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PRESSEKONFERENZ/1989: Merkel und Kurz in Berlin, 03.02.2020 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Berlin - Montag, 3. Februar 2020
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundeskanzler Kurz


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz heute wieder einmal bei uns ist. Die neue Regierungsbildung wurde beendet, und jetzt kann auch in Österreich wieder losgelegt werden. Wir freuen uns darüber und wollen natürlich auch eine gute Zusammenarbeit.

Wir haben heute über den gesamten Reigen der Themen gesprochen, die sich uns bieten - und das sind nicht wenige. Das sind einmal die bilateralen Beziehungen, aber natürlich auch die neue Regierung, die vielleicht in einigen Fragen andere Akzente setzt. Wir sind dann sehr schnell bei dem Thema Klimapolitik gelandet. Hier teilen Deutschland und Österreich eigentlich gemeinsame Ziele. Wir werden auch gemeinsam auftreten, wenn es um den "European Green Deal" geht. Was das angeht, stehen uns in diesem Jahr sicherlich noch interessante Verhandlungen in der Europäischen Union bevor.

Wir haben über die Frage der Mittelfristigen Finanziellen Vorausschau geredet. Das ist vielleicht das drängendste Thema, weil wir am 20. Februar ein Sondertreffen des Europäischen Rates haben werden und uns vorher der Ratsvorsitzende Charles Michel einen neuen Vorschlag für die nächsten Jahre vorlegen wird. Österreich und Deutschland sind im Grundsatz erst einmal in einer gemeinsamen Situation. Wir sind nämlich Nettozahler, und es gibt natürlich auch Restriktionen. Wir wissen alle: Durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sind die Erwartungen an die Nettozahler noch größer geworden, aber nicht unbedingt die Möglichkeiten. Insofern werden wir uns hier sehr eng abstimmen.

Ich gebe zu, dass diese Mittelfristige Finanzielle Vorausschau sicherlich eine große Herausforderung ist, die auch von allen Kompromissfähigkeit verlangen wird. Aber wir werden, wie gesagt, sehr genau darüber sprechen, wofür wir unser Geld ausgeben werden.

Wir haben dann über das Thema Migration gesprochen, und hierbei gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Deutschland könnte sich vorstellen, die Wiederauflage einer Mission "Sophia" zu unterstützen. Das Thema Waffenembargo gegenüber Libyen ist auch eines, das aus anderen Gründen von Bedeutung ist. Hierüber laufen ja noch die Beratungen in Brüssel. Hier sind wir das muss man sagen von vornherein nicht immer einer Meinung.

Wir sind ansonsten aber an einer Reform des gemeinsamen Asylsystems interessiert, weil wir doch beides Länder sind, die sehr hohe Beiträge dazu leisten, dass Migranten, auch Asylbewerber oder Flüchtlinge aufgenommen werden. Wenn man sich die Zahlen gerade in Bezug auf die sekundäre Migration anschaut, so sind Deutschland und Österreich in etwa gleicher Weise betroffen. Deshalb haben wir ein Interesse an einer fairen, aber eben auch an einer insgesamt gerechten Verteilung.

Was die Aufgabe der Unterstützung der Herkunftsländer anbelangt Entwicklungshilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Ähnliches , so sind wir sowieso an einer gemeinsamen Situation interessiert.

Das waren von meiner Seite die wichtigsten Dinge. Wir haben dann noch über die Verkehrsprobleme auf der Strecke des Brenners gesprochen, die für unsere Lkw von großer Bedeutung sind. Wir bekennen uns beide zu dem 10-Punkte-Plan, der ausgeführt wurde. Der Bundeskanzler hat noch einmal auf die sehr hohen Belastungen gerade auf dieser einen Route hingewiesen. Wir werden darüber weiter im Gespräch bleiben, weil das für alle Beteiligten natürlich von großer Bedeutung ist.

Noch einmal herzlich willkommen! Du hast das Wort.

BK Kurz: Vielen Dank. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Frau Bundeskanzlerin, vielen Dank für die Möglichkeit, heute in Deutschland zu Gast sein zu dürfen. Vielen Dank auch für unser sehr gutes Gespräch über die unterschiedlichsten Themen. Ich darf vielleicht auch ein paar herausgreifen.

