jetzt aktuell entstandene Diskussion geführt, und genau hierüber wird nächste Woche in Leipzig zu sprechen sein. Noch einmal: nicht mit der Fragestellung, ob ab heute oder ab morgen oder ab nächster Woche nach Syrien abgeschoben werden kann, sondern streitig ist zwischen einigen Ländern jedenfalls die Frage, ob man um weitere zwölf Monate oder um sechs Monate verlängert. Das wären die national zu treffenden Maßnahmen.

Ob gegebenenfalls eine solche Maßnahme dann, wenn sie vollzogen würde, was ja schon sehr viele Hypothesen umfasst, europarechtlich konform wäre, wäre ein nächster Schritt. Nach meinem Verständnis jedenfalls bedürfte es keiner legislativen Maßnahmen auf europäischer Ebene, sondern selbstverständlich müsste sich eine solche Maßnahme im Einzelfall dann auch an europäischem Recht messen lassen und wäre gegebenenfalls dort dann auch gerichtlich überprüfbar.

Frage: Frau Adebahr, ich habe es nicht richtig verstanden. Ist es so, dass es einen Lagebericht für Syrien gibt? Habe ich das richtig verstanden? Ich bin mir bei dem System nicht sicher, ob die Berichte sozusagen erstellt werden. Wenn sie regelmäßig erstellt werden, würde mich natürlich auch interessieren, von wann der letzte Lagebericht ist.

Adebahr: Ich hoffe, die Kollegen haben das gehört. Das ist auch eine Frage, die ich mir selbst stelle. Vielleicht reichen sie das im Laufe der Veranstaltung nach; ansonsten kann ich das gerne tun.

Frage: Frau Adebahr, eine Verständnisfrage. Ist es richtig, dass Sie nur dann einen Lagebericht erstellen können, wenn in einem Land eine funktionierende Botschaft vorhanden ist? Sie sagten vorhin, dass die Quellen, die man dazu heranzieht, Botschaftsmitarbeiter sind. Heißt das quasi, ohne Botschaft auch kein neuer Lagebericht?

Adebahr: Ich will mir diese Absolutheit in dieser Frage gar nicht zu eigen machen. Wir sehen gerade am Beispiel Afghanistan, wie schwierig es ist, zu einer umfassenden Lagebeurteilung zu kommen, weil unsere Botschaft nicht arbeitsfähig ist, die ja als Grundlage für die einzelnen Asylentscheidungen auch von den zuständigen Mitarbeitern mit herangezogen wird. Dabei geht es sehr viel um Quellenanalyse, um Kenntnis vor Ort aus dem Land, um Gespräche mit Organisationen in dem Land mit internationalen Organisationen, die Zugriff haben. Dabei geht es um eigene Analysen, die eine Bandbreite von Mitgliedern der Bundesregierung, die zumeist an Botschaften tätig sind, umfasst. All dies ist natürlich in einem sehr hohen Maße für eine umfassende und fundierte Lagebeurteilung zur Lage einzelner Bevölkerungsgruppen und derlei Dinge in einem Land förderlich. Insofern: Ja, das ist ein wichtiges Instrument.

Zusatzfrage: Wenn ich kurz nachfragen darf: Wo sind denn im Moment die ehemaligen Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Damaskus?

Adebahr: Diese ist ja schon seit Längerem - ich glaube, seit 2012 - geschlossen. Wir arbeiten in einem Rotationssystem, und zwar alle drei Jahre. Inzwischen sind sie wahrscheinlich schon in ihrer übernächsten Verwendung. Einige arbeiten von Beirut aus. Das heißt, wir haben unsere Botschaft in Beirut seither verstärkt und haben insbesondere die Visaabteilung in den letzten Jahren ganz massiv aufgerüstet. Wir haben unsere Analysezentren in Berlin verstärkt. Natürlich sind unsere Nah- und Mittelostberichterstatter aus den anderen großen Hauptstädten der Welt - Washington, Moskau, Ankara - auch in der Lage, Berichterstattung zu diesen Themen zu liefern. Dort haben wir auch die Kompetenz hingegeben.

Frage: Mich würde interessieren, wie das mit der freiwilligen Rückkehr von Syrern ist. Gibt es eine Zahl, wie viele sich in den letzten Monaten entschlossen haben, freiwillig zurückzukehren? Wird das auch gefördert?

Dimroth: Es gilt das Gleiche wie für die Detailfrage von der Kollegin. Ich schaue jetzt einmal in meine Mappe, ob ich dazu Zahlen dabei habe.

Frage: Herr Dimroth, ich habe eine Nachfrage. Da Sie bei Ihrer Antwort auf die Notwendigkeit einer neue Sicherheitsbewertung abgehoben haben, sofern man Veränderungen am Status Quo vornehmen soll, interpretiere ich Sie dann richtig, dass der Bundesinnenminister das Anliegen der Anträge von Bayern und Sachsen an die Bundesinnenministerkonferenz nicht teilt, eben weil keine neue Sicherheitsbewertung vorliegt?

Dimroth: Dann müssten Sie mir gerade noch einmal erklären, was aus Ihrer Sicht das Anliegen Bayerns ist. Ich glaube, das ist in der medialen Rezeption möglicherweise nämlich etwas falsch verstanden worden.

Nach meinem Verständnis - das hatte ich ja versucht auszuführen - ist das Anliegen der Antragsteller, mitnichten zeitnah zu einer Veränderung der Praxis zu kommen, sondern statt, wie in den vergangenen Jahren, nicht mehr um zwölf Monate, sondern wie in der Vorvergangenheit nunmehr den Abschiebstopp um sechs Monate zu verlängern. Flankiert wird dieser Vorschlag einer veränderten Praxis mit der Bitte an die Bundesregierung, eine entsprechende Sicherheitsbewertung vorzunehmen.

Zusatzfrage: Ist der Bundesinnenminister denn mit dieser Verkürzung auf sechs Monate einverstanden?

Dimroth: Der Bundesinnenminister ist damit einverstanden, dass es, soweit möglich, eine Sicherheitsbewertung gibt und dass auf dieser Grundlage - das hatte ich versucht klarzumachen - dann auch auf Basis des geltenden Rechts ganz unaufgeregt darüber zu entscheiden ist, ob ein solcher Abschiebestopp weitere sechs Monate zu verlängern ist - das wäre dann wieder Aufgabe der Länder -, aber dass man sich jedenfalls erst einmal, soweit möglich, sachkundig macht, was ja mitnichten präjudiziert, was bei einer solchen Bewertung herauskäme.

