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PRESSEKONFERENZ/1810: Regierungspressekonferenz vom 16. Januar 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Mittwoch, 16. Januar 2019
Regierungspressekonferenz vom 16. Januar 2019


Themen: Personalie, Kabinettsitzung (Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, Bericht der Bundesregierung zur Evaluierung des Fluglärmgesetzes), Wahl eines neuen Vorstands bei der DITIB, Reise des Bundesaußenministers nach Moskau und nach Kiew, Treffen der Bundeskanzlerin mit den vom Kohleausstieg betroffenen Bundesländern, Brexit, Prüfung einer möglichen Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, Stopp von Rüstungsexporten aus Deutschland nach Saudi-Arabien, Fall Khashoggi, DIW-Studie zum Anteil von Frauen in Führungspositionen, mögliche Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur sogenannten Berateraffäre im Bundesverteidigungsministerium, vermisste minderjährige unbegleitete Flüchtlinge

Sprecher: SRSin Demmer, Fehling (BMF), Haufe (BMU), Eichler (BMWi), Strater (BMVI), Petermann (BMI), Adebahr (AA), Wackers (BMG), Audretsch (BMFSFJ)

Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRSin Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Vorsitzende Welty: Wir verabschieden uns heute von Daniel Fehling, der bislang für den Finanzminister gesprochen hat.

Fehling: In der Tat, meine Tätigkeit in der Pressestelle des Bundesfinanzministeriums endet mit Ende dieser Woche. Ab Montag bin ich dann im BMF wieder in der Steuerabteilung tätig. Ich möchte mich bei Ihnen allen für die gute und angenehme Zusammenarbeit bedanken - das gilt natürlich vor allem auch für die Kollegen Sprecherinnen und Sprecher. Ich kann sagen: Es war für mich immer etwas Besonderes, hierhin zu kommen. Ich wünsche der Regierungspressekonferenz und Ihnen allen alles Gute für die Zukunft! Vielen Dank.

Vorsitzende Welty: Danke schön! Den guten Wünschen können wir uns nur anschließen, und danke auch für die Zusammenarbeit!

Dann kommen wir wie an jedem Mittwoch zum Bericht aus dem Kabinett. Frau Demmer, bitte.

SRSin Demmer: Ich kann Ihnen berichten, dass die Bundesregierung heute ihren 21. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik beschlossen hat. Der Berichtszeitraum Januar bis Dezember 2017 war geprägt von Krisen an vielen Orten der Welt. Damit verbunden waren Flucht und Migration, zunehmende Renationalisierungstendenzen und eine abnehmende Begeisterung für den europäischen Gedanken.

Der Bericht unterstreicht das Engagement der Bundesregierung in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, für den Erhalt unserer Werte und Interessen einzutreten. Dazu zählt der Einsatz für die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, und das weltweit, insbesondere durch die Unterstützung studierfähiger Flüchtlinge in den Herkunftsregionen durch den Ausbau des Drittlandstipendienprogramms der deutschen akademischen Flüchtlingsinitiative "Albert Einstein" beim Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge.

Dazu gehört aber auch der Ausbau der seit 2015 bestehenden Philipp-Schwartz-Initiative für verfolgte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Die Initiative ermöglicht es deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen, verfolgte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für bis zu drei Jahre bei sich aufzunehmen.

Den friedenspolitischen Aspekt der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik hat im Berichtszeitraum die Eröffnung des Deutsch-Kolumbianischen Friedeninstituts an der Universidad Nacional Bogotá durch den DAAD unterstrichen.

Im Sinne einer engeren europäischen Zusammenarbeit beschloss der Deutsch-Französische Ministerrat die Einrichtung von mindestens zehn integrierten deutsch-französischen Instituten bis 2020.

Die Bundesregierung fördert des Weiteren drei "Orte der Kultur" in der Türkei in einem gemeinsamen Projekt mit Frankreich, den Niederlanden, Schweden und der türkischen Stiftung Anadolu Kültür.

Der Schutz des kulturellen Erbes wurde fortgesetzt durch die Ausweitung des 2016 gegründeten Archaeological Heritage Network zum Schutz, Erhalt und Wiederaufbau des kulturellen Erbes.

Unser Weltbild steht mit anderen Werte- und Interessenmodellen in einer internationalen Konkurrenz. Mit der Strategischen Kommunikation nimmt die Bundesregierung diesen Wettbewerb der Narrative auf. 2017 konnte die strategische Auslandskommunikation weiter ausgebaut und auf die digitale Zukunft ausgerichtet werden. Ziel ist, ein realistisches Bild von Deutschland zu befördern und gegen hybride Informationsverfälschung vorgehen zu können. Ein Beispiel ist die aktive Aufklärungsarbeit gegenüber Migranten in Herkunfts- und Transitländern im Rahmen der seit 2015 laufenden "Rumours about Germany"-Kampagne des Auswärtigen Amtes.

Des Weiteren hat das Kabinett heute den ersten Bericht der Bundesregierung zur Evaluierung des Fluglärmgesetzes beschlossen. Mit dem Bericht spricht sie dem Bundestag Empfehlungen für besseren Lärmschutz von betroffenen Gebieten rund um Flughäfen aus. Auch im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, die Lärmgrenzwerte rund um Flughäfen weiterzuentwickeln. Das 2007 novellierte Fluglärmgesetz erfordert Berichte zu Lärmgrenzwerten im 10-Jahres-Turnus. Diese Werte sollen regelmäßig überprüft werden mit Blick darauf, ob sie noch geeignet und angemessen sind. Maßstab dafür bilden der neuste Stand der Luftfahrttechnik und die jüngsten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung. Fachliche Grundlagen für den Bericht hat zudem ein breit angelegtes mehrstufiges Beteiligungsverfahren der betroffenen Akteure geliefert.

