Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/1923: Porträt - Bernhard Recker, CDU (Li)


Landtag intern 5/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Porträt: Bernhard Recker (CDU)

Von Gerlind Schaidt



Noch ist die neue Freiheit ohne vollgestopften Terminkalender für Bernhard (Berni) Recker gewöhungsbedürftig. Als der CDU-Politiker letzte Woche wie immer um 6.30 Uhr aufwachte, schoss ihm durch den Kopf: "Du hast Zeit, kaum Termine." Mit dieser plötzlichen Freizeit gut umzugehen, müsse er noch lernen, gesteht der 72-jährige Christdemokrat. Als ältestes Mitglied des NRWLandtags beendet der CDU-Landtagsabgeordnete aus dem westfälischen Ahlen nach 17 Jahren seine Abgeordnetenkarriere. So wie Bernhard Recker verzichtet nach dem "Aus" der rot-grünen Minderheitsregierung und dem daraus folgenden abrupt frühen Ende der 15. Legislaturperiode ein rundes Dutzend der Landtagsabgeordneten - darunter Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Ex-Justiz- und Innenminister Fritz Behrens (SPD) - auf eine erneute Kandidatur.

"Ich habe meine Arbeit im Parlament mit Leidenschaft und Liebe geleistet, aber irgendwann ist Schluss", stellt Schulpolitiker Recker fest. Das Aufhören gilt allerdings nur für seine Parlamentariertätigkeit. Längst sind die Weichen für anderweitige Aufgaben gestellt. Als ehemals aktiver Handballer mischt Recker auch heute noch als Leiter der Handballabteilung in der Ahlener Sportgemeinschaft (ASG) kräftig mit. Sein größter Stolz ist jedoch der 2008 von ihm gegründete "kgv - keiner geht verloren - e.V.". Ziel des Vereins ist es, möglichst vielen leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern durch soziale und fachliche Förderung zu einem qualifizierten Schulabschluss zu verhelfen. Für 30 Jugendliche hat das bislang schon geklappt. Das Fördermodell war so erfolgreich, dass jetzt mit den Jugendlichen ein Film darüber gedreht wird. Und Recker erwägt unter dem Titel "... und es geht doch" seine Erfahrungen über erfolgreiche Jugendförderung in einem Buch zusammenzufassen.

Reckers Engagement für die Jugendlichen erklärt sich aus eigener Erfahrung. Nach dem frühen Tod seines Vaters erkämpfte er sich Schulausbildung und Pädagogikstudium in Münster unter schwierigen Umständen. Als Lehrer blieb er immer basisnah und versuchte, die Schüler aus ihrer Situation heraus zu verstehen. Dazu dienten seine Hausbesuche. Mindestens einmal im Jahr ging er zu Eltern und Schülern. "Vor Ort ist am besten zu sehen, wie Probleme gelöst werden können", sagt Recker. Diesem Vorgehen blieb er treu. "Ich besuche die Menschen gern, das überzeugt und schafft Vertrauen", weiß der CDU-Politiker. Auch als Landtagsabgeordneter hat er auf diese Weise vielen Mitbürgern helfen können. Stets war sein Motto: "Geht nicht, gibt es nicht." Und tatsächlich fand sich auch bei zunächst aussichtslosen Fällen fast immer eine Lösung.

Zur Politik fand Recker relativ spät. Erst als er sich im Beruf durchgesetzt hatte, reizte ihn die Politik. "Wenn man kritisiert, muss man auch bereit sein, etwas zu verändern, und das geht am besten, wenn man politisch tätig ist", erkannte Recker. Also trat er in die CDU ein, die seinen politischen Überzeugungen am meisten entsprach. Nach einer Karriere als Kommunalpolitiker zog Bernhard Recker 1995 in den NRW-Landtag ein und engagierte sich dort im Schul- und Sportausschuss. Von 1997 bis 2000 war er schulpolitischer Sprecher, von 2000 bis 2010 Vize-Fraktionschef.

Richtig froh stimmte den Christdemokraten der gelungene Schulkonsens in NRW. "Damit haben wir ein faires Übereinkommen, die unendlichen Strukturdebatten sind beendet", bilanziert der CDU-Mann. Allerdings hätte er sich gewünscht, dass man die Einigung schon vor der Landtagswahl 2010 erreicht hätte. Die "nicht sehr ausgeprägte Kompromissbereitschaft" des damaligen Ministerpräsidenten hätte das "ein Stück weit" verhindert, räumt Recker ein und sieht darin auch einen Grund für die CDU-Wahlschlappe 2010. Recker: "Wir hatten kein positives Angebot auf die demographische Entwicklung." Deshalb sei es "super", dass mit dem Schulkonsens vom Oktober 2011 eine breite Parlamentsmehrheit gefunden worden sei.

Trotz des schulpolitisch versöhnlichen Ausklangs empfindet Recker bei seinem Abschied ein wenig Wehmut. "Das war schon eine prima Truppe hier", resümiert der CDU-Mann. Er habe tolle Kumpel und Freunde gefunden und über die Parteischranken hinweg gute Drähte zu anderen Abgeordneten geknüpft. "Sicher werde ich es vermissen, dass ich nicht mehr an Entscheidungen mitwirken kann und auch der phantastische Blick aus meinem Abgeordnetenfenster auf den Düsseldorfer Hafen wird mir fehlen."

*

Quelle:
Landtag intern 5 - 43. Jahrgang, 15.05.2012, S. 11
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Eckhard Uhlenberg, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -21 07, -23 09
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2012