Die Kollegin fragte mich vorhin, ob derzeit die Sicherheitslage anders eingeschätzt wird als noch vor geraumer Zeit. Darauf habe ich ganz klar gesagt: Nein. Das heißt aber nicht, dass das für alle Ewigkeit so ist. Ganz im Gegenteil hoffen wir ja aus übergeordneten Gründen für die Betroffenen, für das Land, dass Friedenslösungen sichtbar und dann auch belastbar werden. Natürlich hätte das dann und nur in diesem Fall auch Auswirkungen auf die geltende Abschiebepraxis. Sich hier sachkundig zu machen, halten wir jedenfalls für richtig und unterstützen insoweit diesen Antrag. Noch einmal: Ob es dann um sechs oder zwölf Monate geht, ist Sache der Länder. Das müssen sie untereinander besprechen und werden sich hoffentlich nächste Woche dazu auch einigen. Aber wir unterstützen insoweit auf der Grundlage des geltenden Rechts das Ansinnen, sich hier möglichst eine valide Tatsachengrundlage zu ermöglichen, um dann auf Grundlage dieser Tatsachenbasis entscheiden zu können.

Frage: Frau Adebahr, nur kurz, damit ich es nicht falsch verstanden habe: Ich schließe aus dem, was Sie gesagt haben, dass beim Auswärtigen Amt die Sache so gesehen wird, dass auf absehbare Zeit keine oder nicht ausreichende Voraussetzungen dafür gegeben sind, die Sicherheitslage in Syrien so einschätzen, dass sie als Grundlage für Asylentscheidungen taugen kann. Ist das so?

Adebahr: Die Aussage würde ich eben in dieser Absolutheit - Ja oder Nein - heute hier so nicht treffen wollen. Ich will nur sagen, dass die Botschaft im Grundsatz ein sehr gewichtiges Instrument ist. Um zu sagen "Das ist uns derzeit möglich" oder "Es ist derzeit nicht möglich", müsste ich, glaube ich, auch im Auswärtigen Amt Rücksprache mit Experten halten, die für eine solche Beurteilung relevant und dazu in der Lage sind. Das ist kein Urteil, das ich hier heute so fällen würde. Wir können darüber gerne noch einmal sprechen. Die Botschaft an sich ist in allen Fällen der Erstellung immer eine wichtige Komponente.

Frage: Frau Adebahr, Herr Dimroth, auch noch einmal zur Klarstellung. Die Frage hat vorhin eine Kollegin schon gestellt. Herr Dimroth, das klingt jetzt so, als wäre völlig offen, was bei einer neuen Sicherheitsbewertung herauskommt. In den Berichten, über die wir hier reden, ist zu lesen, dass zu erwarten ist, dass in einer Neubewertung bestimmte Regionen in Syrien als sicher ausgewiesen werden können. Können Sie diese Erwartung teilen, dass eine Neubewertung dazu führt, dass bestimmte Regionen als sicher eingestuft werden? Kann man das zum heutigen Zeitpunkt schon sagen?

Die zweite Frage an Frau Adebahr: Ist aus Sicht des Auswärtigen Amtes überhaupt vorstellbar, dass in sechs Monaten mit Assad ein Rücknahmeabkommen in irgendeiner Art möglich ist und dass deutsche Flugzeuge dann in Damaskus landen?

Adebahr: Das geht jetzt sehr in den spekulativen Bereich.

Was ich Ihnen gerne sage, ist, dass wir im Moment zu keinem anderen Schluss als den, den wir im Moment haben, kommen können, weil der Konflikt in Syrien noch nicht ausgestanden ist, weil wir uns gerade in Genf in einer politischen Verhandlungsphase befinden, zu der hoffentlich das Regime heute anreist und sich hoffentlich - das wäre das erste Mal; wir appellieren auch an die Delegation des Regimes - auf ernsthafte Verhandlungen einlässt. Die Opposition ist bereit, das zu tun.

Dennoch: Es ist noch ein weiter Weg auch zum Frieden und zur Beilegung des Konflikts in Syrien. Dazu sind die politischen Gespräche notwendig. Die Bundesregierung unterstützt Staffan de Mistura, den VN-Sondergesandten, in seiner Arbeit. Wir sehen weiterhin Kämpfe, auch in der vergangenen Nacht in der Ost-Huta, obschon Russland gesagt hatte, man werde sich dort für einen zweitägigen Waffenstillstand einsetzen.

Das sind altbekannte Phänomene, die wir dort sehen. Aber so ist eben momentan immer noch die Lage. Darüber zu spekulieren, was eine wann auch immer geartete neue Bewertung dann ergäbe, verbietet sich angesichts der aktuellen Lage und der laufenden Gespräche in Genf, wie ich glaube. Ich will darüber von dieser Stelle aus nicht spekulieren.

Dimroth: Der letzte Satz von Frau Adebahr gilt auch für mich, was Ihre Frage angeht. Ich will darüber auch nicht spekulieren. Ich habe nur sehr deutlich gemacht, dass wir es grundsätzlich für sinnvoll halten und auch das BMI es grundsätzlich für sinnvoll hält, dass man den Versuch unternimmt, eine Bewertung vorzunehmen. Wie die dann ausgeht, kann ich natürlich nicht vorwegnehmen. Dementsprechend würde ich es auch in das Reich der Spekulationen zurückweisen, ob sich dann möglicherweise eine neue Lage ergibt oder nicht.

Frage: Frau Demmer, ich habe diese Frage schon einmal gestellt, und ich möchte sie noch einmal wiederholen. Im Dezember, also in ein paar Wochen, vielleicht in einigen Tagen, steht in Brüssel die Verlängerung oder die Aufhebung der Russland-Sanktionen an. Mich würde interessieren, ob es in der Bundesregierung schon eine abgestimmte Haltung dazu gibt. Wie wird Deutschland darüber im Umlaufverfahren abstimmen?

SRS'in Demmer: Dazu gibt es keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Wie ist der alte Stand?

SRS'in Demmer: Das reiche ich nach.

Zusatzfrage: Aus aktuellem Anlass eine Nachfrage, rein geschäftsmäßig: Wird sich Deutschland in dieser Frage enthalten, falls sich irgendein Minister im Kabinett der geschäftsführenden Regierung gegen die Verlängerung der Sanktionen ausspricht?

SRS'in Demmer: Über die Geschäftsordnungsregeln sind wir ja jetzt alle bestens informiert, und die gilt natürlich auch für diesen Fall.

Zusatzfrage: Heißt das, die Bundesregierung wird sich enthalten, um - - -

SRS'in Demmer: Nein, nein, nein!

Zusatzfrage : - - - dann die Sanktionen - - -

SRS'in Demmer: Moment, Moment, Moment, Moment! Das setzt ja voraus, dass sich da einer aus der Reihe bewegen würde, und das ist ja rein hypothetisch. Dazu habe ich keine Stellung genommen und werde auch keine Stellung nehmen.

