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NORDRHEIN-WESTFALEN/2057: Jahresrückblick (Li)


Landtag intern 11/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Jahresrückblick
Langfristige Wirkung
Bei den Themen des Jahres ragt die Inklusion heraus

Von Christoph Weißkirchen und Sonja Wand



Sie verändert ab 2015 die Schule, längerfristig aber wohl die gesamte Gesellschaft: Die Inklusion, das heißt im ersten Schritt das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen, ist daher vielleicht das zentrale Thema des Jahres. Der Landtag diskutierte unterschiedliche Standpunkte, beriet mit Fachleuten und entschied. - Schon in diesem Jahr spüren die Beamtinnen und Beamten die Auswirkungen des nicht eins zu eins übernommenen Tarifvertrags im öffentlichen Dienst. Auch hier prallten Meinungen aufeinander. Nur zwei von vielen Themen, mit denen sich die Abgeordneten im nunmehr abgelaufenen Jahr auseinandersetzten.


JANUAR
Das neue Jahr macht da weiter, wo das alte aufgehört hat: mit den Beratungen zum Haushalt 2013. Zu den Meinungsunterschieden zwischen den Landtagsfraktionen, wie und wo im Hinblick auf die Schuldenbremse gespart werden müsse oder könne, kommt Kritik aus den Reihen der Kommunen. Das Land übernehme zum Beispiel bei der geplanten Inklusion nicht die Verantwortung für Dinge, für die es eigentlich zuständig sei.

Kein Konsens auch in der Frage der Kontrolle privater Abwasserkanäle. Bei einer Anhörung jedenfalls sind unterschiedliche Expertenmeinungen bezüglich der Wirkung und Verhältnismäßigkeit des vorgesehenen Verfahrens zu hören. Im Februar setzt die Regierungsmehrheit ihre Änderung der bestehenden Regelung im Plenum durch.

Das heiße Eisen Klimaschutzgesetz wird beschlossen. Bis zum Schluss sind seine Auswirkungen zwischen den Fraktionen umstritten.

Debatte in eigener Sache: Sechs Fachleute beleuchten die Frage der Abgeordneten-Nebentätigkeiten. Bei einer möglichen Verbesserung der Transparenzregeln gehe es dabei nicht um ein "Müssen", sondern um ein "Dürfen" und damit eventuell auch um ein "Sollen".


FEBRUAR
Fachleute beschäftigen sich in einer Anhörung zum Kommunalwahlrecht mit Anträgen aller Fraktionen. Trotz Unterschiedlichkeiten geht es immer wieder um die Frage, wie die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden könnte.

Heftig umstritten: das Tariftreue- und Vergabegesetz. Nach dem Willen der Landesregierung sollen Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen ab einem Volumen von 20.000 Euro nicht nur einen Mindestlohn zahlen, sondern auch soziale und umweltbezogene Kriterien beachten.

Einig gegen geplante EU-Regelungen einer möglichen Privatisierung des Trinkwassers: SPD, GRÜNE, PIRATEN und CDU sprechen sich in einem Antrag für den Schutz der kommunalen Wasserversorgung aus.


MÄRZ
Im März wird mit rot-grüner Mehrheit beschlossen, alle Wahlen auf kommunaler Ebene wieder zusammenzulegen - möglichst bereits ab 2014.

Der Landtag verabschiedet mit Regierungsmehrheit den Haushalt für das Jahr 2013. Die Streitpunkte bleiben.

Die Landesregierung will das aktuelle Tarifergebnis für den öffentlichen Dienst nicht eins zu eins auf die Beamtenschaft übertragen. Dieses Thema sorgt nicht nur im Landtag für hitzige Debatten.

Wie viele Krankenhäuser mit wie vielen Betten braucht NRW? Wie sichert man eine wohnortnahe Versorgung? Über diese und andere Fragen des Krankenhausplans 2015 beraten Abgeordnete und externe Fachleute.

