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NORDRHEIN-WESTFALEN/2054: Unterschiedliche Ansätze bei zentraler Haushaltsanhörung (Li)


Landtag intern 10/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Mehr Einnehmen oder mehr Sparen?
Unterschiedliche Ansätze bei zentraler Haushaltsanhörung
Ausschussbericht

Von Christoph Weißkirchen



7. November 2013 - Die Frage, ob die Regierung mit ihrer Haushaltsstrategie ab dem Jahr 2020 die Schuldenbremse einhalten kann, beschäftigte die meisten der geladenen Fachleute bei der Anhörung im Haushaltsausschuss zum Landesetat 2014. Dass niedrige Zinsen und hohe Steuereinnahmen gute Rahmenbedingungen darstellten, war weitgehend unbestritten. Doch die Schlussfolgerungen unterschieden sich.


Während die einen Sachverständigen weitere strukturelle Einsparungen einforderten, verwiesen andere auf die Notwendigkeit höherer Einnahmen. Mit im Fokus: der Personalhaushalt des Landes und die hier von der Regierung vorgesehenen Streichungen.

Der Personalhaushalt dürfe nicht nur als Mittel zur Konsolidierung angesehen werden, kritisierte Meinolf Guntermann (Deutscher Beamtenbund NRW). Immerhin erwarte die Bevölkerung einen leistungsstarken öffentlichen Dienst, zum Beispiel bei der Lebensmittelkontrolle. Die Personalkosten müssten sich am Umfang der Aufgaben orientieren. Über zehn Jahre lang seien gleichzeitig Personal abgebaut und die Aufgaben ausgeweitet worden. Angesichts dieser Arbeitsverdichtung sei ein weiterer Stellenwegfall "menschenverachtend", so Guntermann.


Wirtschaftliche versus soziale Lage

Die wirtschaftliche Lage sei gut, die soziale Lage dagegen verschlechtere sich, meinte Andreas Meyer-Lauber (DGB). Man sei weit von Vollbeschäftigung entfernt. Dass sich rund 72 Prozent der Arbeitslosen im Hartz-IV-Stadium befänden, weise auf eine Verstetigung der Arbeitslosigkeit hin. Zudem sei die Finanzlage der Kommunen weiterhin schwierig. Vor diesem Hintergrund setze Rot-Grün die falschen Sparsignale: "Sie werden die Schuldenbremse nicht erreichen, wenn Sie an der Steuerschraube für die Wohlhabenden in diesem Land nicht etwas bewegen", mahnte Meyer-Lauber.

Manfred Lehmann (Deutsche Steuer-Gewerkschaft) warnte hinsichtlich der laufenden Koalitionsverhandlungen im Bund vor einer Schwächung der Einnahmeseite. Mit Einschnitten allein im Personalbereich sei die Schuldenbremse nicht zu erreichen. Hinsichtlich der jüngsten Besoldungsrunde bei den Beamtinnen und Beamten kritisierte Lehmann, diese zahlten de facto das Plus an Versorgungsrücklagen mit Abschlägen bei der Besoldungsaufstockung. Ebenso wie er forderte Dr. Katja Rietzler (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung) höhere Steuereinnahmen. Konkret brachte sie eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, der Erbschaftssteuer und der Vermögenssteuer ins Spiel.

Das Land stelle im Haushalt keine hinreichenden Mittel für die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes sowie für weitere kommunale Aufgaben in diesem Bereich zur Verfügung, erläuterte Axel Welge die Kritikpunkte der kommunalen Spitzenverbände. Ebenso fehle beim Hochwasserschutz ein Betrag von 10 Millionen Euro. Zu loben seien dagegen die 80 Millionen Euro für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.


Vorsorge und Kürzungen

Während Welge auch die geplanten Mittel für die Altlastensanierung positiv hervorhob, forderte seine Kollegin Maria Kröger mehr Geld für die Städtebauförderung. Da hier 1 Euro an staatlicher Förderung zu Investitionen von Handwerk und Mittelstand in Höhe von 8 Euro führe, sei es notwendig, die im vergangenen Jahr erfolgten Kürzungen zurückzunehmen. "Ein struktureller Konsolidierungspfad sieht anders aus", kritisierte dagegen Heinz Wirtz (Bund der Steuerzahler). Selbst mit der um rund 1 Milliarde Euro gesunkenen Nettokreditaufnahme stehe NRW schlechter da als alle anderen Bundesländer. Dazu komme, dass das Land weder für die Klagen bezüglich der Beamten-Nullrunden noch für mögliche WestLB-Nachzahlungen vorgesorgt habe. Insbesondere kritisierte Wirtz eine "Zurückhaltung" des Parlaments bei konkreten Sparvorschlägen. Man überlasse dies unter dem Stichwort "globale Minderausgabe" lieber den einzelnen Ministerien. Dabei habe die Öffentlichkeit ein Recht darauf zu erfahren, wo wieviel eingespart werde.


Konkrete Sparvorschläge?

"Sparen ja - aber wir wüssten gerne, wie", monierte auch Ralph Brügelmann (Institut der deutschen Wirtschaft) das Prinzip der globalen Kürzungen. Zur Glaubwürdigkeit der Konsolidierung gehöre die Information, welche Einsparschritte wann und wo erfolgen sollen. Nach dem jetzigen Verfahren hänge der Sparerfolg im Wesentlichen vom Haushaltsvollzug ab. Würden die angepeilten Werte wirklich erreicht, könne das Ziel der Schuldenbremse erreicht werden. Falsch sei es dagegen, auf mehr Einnahmen zu setzen.

Angesichts großer Haushaltsrisiken durch mögliche Zinssteigerungen ab dem Jahr 2017 sei jetzt etwas mehr Ehrgeiz beim Sparen sinnvoll, so auch Prof. Roland Döhm (Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsinstitut). Zur qualitativen Konsolidierung wünsche er sich zudem eine stärkere Wachstumsförderung durch investive Ausgaben.

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Quelle:
Landtag intern 10 - 44. Jahrgang, 27.11.2013, S. 13
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Januar 2014