Frage: Es geht um den Komplex Glyphosat. Ich habe eine Frage an das BMEL. Gestern Abend meldete die Deutsche Presse-Agentur aus einer Fraktionssitzung in Bayern, soviel ich weiß, dass Horst Seehofer gesagt habe, er sei vorab über die Entscheidung informiert worden, in Brüssel der Verlängerung von Glyphosat zuzustimmen. Können Sie einmal erklären, wie das mit der Darstellung des Ministers zusammenpasst, dass es sich um eine kurzfristige Entscheidung und eine reine Ressortentscheidung gehandelt habe?

Urban: Vielen Dank für Ihre Frage. Diese Gelegenheit gibt mir auch die Möglichkeit, den Sachverhalt noch einmal einzuordnen, den wir noch gestern Abend veröffentlicht haben. Das betrifft vorweg - gestatten Sie mir diese Vorbemerkung - die Berichterstattung des Rechercheverbunds von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung". Die Darstellung, das deutsche Abstimmungsverhalten zu Glyphosat im Berufungsausschuss am vergangenen Montag sei von langer Hand geplant gewesen, ist nicht zutreffend. Es ist gängige Verwaltungspraxis, dass Experten der Bundesministerien mögliche Optionen für die politische Entscheidungsebene aufbereiten. Die politische Leitung des BMEL ist dem Vorschlag eines Alleingangs nicht gefolgt. Das ist durch das Abstimmungsverhalten im zuständigen Ausschuss in Brüssel lückenlos dokumentiert. Deutschland hat sich in der Vergangenheit stets enthalten. Noch Mitte vergangener Woche wurde uns seitens der Europäischen Kommission mitgeteilt, dass die von Bundesminister Schmidt eingebrachten Auflagen und Restriktionen seitens der Kommission nicht berücksichtigt werden können.

Zu Ihrer Frage kann ich wenig Erhellendes beitragen, denn ich spreche für den Bundeslandwirtschaftsminister und nicht für den bayerischen Ministerpräsidenten. Insofern müsste ich Sie bitten, dass Sie Ihre Frage an die Staatskanzlei in München richten.

Zusatzfrage: Heißt das, Sie können nicht bestätigen, dass Horst Seehofer vorher informiert war?

Urban: Ich kann nicht bestätigen, was der bayerische Ministerpräsident gestern in einer Kabinettssitzung gesagt haben soll. Die Meldungen darüber haben wir wie Sie auch zur Kenntnis genommen, aber ich kann von hier aus keinen Beitrag dazu leisten.

Frage: Ich stelle eine konkrete Nachfrage dazu, Herr Urban: Können Sie also nichts darüber sagen, ob Ihr Minister vor der Abstimmung eine Information über sein Abstimmungsverhalten an den bayerischen Ministerpräsidenten weitergeleitet hat? Das ist ja eine Information, die die Tätigkeit Ihres Hauses, Ihres Ministers betreffen würde. Wenn Sie dazu etwas sagen könnten, wäre das schön.

Zweite Frage: Ist die Begründung, die der Minister für sein Abstimmungsverhalten gegeben hat - - - Abweichend von der Geschäftsordnung war ja gewesen, dass er gesagt hat, das müsse ein Minister geradezu tun, wenn es sachlich geboten sei, und in diesem Fall sei es sachlich geboten. Teil A der Frage: Worin liegt die sachliche Notwendigkeit für diesen Alleingang? Teil B der Frage: Wie viele solcher sachlich gebotenen Alleingänge aus Ihrem Haus hat es im Verlauf der vergangenen Legislaturperiode gegeben, oder war es das erste Mal, dass so etwas als Alleingang sachlich geboten war?

Urban: Ihre Fragen kann ich zusammenfassend beantworten, indem ich Ihnen mitteilen kann, dass sich der Bundeslandwirtschaftsminister gestern in verschiedenen Sendungen ausführlich dazu geäußert hat, auch zu der Frage des Zustandekommens seines Abstimmungsverhaltens. Auch über seine Beweggründe hat er in diesem Zusammenhang ausführlich berichtet. Dementsprechend habe ich dem auch von dieser Seite aus nichts hinzuzufügen, und die Aussagen stehen für sich.

Ich habe auch im Hinblick auf Ihren Fragenteil im Hinblick auf irgendwelche geplanten weiteren Maßnahmen von dieser Stelle aus nichts zu berichten.

Zusatz: Ich frage ja deswegen nach, weil mir aus den Erklärungen des Ministers der sachliche Zwang, so entscheiden zu müssen, nicht so recht klar geworden ist. Aber noch einmal: Sie können nichts dazu sagen oder wollen nichts dazu sagen, ob der Bundeslandwirtschaftsminister sein geplantes Entscheidungsverhalten vorab gegenüber dem bayerischen Ministerpräsidenten zur Kenntnis gegeben hat.

Urban: Ich habe Sie dazu auf die gestrigen Aussagen des Bundesministers in verschiedenen TV-Formaten hingewiesen und Ihnen gesagt, dass die Aussagen für sich stehen. Ich habe Sie vorhin auf die Frage des Kollegen hin auch darauf hingewiesen, dass ich nicht für die bayerische Staatsregierung spreche.

Frage: Herr Urban, nur damit es wirklich ganz klar ist: Sagen Sie, dass das in dem Sinne falsch ist, oder sagen Sie, dass Sie das nicht bestätigen können?

Urban: Ich sitze hier nicht, um - - - Inwiefern? Wie meinen Sie das?

Zusatzfrage: Ich meine, ob Sie sagen, dass es falsch ist, dass Bundesminister Schmidt vorab mit Herrn Seehofer über sein Abstimmungsverhalten kommuniziert habe. Oder sagen Sie uns, dass die Berichterstattung von Ihnen sozusagen nicht weiter kommentiert wird?

Urban: Ich habe dieser Berichterstattung nichts hinzuzufügen, weil ich sie nicht kommentieren kann, weil die Aussagen der bayerischen Staatsregierung ja von der bayerischen Staatskanzlei entsprechend kommentiert werden.

Zusatzfrage: Das betrifft ja sozusagen einen Vorgang in Bezug auf Ihren Minister, und zwar in seiner Funktion als Minister, also nicht als CSU-Mitglied, sondern als Bundesminister für Landwirtschaft. Da würde ich dann doch gerne wissen: Können Sie das klar dementieren? Können Sie sagen "Das ist falsch; Herr Schmidt hat das nicht vorher kommuniziert"?

Urban: Ich habe Ihnen dazu gerade gesagt, dass sich der Bundeslandwirtschaftsminister gestern Morgen dazu vollumfänglich und mehrfach geäußert hat, die Aussagen für sich stehen und ich dem von dieser Stelle aus nichts hinzufügen kann.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Demmer, weil ich es bisher vom Bundeskanzleramt noch nicht gehört habe: Waren die Bundeskanzlerin beziehungsweise das Bundeskanzleramt in die Entscheidung, in Brüssel so abzustimmen, wie man es getan hat, eingebunden, ja oder nein?