Der aktuelle Bericht enthält 13 Empfehlungen für einen noch besseren Schutz durch das Gesetz und höhere Akzeptanz bei den Betroffenen. Unter anderem empfiehlt er: Erstens: Es sollen Vorschläge für verschärfte Werte anhand neuer schalltechnischer Daten von Verkehrsflugzeugen erarbeitet werden. Dabei sollen die Lärmschutzbereiche die aktuelle Größe mindestens behalten. Zweitens: Damit Wohngebäude und andere Einrichtungen schneller mit Schallschutzmaßnahmen ausgestattet werden, sollen die Kosten dafür nicht mehr zeitlich gestaffelt erstattet werden. Drittens: Bessere Regelungen für den Schallschutz für Grundschulen, Kindertagesstätten und Krankenhäuser und insbesondere eine schnellere Kostenerstattung sind vorgesehen. Die einzelnen vorgeschlagenen gesetzlichen Maßnahmen sollen als Gesamtpaket umgesetzt werden. Der Bericht geht nun an den Bundestag und den Bundesrat.

Das war es.

Frage: Zum Thema Fluglärm: Sie sagen, das solle als Gesamtpaket umgesetzt werden. Hat die Bundesregierung schon eine Idee, wie schnell das passieren sollte? Soll es möglichst noch in dieser Legislaturperiode eine Initiative zur Reform des Gesetzes geben?

An die Ministerien für Umwelt, Wirtschaft und Verkehr: In der Vorberichterstattung wurde ja auch gemeldet, dass die Umweltministerin gerne Novellierungen hätte, was den aktiven Lärmschutz angeht, also zum Beispiel Grenzwerte für Flugzeuge oder auch Nachtflugverbote, dass das aber mit dem BMWi und dem BMVI nicht zu machen war. Ich würde aus den drei Ministerien gerne kurz hören, wie sie diesbezüglich den Stand der Diskussion bewerten.

SRSin Demmer: Ich würde dazu direkt an die Ressorts verweisen.

Haufe: Zu Ihrer ersten Frage: Frau Demmer hat hier ja die 13 Empfehlungen erwähnt, die vor allen Dingen dazu da sind, den Schallschutz, den Lärmschutz für die Bevölkerung in einer Form akzeptabler zu machen. Denn es ist ganz klar: Fluglärm ist für die Menschen in der Umgebung von Flughäfen eine große Belastung, es ist eine Beeinträchtigung.

Das Ziel des Fluglärmschutzgesetzes ist es, vor diesen Beeinträchtigungen zu schützen und sie, soweit es geht, zu minimieren. Wir wissen aber, dass Schallschutzmaßnahmen teilweise von der Bevölkerung nicht richtig angenommen werden. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel bekommen sie Schallschutzfenster, finden dann aber die Wohnqualität dadurch beeinträchtigt. Deswegen haben wir mit Bürgerinitiativen, mit Behörden, mit den Flughäfen eine umfangreiche Evaluierung vorgenommen, um zu schauen: Was müssen wir eigentlich tun, damit die Menschen, die Schallschutz brauchen, ihn dann auf der einen Seite besser, leichter finanzieren können, aber eben auch technisch mehr akzeptieren können, damit die Wohnqualität, die durch den Fluglärm ja ohnehin schon beeinträchtigt ist, dann nicht noch weiter beeinträchtigt wird. Das war ein Punkt der Empfehlungen, die wir besonders herausgestellt haben. Ein anderer Punkt ist, dass es einfach auch immer wieder Probleme bei den Kostenerstattungen gibt: Die dauern zu lange, die sind zu bürokratisch. Auch hier haben wir geschaut, dass es Vereinfachungen geben soll. Gleichzeitig ist auch wichtig, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Kinder oder kranke Menschen in den Regionen, in denen es zu Fluglärm kommt, besser geschützt sind. Deswegen empfehlen wir auch, zum Beispiel die Schallschutzmaßnahmen für Kindergärten und Krankenhäuser zu erleichtern. Das ist der eine Punkt. Diese Empfehlungen übergeben wir jetzt dem Bundestag. Der Bundestag kann das Gesetz jetzt also entsprechend novellieren, wenn er das möchte.

Der zweite Punkt ist, dass wir natürlich schauen müssen: Wie entwickeln sich die Lärmwerte, die Geräusche der Flugzeuge insgesamt? Wir wissen, dass es technisch mittlerweile so ist, dass Flugzeuge leiser werden. Die einheitliche Auffassung der Bundesregierung ist aber, dass wir auch dann, wenn wir leisere Flugzeuge haben, die Lärmschutzbereiche nicht verKleinern sollten. Sie sollen genau so bleiben, wie sie heute sind. Das heißt, ein Haus, das heute am Rand einer Lärmschutzzone steht, soll auch in Zukunft noch in einer Lärmschutzzone stehen können und nicht plötzlich herausfallen, weil Flugzeuge leiser werden. Wir müssen uns aber genauer anschauen, inwieweit Flugzeuge wirklich leiser werden, wenn sie landen beziehungsweise wenn sie anfliegen. Wir haben einerseits die Papiere der Flugzeuge und sehen: Ja, der Lärm wird vielleicht hier und da geringer. Die Frage ist aber: Wie sieht das im praktischen Verfahren aus? Deswegen haben wir das Umweltbundesamt beauftragt, hier eine Untersuchung vorzunehmen. Diese wird 2021 fertiggestellt sein. Dann werden wir die nötige sichere Datengrundlage haben, um die jetzigen Lärmvorschriften so zu aktualisieren, dass die Lärmschutzbereiche genau so, wie sie heute sind, bleiben können.

Zu dem anderen Punkt, den Sie angesprochen haben: Es ist natürlich so, dass wir als Ministerium, das vor allem die Auswirkungen von Fluglärm adressiert, einen umfangreichen Ansatz vorsehen, wie man die Lärmwirkung von Flugzeugen mindern kann. Da kann ich nicht nur auf den passiven Schallschutz vertrauen; vielmehr muss ich natürlich auch gucken: Wie kann ich bei den Flugzeugen selbst oder auch beim Flugbetrieb etwas machen? Das adressieren wir auch in den 13 Empfehlungen, die wir an den Deutschen Bundestag geben. Auch da sehen wir Verbesserungspotenziale, und das ist auch eine Empfehlung, die wir geben. Die Ministerin beziehungsweise das Ministerium hat einfach noch einmal klargestellt, dass für uns besonders wichtig ist, dass man beide Sachen adressiert.

