Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2000: Alle gegen Steuerflucht (Li)


Landtag intern 5/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Alle gegen Steuerflucht
Der Fall Hoeneß führt zu Debatte über Steuerabkommen
Plenarbericht

Von Christoph Weißkirchen



24. April 2013 - Uli Hoeneß polarisiert; auch den Landtag NRW. In einer Aktuellen Stunde ging es dabei nicht um die Einzelheiten des laufenden Verfahrens, sondern um das gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz. SPD und GRÜNE, die die Debatte beantragt hatten, kritisierten vor allem den geplanten dauerhaften Schutz der Anonymität bei Steuerflucht und Steuerhinterziehung. CDU und FDP wiesen dagegen auf die Erfassung aller Konten sowie die gesicherten Einnahmen nach dem geplanten Abkommen hin. Diese Auffassung teilten auch die PIRATEN, die vor allem die Wahrung des Datenschutzes einforderten.


Als "Steuerhinterziehungshilfeabkommen" bewertete Stefan Zimkeit (SPD) das von CDU und FDP geplante, aber mittlerweile gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz. Es hätte Steuerflüchtlingen Anonymität im Ausland beschert. Gerade Menschen wie Uli Hoeneß hätten ihren Aufstieg öffentlichen Investitionen - konkret dem Olympiastadion - zu verdanken, wollten sich aber bei deren Finanzierung "vom Acker machen". Von Hartz-IV-Empfängern verlange man die Offenlegung jeglichen Vermögens. Eine gleiche Überwachung müsse auch für Millionäre gelten. Daher gelte es, den Kampf gegen Steuerhinterzieher zu verstärken, so wie es die Landesregierung praktiziere.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) beurteilte das Steuerabkommen mit der Schweiz ähnlich wie sein Vorredner. Statt 26.000 Selbstanzeigen im Jahr hätte es dann nur noch 500 bis 700 Anfragen an Schweizer Banken gegeben. Mostofizadeh kritisierte, CDU und CSU hätten mit Uli Hoeneß einen Mann zu ihrem Stichwortgeber gemacht, der selbst darüber habe entscheiden wollen, wo und wie er Steuern zahle. CDU und FDP stellten den auch von ihnen propagierten Grundsatz, Steuerhinterziehung sei ein Verbrechen, durch ihre konkreten Taten im Bund infrage. Bayern weise die geringste Dichte an Steuerfahndern und Betriebsprüfern auf, argumentierte der GRÜNE.

"Steuerhinterzieher wollen, dass für sie andere Spielregeln gelten als für ihre Mitmenschen", kritisierte Dr. Marcus Optendrenk (CDU). Das sei nicht akzeptabel. Uli Hoeneß habe seinen fälligen Beitrag zum Gemeinwesen nicht geleistet, das müsse bestraft werden. Optendrenk wandte sich aber gleichzeitig gegen die jetzt stattfindende "Jagd". Immerhin habe Rot-Grün im Jahr 2003 gegen den Widerstand von CDU und FDP eine bislang einmalige Steueramnestie durchgesetzt, ohne darin moralische Probleme zu sehen. Im Jahr 2006 habe Peer Steinbrück als Bundesfinanzminister Uli Hoeneß als Berater berufen. "Ist das glaubwürdig?", fragte Optendrenk die SPD.

Steuerkriminalität sei selbstverständlich kein Kavaliersdelikt und müsse geahndet werden, betonte auch Ralf Witzel (FDP). Allerdings dürfe man selbst prominente Fälle wie Hoeneß nicht an den Pranger stellen. Rot-Grün missbrauche diese Debatte dazu, die Stimmung populistisch anzuheizen, um von ihren Steuererhöhungsund Umverteilungsplänen zulasten der breiten Mittelschicht abzulenken. Das Steuerabkommen mit der Schweiz sei nicht perfekt gewesen, aber es hätte zumindest eine dauerhaft sichere und höhere Versteuerung der betroffenen Kapitalanlagen bedeutet. Damit hätte es sich vom "Kommissar Zufall" beim Ankauf von Steuer-CDs unterschieden.

Auch für Robert Stein (PIRATEN) gehört Steuerhinterziehung rigoros verfolgt. Allerdings dürfe man bei der aktuellen Debatte nicht übersehen, dass das geplante Steuerabkommen höhere Nachzahlungen bedeutet hätte als die jetzige Verfolgungspraxis. "Kommissar Zufall" führe nicht zu allgemeiner Steuergerechtigkeit. Öffentlichkeitswirksame Pranger, "Scheiterhaufen 2.0" und Denunziantentum seien der falsche Weg, betonte Stein. Auch bei der Verfolgung von Steuerkriminalität müssten der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet bleiben. Im Übrigen müsse Peer Steinbrück offenlegen, worüber Uli Hoeneß ihn beraten habe.

Der Fall Hoeneß habe CDU und FDP "bis auf die Knochen blamiert", so Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD). Hoeneß habe gestanden, dass er auf das Steuerabkommen mit der Schweiz gewartet habe. Dieses hätte auch bei unversteuertem Kapital dauerhaft die Anonymität und das Bankgeheimnis geschützt. Außerdem hätte es den CD-Kauf verboten. Der Minister hielt es für den "Gipfel des Zynismus", solche Regelungen mit einem automatisierten Informationsaustausch gleichzusetzen. Bei der betroffenen Klientel helfe nur die Angst davor, entdeckt zu werden. Die Bundesregierung versuche gerade über verkürzte Aufbewahrungsfristen von Finanzdaten, genau das zu erschweren.

*

Quelle:
Landtag intern 5 - 44. Jahrgang, 15.5.2013, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -21 07, -23 09, -23 04
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2013