Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2042: Landtag berät über Soli-Umlage durch Stärkungspakt (Li)


Landtag intern 9/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Biss in den sauren Apfel?
Landtag berät über Soli-Umlage durch Stärkungspakt

Von Daniela Braun



25. September 2013 - Wer mehr hat, gibt den Ärmeren was ab: So funktioniert der Finanzausgleich zwischen den Bundesländern. Die rot-grüne Landesregierung will dieses Solidarprinzip nun auch auf die Städte und Gemeinden in NRW übertragen und damit ab kommendem Jahr Teile des 2011 beschlossenen Stärkungspaktgesetzes finanzieren (Drs. 16/3968). Ein Pro und Kontra aus der ersten Lesung.


"Wer besonders leistungsfähig ist, hilft denen, die es nicht sind", erläuterte Kommunalminister Ralf Jäger (SPD) den Gesetzentwurf. Das sei sozial, gerecht und auch fair. Nach dieser Idee hätten SPD und GRÜNE zusammen mit der FDP schließlich auch schon den Stärkungspakt beschlossen, nämlich den besonders von Schulden geplagten Kommunen zu helfen - mit insgesamt 5,5 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020. Davon schultere das Land 3,5 Mrd. Euro. Den Rest von 182 Mio. Euro jährlich müssten nun die besonders starken Kommunen mit je knapp einem Viertel ihrer überschüssigen Steuern stemmen, so Jägers Vorschlag. Die Leistungskraft des Landes jedenfalls sei erschöpft.

Die geplante Solidarumlage gehe an der Realität und den Sorgen der Kommunen vorbei, kritisierte hingegen der FDP-Sprecher Kai Abruszat: "Die Zwangsabgabe gehört eingemottet." Zwar habe NRW vor zwei Jahren zu Recht ein "bedeutendes Selbsthilfeprogramm" für die Kommunen ins Leben gerufen - mit dem Ziel: Sparen soll sich lohnen und durch Mittel aus dem Stärkungspakt belohnt werden. Nun müsse man das Ganze zunächst einmal auswerten, forderte Abruszat und sprach sich für ein "ehrliches" Abbild der Realität aus: "Lassen Sie uns schauen, dass wir nicht nur die strukturelle Lücke der Kernhaushalte, sondern auch der gesamten Beteiligungen der Kommunen in den Blick nehmen."

Die Soli-Umlage sei keine große Überraschung, entgegnete der SPD-Abgeordnete Michael Hübner. "Es war seit dem Jahr 2011 zu erwarten und war in den Grundzügen schon angelegt", betonte er. Zudem sei das Modell damals, auch mit der FDP, bereits diskutiert worden. Nichtsdestotrotz sei Rot-Grün offen für Vorschläge der Opposition, den Pakt anders zu finanzieren - Vorschläge gebe es bislang aber nicht. Am Beispiel Düsseldorf machte Hübner deutlich, dass der Soli von den stärkeren Kommunen durchaus tragbar sei: 60 Millionen Euro spare die Landeshauptstadt ab kommenden Jahr durch Bundesmittel bei der Grundsicherung im Alter, 27 Millionen Euro koste sie die Soli-Abgabe.

Als ungerecht und unverantwortlich bezeichnete dagegen André Kuper (CDU) den Gesetzentwurf. "Dieser Kommunal-Soli wird im Ergebnis eine offene Bestrafung für solides Wirtschaften in der Vergangenheit sein", kritisierte er. Sämtliche Anreize für gutes Hauswirtschaften entfielen. Zudem setze Rot-Grün "steuerstark" fälschlicherweise gleich mit "reich": "Die 60 Soli-Zahlerstädte haben heute schon eine Verschuldung von 2,8 Mrd. Euro", mahnte Kuper. Manche seien sogar höher verschuldet als die Empfängergemeinden. Außerdem zeigten die Kommunen über das Gemeindefinanzierungsgesetz sowie die Kreis- und Landschaftsverbandsumlage schon genug Solidarität - alles Weitere überlaste sie.

Die CDU wende sich gegen die Umlage, nenne aber keine Alternativen, bemerkte Mario Krüger (GRÜNE) und betonte: "Ohne eine solidarische Hilfe tteuerstarker Kommunen gibt es keine schnelle Verbesserung der Finanzlage der überschuldeten Kommunen." Auch ihn habe es nicht überrascht, dass sich die Geberstädte gegen die Umlage wehrten. Allerdings dürfe man dabei nicht vergessen, dass das Land selbst "unter erheblichen Kraftanstrengungen" für einen Großteil des Stärkungspakts aufkomme. Zudem habe der Pakt von Anfang an vorgesehen, die Kommunen finanziell zu beteiligen. Vor der näheren Ausgestaltung einer Soli-Umlage habe sich die FDP damals allerdings gedrückt, so Krüger.

Kritik am Kommunal-Soli übte hingegen auch Dietmar Schulz (PIRATEN). Grundsätzlich spiele Solidarität zwar eine wichtige Rolle. Allerdings halte er es für problematisch, wenn die kommunale Selbstverwaltung dabei immer stärker leide. Das könne seine Fraktion nicht gutheißen, betonte Schulz. Vielmehr müsse NRW die Kommunen befähigen, "aus ihrer eigenen Kraft diese Stärke zu gewinnen, die hier durch eine Umverteilung und ein Gegeneinander-Aufbringen" erfolge. Gleichzeitig forderte Schulz, dass finanzschwache Kommunen ihr Vermögen offenlegen müssten, um versteckte Schätze heben zu können - und, so seine Hoffnung, "wir einen Kommunal-Soli nach Möglichkeit nicht brauchen".


Stärkungspaktgesetz
Für überschuldete oder von Überschuldung bedrohte Kommunen stellt der 2011 beschlossene Stabilitätspakt bis zum Ende des Jahrzehnts eine jährliche Finanzspritze von 350 Mio. Euro bereit. Ab dem kommenden Jahr müssen die NRW-Kommunen davon jährlich knapp 182 Millionen Euro selbst aufbringen. Mit ihrem neuen Entwurf strebt die Landesregierung hierfür eine Solidarumlage an. Als nächstes hört der Fachausschuss Sachverständige an und berät im Detail.

*

Quelle:
Landtag intern 9 - 44. Jahrgang, 16.10.2013, S. 9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -23 04, -21 07, -23 09,
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2013