Strater: Ich habe gar nicht viel zu ergänzen. Der Bericht ist so, wie er heute im Kabinett war, ressortabgestimmt. Das BMU ist hier federführend zuständig. Der Schutz gegen Fluglärm ist ein wichtiges Anliegen, das natürlich auch wir als Verkehrsressort unterstützen. Wir legen hier, wie Herr Haufe es auch gesagt hat, Schwerpunkte auf modernes und lärmarmes Fluggerät sowie auf Anflugverfahren und Abflugverfahren, die leiser gemacht werden müssen. All das gilt so, wie es in dem Bericht steht, und jetzt kann sich der Bundestag mit dieser Evaluierung beschäftigen und daraus dann seine Schlüsse ziehen. Insofern: Das ist so, wie er heute im Kabinett beschlossen wurde, ein ressortabgestimmter Bericht.

Eichler: Ich habe dem nichts weiter hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Herr Haufe, Sie haben gesagt, der UBA-Bericht solle bis 2021 fertig sein. Sollte der Bundestag darauf warten, oder ist die Hoffnung, dass jetzt schneller reagiert wird?

Haufe: Dem Bundestag ist natürlich freigestellt, was er tut; er kann auch sofort eine Grenzwertverschärfung vornehmen, wenn er das möchte. Der Bericht enthält ja von Experten und Expertinnen vorgelegte Berechnungen, welche Grenzwerteverschärfung angemessen wäre. Im Bericht heißt es: ein bis drei Dezibel. Wenn man sofort eine Grenzwertverschärfung vornehmen möchte, ohne die laufenden Berechnungen des Umweltbundesamtes abzuwarten, dann kann man zum Beispiel zwei Dezibel wählen. Das ist, wie gesagt, dem Bundestag natürlich freigestellt.

Frage: An das BMI: Frau Petermann, die DITIB hat jetzt einen neuen Vorstand gewählt. Im Vorfeld gab es ja Diskussionen darüber, ob man mit dem aktuellen, jetzt ausgeschiedenen Vorstand gut zusammenarbeiten könne. Wie sieht das Innenministerium mit Blick auf die Islam Konferenz und Ähnliches diese neue personelle Aufstellung bei der DITIB?

Petermann: Wie Sie wissen, ist die DITIB strukturelle, personell und finanziell an das Diyanet angebunden. Das sehen wir durchaus kritisch. Der Minister hat zur Islam Konferenz auch schon gesagt, dass ihm die Unabhängigkeit - sei sie nun finanziell oder organisatorisch - sehr wichtig ist. Dennoch, die DITIB ist ein autonom agierender Verein, der natürlich seinen Vorstand wählen kann; das akzeptieren wir. Wir möchten auch den Gesprächsfaden ganz unbedingt erhalten, denn die DITIB hat 900 Moscheegemeinden in der Bundesrepublik, die wirklich viele religiöse und soziale Dienstleistungen erbringen und damit für die Muslime in Deutschland sehr wichtig sind. Sie können davon ausgehen, dass wir als BMI durchaus differenzieren zwischen einzelnen Moscheegemeinden, Landesverbänden und Bundesverbänden. Wir möchten den kritischen Dialog erhalten.

Adebahr: Ich möchte Ihnen ankündigen, dass Außenminister Maas am Freitag nach Moskau und Kiew reisen wird - erst nach Moskau und von dort weiter nach Kiew.

Er wird in Moskau mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammentreffen. Bei dem Gespräch wird es unter anderem um die Zukunft des INF-Vertrages gehen. Weitere Themen sind die Ukraine, Syrien und auch die Mitgliedschaft Russlands im Europarat. Beim Europarat in Straßburg war der Außenminister am Dienstag dieser Woche.

In der Ukraine wird Außenminister Maas mit dem ukrainischen Amtskollegen Pawlo Klimkin zusammentreffen und mit ihm über die Lage in der Ostukraine sprechen. Auch der Reformweg, den die Ukraine beschreitet, wird Thema der Gespräche dort sein.

Frage: Frau Adebahr, wird Herr Maas in Moskau auch das Thema Normandie-Format besprechen? Kann nach diesem Gespräch in Moskau möglicherweise ein Treffen in diesem Format auf hoher Ebene stattfinden?

Adebahr: Es wird um das Thema Ukraine in verschiedenen Facetten gehen, und natürlich wird es auch um den Minsker Prozess und den Fortgang gehen. Ich kann Ihnen im Moment keine Ankündigung für ein Normandie- Treffen auf Ministerebene machen. Es ist aber so, dass die Treffen in diesem Format auf hoher Beamtenebene und auch intensiv auf der Ebene der politischen Direktoren in den letzten Wochen weitergegangen sind und dort also auch gearbeitet wird.

Frage: Frau Adebahr, Sie sagten, der INF-Vertrag stehe im Zentrum der Gespräche. Heute früh hat Lawrow an die europäischen Staaten appelliert, bei den Verhandlungen zur Rettung dieses Vertrages zu helfen. Ist Deutschland bereit, dabei zu helfen? Wie könnte Deutschland dabei helfen?

Adebahr: Ich denke, wir sind in einer Situation, in der die Nato ganz einmütig festgestellt hat, dass Russland den Vertrag verletzt und dass es an Russland ist, zur Vertragstreue zurückzukehren, indem es die vertragswidrigen Marschflugkörper abrüstet. Wir haben sehr darauf gedrungen, dass es diese 60-Tages-Frist noch einmal gibt, und sind natürlich dafür, in dieser Frist Gespräche zu führen und auch zu eruieren, wie man zu einer Lösung, die in dem oben beschriebenen Sinne wäre, kommen kann. Das wird Gegenstand der Gespräche mit Außenminister Lawrow sein. Wenn es reale Angebote von russischer Seite gibt, wie man den Weg zur Vertragstreue beschreiten kann, dann ist das natürlich interessant und dann wird man darüber reden wollen und reden müssen. Seit dem Beschluss der Außenminister vom Dezember ist aber auch klar: Russland ist hier am Zug.