Herr Urban, noch einmal zum Detail: In der Berichterstattung wird ein Schreiben der Fachebene Ihres Hauses vom 24. August erwähnt, und zwar mit der Bitte beziehungsweise einer Weisung an die Leitung Ihres Hauses, die Genehmigungsdauer von Glyphosat zu verlängern. Ich frage mich, ob man dieser Bitte der Fachebene entsprochen hat.

SRS'in Demmer: Ich kann für die Bundeskanzlerin sagen, dass Sie erst mit dem Ergebnis der Abstimmung vom Abstimmungsverhalten des Ministers erfahren hat.

Grundsätzlich würde ich aber gerne zur Einbindung des Kanzleramtes in diesen Abstimmungsprozess sagen: Selbstverständlich - wir haben ja auch hier mehrfach darüber gesprochen - gab es in diesem Punkt keine Einigkeit innerhalb der Bundesregierung. Es gab da einen andauernden Abstimmungsprozess, ein Ringen um eine Entscheidung zwischen unterschiedlichen Positionen, wie es in der Demokratie so üblich ist. Der hat natürlich bis zum Schluss stattgefunden. Der Chef des Bundeskanzleramts hat dann den Minister am Montagvormittag telefonisch darauf hingewiesen, dass ein von der Vereinbarung abweichendes Stimmverhalten eben einer vorherigen Abstimmung mit der Bundesministerin bedarf.

Urban: Gestatten Sie mir, dass ich zum zweiten Teil Ihrer Frage auf meine Einlassungen vom Beginn hinweise. Ich habe Ihnen gesagt: Die politische Leitung des BMEL ist dem Vorschlag des Alleingangs nicht gefolgt, und das ist auch durch das Abstimmungsverhalten, nämlich die Enthaltung im zuständigen Ausschuss in Brüssel, lückenlos dokumentiert worden.

Zusatz: Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Noch einmal!

Urban: Sie hatten doch gefragt, ob die Leitung des Hauses dem Votum des Fachmitarbeiters gefolgt ist.

Zusatz: Nein, ich habe gefragt, ob es eine Reaktion der Leitungsebene Ihres Hauses auf ein Schreiben der Fachebene vom 24. August gegeben hat, eine Weisung des Bundeskanzleramts zu erwirken und die Richtlinienkompetenz zu nutzen, um so eine Entscheidung herbeizuführen.

Urban: Dazu kann ich Ihnen keine Angaben machen.

Frage: Herr Urban, ich habe auch noch einmal eine Nachfrage zu der Frage, wer alles in diese Entscheidung beziehungsweise in die Überlegungen dazu eingebunden war. Der Minister selbst hat heute der "Bild"-Zeitung gesagt, er habe seine Entscheidung mit einigen wenigen Personen besprochen. Wer außer Herrn Seehofer waren denn diese wenigen Personen?

Frau Demmer, wenn das Bundeskanzleramt an dem fraglichen Vormittag Kontakt zum Landwirtschaftsministerium hatte, ist denn dann die Absicht von Herrn Schmidt erkennbar geworden, dort im Alleingang dafür zu stimmen?

Urban: Zunächst einmal möchte ich noch einmal auf meine Äußerungen von vorhin verweisen. Zum Verhalten in der Abstimmung beziehungsweise zum Zustandekommen der Haltung des Bundeslandwirtschaftsministers hat der Minister gestern hinreichend Stellung genommen. Die Aussagen stehen für sich. Ich habe dazu von dieser Stelle aus auch nichts weiter beizutragen.

Den zweiten Punkt muss, glaube ich, Frau Demmer beantworten.

SRS'in Demmer: Nein, es gibt klare Regeln für das Abstimmungsverhalten. Ich habe hier ja schon gesagt: Die Bundeskanzlerin hat erst danach vom Ergebnis der Abstimmung erfahren. Darüber hinaus kann ich Ihnen nichts sagen.

Frage: Frau Demmer, können Sie noch einmal wiederholen, weil ich es gerade akustisch nicht mitbekommen habe, worauf Herr Altmaier Herrn Schmidt am Montagvormittag hingewiesen hat? Das ist irgendwie nicht bis hierhin gekommen.

Dann habe ich die Frage, ob irgendjemand unterhalb der Merkel-Ebene vorab von der Möglichkeit, dass Herr Schmidt anders abstimmen würde, als man es eigentlich erwarten würde, gewusst hat.

SRS'in Demmer: Wir geben hier ja grundsätzlich keine detaillierte Auskunft über das Abstimmungsverhalten innerhalb der Bundesregierung. Das würde jetzt zu weit führen. Aber es gab eben am Montagvormittag ein Telefonat, in dem der ChefBK auf die bestehende Regelung hingewiesen hat, dass man bei einem von der bestehenden Weisung abweichenden Stimmverhalten Einigung mit Bundesministerin Hendricks erzielen muss.

Zusatzfrage: Sie haben es jetzt sozusagen eigenhändig in der Hand, eventuell einen Untersuchungsausschuss zu der Frage zu verhindern. Wollen Sie daher nicht einmal von der gängigen Praxis abweichen und doch einmal ungefähr sagen, wie es war?

SRS'in Demmer: Ich finde, ehrlich gesagt, das ist doch schon sehr präzise! Ich sage es jetzt noch einmal: Die Bundeskanzlerin hat vom Ergebnis der Abstimmung erfahren, nachdem der Abstimmungsprozess geschehen war. Es gab an diesem Vormittag ein Telefonat, in dem der Chef des Bundeskanzleramtes noch einmal auf die bestehende Geschäftsordnung hingewiesen hat.

Zusatzfrage: Hat er auf die bestehende Geschäftsordnung hingewiesen, weil Herr Schmidt ihm angedeutet hat, dass er sich nicht daran halten wird?

SRS'in Demmer: Nein. Ich habe auch schon zu erklären versucht, dass es in diesem Punkt seit Monaten ein andauerndes Ringen darum gegeben hat, wie man denn da jetzt abstimmt. Das ist doch ein ganz normaler, demokratischer Abstimmungsprozess. Dass es diese Uneinigkeit gegeben hat, ist ja nicht neu. Das ist ja auch Ihnen allen nicht neu.

Haufe: Ich will noch einmal kurz etwas in das Bild einbringen, damit es vielleicht vollständig wird: Die Ministerin hat ja darauf hingewiesen, dass der Landwirtschaftsminister sie vor der Abstimmung noch einmal angerufen hat. Die Kommission hatte eben scheinbar einige Konditionen eingeräumt, und dann wollte der Minister wissen, was die Ministerin davon hält. Die Ministerin hat noch einmal ganz klar gesagt, dass sie bei ihrem Nein bleibt. Damit bestand der Dissens weiter, und damit geht laut der Geschäftsordnung eben eine Enthaltung einher. Das hat sie noch einmal bekräftigt, und damit war die Sache für sie an der Stelle erledigt.