Am 19. März 2013 fällt der Startschuss zu den Festlichkeiten rund um das Jubiläum 25 Jahre "Landtag am Rhein". Landtagsarchitekt Prof. Fritz Eller sowie der ehemalige Bauminister Prof. Christoph Zöpel erläutern die Konzeption des Landtagsgebäudes. Ihr Tenor: Eine Architektur, die Menschen zusammenbringt.


APRIL
Das gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz führt zu einer Debatte über mögliche Mehreinnahmen, Steuerflucht und Steuerhinterziehung.

Opel will sein Werk in Bochum schließen. In einer Sondersitzung des Landtags sind sich alle Fraktionen im Ziel einig: so viele Arbeitsplätze erhalten wie möglich. Uneinigkeit herrscht dagegen über die Rolle und die Möglichkeiten der Landesregierung.

Auftakt zu einem großen Projekt: Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen, Herzstück der Inklusion, wird in erster Lesung im Landtag beraten. Auch hier: Einigkeit über das Vorhaben, Dissens über die Umsetzung.


MAI
Nach dem systematischen Versagen der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang der Morde durch den Nationalsozialistischen Untergrund beschäftigt den Landtag die Frage, wie der Verfassungsschutz künftig arbeiten soll, um sowohl wirksam zu sein als auch Vertrauen zurückzugewinnen. Außerdem beschließt der Landtag, dass im Ausland erworbene Qualifikationen hier leichter anerkannt werden können.


JUNI
Während NRW relativ trocken davon kommt, tobt an der Elbe das Hochwasser. In der Folge der Zerstörungen leistet NRW über die nächsten 20 Jahre finanzielle Hilfe in Höhe von 44 Millionen Euro jährlich.

In einem gemeinsamen Anhörungsmarathon befragen vier Fachausschüsse 100 Sachverständige zur geplanten schrittweisen Inklusion in Schulen. Es überwiegt die Skepsis. Die Sachverständigen fordern mehr Geld und kleinere Klassen.

Dominiert wird der Frühsommer außerdem von den Protesten der Beamtenschaft gegen von der Landesregierung geplante Nullrunden für höhere Beamte. In der Expertenanhörung: breite Ablehnung zu diesem Vorhaben.

Der Landtag beschließt eine Neuausrichtung des Verfassungsschutzes.

Außerdem debattiert er illegale Zustände in der Haltung von Nutztieren. Tierschutzverbände bekommen gesetzlich das Recht, in solchen Fällen im Namen der Tiere dagegen zu klagen.

Blaues Blut im blauen Kostüm: Kronprinzessin Mary besucht den Landtag NRW.


JULI
Anfang Juli feiert der Landtag: Ein Vierteljahrhundert steht das Parlamentsgebäude am Rhein und strahlt mit seiner hellen, offenen, runden Gestalt Diskursfreudigkeit und Transparenz aus.

Innen drin bleibt die Beamtenbesoldung ein heißes Eisen. Trotz des Protestes und über 55.000 Unterschriften gegen die Pläne der Regierung beschließt der Landtag mehrheitlich den Gesetzentwurf der Landesregierung.

Im Zuge der Enthüllungen durch Edward Snowden diskutiert der Landtag über mögliche Wirtschaftsspionage in NRW.

Ein weiteres Topthema im Juli: die Betreuung der Kinder unter drei Jahren. Ab August haben die Eltern einen Rechtsanspruch auf einen solchen Betreuungsplatz. Die Abgeordneten erörtern mit Fachleuten den Stand der Dinge. Uneinigkeit gibt es darüber, ob genügend Betreuungsplätze zur Verfügung stehen und wer den weiteren Ausbau bezahlen soll.

Der Landtag setzt eine Kommission ein, die die bewährte Landesverfassung im Hinblick auf Transparenz und Mitgestaltung etwas moderner machen soll.

Beim fünften Jugend-Landtag debattieren Schülerinnen und Schüler aus ganz NRW Themen wie "(Begleitetes) Fahren mit 16" und "Keine Fete an Feiertagen".