Zusatzfrage: Sie sagten, Sie warten auf Angebote von Russland. Laut Lawrow hat Russland gestern in Genf ein Angebot gemacht, und zwar habe Russland - ich zitiere Lawrow - vorgeschlagen, amerikanischen Experten die Möglichkeit zu geben, sich vor Ort davon zu überzeugen, dass diese SSC-8-Raketen nicht den Vertrag verletzen. War das in Genf wirklich so? Was halten Sie von so einem Vorschlag, und wie kommentieren Sie die Nichtbereitschaft der USA, auf diesen Vorschlag einzugehen?

Adebahr: Was Genf betrifft, so werden wir noch über die Ergebnisse dort unterrichtet. Die ersten Meldungen, die von beiden Seiten herausgedrungen sind, berichten, dass es erst einmal keinen Durchbruch gegeben hat. Das ist unser Stand.

Noch einmal: Der Beschluss der Nato vom Dezember ist sehr eindeutig: Russland verletzt den Vertrag und kann zur Vertragstreue eben auch zurückkehren, indem es die vertragswidrigen Marschflugkörper - und das ist ein Beschluss beziehungsweise eine einmütige Feststellung der Nato - abrüstet. Das ist unsere Situation. Natürlich sind Gespräche darüber, wie man dahin kommt, zu begrüßen. Der Außenminister wird jetzt eben nach Moskau fahren und sich auch persönlich mit Herrn Lawrow zusammensetzen, um sich anzuhören, was russische Vorschläge sind. Wenn es eine reale Möglichkeit gibt, diesem Zustand, den ich beschrieben habe, der die Vertragstreue wiederherstellt, näherzukommen oder dorthin zu kommen, dann wäre das etwas, was wir sehr begrüßen.

Frage: Noch einmal ganz kurz zum Thema Europaratsmitgliedschaft: Wurden beim Treffen mit Herrn Jagland konkrete Maßnahmen, Angebote oder Prozeduren ausgearbeitet? Wenn ja, wie sehen die aus?

Adebahr: Das Gespräch mit Herrn Jagland drehte sich um die Frage der Mitgliedschaft Russlands im Europarat, die zu erhalten - mit allen Rechten und Pflichten - ein Ziel unserer deutschen Außenpolitik wäre. Natürlich ist darüber gesprochen worden, ob es Möglichkeiten gibt und konkrete Schritte gibt, die man in dieser Hinsicht unternehmen kann. Das ist im Moment nichts, was ich von diesem Podium aus erläutern kann, aber ja, natürlich wird es darum gehen, wie man in den nächsten Monaten konkret daran arbeiten kann, dass es da vorangeht.

Frage: Frau Adebahr, doch noch einmal anknüpfend an die Frage nach dem Lawrow-Vorschlag: Die Situation war, dass die Nato feststellt: Russland verletzt den INF-Vertrag durch die Marschflugkörper. Jetzt sagt Russland: Nein, tun wir nicht, und wir bieten euch an, das durch Inspektoren vor Ort zu überprüfen. Direkte Inspektionen vor Ort sind ja etwas, was man in anderen Konfliktsituationen - sei das Giftgas oder sonst wo - außerordentlich begrüßt. Warum fällt es der Bundesregierung so schwer, zu sagen: "Wunderbarer Vorschlag, nehmen wir sofort auf"? Denn wenn es tatsächlich so sein sollte - was man ja nie ausschließen kann -, dass sich die Nato in ihrem Beschluss geirrt hat, könnte man das dann ja möglicherweise feststellen. Das wäre ja eine Konfliktregelung der allerbesten Art, oder?

Adebahr: Dazu will ich noch einmal sagen: Dem Beschluss der Nato, dass Russland den INF-Vertrag verletzt hat, gingen, glaube ich, fünfjährige Gespräche auch seitens der USA und über 30 Termine voraus, in denen versucht wurde - und zwar initiiert von US-Seite -, mit Russland über ebendiese Waffen zu sprechen. Diese Gesprächsangebote gab es über die ganzen Jahre in verschiedenen Varianten. Russland hat bisher die Vorwürfe nicht ausgeräumt, und nur so kam es zu dem Beschluss, den die Nato gefällt hat. Das heißt, das hatte einen Vorlauf und dem gingen auch intensive Gespräche und Gesprächsversuche im Rahmen der Nato und auch seitens der amerikanischen Partner voraus, bis man zu diesem einmütigen Beschluss kam.

Ich habe mich hier im Moment über die Gespräche von Ergebnisse von Genf nicht äußern wollen, weil natürlich erst einmal Gespräche mit den amerikanischen Partnern und das Briefing in der Nato darüber, was da konkret wie angeboten worden ist, abwarten wollen. Fakt ist: Wir fahren dorthin, der Außenminister wird mit Lawrow sprechen, und wenn es eine reale, ernstgemeinte Möglichkeit gibt, Schritte in die richtige Richtung zu unternehmen, dann wird man darüber zu reden haben.

Zusatzfrage: Aber Sie würden schon zustimmen, dass eine Überprüfung "on the ground", ob ein Vorwurf berechtigt ist oder nicht, sozusagen ein sehr wünschenswertes Mittel der Überprüfung wäre?

Adebahr: Jetzt versuchen Sie mich in eine ganz enge Richtung zu drängen. Alles, was reale Fortschritte zeitigen würde, ist etwas, was es wert ist, es sich anzuschauen.

Frage: Ein anderes spannendes Thema ist die Nord-Stream-2-Problematik. Möchte Herr Maas dieses Thema in Washington ansprechen, und zwar unter dem Gesichtspunkt, dass es trilaterale Gespräche zwischen Russland, der Ukraine und der EU zu dem ukrainischen Transit gibt? Kann es einen gewissen Druck von deutscher Seite geben, damit Gazprom seine Position in diesen Verhandlungen etwas konstruktiver gestaltet und bereit wäre, größere Gasmengen durch die Ukraine zu pumpen?

Adebahr: Ich denke, das ist natürlich auch ein aktuelles politisches Thema, das dort zur Sprache kommen kann. Ich würde den Gesprächen jetzt aber nicht en détail vorgreifen wollen. Die Position der Bundesregierung zu Nord Stream und auch zur Wichtigkeit des Transits durch die Ukraine ist unverändert, und das ist eine Position, die der Außenminister dort auch vertreten würde.