Frage: Es tut mir leid, aber ich muss dann doch noch einmal auf das zurückkommen, was Sie, Herr Urban, gesagt haben. Nach dem, was der Minister gestern im Fernsehen gesagt hat, steht seine Aussage für sich - so habe ich Sie ja jetzt auch verstanden -, dass er die Entscheidung vielleicht mit Einzelnen geteilt habe - so hat er sich heute Morgen geäußert -, aber dass er das gleichzeitig relativ kurzfristig entschieden habe, weil die EU-Kommission auf einmal dieser Konditionierung zugestimmt habe. Korrekt?

Wenn diese Aussage so für sich steht, dann besteht nach meiner Interpretation ein Dissens zu dem, was von Herrn Seehofer überliefert ist; denn das wäre dann keine kurzfristige Entscheidung, sondern eine Vorabinformation gewesen. Wie lässt sich das aufklären?

Urban: Ich habe den Aussagen, die ich vorhin zum Thema Seehofer gemacht habe, an dieser Stelle nichts hinzuzufügen. Ich kann Ihnen allerdings das mitteilen, was ich Ihnen auch eingangs in meiner Sprechererklärung als Information gegeben habe, nämlich dass uns die Kommission noch Mitte letzter Woche mitgeteilt hat, dass es nicht möglich ist, diese Bedingungen aufzunehmen, und dass dementsprechend die Abstimmungsprozesse sehr kurzfristig rund um das Wochenende stattgefunden haben, natürlich erst einmal mit der EU-Kommission.

Zusatzfrage: Aber schon am Wochenende und nicht erst kurz vor Beginn der Sitzung? So wurde es nämlich gestern mitgeteilt.

Urban: Von uns wurde das so nicht mitgeteilt.

Zusatzfrage: Dann stelle ich vielleicht eine Frage an das Umweltministerium: Wie bewerten Sie diesen Vorgang, wenn der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident vorab informiert gewesen sein soll, die Kanzlerin nicht, und Frau Hendricks bei ihrem Standpunkt blieb? Vielleicht können Sie noch einmal zusammenfassen, inwiefern das ein Licht auf die künftige Zusammenarbeit innerhalb der geschäftsführenden Bundesregierung wirft.

Haufe: Was die künftige Zusammenarbeit betrifft, hat sich die Ministerin in den letzten Tagen ja ausführlich geäußert. Dazu muss ich nichts Neues sagen. Diese Aussagen von Frau Hendricks kennen Sie.

Diese Debatte hat verschiedene Facetten. Ich kann nur über die Facette sprechen, die den Wirkstoff an sich und die Pflanzenschutzmittelzulassung betrifft. Das Engagement der Ministerin richtet sich jetzt darauf, den Wirkstoff hier in Deutschland so weit einzuschränken, wie es geht, und da, wo es geht, auch in seiner Nutzung zu verbieten. Das ist das, worum es der Ministerin jetzt geht.

Frage: Ich habe noch einmal eine ganz offene Frage, und zwar an alle, die da oben sitzen. Vielleicht kann ja der eine oder andere an dieser Stelle für Aufklärung sorgen. Ich würde ganz gerne einfach wissen, ob irgendjemand berichten kann, dass sein Minister oder seine Ministerin im Vorfeld vom Abstimmungsverhalten des Herrn Schmidt informiert war.

Vorsitzende Maier: Möchte jemand?

Zusatzfrage: Gut, dann haben wir wenigstens "keine Reaktion" im Protokoll vermerkt.

Dann mache ich es noch einmal ganz konkret: Herr Urban, wie kam es zu diesem Telefonat mit Herrn Altmaier? Gab es einen konkreten Anlass dafür? Herr Altmaier ruft nämlich üblicherweise nicht vor jeder Ratsabstimmung irgendjemanden an und sagt ihm noch einmal "Hier ist übrigens die Geschäftsordnung der Bundesregierung". Wie kam es dazu?

Urban: Zu den Beweggründen für ein Telefonat des Chefs des Bundeskanzleramts kann ich Ihnen als Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministers nichts sagen.

Zusatzfrage : Haben Sie auch keine Erklärung dafür?

Urban: Ich habe meiner Aussage nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Frau Demmer?

SRS'in Demmer: Ich habe dem jetzt auch nichts hinzuzufügen. Ich kann es, wie gesagt, noch einmal sagen: Es gab einen andauernden Dialog über dieses Thema, der in unser aller Interesse ist; denn es gilt ja bei solchen Fragen, im Gespräch zu bleiben, um zu Ergebnissen zu kommen. Diese Gespräche gab es, und so kam es sicherlich auch zu diesem Telefonat, weil ja bis zum Schluss alle Beteiligten im Gespräch waren. Das ist, glaube ich, auch das, was Sie von einer arbeitenden, funktionierenden Bundesregierung erwarten können, auch wenn sie geschäftsführend im Amt ist.

Frage: Herr Urban, auch wenn Sie mehrfach gesagt haben, dass ihr Minister mehrfach und ausführlich zu allen Fragen Stellung genommen habe, entnehmen Sie doch bitte der Tatsache, dass hier ein Dutzend Journalisten ungefähr zehnmal diese simple Frage gestellt hat, ob der Landwirtschaftsminister nun die Vorabinformation an den bayerischen Ministerpräsidenten über sein Abstimmungsverhalten gegeben hat oder nicht, dass es bislang - einen anderen Schluss können Sie aus unserem Frageverhalten gar nicht ziehen - keine Antwort des Ministers gegeben hat. Deswegen bitte ich Sie noch einmal sehr herzlich darum, dass Sie diese Frage dann bitte konkret beantworten mögen: Hat Ihr Minister vorab Herrn Seehofer über das geplante Abstimmungsverhalten informiert oder nicht? Das ist keine Frage an Herrn Seehofer, sondern das ist eine Frage an das Landwirtschaftsministerium.

Herr Haufe, Sie haben eben gesagt, die Strategie sei jetzt, den Einsatz von Glyphosat möglichst national zurückzudrängen. Da wurde jetzt offenbar ein Zugehen des Landwirtschaftsministers auf Ihre Ministerin avisiert. Haben Sie konkrete Pläne dafür, wie diese weitere Reduzierung im Lichte der neuen Friedensverhandlungen zwischen den Ministerien aussehen könnte?

Urban: Dann würde ich mit Ihrer Frage anfangen, die der Minister gestern wie folgt beantwortet hat: Ich habe sachorientiert als Fachminister in dieser Frage entschieden. Ich habe diese Entscheidung in meiner Ressortverantwortung getroffen. - Über weitere Gespräche dazu - noch einmal, Herr Kollege - kann ich Ihnen von dieser Stelle aus nichts berichten, zumal es sich nicht um einen Vorgang der oder innerhalb der Bundesregierung handelt.