Ich beginne einmal mit dem bilateralen Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich. Deutschland ist für uns unser wichtigster Nachbar und Partner, vor allem wirtschaftlich gesehen. Wir haben ein Handelsvolumen von 100 Milliarden Euro. Das ist für uns als kleines Land das mit Abstand größte Handelsvolumen mit einem anderen Land.

Wir sind als Tourismusland natürlich auch sehr froh, stolz und glücklich darüber, dass sehr viele unserer österreichischen Gäste aus Deutschland kommen. Es sind 14 Millionen an der Zahl, die jedes Jahr Österreich besuchen, die wir gerne vor allem für einen Urlaub in Österreich beherbergen. Wir freuen uns auch über kurz entschlossene Gäste, die vielleicht noch nicht einen Skiurlaub geplant haben, aber kurzfristig doch noch von der Lust gepackt werden.

Auf europäischer Ebene arbeiten Deutschland und Österreich in vielen Fragen sehr gut zusammen. Die Kanzlerin hat schon ausgeführt, dass wir in vielen Bereichen ähnliche Zugänge und Ziele haben.

Ich beginne vielleicht mit der akutesten Frage, nämlich mit den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen, also zum zukünftigen Budget der Europäischen Union. Das ist sicherlich ein komplexer Prozess. Das werden intensive Verhandlungen sein. Klar ist, dass wir als Nettozahler gut mit den anderen Nettozahlern abgestimmt sind und dass wir die derzeitigen Vorschläge für deutlich zu hoch erachten. Es wird also noch ein herausfordernder Verhandlungsprozess sein. Ich hoffe aber, dass es am Ende des Tages möglich ist, hier auf europäischer Ebene eine Lösung zu finden.

Darüber hinaus haben wir über das Thema Zukunft der Europäischen Union gesprochen. Wir sind froh, dass hier ein Prozess gestartet wird. Gerade unter deutschem Vorsitz wird der Prozess im zweiten Halbjahr des Jahres wahrscheinlich an Fahrt aufnehmen. Wir haben große Hoffnungen, was diesen Prozess angeht. Es ist für uns wichtig, dass wir uns mit der Frage auseinandersetzen, in welche Richtung sich die Europäische Union entwickeln soll.

Was das Thema des Klimaschutzes betrifft, verfolgen wir ähnliche Ziele, nämlich die deutliche Reduktion der CO2-Emissionen. Wir haben uns in Österreich zwei ambitionierte, aber machbare Ziele gesetzt. Das eine Ziel ist, dass wir im Jahr 2030 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien haben werden. Wir sind jetzt schon eines der wenigen Länder der Welt, das auf Atomstrom und Kohlestrom verzichtet. Darüber hinaus haben wir uns das Ziel gesetzt, dass wir bis zum Jahr 2040 in Österreich klimaneutral werden ganz bewusst natürlich nicht auf Kosten der Steuerzahler und der Wirtschaft. Parallel zu unseren ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen haben wir als neue Bundesregierung gerade eine Steuerreform auf den Weg gebracht, mit der wir die Österreicherinnen und Österreicher massiv entlasten wollen. Die Lohn- und Einkommensteuer wird deutlich gesenkt, damit arbeitenden Menschen mehr zum Leben bleibt.

Darüber hinaus haben wir auf europäischer Ebene noch das Thema der Migration besprochen. Da gibt es, wie Ihnen wahrscheinlich schon bekannt ist, Bereiche, in denen wir einer Meinung sind, etwa was die Entwicklungszusammenarbeit und die Hilfe vor Ort betrifft, aber es gibt durchaus auch Bereiche, in denen wir unterschiedlicher Meinung sind, wie zum Beispiel bei der Mission "Sophia", die wir ablehnen, oder auch bei anderen Themen, bei denen wir unterschiedliche Zugänge haben.

Ich danke noch einmal für das sehr gute Gespräch, und ich glaube, wir stehen jetzt beide für Ihre Fragen zur Verfügung.

BK'in Merkel: So ist es.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, zum EU-Budget: Kanzler Kurz hat mehrfach mit einem Veto gedroht, sollte die EU-Kommission ihre Forderungen nicht herunterschrauben. Schließen Sie sich dieser Vetodrohung an?

