Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/1985: "Wasser muss gut und bezahlbar sein" (Li)


Landtag intern 3/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

"Wasser muss gut und bezahlbar sein"
Breite Mehrheit gegen geplante EU-Regelungen einer möglichen

Von Ilja Zeidler



27. Februar 2013 - Auf Antrag von SPD, GRÜNEN, PIRATEN und CDU hat der Landtag über den Schutz der kommunalen Wasserversorgung (Drs. 16/2197) diskutiert. Die antragstellenden Fraktionen waren sich darüber einig, dass eine Privatisierung der Wasserwirtschaft abzulehnen sei. Der Landtag stimmte bei Enthaltung der FDP mehrheitlich für die Initiative.


Für die PIRATEN sei Wasser "kein übliches Handelsgut", machte deren Fraktionssprecher Nicolaus Kern deutlich. "Es darf nicht allein Marktregeln unterworfen werden." Eine forcierte Liberalisierung und Privatisierung des Wassersektors und einer damit verbundenen Herauslösung aus dem Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge lehnten die PIRATEN ab. "Allgemeinwohl geht für uns immer vor einzelnen Wirtschaftsinteressen", betonte Kern. Ansonsten drohe eine Zwangsliberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung. Private Unternehmen würden dann in weiten Teilen der EU die Trinkwasserversorgung übernehmen und zur reinen Profitmaximierung betreiben, in NRW und anderswo, so der PIRATEN-Sprecher.

Die kommunale Wasserversorgung müsse aus dem Geltungsbereich der EU-Richtlinie herausgenommen werden, forderte Markus Töns (SPD). Dass die Bundesregierung bisher nichts dafür unternommen habe, sei mehr als bedauerlich. Da helfe auch der Hinweis nicht, die EU beabsichtige auf keinen Fall, in kommunale Freiräume einzugreifen. Genau das aber werde geschehen, wenn diese Richtlinie so verabschiedet werden sollte, befürchtete Töns. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein sehr gutes Gefühl dafür, dass die Daseinsvorsorge nicht der Marktgläubigkeit geopfert werden dürfe. "Dies haben in der Vergangenheit zum Beispiel die Kämpfe um den Erhalt der Sparkassen und um den öffentlichen Nahverkehr gezeigt", so Töns.

Auch Stefan Engstfeld (GRÜNE) meinte: "Wir GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen sprechen uns nachdrücklich gegen die Planung der EUKommission aus, das öffentliche Vergabewesen für den Bereich der Trinkwasserversorgung in die Liberalisierungsagenda aufzunehmen." Wasser, hierzu gehöre auch die Abwasserversorgung, sei laut den Vereinten Nationen ein Menschenrecht und dürfe deswegen nicht unter die Binnenmarktregelung fallen. "Wasser muss gut und bezahlbar sein", stellte Engstfeld fest. Einer Privatisierung des Wassersektors, die die Versorgung allein den Regeln des Marktes unterwerfe und dem kommunalen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge entziehe, sei im Interesse des Allgemeinwohls entschieden entgegenzutreten.

"Die Wasserversorgung liegt bei unseren 396 Kommunen in den besten Händen", erklärte Ilka von Boeselager (CDU). Die kommunale Selbstverwaltung sei eine Erfolgsgeschichte, die gegenüber den europäischen Partnern sehr selbstbewusst vertreten werden solle. "Wir hoffen, vielleicht auch noch andere Länder innerhalb Europas dafür gewinnen und davon überzeugen zu können, wie wichtig das doch für die Zukunft ist", so von Boeselager. Wasser gehöre zu den sensiblen Gütern, die sich nicht für ungehemmten Wettbewerb und Profitstreben eigneten. Vor dem Hintergrund der Ängste, die die Eurokrise ausgelöst habe, sei es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger mit dem mitgehen könnten, was innerhalb Europas geschehe.

Die Dienstleistungsrichtlinie schreibe nicht vor, dass irgendeine Kommune die Wasserwirtschaft privatisieren müsse, unterstrich dagegen Holger Ellerbrock (FDP). Das Gegenteil sei der Fall: Die Entscheidungshoheit der Kommune bleibe bestehen. "Nur wenn sie sich entscheidet zu privatisieren, muss das nach einem transparenten Verfahren ausgeschrieben werden", stellte Ellerbrock fest. Die EU sage schon seit langer Zeit, dass Wasser keine übliche Handelsware sei, deswegen unterliege es anderen Spielregeln. Bei dieser Diskussion handele es sich um "einen Sturm im Wasserglas". Selbst die Stadtwerke Köln sagten, dass diese Dienstleistungsrichtlinie nicht betreffe sie und sie damit vernünftig arbeiten könnten.

Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) betonte: "Wasser ist untauglich für eine Unterordnung unter den europäischen Binnenmarkt." Alle Vergleiche mit liberalisierten Märkten zeigten, dass die Qualität sinke und der Preis steige. Deshalb sollten alle Fraktionen zusammen der EU-Kommission deutlich machen, dass NRW "an der kommunalen Daseinsvorsorge ohne Wenn und Aber festhalten" werde, forderte Duin. Der Wirtschaftsminister kritisierte die Argumentation seines Vorredners und zeigte sich enttäuscht darüber, dass sich die FDP-Fraktion der gemeinsamen Initiative zum Erhalt der kommunalen Daseinsvorsorge verweigert habe. Duin plädierte dafür, den politischen Druck auf die EU-Kommission weiter zu verstärken.

*

Quelle:
Landtag intern 3 - 44. Jahrgang, 22.3.2013, S. 13
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -21 07, -23 09, -23 04
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2013