AUGUST
Nordrhein-Westfalen wird 67 Jahre alt. Als Bindestrich-Land gegründet, ist NRW zusammengewachsen und hat darüber hinaus enorme Integrationskräfte entwickelt, lobt die Landtagspräsidentin.


SEPTEMBER
Erneute Erregung über die Kanalprüfung. Jetzt werfen die Oppositionsfraktionen der Regierung vor, sie wolle über die Durchführungsverordnung den Generalverdacht "durch die Hintertür" einführen.

Der Landtag beschäftigt sich erneut mit der kommunalen Demokratie. In Zukunft schreibt das Kommunalwahlgesetz vor, dass eine erforderliche Wiederholungswahl binnen eines Jahres nach der ursprünglichen Wahl erfolgen muss. Ansonsten gilt sie als Neuwahl, bei der dann auch neue Wählergruppen und Parteien antreten können.

Heftige Auseinandersetzungen dann über die Verweigerung einer Bürgschaft für den Gewerbepark newpark in Datteln/ Waltrop. Die Gründe der Entscheidung treffen bei SPD und GRÜNEN auf Verständnis, nicht dagegen bei CDU, FDP und PIRATEN.

Ein halbes Jahr nach dem Haushalt 2013 steht der Etatentwurf für 2014 an. Zu den Auseinandersetzungen über die Notwendigkeit höherer Schulden angesichts gestiegener Einnahmen kommt die Frage des Kommunal-Soli.


OKTOBER
Die Landesregierung will, dass arme Kommunen von anderen Kommunen finanziell mit unterstützt werden. Das lehnen sowohl die Oppositionsfraktionen als auch die Betroffenen ab, wie eine Expertenanhörung zeigt.

Die parlamentarischen Debatten über die Inklusion finden ihren vorläufigen Abschluss. Mit Regierungsmehrheit wird der Gesetzentwurf der Landesregierung beschlossen: Kinder mit Behinderungen haben ab dem Schuljahr 2014/15 schrittweise einen Rechtsanspruch auf Unterricht an einer Regelschule.

Der Landtag beschließt sein Jubiläumsjahr mit einem fröhlichem Festakt. Bei Gratulanten, Festgästen und Mitwirkenden stand die Freude über das gelungene Bauwerk im Mittelpunkt. Eine Ausstellung, die noch bis Anfang des Jahres zu sehen ist, rundet die Feierlichkeiten ab.


NOVEMBER
Im November dreht sich in den Fachausschüssen (fast) alles um den Haushalt. Alle Einzelpläne werden begutachtet, externe Fachleute nehmen in Kommunal- wie auch Haushaltsausschuss Stellung. In der zweiten Lesung werden die unterschiedlichen Standpunkte bezüglich einsparen, gestalten und vorbeugen deutlich.

Angenommen wird die gleichfalls umstrittene Änderung des Stärkungspakts. Während die Landesregierung den Kommunal-Soli als faire und gerechte Lösung verteidigt, kritisiert ihn die Opposition als "verheerende Fehlentscheidung". Vertiefend beschäftigt sich der Landtag in einer Anhörung mit dem Thema Integration. Dabei gibt es unterschiedliche Auffassungen zu Integrationsrat, Wahltermin und Wahlrecht.


DEZEMBER
Im letzten Plenum des Jahres wird der Haushalt angenommen.

Beim Gesetzentwurf "Verwirklichung von Transparenz und Informationsfreiheit im Land Nordrhein-Westfalen" (Piratenfraktion) zeigt sich eine große Bandbreite an Aspekten und Interessen.

Der Weg hin zu kritischen Konsumenten soll bereits in der Schule beginnen, meinen SPD und GRÜNE. Dementsprechend hört der Schulausschuss eine Reihe von Fachleuten zur Verbraucherbildung, verbunden mit dem FDP-Vorschlag, in Realschulen das Fach "Wirtschaft" einzuführen.

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Quelle:
Landtag intern 11 - 44. Jahrgang, 19.12.2013, S. 16-17
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2014