Den zweiten Punkt kann ich Ihnen bestätigen. Der Minister hatte heute noch einmal deutlich gemacht: In Fragen der nationalen Umsetzung werde ich auf meine Kollegin Hendricks zugehen, und wir werden gemeinsam eine Lösung erarbeiten, um den Einsatz von Glyphosat künftig noch restriktiver zu gestalten. - Das ist richtig.

Haufe: Ich kann Ihnen heute noch keine konkreten Vorschläge dazu nennen. Wir prüfen gerade alles, was in dieser Richtung möglich ist, zum Beispiel über die Pflanzenschutzmittelzulassung. Wir haben jetzt ein Jahr lang Zeit, diesen Beschluss umzusetzen. Das ist nicht viel. Das heißt, wenn der Landwirtschaftsminister auf die Ministerin zugeht, dann ist das nur gut, weil wir uns beeilen müssen, einen guten Vorschlag vorzulegen.

Frage: Frau Demmer, unabhängig davon, was Herr Seehofer nun vorher wusste: Jetzt, hinterher, sagt er, er gebe Herrn Schmidt Rückendeckung und könne nicht verstehen, dass Herr Schmidt so abgekanzelt werde. Ärgert sich die Bundeskanzlerin darüber? Das heißt ja, dass auch der CSU-Chef - ein Parteichef einer die Koalition tragenden Partei - die Geschäftsordnung der geschäftsführenden Regierung offensichtlich nicht akzeptiert.

SRS'in Demmer: Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich das jetzt nicht kommentiere.

Frage: Frau Demmer, Sie haben uns gesagt, dass die Kanzlerin das Ergebnis der Abstimmung erst nach der Abstimmung erfahren hat. Das ist eigentlich banal, aber darum geht es ja gar nicht. Uns interessiert doch die Frage, ob Herr Altmaier nach dem Telefonat wusste, dass das Landwirtschaftsministerium wenig später einer Verlängerung von Glyphosat zustimmen würde, oder nicht.

SRS'in Demmer: Nein, da fühle ich mich jetzt bewusst missverstanden. Ja, man kann das so drehen, wie Sie es interpretieren, aber ich will sagen: Die Bundeskanzlerin hat von dem Abstimmungsverhalten des Ministers erst danach erfahren.

Zusatz: Okay; dann sagen Sie bitte etwas zum zweiten Teil der Frage, was Herrn Altmaier angeht.

SRS'in Demmer: Ich habe das jetzt schon dreimal zu erklären versucht. Ich kann dem jetzt nicht mehr hinzufügen.

Zusatzfrage: Nein, Sie haben uns nur erklärt, dass es ein ständiges Ringen gab und dass das doch natürlich sei. Meine Frage ist ja eine andere: Wusste Herr Altmaier nach dem Telefonat, das Sie uns ja mitgeteilt haben, dass das Landwirtschaftsministerium danach einer Verlängerung zustimmen würde?

SRS'in Demmer: Wenn der ChefBK darauf hinweist, dass es Regeln gibt und dass es einer vorherigen Abstimmung mit Frau Hendricks bedarf, die ja offensichtlich nicht stattgefunden hat, dann muss das doch eine Antwort auf Ihre Frage sein.

Zusatzfrage: Lautet die "Ja"?

SRS'in Demmer: Ich kann es nur noch einmal sagen: Der ChefBK hat darauf hingewiesen, welche Regeln es gibt und dass es einer vorherigen Abstimmung bedarf. Ohne eine vorherige Abstimmung keine Zustimmung, sondern eine Enthaltung!

Frage: Meine Frage richtet sich an Herrn Haufe. Wenn dieses Ringen, das Frau Demmer ja eindrücklich beschrieben hat, zwischen den Ministerien und dem Kanzleramt permanent hin und her ging, hat es das Umweltministerium denn in dieser Situation, als Frau Hendricks erfahren hat, dass Herr Schmidt gegen ihren Willen abstimmen würde, für notwendig gehalten, das Kanzleramt einzuschalten?

Haufe: Wir haben ja nicht vor der Abstimmung erfahren, dass Herr Schmidt beziehungsweise der Vertreter Deutschlands in diesem Berufungsausschuss gegen unseren Willen, also gegen die Geschäftsordnung verstößt und sich nicht enthält. Das haben wir nicht gewusst. Deswegen verstehe ich Ihre Frage nicht. Wie wollen wir da vorher irgendeinen Eingriff vornehmen? Es war doch so, dass der Minister mit unserer Ministerin gesprochen hat. Die Ministerin hat noch einmal ihr Nein bekräftigt. Damit hat sie klargemacht: Es muss bei einer Enthaltung bleiben. Das war eindeutig. Es hat ein Gespräch auf höchster Ebene gegeben, und ich denke, dass ist das Gespräch, das für eine Änderung oder eben eine Beibehaltung des gleichen Kurses - das bedeutet hier Enthaltung - entscheidend sein muss.

Zusatzfrage: Frau Demmer, verstehe ich es also richtig, dass Herr Altmaier von der Absicht von Herrn Schmidt Kenntnis hatte?

SRS'in Demmer: Nein, Herr Altmaier hatte Kenntnis von einem Abstimmungsprozess, der andauernd war. Dass ein ChefBK ganz grundsätzlich davon ausgeht, dass sich die Kabinettsmitglieder an die Regeln halten, versteht sich doch von selbst.

Frage: Herr Haufe, Herr Schmidt hat ja angekündigt, auf Frau Hendricks zugehen zu wollen, um nationale Regelungen zu finden. Gibt es schon eine Terminabsprache? Hat er sich schon gemeldet? Ist Frau Hendricks überhaupt willens, ihn nach dem Affront, der passiert ist, anzuhören? Wie würden Sie das einschätzen? Ist es überhaupt denkbar, dass das noch innerhalb der geschäftsführenden Regierung abgestimmt wird?

Dann habe ich eine Lernfrage an Frau Demmer: Ist es technisch überhaupt möglich, einen geschäftsführenden Minister zu entlassen?

Haufe: Einen solchen Termin, nach dem Sie gerade gefragt haben, kenne ich jetzt noch nicht. Dazu kann ich mich an dieser Stelle nicht äußern.

Jetzt geht es ja erst einmal darum, auch den gesamten Fach- und Sachverstand zusammenzunehmen, um zu schauen, welche Möglichkeiten wir haben, den Wirkstoff so weit, wie es geht, einzuschränken und da, wo es möglich ist, Verbote vorzusehen. Das bedarf natürlich auch einer Abstimmung mit dem Landwirtschaftsressort; denn die Pflanzenschutzmittelzulassung unterliegt ja geteilter Verantwortung.

SRS'in Demmer: Die Lernfrage kann Herr Dimroth besser beantworten.

