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NORDRHEIN-WESTFALEN/2070: Rundfunkbeitrag soll sinken (Li)


Landtag intern 1/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenarbericht
Rundfunkbeitrag soll sinken
Auch Werbefreiheit und Entlastung von Härtefällen in der Diskussion



19. Dezember 2013 - Der neue Rundfunkbeitrag spült den öffentlich-rechtlichen Sendern bis zum Jahr 2016 voraussichtlich rund 1,1 Milliarden Euro mehr in die Kassen, als sie an Bedarf angemeldet haben. Die CDU fordert daher, den Beitrag zu senken (Drs. 16/4581). Auch SPD und GRÜNE haben einen entsprechenden Entschließungsantrag vorgelegt (Drs. 16/4672), den das Plenum mit rot-grüner Mehrheit angenommen hat. Demnach spricht sich der Landtag dafür aus, mit dem Überschuss den Rundfunkbeitrag zu senken, die Werbung schrittweise abzuschaffen und besonders stark von der Systemumstellung betroffene Gruppen zu entlasten. Anfang 2013 hatte der Rundfunkbeitrag pro Haushalt die GEZ-Gebühr pro Gerät abgelöst. Bei Unternehmen ist seither die Zahl der Betriebsstätten relevant.


"Die Beiträge müssen selbstverständlich sinken, wenn mehr Geld eingenommen wird", betonte Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU). Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) habe einen Nachlass um 73 Cent ab Januar 2015 vorgeschlagen, was der Hälfte des geschätzten Überschusses entspreche. Daneben seien einige entlastende Korrekturen am Beitragssystem etwa für Betriebe nötig, so Sternberg. Ähnlich wie Rot-Grün forciere die CDU zudem einen werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk: "Die Frage ist nur, ob man das an dieser Stelle verknüpfen sollte."

"Herr Sternberg hat eigentlich für unseren Entschließungsantrag geredet", stellte Alexander Vogt (SPD) fest. Das neue System habe vieles besser und gerechter gemacht. Auch die Idee, Überschüsse für sinkende Beiträge einzusetzen, sei aus Sicht der Beitragszahler gut - greife aber zu kurz. Vogt plädierte vielmehr dafür, die Chance der Mehreinnahmen voll zu nutzen. Neben niedrigeren Beiträgen sei es daher sinnvoll, schrittweise aus der Werbung auszusteigen. Zudem gehe es darum, mögliche aus dem neuen System resultierende Härtefälle zu entlasten, sobald dazu Erkenntnisse vorlägen.

"Damit meinen wir aber nicht in erster Linie die Firmen Rossmann, Sixt und andere, die mit Klagen vorgehen", betonte der GRÜNEN-Sprecher Oliver Keymis. Diese seien wohl in der Lage, die Beiträge zu bezahlen. Insgesamt lobte Keymis die KEF für ihren "klugen Vorschlag", nur eine Hälfte des Überschusses für niedrigere Beiträge einzusetzen. Die andere werde für das gebraucht, was seine Fraktion im Antrag fordere, nämlich Werbefreiheit und punktuelle Entlastungen. Zudem lobte er den WDR für seinen Sparwillen: Qualität und Sparsamkeit könnten durchaus zwei Seiten einer Medaille sein.

Ähnlich wie Sternberg sprach sich auch Thomas Nückel (FDP) für eine Grundsatzdebatte über einen werbefreien Rundfunk sowie Unausgewogenheiten des neuen Beitragssystems aus. Sie sei aber losgelöst von den Überschüssen zu führen, die durch den neuen Rechenschlüssel pro Haushalt entstanden seien, forderte Nückel. "Mit dem Entschließungsantrag von Rot-Grün wird wieder ein bisschen der Verschiebebahnhof geöffnet", so seine Befürchtung. Die gut eine Milliarde Euro gehöre dem Beitragszahler und müsse zwingend an ihn zurückgehen: "Die Senkung des Beitrags ist dafür ein gutes Mittel."

Für einen anderen Weg machte sich Daniel Schwerd (PIRATEN) stark: Natürlich seien niedrigere Beiträge erst einmal positiv zu bewerten, doch dürfe nicht der zweite Schritt vor dem ersten erfolgen. So plädierte er dafür, zunächst die endgültige Höhe des Überschusses abzuwarten und diesen dafür zu nutzen, das neue Beitragssystem - falls notwendig - sozial gerechter und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt barriere- und werbefreier zu machen. Nur wenn dann noch Mehreinnahmen übrig seien, könne man über sinkende Beiträge reden, meinte Schwerd. Aktuell halte er dies für zu früh.

Ähnlich argumentierte Minister Guntram Schneider (SPD), der die Medienministerin am Redepult vertrat. Die Landesregierung wolle sinkende Beiträge, doch könnten die Bundesländer darüber erst diskutieren, wenn belastbare Zahlen vorlägen und das neue System evaluiert worden sei. Bislang habe die KEF lediglich einen Berichtsentwurf vorgelegt, den sie Anfang 2014 mit den Ländern und Rundfunkanstalten erörtern und bei Bedarf anpassen werde. Erst im Frühjahr rechne er mit definitiven Zahlen, anhand derer dann auch über weniger Werbung und die Ausgewogenheit der Beiträge diskutiert werde.


BEITRAGSHÖHE: Die Höhe des Rundfunkbeitrags wird von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) vorgeschlagen und von den Ländern gesetzlich festgelegt. Derzeit liegt er bei 17,98 Euro. Neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten auch die für den privaten Rundfunk zuständigen Landesmedienanstalten rund 1,9 Prozent der Gelder.


ABSTIMMUNG:
Der CDU-Antrag zur Beitragssenkung (Drs. 16/4581) wurde abgelehnt. Den rot-grünen Entschließungsantrag zur Beitragssenkung, zum Abbau von Werbefreiheit und zu einer möglichen Härtefallentlastung hat der Landtag mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN angenommen (Drs. 16/4672).

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Quelle:
Landtag intern 1 - 45. Jahrgang, 29.1.2014, S. 8
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2014