Zusatzfrage: Können Sie uns vielleicht den zeitlichen Ablauf erzählen? Wann fliegt er hin, wann kommt er zurück, wann ist er in Kiew, wann in Moskau?

Adebahr: Das ist ein sehr früher Flug. Wir landen um 10 Uhr Ortszeit in Moskau, entsprechend fliegen wir hier, glaube ich, um 4 oder um 5 Uhr los, und wir sind dann bis zum Nachmittag dort. Für den Mittag ist eine Pressekonferenz mit Herrn Lawrow geplant. Wir wechseln dann über nach Kiew. Dort ist das Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister am Nachmittag, und danach ist eine Pressekonferenz - irgendwann zwischen 16 und 18 Uhr; ich glaube, das mendelt sich noch aus - geplant.

Zusatzfrage : Und dann wieder zurück?

Adebahr: Und dann abends wieder zurück - es wird spät.

Frage: Frau Adebahr, warum findet ausgerechnet jetzt so eine Reise statt, warum im Januar 2019? Was ist passiert, was wir vielleicht nicht wissen, sodass Herr Maas jetzt mit Herrn Lawrow sprechen möchte?

Adebahr: Die 60-Tages-Frist, die mit dem Beschluss der Nato-Außenminister vom 4. Dezember in Kraft gesetzt wurde, endet Anfang Februar - ich glaube, am 2. Februar. Die Reise steht ganz in dem Zeichen, zu diesem Thema noch einmal das Gespräch zu suchen und zu sagen: Uns ist der INF-Vertrag wichtig; das ist eine Säule der Rüstungskontrollarchitektur, die unsere europäische Sicherheit ganz massiv betrifft, und wir möchten hier alles versuchen, um in dieser Frist, die abläuft, über diesen Vertrag mit der russischen Seite zu sprechen.

Darüber hinaus ist das Thema der Ukraine - sowohl Asowsches Meer als auch der Minsker Prozess - ein Thema, das den Außenminister seit Amtsantritt beschäftigt und bei dem er zu Fortschritten kommen möchte. Auch deshalb wird diese Reise stattfinden, und auch deshalb ist dieser Zeitpunkt der richtige dafür.

Frage: Nach dem Treffen zum Kohleausstieg, das es gestern Abend im Kanzleramt gab, ist durch die Ministerpräsidenten kommuniziert worden, dass der Finanzminister erhebliche langfristige Finanzzusagen gemacht habe. Deshalb möchte ich vor allem das Finanzministerium fragen: Könnten Sie sowohl das "erheblich" als auch das "langfristig" etwas genauer qualifizieren?

Fehling: Ich kann gern anfangen. Ich kann einleitend darauf hinweisen, dass Minister sich zu diesem Thema hier in der Bundespressekonferenz Ende letzten Jahres schon geäußert hat. Was ich jetzt sagen kann, ist: Zunächst muss die Kommission erst einmal den Bericht vorlegen. Das wird ja demnächst geschehen. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Maßnahmen vereinbart werden. Es ist jedenfalls so, dass dieser Strukturwandel eine große Aufgabe darstellt. Es ist eine große Aufgabe, diesen Strukturwandel zu bewältigen, und das ist ein Prozess, der einen längeren Zeitraum andauern wird - nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte. Dieser Prozess wird auch finanziell begleitet werden müssen.

Zusatzfrage: Könnten Sie uns hinsichtlich der Größenordnung und der Form dieser Zusagen für eine jahrzehntelange Finanzierung mit etwas mehr Details weiterhelfen? Wie hat man sich das vorzustellen, wenn es diese Zusagen tatsächlich gegeben hat?

Fehling: Nein, da bitte ich um Verständnis, das ist mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Frage: Kann vielleicht die Regierungssprecherin mit Details aushelfen? Was für Zusagen wurden denn an die Länder gemacht?

SRSin Demmer: Wir hatten den Termin ja angekündigt, aber auch gesagt, dass es dabei um den Informationsaustausch ging. Ziel des Treffens war es ja, die Position der Bundesregierung mit den betroffenen Bundesländern abzustimmen. Darüber hinaus kann ich Ihnen über dieses vertrauliche Gespräch leider nichts mitteilen.

Frage: Frau Demmer und Herr Fehling, ist das Bonn-Berlin-Gesetz vielleicht ein Modell, das man auch für den Kohleausstieg benutzen könnte?

Meine zweite Frage wäre: Finden Sie, dass da gestern ein Durchbruch gelungen ist?

Fehling: Ich bitte um Verständnis: Zu einzelnen Maßnahmen werde ich hier nichts weiter sagen können. Wie gesagt, erst einmal müssen wir den Bericht der Kommission abwarten - der liegt ja noch nicht vor, das kommt noch. Insofern können wir dem Bericht zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgreifen.

SRSin Demmer: Ich habe dem leider nichts hinzuzufügen.

Frage: Die Vertraulichkeit ist ja sozusagen von prominenten Teilnehmern insofern öffentlich vor der Kamera gebrochen worden, als die aus ihrer Sicht die Ergebnisse dargestellt haben. Insofern wäre es ja schon interessant zu hören, ob Sie das, was die Ministerpräsidenten nach dem Treffen mit der Kanzlerin gesagt haben, nämlich dass es neue, langfristige Finanzzusagen gegeben habe, zumindest bestätigen oder dementieren können.

SRSin Demmer: Ich kann Ihnen einfach nur sagen: Es ging um einen Informationsaustausch und die Abstimmung von Positionen. Bei dem Treffen sind keine Entscheidungen gefallen.

Frage: Zu der Entscheidung im Unterhaus in London gestern wüsste ich gerne: Denkt die Bundesregierung, dass Deutschland für einen "hard Brexit" gut aufgestellt ist, oder müssten Sie womöglich noch neue Gesetzgebungsmaßnahmen einleiten?