An Sie beide: Welche Zahl steht denn dann am Ende der Verhandlungen hinter der Eins und dem Komma?

BK'in Merkel: Zurzeit steht da 1,0.

Veto: Man kann das so nennen oder nicht so nennen wir brauchen Einstimmigkeit im Europäischen Rat. Das heißt, jedes Land kann sagen, wenn es nicht einverstanden ist, sodass diese mittelfristige finanzielle Vorausschau dann noch nicht gebilligt ist. Das heißt, wir brauchen die Zustimmung aller, sowohl der Empfängerländer als auch der Nettozahlerländer wobei wir ja auch manches wiederbekommen; es hängt also natürlich auch von der Bilanz ab. Jeder kann sagen: Noch ist es nicht geschafft. Davon wird Deutschland Gebrauch machen, wenn es glaubt, dass seine Interessen nicht ausreichend vertreten sind; davon wird Österreich Gebrauch machen.

Wir alle wissen trotzdem, dass wir auch ein Interesse an einem Budget haben, also wird man auch nicht mit 0,00 Kompromissbereitschaft in alles hineingehen. Es hängt dann vielmehr auch sehr davon ab, wofür das Geld ausgegeben wird: Wird es für Forschung, für Zukunft ausgegeben, wie sieht die Landwirtschaftspolitik aus? Für uns in Deutschland wird zum Beispiel die Frage "Wie werden die neuen Bundesländer im Vergleich behandelt?" eine Rolle spielen. Wir haben eine lange Grenze zu Polen, wir haben eine lange Grenze zu Tschechien, und wir haben eben die Gebiete, in denen früher die DDR war, die nach wie vor einen ganz anderen Entwicklungsstand haben als die alten Bundesländer. All das muss zum Schluss stimmen.

BK Kurz: Bei diesem Thema sitzen Deutschland und Österreich wirklich in einem Boot, denn wir sind beide Nettozahler. Unsere Position ist klar: Wir halten den derzeitigen Vorschlag der Kommission von 1,11 Prozent für zu hoch, hoffen aber, dass es hier noch einen neuen Vorschlag geben wird, der dann auch die Basis dafür ist, dass man sich am Ende des Tages einigt. Wir sind gut abgestimmt, auch mit den anderen Nettozahlern in der Europäischen Union. Es wird dazu auch heute noch eine Telefonkonferenz und dann auch Verhandlungen zwischen dem Ratspräsidenten und den einzelnen Regierungschefs in der Europäischen Union geben. Ich glaube aber, das ist ein Thema, bei dem wir an einem Strang ziehen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, der Bundeskanzler hat die von Herrn Scholz geplante Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene sehr kritisch beurteilt und abgelehnt, sodass sie in der Form nicht kommen könnte. Was heißt das jetzt für Sie? Werden Sie Herrn Scholz bitten, seine Vorstellungen zu ändern, oder akzeptieren Sie, dass wahrscheinlich nicht die ausreichende Anzahl von Ländern für die Einführung kommt?

Herr Bundeskanzler, eine Nachfrage zur Mission "Sophia", die Sie beide eben angesprochen haben: Einige in der EU ärgern sich ein bisschen, dass ausgerechnet ein Land, das gar keine Küsten hat, eine EU-Mittelmeermission der anderen Länder blockiert. Vielleicht können Sie uns noch einmal den Grund dafür nennen? Was wäre denn militärisch gesehen Österreichs Beitrag zur Umsetzung des UN-Waffenembargos?

BK'in Merkel: Wir haben über die Finanztransaktionssteuer gesprochen. In der jetzigen Ausgestaltung ist Österreich nicht dafür bzw. kann dem nicht zustimmen. Das bedauern wir, weil die Zahl der mitmachenden Länder ja sowieso Wenn man die öffentliche Diskussion über die Finanztransaktionssteuer hört, dann sind eigentlich immer alle dafür; wenn es dann zur Konkretisierung kommt, wird die Schar derer, die mitmachen können, schon kleiner. Wir können natürlich weiter reden; es darf nur nicht so sein, dass mit einer Veränderung dann gleich fünf andere Länder wieder abspringen. Das ist also eine sehr schwierige Kiste. Wir werden natürlich auch bei anderen Ländern noch einmal schauen, und wir werden auch mit Österreich weiter sprechen. Insofern ist der augenblickliche Befund, dass Österreich die Zustimmung nicht sieht, und dann müssen wir schauen, wie wir weiterkommen.

