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HAMBURG/2249: Offener Brief - Gründerzeit-Schule im Karoviertel steht leer! (Die Linke)


Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 9. November 2012

Gründerzeit-Schule im Karoviertel steht leer!

Wir brauchen ein Stadtteilhaus und kein Honorarkonsulat von Monaco!



Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Honorarkonsul,

im Karoviertel steht seit zwei Wochen eine wunderschöne Villa aus der Gründerzeit leer: die Volksschule von 1889. Viele Menschen im Karoviertel befürchten jetzt, dass der Werbekonzern "Jung von Matt", der von Holger Jung und Jean-Remy von Matt 1991 gegründet wurde, die Gründerzeit-Schule mieten oder kaufen will, um dort Büroräume zu errichten. Die SchülerInnen-Beratungsstelle für Hamburg-Mitte, REBUS, musste bereits ausziehen. Die Villa ist verlassen und leer. Darüber spricht bereits das ganze Viertel.

Das Honorarkonsulat von Monaco im Karoviertel

Der Werbekonzern Jung von Matt macht einen Jahresumsatz von über 80 Millionen Euro. Seit April 2012 ist Holger Jung Honorarkonsul des Fürstentums Monaco für die Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Sein Amtssitz liegt nach Auskunft des Auswärtigen Amtes derzeit in der Glashüttenstr. 79, einem kantigen Kontorhaus im Karoviertel. Direkt um die Ecke, in der neuen Flora-Neumann-Str. 3 steht die bezaubernde Gründerzeit-Schule in klassizistischer Anmutung. Auf der Rückseite dieser Schule hat Jung von Matt bereits sein trojanisches Pferd aus weiß lackiertem Holz auf dunkelgrünem Grund anbringen lassen. Diese Villa wäre als repräsentativer Amtssitz des Honorarkonsuls von Monaco, insbesondere für den Empfang internationaler Staatsgäste, natürlich besser geeignet, als das Kontorhaus, in dem die Angestellten und PraktikantInnen des Aktienkonzerns Tag und Nacht arbeiten dürfen.

Du bist Monaco und wir sind das Karoviertel!

Das Abendblatt erklärt unter der Überschrift "Holger Jung - Monacos Markenmacher" die Intention des Reklamefachmanns: Holger Jung "habe es vor allem gereizt und motiviert, Monaco, die konstitutionelle Erbmonarchie, als Marke weiter nach vorne zu bringen und zu stärken." Wörtlich lässt sich Herr Jung in dem brillanten Artikel wie folgt zitieren: "Schon Grace Kelly, die Ehefrau von Fürst Rainier III., hatte Charity als Marketing-Instrument entdeckt und hat das Land als Marke geprägt und attraktiv gemacht." Und "Jung kennt die Marketing-Instrumente aus dem Eff-Eff", sagen die Hofberichterstatter des Abendblatts, "er weiß, mit welchen Kampagnen man Emotionen schürt und Anhänger findet." Das ist leider keine Satire, sondern die absurde Wahrheit aus der mondänen Welt der Millionäre und der Adeligen, die offensichtlich auch den SPD-Senat beeindruckt hat. Städtische Grundstücke werden nach wie vor in der geheim tagenden Bodenkommission der Bürgerschaft verkauft, in der DIE LINKE leider nicht vertreten sein darf. Anfragen von BürgerInnen im Sanierungsbeirat des Karoviertels, in der Bezirksversammlung Mitte sowie Anfragen auf der Grundlage des Transparenzgesetzes wurden entweder ausweichend oder gar nicht beantwortet.


Stadtteilhaus für Alle!

Stadtteilhaus für Alle! Die Menschen im Viertel wollen jetzt ein Haus für alle Menschen, ein Stadtteilhaus mit Sozial- und Familienberatung, mit einem Kunst- und Kulturcafé, einer Geschichtswerkstatt, einem Einwohnerverein und einem Stadtteilbeirat. Ein Stadtteilhaus für Initiativen und Vereine, die mit den Menschen im Viertel ein lebendiges Leben gestalten wollen. Was die Menschen nicht wollen ist ein Großparkplatz für Staatskarossen oder Geschäftskunden. Sie wollen einen bunten grünen Park zwischen dem neuen Kulturzentrum der Jüdischen Gemeinde in der Flora-Neumann-Str. und der Volksschule von 1889.

Die Menschen im Karoviertel brauchen definitiv kein Honorarkonsulat von Monaco. Sie sind auch nicht mehr bereit, dass eine Gründerzeit-Schule, die der Freien und Hansestadt Hamburg gehört und auf der Liste der erkannten Denkmäler steht, zu Büroräumen eines Werbekonzerns umgewandelt werden, während in Hamburg tausende Büroraume leer stehen.

In der Zwischenzeit rufen wir aber schon jetzt alle Menschen in Hamburg auf, sich zu versammeln, auf der Straße bei der Demonstration gegen den Mietenwahnsinn am 10.11.2012, vor dem Amtssitz des Honorarkonsuls des Fürstentums von Monaco in der Glashüttenstr. 79, oder vor der Schule in der Flora-Neumann-Str. 3 und natürlich auch in jeder Villa, die leer steht und uns alle einlädt.

Mit freundlichen Grüßen

Verena Brachvogel, Jan-Peter Klöckner
Vorstand DIE LINKE Hamburg-Mitte

Bela Rogalla
Landessprecher DIE LINKE Hamburg

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Quelle:
Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 9. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2012