SRSin Demmer: Die Bundesregierung hat ja immer betont, dass wir sowohl auf einen geordneten als auch auf einen ungeordneten Brexit vorbereitet sind. Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett am 12. Dezember Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht. Sowohl auf gesetzlicher als auch auf untergesetzlicher Ebene arbeitet die Bundesregierung mit Hochdruck daran, auf alle Szenarien vorbereitet zu sein. Wir stehen dazu auch mit allen, die betroffen sind, in Kontakt, insbesondere mit der Wirtschaft. Für die Bürgerinnen und Bürger haben wir auf den Internetseiten der Bundesregierung Fragen und Antworten aufgeführt. Ich möchte hier aber noch einmal betonen - das haben wir ja schon oft gesagt -: Ein Austritt Großbritanniens ohne Abkommen wäre in niemandes Interesse.

Zusatzfrage: Sehen Sie denn eine Möglichkeit, das noch abzuwenden?

SRSin Demmer: Zunächst einmal respektieren wir natürlich die Entscheidung des britischen Parlaments, und wir bedauern, dass es für das Abkommen keine Mehrheit gegeben hat. Jetzt liegt der Ball bei Großbritannien. Die Premierministerin hat ja auch angekündigt, dass sie jetzt einen Vorschlag machen wird, und das warten wir ab.

Frage: Sie sagten, dass die Bundesregierung auf jedes Szenario vorbereitet sei. Heute gab es vonseiten der Arzneimittelhersteller und auch der Ärzteschaft Bedenken, dass es gerade bei Medikamenten große Engpässe gebe. Wird dafür vorgesorgt? Wird im Bereich bestimmter Medikamente eingekauft? Was ist geplant?

Wackers: Ich habe das auch gelesen. Dabei geht es etwas durcheinander. Wir rechnen nicht mit Engpässen. Vorausgesetzt ist natürlich, dass die pharmazeutischen Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommen.

Der Umzug der EMA ist quasi schon vollzogen. Zentral zugelassene Medikamente, Arzneimittel, Medizinprodukte behalten ihre Zulassungen für den EU-Raum. Dann gibt es, meine ich, noch die Zulassung nach dem Verfahren der gegenseitigen Anerkennung mit Großbritannien. Dann wäre der pharmazeutische Unternehmer in der Pflicht, sich darum zu kümmern, dass das nachvollzogen wird.

Zusatzfrage: Heißt das, dass die Bundesregierung gar nichts tun kann und darauf vertrauen muss, dass die Unternehmen genug Vorräte vorhalten?

Wackers: Wir rechnen, wie gesagt, nicht mit Engpässen, wenn das alles läuft. Wir sind natürlich mit allen Beteiligten im Gespräch.

Frage: Kann sich die Bundesregierung vorstellen, auf den britischen Wunsch, sollte er geäußert werden, einzugehen, die Frist bis in den Sommer zu verlängern und weitere Gespräche zu führen?

SRSin Demmer: Mit dieser Frage setzen wir uns auseinander, wenn es soweit ist. Erst einmal müssen wir ja wissen, wie sich die Briten das weitere Vorgehen überhaupt vorstellen. Insofern ist das eine hypothetische Frage, auf die ich Ihnen jetzt einfach keine Antwort geben kann.

Frage: Meine Frage bezüglich der gestrigen Entscheidung des Verfassungsschutzes, sich die AfD als Prüf- beziehungsweise als Verdachtsfälle genauer anzuschauen, geht vermutlich an Frau Demmer und an Frau Petermann. Die AfD erhebt den Vorwurf, das Ganze sei politisch motiviert. Wie reagieren Sie darauf? Inwieweit waren die Bundesregierung oder das BMI im Vorfeld dieser Entscheidung involviert?

SRSin Demmer: Ich kann vorweg kurz etwas sagen. Das Ergebnis der Prüfungen hat der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz gestern vorgestellt. Die Ausführungen selbst stehen für sich.

Ganz grundsätzlich gilt für uns, dass es eine gesetzliche Kernaufgabe des Verfassungsschutzes ist, Informationen zu sammeln und auszuwerten und Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, zu untersuchen. Das gilt für Bestrebungen aus allen politischen Richtungen.

Petermann: Ich kann gern ergänzen. Der Minister hat es gestern noch einmal ausdrücklich gesagt: Die Entscheidung war eine fachliche und keine politische Entscheidung. Ich denke, dieser Satz sagt alles.

Sie haben gefragt, inwieweit das BMI eingebunden war. Diese fachliche Entscheidung wurde vom BfV durch ein sehr langes Gutachten über einen längeren Zeitraum vorbreitet. Dieses haben wir als BMI natürlich im Vorfeld zur Kenntnis bekommen. Wir haben es zur Kenntnis genommen und bewertet und stehen hinter der Entscheidung des Verfassungsschutzes.

Frage: Wurde diese Untersuchung noch unter der Ägide von Herrn Maaßen angewiesen?

Petermann: Ja, erstmals im Januar 2018 erfolgte die Aufforderung an die Landesverfassungsschutzämter, Erkenntnisse zu übermitteln. Damit war es noch unter Präsident Maaßen.

Frage: Frau Petermann, Sie haben gesagt, Ihr Haus habe dieses Gutachten bewertet. Was heißt das genau? Notieren Sie am Ende "machen" oder "bleiben lassen", setzen Sie ein Häkchen oder einen Vermerk "gesehen"? Was heißt bewerten?

Petermann: Das Gutachten fußt auf Erkenntnissen, die aus öffentlich zugänglichen Quellen sowohl vom BfV selbst zusammengestellt wurden als auch von den Landesverfassungsschutzämtern an das BfV weitergegeben wurden. Die Auswertung dieser Materialien hat einen materiellen Prüfungsmaßstab, an dem die Unterlagen gemessen werden. Das sind die Garantie der Menschenwürde, das Rechtsstaatgebot und das Demokratieprinzip. Insofern findet eine Prüfung der Unterlagen anhand dieses Maßstabes statt. Das ist verfassungsrechtlich so vorgesehen, schon entschieden im Zusammenhang mit der NPD. Dieses Gutachten wurde einer Prüfung auf seine Schlüssigkeit hin unterzogen, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung schlüssig ist.

