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NORDRHEIN-WESTFALEN/2065: Effizienzteam verfassungswidrig? (Li)


Landtag intern 1/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Effizienzteam verfassungswidrig?
Opposition sieht sich in Rechten beschnitten
Plenarbericht

Von Sonja Wand



19. Dezember 2013 - Das Effizienzteam der Landesregierung, das Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung machen soll, war Thema einer Aktuellen Stunde. Weil an dem Gremium auch Abgeordnete der Regierungsfraktionen, nicht aber der Oppositionsfraktionen beteiligt sind, sehen CDU, PIRATEN und FDP den Gleichheitsgrundsatz verletzt, der für Abgeordnete zwecks Kontrolle der Regierung verfassungsmäßig gilt.


Nicht nur sei die Tätigkeit des Effizienzteams der parlamentarischen Kontrolle entzogen, kritisierte Dr. Marcus Optendrenk (CDU). Darüber hinaus sorge die Einrichtung des Gremiums in der bestehenden Form dafür, dass es Abgeordnete erster und zweiter Klasse im Landtag gebe. Damit verstoße das "Ineffizienzteam" gegen die Landesverfassung und den Gleichheitsgrundsatz, der für die Rechte der Abgeordneten gelte. Das gehe auch aus einem in Auftrag gegebenen Gutachten hervor. Zudem problematisierte der Abgeordnete, dass eine Staatsgewalt sich durch eine andere institutionalisiert beraten lasse. Die Konstruktion des Effizienzteams sei einfach schief, meinte er und bezeichnete es als Auslaufmodell.

Seit über einem Jahr reklamiere die Opposition ihre Rechte - "das Informationsvakuum des Finanzministeriums ist ein Dauerbrenner im Haushalts- und Finanzausschuss", sagte Dietmar Schulz (PIRATEN). Seitens der Landesregierung würden die Minderheitsrechte der Opposition mit Füßen getreten. Auch Schulz fand im Parlament eine Zwei-Klassen-Gesellschaft vor und bewertete dies als "zutiefst verfassungswidrig". Seine Forderung: Die Landesregierung solle entweder das Effizienzteam unverzüglich auflösen oder der Opposition sämtliche Gutachten, Berichte und sonstigen Informationen aus dem Gremium vorlegen oder aber ab sofort alle Landtagsfraktionen am Effizienzteam beteiligen.

Den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der Regierung zog Hans-Willi Körfges (SPD) heran, um die Struktur des Effizienzteams zu verteidigen. In diesem sogenannten Arkanbereich nämlich greife die parlamentarische Kontrolle nicht. Zwar gebe es ein juristisches Spannungsverhältnis zwischen geschützten Rechten der Landesregierung und den Grundrechten der Abgeordneten. Der geschützte Bereich der Regierung, in den auch das Gremium falle, werde in der Rechtsprechung aber bestätigt. Im Übrigen sei die Debatte ein alter Hut: Schon Bundeskanzler Konrad Adenauer habe sich in den 60er-Jahren eine solche Mitwirkung des damaligen FDP-Fraktionsvorsitzenden Erich Mende gefallen lassen.

Mit dem Argument der Regierungsfraktionen befasste sich Dirk Wedel (FDP). Wenn die Regierung sich auf ihr unmittelbares Kerngeschäft berufe, stelle sie selbiges auf den Kopf, indem sie Parlamentsvertreter in ihr Effizienzteam berufe. Zu keinem Zeitpunkt habe sich Rot-Grün dazu bereitgefunden, sich mit den Argumenten der Opposition auseinanderzusetzen, kritisierte Wedel. Er rief die Landesregierung dazu auf, einen rechtskonformen Umgang mit dem Parlament sicherzustellen und den legitimen Auskunftsansprüchen der Abgeordneten nachzukommen. "Die Staatspraxis hat der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu folgen und nicht umgekehrt", unterstrich der Abgeordnete.

Man müsse kein Gutachten bemühen, um zu erfahren, dass das Auskunftsrecht der Abgeordneten dort ende, wo laufende Entscheidungsprozesse der Regierung betroffen seien, erklärte Sigrid Beer (GRÜNE): Es müsse der Regierung möglich sein, Überlegungen auch zu revidieren, sich abzustimmen, sich auszutauschen und dann erst die Entscheidung zu treffen, die schlussendlich das Parlament zu bewerten habe, fügte sie hinzu. Die Beteiligung von Abgeordneten aus dem rot-grünen Lager sei der Tatsache geschuldet, dass die Regierungsfraktionen den Willensbildungsprozess mitgestalteten. Auch das Bundesverfassungsgericht differenziere bei den Abgeordneten zwischen Regierungs- und Oppositionsseite.

Robert Stein (fraktionslos) bescheinigte der Regierung eine "abenteuerliche Vorstellung von Transparenz".

Im Effizienzteam werde eine ganze Reihe von Dingen diskutiert und auch wieder verworfen, erläuterte Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD). Nirgends stehe geschrieben, dass der Diskussionsprozess veröffentlicht werden müsse. "Was wir offenlegen müssen, ist das Ergebnis der Überlegungen", erklärte er. Das Gremium könne tabufrei jeden Ausgabenposten überprüfen und im geschützten Raum Überlegungen anstellen, ohne dass die Opposition Dinge skandalisieren könne, die im Zuge des Diskussionsprozesses ohnehin wieder verworfen würden, verteidigte er das Effizienzteam. Bei CDU und FDP hätten im Übrigen zuweilen Fraktionsvorsitzende an Kabinettssitzungen teilgenommen.

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Quelle:
Landtag intern 1 - 45. Jahrgang, 29.1.2014, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2014