BK Kurz: Zur ersten Frage. Unser Finanzminister hat das eigentlich gut auf den Punkt gebracht: Wir sind für die Finanztransaktionssteuer als Spekulantenbesteuerung, so wie sie auch ursprünglich gedacht war. Der derzeitige Vorschlag von Finanzminister Scholz ist aber einer, den wir ablehnen.

Zur zweiten Frage. Es stimmt schon, dass wir kein Land sind, das Küstengebiete hat, aber wir sind ein Zielland der Migranten, genauso wie Deutschland und Schweden. Wir haben einfach in den letzten Jahren erlebt, dass diese Rettungsaktionen im Mittelmeer nicht das gewünschte Ergebnis gebracht haben. Sie haben nämlich nicht das Sterben im Mittelmeer beendet, sondern sie haben in vielen Fällen sogar dazu geführt, dass es attraktiver war, sich auf den Weg zu machen, sodass die Schlepper dann mehr verdient haben und im Ergebnis immer mehr Menschen ums Leben kommen. Unser Ziel ist einfach, das Sterben im Mittelmeer zu beenden, und das funktioniert am besten dadurch, dass man verhindert, dass sich Schiffe überhaupt auf den Weg machen und dass man das Geschäftsmodell der Schlepper zerstört und nicht unterstützt.

Was die Kontrolle des Waffenembargos betrifft, so sind wir gerne nach unseren Möglichkeiten bereit, dies zu unterstützen. Ich glaube, dass das sehr wohl aus der Luft möglich ist und dass das vielleicht mittelfristig auch an Land möglich ist. Die Rettungsmission "Sophia" war aber bisher immer eine Rettungsmission und nicht eine Kontrollmission des Waffenembargos, und insofern kommt mir die Begründung dafür, wie soll ich sagen, nicht nachvollziehbar vor.

Was wir deutlich begrüßen, ist die deutsche Initiative und die Initiative der Kanzlerin, in Libyen einen Beitrag zu leisten. Wir halten das für ganz wesentlich, denn die Situation dort ist furchtbar, und insbesondere die Situation für die Menschen ist dort eine unglaublich schreckliche. Viel zu lang hat es dort keine positive Entwicklung gegeben. Insofern sind wir sehr dankbar dafür, dass Deutschland hier die Initiative übernommen hat und aus meiner Sicht auch einen wesentlichen Beitrag zu einer potenziellen neuen Dynamik geleistet hat.

BK'in Merkel: Ich will vielleicht zu der Mission "Sophia" nur sagen: Unsere Argumentation ist etwas anders, weil wir sagen, dass dort heute ja auch sehr viele private Schiffe Seenotrettung betreiben, und ich glaube, dass es unter dem Strich besser ist, wenn es wieder eine staatliche Mission gibt, die auch dieses Thema mit in Betracht zieht. Es wäre nicht gut, wenn wir bei allen Unzulänglichkeiten nicht gleichzeitig auch mit der libyschen Küstenwache zusammenarbeiten würden das hat ja schon dazu geführt, dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge gegenüber früheren Zeiten erheblich reduziert worden ist , aber wir setzen die Schwerpunkte hier halt unterschiedlich; das muss man einfach so sagen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Herr Bundeskanzler, nach dem Brexit muss sich die EU neu positionieren. Können Sie sich vorstellen, dass es im Zuge dieses Reformprozesses auch zu Vertragsänderungen kommt? Wo sehen Sie generell den größten Reformbedarf der EU?

BK'in Merkel: Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass es zu Vertragsänderungen kommt, wenn das notwendig ist. Wir sind durch den Austritt Großbritanniens sicherlich eher dazu aufgefordert, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, als dass sie noch schwächer wird. Wir sind aufgefordert, schneller zu handeln. Es gibt diesen Prozess über die Zukunft der Europäischen Union, und ich möchte das eint uns auch , dass wir sozusagen vorne mitspielen. Ursula von der Leyen hat gesagt, das solle auch eine Kommission mit einem geopolitischen Interesse und mit einem geopolitischen Beitrag sein. Den leisten wir nur, wenn wir auch wirtschaftlich, forschungsmäßig und in vielen anderen Bereichen schnell und stark sind. Wenn dafür Vertragsänderungen notwendig sind, dann bin ich dazu bereit, und das wäre dann sinnvoll. Aber sie sind auch kein Selbstzweck. Wenn man das anders erreichen kann, dann braucht man auch nicht die Verträge zu ändern. Ich vermute aber, dass Vertragsänderungen durchaus passieren können.