Frage GE: Ich habe eine Frage zum Thema Rüstungsexporte, wahrscheinlich zentral an das BMWi. Eine Regelung zum Lieferstopp für Saudi-Arabien ist gerade ausgelaufen. Sie war auf zwei Monate begrenzt. Gibt es eine Neuregelung, die daran anschließt? Wann hat man sich darauf verständigt? Wie sieht diese Regelung aus?

Eichler: Derzeit gibt es nach wie vor keine Grundlage für Lieferungen nach Saudi-Arabien. Das ist im Moment der Stand der Dinge.

Zusatzfrage: Trotzdem gab es eine Regelung, die nur bis Ende des Jahres galt. Gab es innerhalb der Bundesregierung Besprechungen über eine Verlängerung dieser Zweimonatsregel?

Eichler: Ich kann es wiederholen: Im Moment werden keine Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien erteilt.

Frage: Es gibt Medienberichte, wonach die neue Verlängerung bis März gelte. Können Sie uns dazu etwas sagen?

Eichler: Dazu kann ich Ihnen jetzt nichts sagen. Das müsste ich prüfen. Ich kann es Ihnen im Moment so nicht bestätigen.

Frage: An das Auswärtige Amt: Der US-amerikanische Senat hat Kronprinz Mohammed bin Salman persönlich beschuldigt, als Auftraggeber an dem Khashoggi-Mord beteiligt zu sein. Ist die Bundesregierung in der Beurteilung dieser Sache weiter oder zu neuen Erkenntnissen gelangt?

Adebahr: Für die Bundesregierung gilt nach wie vor, dass wir eine vollständige und transparente Aufklärung in diesem Fall fordern und dass noch nicht alle Fragen geklärt sind und noch einige Schritte zu gehen wären, um dem Ziel einer vollständigen und transparenten Aufklärung näherzukommen.

Zusatzfrage: Welche Schritte wären das?

Adebahr: Das ist zunächst einmal Sache der türkischen Behörden. Denn dort ist das Verbrechen passiert. Dann ist es natürlich auch Sache Saudi-Arabiens, dort mit den juristischen Verfahren, die es eingeleitet hat, Wege zum Ziel eines transparenten und vollständigen Aufklärens dieses Verbrechens zu gehen.

Frage: Noch eine Frage zu den Kabinettsthemen, zum Bericht über auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Eines der wichtigen Projekte der vergangenen Legislaturperiode war die geplante Ausstellung mit Kunstwerken der iranischen Moderne, die auch in Berlin gezeigt werden sollten. Es wurde kurz vor der Realisierung von Teheran aus gestoppt.

Ist es mir entgangen, oder ist dieses Projekt nach wie vor nicht realisiert? Wenn es so ist, ist es immer noch Bestandteil der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, dies doch noch zu realisieren zu versuchen?

Adebahr: Da erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß. Mein Stand ist, dass es nicht realisiert ist. Ich habe aber keinen aktuellen Kenntnisstand darüber, wie wir angesichts der Lage, die sich seit der Diskussion um diese Ausstellung nicht wirklich verändert hat, im kommenden Jahr mit dem Projekt umzugehen gedenken. Das würde ich gern nachreichen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Es geht um die DIW-Studie zum Anteil von Frauen in Führungspositionen. Wie bewerten Sie das ganz allgemein?

Welche Konsequenzen plant die Bundesregierung daraus zu ziehen, dass die Quote bei den Aufsichtsräten bislang keine Sogwirkung auf die Vorstände zu entfalten scheint?

In den Vorständen von Unternehmen mit Bundesbeteiligung ist der Frauenanteil sogar gesunken. Wie ist dies mit etwaigen frauenpolitischen Zielen der Regierung in Einklang zu bringen?

Audretsch: Wir sind grundsätzlich in der Bewertung dessen, wie sich die Anteile von Frauen in Führungspositionen in den großen Unternehmen entwickelt haben, mit einigen Bereichen zufrieden, mit anderen Bereichen nicht zufrieden. Einiges ist erreicht worden. Wo eine feste Quote in den Aufsichtsräten gilt, ist seit 2015 der Anteil von Frauen von 21,8 Prozent auf durchschnittlich 30,9 Prozent gestiegen. Bei den Unternehmen, die nicht unter die Quote fallen, liegt der Anteil von Frauen im Aufsichtsrat bei durchschnittlich 12,8 Prozent, und in den Vorständen liegt der Anteil bei nur 6,1 Prozent. Daran können Sie erkennen, dass wir an der Stelle mit den Zahlen alles andere als zufrieden sind. Bei 70 Prozent der Unternehmen, die sich Zielgrößen für den Vorstand gesetzt haben, wurde die Zielgröße null für den Anteil von Frauen gesetzt. Auch damit sind wir alles andere als zufrieden.

Der Koalitionsvertrag sieht deshalb vor, dass die Wirksamkeit des Gesetzes im Privatrecht verbessert werden soll. Wenn die Meldepflichten für Zielvorgaben für Vorstände und die Führungsebene nicht eingehalten werden, soll das zukünftig entsprechend den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches sanktioniert werden. Gleiches gilt für die Begründungspflicht bei der Angabe der Zielgröße null. Das ist so im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Das ist eine Sache, die wir gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium umsetzen. Diese Verschärfungen an den Stellen, an denen wir sehen, dass wir noch nicht da sind, wo wir gern hinkommen würden, werden wir gemeinsam mit dem Justizministerium in dieser Legislaturperiode angehen.

Zusatzfrage: Ich bin wahrlich kein Experte auf dem Gebiet, aber ich meine verstanden zu haben, dass Sie meine Frage nicht beantwortet haben, insbesondere nicht die zweite, nämlich die zu den Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Warum sinkt dort der Anteil von Frauen in Vorstandspositionen?

Audretsch: Dass der Anteil sinke, kann ich Ihnen im Moment nicht bestätigen. Das müsste ich prüfen lassen. Aber selbstverständlich treten wir auch dafür ein, dass in diesen Unternehmen und vor allem auch in den Behörden der Anteil wächst. Dazu gibt es im Koalitionsvertrag sozusagen eine Selbstverpflichtung, diese Zahl anzuheben. Den genauen Prozentsatz müsste ich nachschauen.

