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NORDRHEIN-WESTFALEN/2021: Keine Gehaltserhöhung für höhere Beamte (Li)


Landtag intern 7/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Keine Gehaltserhöhung für höhere Beamte
Diskussion über Inhalt und Verfahren des neuen Gesetzes

Von Christoph Weißkirchen



10. Juli 2013 - Mit rot-grüner Mehrheit nahm der Landtag einen Gesetzentwurf der Landesregierung an (Drs. 16/2880), der die Tarifanpassung der Angestellten im öffentlichen Dienst nur für Beamtinnen und Beamte bis zur Besoldungsgruppe A10 übernimmt. Die Bezüge der Besoldungsgruppen A11 und A12 sollen in den Jahren 2013 und 2014 um jeweils 1 Prozent steigen, die höheren Besoldungsgruppen leer ausgehen. CDU, FDP und PIRATEN werteten den Gesetzentwurf als Vertrauens- und Verfassungsbruch. SPD und GRÜNE sahen hingegen sowohl die verfassungsmäßigen Vorgaben als auch das Gebot des sozialen Ausgleichs als erfüllt.


Die gestaffelte Übernahme des Tarifergebnisses sei verfassungskonform und außerdem eine sozial vertretbare, faire und gerechte Entscheidung, unterstrich SPD-Fraktionsvorsitzender Norbert Römer. Außerdem habe die geplante Regelung nichts mit geringer Wertschätzung der Arbeit der Beamtinnen und Beamten zu tun. Diese Wertschätzung habe Rot-Grün zum Beispiel bei der Ablehnung des von CDU und FDP geforderten Abbaus von 14.000 Stellen im öffentlichen Dienst gezeigt. Auch die gestaffelte Besoldungsanpassung gewährleiste eine amtsangemessene Alimentation, und die Konsolidierung betreffe nicht nur die beamteten Beschäftigten, so Römer.

CDU-Fraktionsvorsitzender Karl-Josef Laumann fragte, warum die Landesregierung einem Tarifvertrag zugestimmt habe, den sie anschließend nicht umsetzen wolle. Rot-Grün fordere, "gute Arbeit" anzuerkennen, gleichzeitig fasse die Landesregierung mit einer "Arroganz der Macht" einen solchen Beschluss, ohne mit der Beamtenschaft zu sprechen. In einer Anhörung hätten 20 von 21 Fachleuten festgestellt, dass der Gesetzentwurf verfassungswidrig sei. Laumann betonte die Notwendigkeit eines leistungsfähigen öffentlichen Dienstes. Allerdings werde die Landesregierung zur Einhaltung der Schuldenbremse nicht um Strukturreformen herumkommen.

Bei jedem konkreten Sparvorschlag machten sich CDU und FDP "einen schlanken Fuß", erwiderte GRÜNEN-Fraktionsvorsitzender Reiner Priggen. Für die soeben vergossenen Krokodilstränen müsste man eigentlich die Deiche am Niederrhein erhöhen. So forderten die beiden Fraktionen einen Stellenabbau im öffentlichen Dienst, nähmen aber Hochschule, Bildung und Polizei davon aus. Nach CDU-Rechnung seien 40.000 Stellenäquivalente einzusparen. Das bedeute, 4.000 Beschäftigte in den Ministerien der Landesregierung einzusparen, rechnete Priggen vor. Das größte Risiko für den Landeshaushalt sah Priggen in der Bundesregierung.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner bezog sich auf die Beamtenschaft mit Durchschnittseinkommen: "Hören Sie auf damit, sie zu diffamieren!", rief er Rot-Grün zu. Betroffen wären schließlich schon Einkommen ab 3.200 Euro brutto. Eine solche Politik sei angesichts einer exzellenten wirtschaftlichen Lage und der Rekordeinnahmen des Staates unverständlich. Es sei eine Frage der Fairness, alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes am Aufschwung teilhaben zu lassen. Notwendig sei eine angemessene Übertragung des Tarifergebnisses auf alle Landesbeamte sowie die Einhaltung der Schuldenbremse mit verfassungsgemäßen Mitteln.

Mit ihren "bigotten" Vorwürfen machten CDU und FDP sich lächerlich, wandte sich PIRATEN-Fraktionsvorsitzender Dr. Joachim Paul gegen die anderen Oppositionsfraktionen. Die heutige Situation sei eine Folge auch deren verfehlter Politik, verwies er auf Nullrunden in den Jahren 2005, 2006 und 2007. Außerdem tabuisierten sie jede Diskussion über eine Verbesserung der Einnahmeseite. Gleichzeitig kritisierte Paul die Landesregierung. Er forderte eine faire und lösungsorientierte Politik sowie einen sachgerechten und angemessenen Besoldungsentwurf. Die Landesregierung ignoriere machtorientiert ordentliche Beratungsabläufe des Parlaments.

"Unser Ziel bleibt es, unsere Beamten angemessen, sozial ausgewogen, aber eben auch finanzierbar zu bezahlen", zeigte sich Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD) von der Rechtmäßigkeit des Gesetzentwurfs überzeugt. Im Gegensatz zur Klientelpolitik von CDU und FDP habe die Landesregierung viele Alternativen abgewogen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werde gleichzeitig eine amtsangemessene Alimentierung wie auch die Einhaltung des Abstandsgebots und der kommenden Schuldenbremse ermöglicht. Denn auch die Besoldung der Beamtinnen und Beamten müsse sich an der Haushaltsrealität orientieren, unterstrich der Finanzminister.


ABSTIMMUNG - PETITION
Der Gesetzentwurf der Landesregierung (Drs.16/2880) wurde mit 126 zu 105 Stimmen angenommen. Am 12. Juli 2013 übergaben Vertreter der Beamtenschaft in NRW Landtagspräsidentin Carina Gödecke sowie der Vorsitzendenden des Petitionsausschusses, Rita Klöpper, eine Petition mit über 55.000 Unterschriften gegen das verabschiedete Besoldungsanpassungsgesetz.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 44. Jahrgang, 24.7.2013, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2013