BK Kurz: Ich stimme dem zu.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie empfehlen auch Deutschland eine schwarz-grüne Koalition.

BK Kurz: Das gibt es doch nicht! - Ich habe gesagt: Ich mische mich nicht ein.

Zusatzfrage: Na, so klang es aber nicht, oder? Sie haben die Werbetrommel gerührt! - Die Frage ist: Konnten Sie Frau Merkel überzeugen?

An die Bundeskanzlerin: Sehen Sie in der Union Rückhalt für so etwas?

BK'in Merkel: Wie bitte, was sehe ich?

Zusatz: Rückhalt für eine schwarz-grüne Koalition in Deutschland.

BK'in Merkel: Fang du einmal an.

BK Kurz: Zunächst bitte ich um Entschuldigung, dass ich Sie unterbrochen habe. Aber ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, was ich gesagt habe, vor allem, weil es noch nicht so lange her ist.

Ich habe gemeint: Wir sind ja in Österreich erst in Woche vier unserer Zusammenarbeit mit den Grünen. Die Regierung ist sehr gut angelaufen. Wir haben es, glaube ich, durch eine neue Form der Kompromissfindung geschafft, dass diese Koalition überhaupt möglich ist. Die Grünen sind klar in der Themenführerschaft und in der Verantwortung, was Fragen des Klimawandels, aber auch Fragen der Transparenz in Österreich betrifft, und wir als Volkspartei geben stärker die Linie in den Bereichen des Wirtschaftsstandortes oder auch der Migrationsfrage vor. Diese neue Form der Kompromissfindung hat diese Zusammenarbeit überhaupt erst möglich gemacht, und wir sind froh, dass die Regierungsarbeit angelaufen ist.

Ich habe gesagt: Ich mische mich ganz bewusst nicht in Deutschland ein. Ich habe mich nur dazu verleiten lassen, eine Wette einzugehen, nämlich dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass nach der nächsten Wahl in Deutschland vielleicht eine ähnliche Koalition realistisch sein wird. Aber das müssen zunächst die Wählerinnen und Wähler in Deutschland und dann die Verantwortlichen in den jeweiligen Parteien entscheiden.

BK'in Merkel: Ich habe dem hinzugefügt, dass in Deutschland das eine die augenblicklichen Umfragen sind. Das andere sind die Ausgänge der Wahlen. In Deutschland sind die Wahlergebnisse, was eine Koalitionsbildung angeht, traditionell immer sehr knapp, und deshalb kann man am heutigen Tag sehr schwer voraussehen, was dann das Ergebnis einer Bundestagswahl sein wird. Deshalb muss der Wähler sprechen.

Dass wir sozusagen bestimmte Barrieren hinsichtlich der Sprechfähigkeit abgebaut haben, haben ja schon die Sondierungsgespräche mit den Grünen und den Liberalen nach der letzten Bundestagswahl gezeigt. Wenn man sich die Veränderung von, sage ich einmal, 2013 bis zu den Gesprächen 2017 anschaut, dann sieht man, dass da heute eine bessere Gesprächsfähigkeit gegenüber den Grünen besteht. Aber bis die Wahlen ausgegangen sein werden, wird hier noch viel Wasser die Spree oder die Havel oder wen auch immer hinunterfließen.

BK Kurz: Donau!

BK'in Merkel: Die Donau bei uns weniger, aber auch - in Bayern. Ja, insofern können wir uns sogar auf einen gemeinsamen Fluss einigen. - Danke schön!

Montag, 3. Februar 2020

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundeskanzler Kurz
am 3. Februar 2020 in Berlin
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/pressekonferenz-von-bundeskanzlerin-merkel-und-bundeskanzler-kurz-am-03-februar-2020-1717896
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2020

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