SRSin Demmer: Ich kann einspringen. Für den öffentlichen Dienst hat sich die Regierungskoalition zum Ziel gesetzt, bis 2025 eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen Führungspositionen zu erreichen, also fifty-fifty. Wir sind davon zum Teil noch entfernt, wissen aber um die Vorbildfunktion des öffentlichen Dienstes.

Zusatzfrage: Sie sagten, Sie seien nicht sicher, ob der Anteil sinke. Könnten Sie die Zahl noch nachreichen?

Audretsch: Das prüfe ich und reiche es Ihnen nach.

Frage: Eine Frage an das Verteidigungsressort: Heute Morgen gab es etwas handfestere Auseinandersetzungen, so will ich einmal sagen, im Verteidigungsausschuss um die Frage, ob der Antrag für den Untersuchungsausschuss der Oppositionsparteien formal rechtmäßig ist oder nicht. CDU und SPD haben erhebliche Zweifel daran angemeldet. Teilt die Leitung des BMVg die rechtlichen Zweifel an der Zulässigkeit der 16 Fragen für einen Untersuchungsausschuss?

Fähnrich: Sie wissen, dass der Verteidigungsausschuss nicht öffentlich tagt und dass die Sitzung gerade erst zu Ende gegangen ist. Wir vertreten die Meinung, dass es jetzt die Aufgabe des Parlaments ist, Details für den Untersuchungsauftrag, den Umfang, die Zeitdauer sowie die Modalitäten zu finden. Das unterstützen wir im vollen Umfang. Wir wollen auch, dass es transparent und offen gestaltet wird. Das ist es, was ich von meiner Position aus dazu sagen kann.

Frage: Eine Frage an das BMI: Es geht um Zahlen, die vergangene Woche durch die Medien gingen, wonach beim BKA immer noch mehr als 3200 Kinder und jugendliche Flüchtlinge als vermisst eingetragen seien. Frau Petermann, was können Sie uns zum Verbleib dieser Kinder und Jugendlichen sagen? Es gibt unter anderem die Sorge, dass sie in die Hände von kriminellen Banden oder Menschenhändlern gefallen sein könnten.

Petermann: Das Phänomen der unbegleiteten Minderjährigen, die nicht aufgefunden werden, beschäftigt natürlich die Polizei. Vielleicht lassen Sie mich eingangs ein paar Zahlen dazu nennen, um einerseits die Entwicklung darzustellen und andererseits auch zu zeigen, dass durchaus viel getan wird.

2015 begann der sprunghafte Anstieg der Zahl der vermissten unbegleiteten Minderjährigen. Es waren 8200 Kinder. Im Jahr 2015 wurden schon 80 Prozent wiederaufgefunden. 2016 waren es 9748 Kinder. 87 Prozent davon wurden wieder aufgefunden. 2017 - 6186 Fälle, und 83 Prozent wurden wieder aufgefunden. Für 2018 ist uns aktuell leider nur die Zahl bis zum 1. Dezember bekannt. Sie liegt bei 3379. Ich kann Ihnen noch keine Zahl nennen, wie viele davon wieder aufgefunden wurden, weil sie mir einfach noch nicht vorliegt.

Hierbei ist ein wichtiger Hinweis abzugeben, nämlich der, dass diese Zahlen insoweit nicht ganz valide sind, als es durchaus Hinweise gibt, dass es immer wieder Mehrfacherfassungen gibt. Das liegt daran, dass es unterschiedliche Schreibweisen gibt, dass Papiere nicht vorliegen und dass auch die erkennungsdienstliche Behandlung insofern nicht ausreichend durchgeführt wurde, als von Kindern unter 14 Jahren nur Bilddarstellungen und sonstige Berichte erlaubt sind, aber zum Beispiel keine Fingerabdrücke.

Ich denke, anhand der Quote der wiederaufgefundenen minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge kann man schon ersehen, dass eine ganze Menge getan wird.

Zu den Kriminalitätsfeldern, die Sie angesprochen haben: Uns zumindest liegen keine Hinweise darauf vor, dass bestimmte Kriminalitätsfelder in besonderer Weise betroffen wären. Natürlich gibt es Feststellungen und Zusammenhänge, aber nur im Einzelfall und nicht systematisch für bestimmte Kriminalitätsfelder.

Zusatzfrage: Sie haben gesagt, die Zahlen seien nicht so wahnsinnig valide. Vor fast drei Jahren gab es eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen, in der es schon hieß, vordringlich sei es, jetzt belastbare Zahlen und Daten zu erhalten. Was haben Sie denn in den vergangenen fast drei Jahren getan, um diese Zahlen einmal valide zu machen, oder wird das einfach immer so bleiben, und muss man sagen: "Bei mehr als 3200 Kindern und Jugendlichen können wir einfach nichts dazu sagen, und das wird vermutlich so bleiben"? Was tut die Bundesregierung konkret, um dieses Schicksal jetzt aufzuklären, um aufzuklären, ob es wirklich 3200 verschwundene Kinder und Jugendliche sind oder ob es nur ein Bruchteil davon ist? Was kann dazu jetzt noch getan werden?

Petermann: Die Situation hat sich schon dadurch verbessert, dass jetzt Lichtbilder angefertigt werden dürfen. Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz ist geplant, dass Fingerabdrücke auch unterhalb der Schwelle von 14 Jahren genommen werden können. Das würde auch zur Validität beitragen.

Zusatzfrage : Wenn man mit Hilfsorganisationen spricht, dann sagen sie, ein großes Problem sei es, dass die Kinder nicht unbedingt zu Verwandten oder Freunden dürften, die sie eventuell in Deutschland hätten, sondern dass sie irgendwo in irgendwelche Unterbringungsunterkünfte gesteckt würden und von dort eben abhauten, weil sie dahin wollten, wo sie jemanden kennten. Wie beschäftigt sich die Bundesregierung mit diesem Problem?

Petermann: Dazu habe ich jetzt keine Erkenntnisse. Das müsste ich nachreichen.

Mittwoch, 16. Januar 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 16. Januar 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/regierungspressekonferenz-vom-16-januar-2019-1569262
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2019

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