Dimroth: Vielen Dank. - Wir befinden uns, wenn ich das so sagen kann, im Regime des Artikels 69 Absatz 3, der die Vorgaben für die Frage der Phase der geschäftsführenden Bundesregierung enthält. Nach der Staatspraxis bittet der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin die vom Bundespräsidenten entlassenen Minister durch Schreiben um die geschäftsführende Leitung ihrer jeweiligen Ressorts. So ist es auch hier geschehen. Eine Entbindung von der Geschäftsführung würde in derselben Weise erfolgen, nämlich durch ein Schreiben des Bundeskanzlers beziehungsweise der Bundeskanzlerin. Dem Grundsatz des gegenseitigen Respekts der Verfassungsorgane ist es geschuldet, dass selbstverständlich auch ein solcher Vorgang auf geeignete Weise ins Benehmen mit dem Bundespräsidenten gestellt werden müsste.

Frage: Frau Demmer, wenn der Chef des Bundeskanzleramts mit einem Minister telefoniert, ausdrücklich auf die Geschäftsordnung hinweist und der Minister danach entgegen dieser Geschäftsordnung verfährt, was sagt das über die Autorität des Chefs des Bundeskanzleramts aus?

SRS'in Demmer: Grundsätzlich hat sich auch die Bundeskanzlerin gestern schon ausführlich zu diesem Themenkomplex geäußert. Ich möchte darauf hinweisen, dass die geschäftsführende Bundesregierung ihre Arbeit tut. Dass der Vorfall von gestern bedauerlich ist, haben die Beteiligten zum Ausdruck gebracht. Das darf sich nicht wiederholen. Darauf hat auch die Bundeskanzlerin mit Nachdruck hingewiesen. Dennoch wird jetzt ordnungsgemäß und konstruktiv weiter zusammengearbeitet.

Ich möchte noch ganz kurz zum Besten geben, dass die gegen Russland verhängten Sanktionsmaßnahmen natürlich so lange fortbestehen, wie die Gründe für die Verhängung fortbestehen. Ich denke, mit dieser Antwort ist Ihrer Frage Genüge getan.

Frage : Nein, Frau Demmer. Meine Frage war, ob sich Deutschland enthält, falls ein Minister dagegen ist und damit die Sanktionen auslaufen.

SRS'in Demmer: Aber das ist doch völlig hypothetisch. Das habe ich auch eben schon gesagt.

Zusatz: Das ist eine praktische Frage, eine Lernfrage.

SRS'in Demmer: Da habe ich auf die Geschäftsordnung hingewiesen. Aber es bleibt eine hypothetische Frage. Die Geschäftsordnung sieht allerdings für den Fall eindeutige Regeln vor.

Frage: Frau Demmer, glauben Sie, dass man sich dann daran hält?

SRS'in Demmer: Das betrachte ich als rhetorische Frage. Denn ich habe ja gerade zum Ausdruck gebracht, dass mit Nachdruck darauf hingewiesen worden ist, dass solch regelwidriges Verhalten nicht noch einmal vorkommen sollte.

Adebahr: Ich habe eine Nachreichung zum Thema Syrien. Der letzte reguläre Asyllagebericht datiert vom September 2010. Mit dem Anfang des Jahres 2011 beginnenden Konflikt ist seither keine reguläre Neuerstellung des Asyllageberichts erfolgt. Grundsätzlich ist das jährlich der Fall. Im Februar 2012 gab es eine Teilaktualisierung oder einen neuen Teilbericht. Dazu fehlen mir im Moment noch die Einzelheiten. Aber dies ist die letzte Aktualisierung, die zum Thema des Asyllageberichts durch das Auswärtige Amt erfolgte.

Dimroth: Der erste Teil, den ich noch schuldig bin, schulde ich der Kollegin. Sie ist, wenn ich es richtig sehe, schon gegangen. Ich führe es dennoch gern aus. Zum Stichtag 31. Oktober dieses Jahres waren 4607 ausreisepflichtige syrische Staatsangehörige in Deutschland aufhältig, von denen 3588 geduldet sind.

Herr Kollege, zu Ihrer Frage: Eine systematische Förderung freiwilliger Rückreisen nach Syrien erfolgt nicht. Das liegt daran, dass der für uns hierfür ganz wesentliche Partner IOM auch nach seiner eigenen "policy" keine freiwillige Rückkehr nach Syrien fördert. Wir kennen Einzelfälle, die allerdings nicht statistisch erhoben werden, in denen solche Rückführungen beziehungsweise freiwillige Rückreisen stattfinden. In diesen Einzelfällen gibt es vor allem für die Bundesländer durchaus die Möglichkeit, eine Förderung vorzunehmen. Aber das fällt nicht unter die Programme, die wir mit IOM fahren. Deswegen habe ich darüber leider auch keine Zahlen.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Haben Sie Kenntnis darüber, dass sich die Fertigstellung von Stuttgart 21 bis Ende 2024 verzögert und es Mehrkosten in Höhe von 1,1 Milliarden Euro geben wird?

Strater: Ich habe die entsprechenden Meldungen gerade auf meinem Gerät gelesen. Danach werden solche Dinge aus gewissen Kreisen berichtet. Ich kann solche Meldungen nicht kommentieren. Mir sind solche Zahlen im Moment auch nicht bekannt. Es ist Aufgabe des Aufsichtsrates, sich mit Zeit- und Kostenfortschreibungsangaben der Deutschen Bahn zu befassen.

Zusatzfrage: Die Frage der Mehrkosten wird wahrscheinlich zunächst auch ungeklärt bleiben, weil es ja bisher schon der Fall war, oder?

Strater: Zunächst einmal muss sich die Deutsche Bahn dazu äußern, wenn es etwas Neues zu einer Kosten- und Zeitplanfortschreibung geben sollte. Damit hat sich der Aufsichtsrat immer befasst, und damit wird er sich auch weiterhin befassen. Aber ich kann dem nicht vorgreifen, was dabei am Ende herauskommen könnte.

Zusatzfrage: Eine Frage an das Finanzministerium zum Thema Brexit und der Finanzierung, also dem Streit um den Kostenrahmen beim Ausstieg. Es gibt Meldungen, dass es dabei eine Annäherung oder vielleicht sogar schon eine Einigung gegeben habe. Was ist Ihr Stand?

Kolberg: Wie Sie wissen, werden die Verhandlungen in Brüssel geführt. Deswegen können wir Zeitungsberichte hier nicht kommentieren. Dafür müssten Sie sich an die Brüsseler Kollegen wenden.

Zuruf: Ich frage ja nach Ihrem Stand!

Kolberg: Im Grundsatz gilt für uns natürlich, dass die Verpflichtungen, die Großbritannien eingegangen ist und die mit der EU-Mitgliedschaft zusammenhängen, eingehalten werden müssen.

Frage: Eine Anfrage an das BMZ im Hinblick auf den EU-Afrika-Gipfel heute und morgen in Abidjan: Herr Knödler, wie kommentieren Sie den Ihnen sicherlich bekannten internen Bericht der EU-Kommission, demzufolge die Umsetzung im Zusammenhang mit dem Treuhandfonds, den die EU im Jahre 2015 beschlossen hat, durch die Partnerstaaten vor allem im Hinblick auf Nordafrika schleppend und ungenügend verläuft, was ja dem Ansatz, Fluchtursachen zu bekämpfen, widersprechen würde? Sehen Sie Möglichkeiten, im Verlauf des Gipfels dieser Kritik zu folgen und die Dinge in die richtige Spur zu bringen?

Knödler: Vielen Dank für die Frage. Das Thema und die Berichterstattung sind uns bekannt. Ich möchte vorweg sagen, dass die Bundesregierung alle ihre Zusagen zum EU-Treuhandfonds fristgerecht eingehalten hat, noch weitere Zusagen plant und diese Zusagen übererfüllen wird. Insofern ist eine Kritik an der Bundesregierung hier nicht gerechtfertigt. Für uns ist völlig klar, dass alle gemachten Zusagen selbstverständlich eingehalten werden müssen.

Zusatzfrage: Das sollte auch keine Kritik konkret an der Bundesregierung sein. Aber die Bundesregierung ist bisher immer noch einer der entscheidenden Treiber innerhalb der EU.

Wie bewerten Sie es, wenn festgestellt wird dass die bisherige Politik gegenüber Afrika ihre Ziele gerade im Hinblick auf Fluchtursachenbekämpfung noch nicht erreicht? Wie bewerten Sie es, wenn zum Beispiel in Äthiopien eine Produktion im Bekleidungssektor hochgezogen wird, in der mit Monatslöhnen von 50 Euro gearbeitet wird, was ein Viertel dessen ist, was in Singapur gezahlt wird? Das bedeutet ja, dass in diesen Bereichen Nordafrikas eben keine neuen, existenzsichernden Arbeitsplätze geschaffen werden, die den Menschen dort ein Leben ermöglichen würden. Was tut die Bundesregierung, um diesem Unterlaufen einer partnerschaftlichen Verbindung entgegenzuwirken?

Knödler: Völlig klar ist - das hat Bundesentwicklungsminister Müller mehrfach gesagt -, dass wir eine völlig neue Dimension der Zusammenarbeit mit Afrika brauchen, eine partnerschaftliche Herangehensweise auf Augenhöhe. Hierbei sind wir mit einem Konzept für einen Marschallplan mit Afrika vorangegangen, der national, aber auch international auf sehr positive Resonanz gestoßen ist. Wir haben unser Engagement mit Afrika in vielen Bereichen bereits massiv ausgebaut und planen, es weiter auszubauen.

Klar ist aber auch - das greift dieses Thema auf -, dass mehr Geld allein nicht die Lösung ist, sondern dass wir eine neue Dimension der Zusammenarbeit brauchen, die noch viel gezielter Perspektiven für die Menschen vor Ort schafft. Dazu gehören für die Bundesregierung die Themen Bildung und Jobs, weil wir es dadurch schaffen können, dass Arbeitsplätze entstehen und damit auch Perspektiven für die Jugend Afrikas. Das ist auch ein ganz zentrales Thema des EU-Afrika-Gipfels. In diese Richtung steuern wir unsere Politik um. Zukünftig werden wir noch mehr als bisher auch auf die Eigenverantwortung der Regierungen in Afrika setzen. Es ist klar: Wer Korruption bekämpft, wer Eigenverantwortung übernimmt, und wer in seine Bürgerinnen und Bürger vor Ort investiert, der kann mit mehr Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit rechnen.

Wir haben bereits mit drei Reformpartnerschaften begonnen, die wir in diesen Tagen in Abidjan konkretisieren, mit Ghana, der Elfenbeinküste und auch mit Tunesien, die entweder bereits begonnen haben, Reformen umzusetzen, oder jetzt damit beginnen werden, sie umzusetzen. Wir unterstützen diese Regierungen konkret dabei, mehr in Bildung und Ausbildung zu investieren, aber auch in wichtige Zukunftsbereiche für Wirtschaftswachstum wie zum Beispiel den Zugang zu Energien und den Ausbau der erneuerbaren Energien oder auch - ein Thema, das dieser Tage oft diskutiert wurde - den Zugang zu Krediten für kleine und mittlere Unternehmen, die ein ganz klarer Wachstumstreiber für Jobs und Wirtschaft in Afrika sein können.

Erlauben Sie mir noch eine letzte Bemerkung - ich weiß, das ist jetzt sehr lang geworden - zum Thema Textil. Dieses Thema ist sinnbildlich dafür, dass wir entlang der ganzen Lieferkette die Arbeits- und die Umweltbedingungen verbessern müssen, wenn wir es schaffen wollen, Jobs in den Entwicklungsländern - in Afrika, aber auch in anderen Regionen in der Welt - zu schaffen, die menschenwürdige Bezahlung und Arbeit erlauben. Auf dem Feld Textil sind wir schon vor einigen Jahren mit der Gründung eines Textilbündnisses vorangegangen. Bundesminister Müller setzt klar darauf, dass die Umwelt- und die Arbeitsbedingungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette verbessert werden, auch mit ganz klar vorzeigbaren Erfolgen, zusammen mit der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und auch den Gewerkschaften. Denn das sind keine Themen, die wir als Staat allein lösen können.

Aus aktuellem Anlass in Côte d'Ivoire ist noch der Bereich Kakao zu nennen, in dem es uns gelungen ist, zusammen mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft dafür zu sorgen, dass der Anteil an nachhaltig produziertem Kakao in Deutschland in den letzten Jahren massiv gestiegen ist.

Frage: Eine ganz kurze Nachfrage zu den Sanktionen: Vertritt der Außenminister in Sachen der Verlängerung der Sanktionen eigentlich die gleiche Meinung wie das Kanzleramt?

Adebahr: Ich denke, darüber gibt es einen Konsens in der Bundesregierung. Der Außenminister hat sich mehrfach dazu geäußert. Er hat gesagt, dass Minsk und die Umsetzung der Minsker Beschlüsse eine Voraussetzung sind, die wir sehen wollen. Wir blicken mit Sorge auf die Lage. Wenn dort Fortschritte zu verzeichnen wären, dann könnte man gegebenenfalls im Kreise der europäischen Partner darüber nachdenken, womöglich schrittweise an eine perspektivische Aufhebung der Sanktionen heranzugehen.

Aber das ist für uns die Basis, auf der wir arbeiten. Ich denke, da besteht Einigkeit.

SRS'in Demmer: Da besteht Einigkeit.

Mittwoch, 29. November 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 29. November 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/11/2017-11-29-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2017

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