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NORDRHEIN-WESTFALEN/2080: Gegen das Verbrechen - Wie gut ist das Land aufgestellt? (Li)


Landtag intern 2/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

115 Fragen zur Sicherheit
Gegen das Verbrechen: Wie gut ist NRW aufgestellt?

Von Sonja Wand



29. Januar 2014 - Wie es um die Situation der Polizei und der Kriminalitätsbekämpfung steht, wollte die CDU wissen und stellte eine Große Anfrage (Drs. 16/2248) an die Landesregierung mit 115 Fragen. Sie erhoffte sich umfassende Antworten, zeigte sich im Plenum dann aber enttäuscht. In der Aussprache über die Anfrage zogen die Fraktionen unterschiedliche Fazite.


Eine über Jahrzehnte verfehlte Ausrichtung der nordrhein-westfälischen Polizei bescheinigte Theo Kruse (CDU) der SPD-geführten Landesregierung. Auf landestypische Besonderheiten in der Infrastruktur wie große Städte zu verweisen, entlasse den Innenminister nicht aus der Verantwortung, mit passenden Maßnahmen zu reagieren. Seit 1980 sei die Zahl der Straftaten um 50 Prozent gestiegen. Trotzdem arbeiteten damals wie heute etwa gleich viele Polizeibeamten an deren Aufklärung, kritisierte Kruse. Jeder Ermittler habe nur noch 60 Minuten Zeit, um einen Einbruch aufzuklären. NRW müsse endlich seiner originären Aufgabe gerecht werden: "dem Bürger ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten".

"Kaum ein anderer Ort dieser Welt ist so sicher wie NRW", widersprach Andreas Bialas (SPD). Es gebe immer weniger Tötungsdelikte, Raubdelikte und schweren Diebstahl, dafür doppelt so viele Fälle von Schwarzfahren. Immer mehr Delikte scheiterten im Versuchsstadium. In Sachsen oder Hessen sei die Gefahr, getötet zu werden, doppelt so hoch. In NRW liege die Aufklärungsquote bei Schwerverbrechen bei fast 100 Prozent. Die Quote insgesamt liege seit fast 20 Jahren konstant bei knapp 50 Prozent. Bialas betonte die Wichtigkeit von Aufklärung und Präventionsarbeit - das, was die CDU gern als "PR-Gags" diskreditiere. Dabei belegten die nun selteneren Diebstähle von Wertgegenständen aus Autos den Erfolg solcher Maßnahmen.

"Man kann so viel kritisieren, wie man will, aber dann muss man auch konstruktive Vorschläge machen", sagte Verena Schäffer (GRÜNE). Nach der Aufdeckung der NSU hätten alle Fraktionen die schwerpunktmäßige Bekämpfung des Rechtsextremismus gefordert. Nun kritisiere die CDU diesen Schwerpunkt. Ebenso beim islamistischen Terrorismus, der eine ernstzunehmende Bedrohungslage für das Land darstelle: "Ich frage mich wirklich", sagte Schäffer, "ob Sie allen Ernstes behaupten wollen, hier sei ein falscher Schwerpunkt gesetzt." Dass das Thema Internetkriminalität in der Großen Anfrage nicht vorkomme, wunderte die Abgeordnete. Man müsse auch darüber reden, welche Delikte im Internet begangen würden.

Seitdem der Innenminister im Amt sei, habe sich die Zahl der Straftaten um 70.000 erhöht, führte Dr. Robert Orth (FDP) aus. Damit habe der Minister enttäuscht und versagt. Er habe es nicht geschafft, die Opfer von Kriminalität hinreichend zu schützen. Überhaupt kam ihm die Sicht der Opfer zu kurz. "Wir sollten nicht so hochnäsig sein und die Opferperspektive nur mit hohem materiellen oder körperlichen Schmerz gleichsetzen", meinte er - auch Wohnungseinbrüche verursachten Traumata. Seit Monaten werde der FDP-Antrag "Beute zurück!" diskutiert. Orth forderte die Regierung auf, mitzuziehen und die Absatzwege auszutrocknen. "Gehen Sie doch einmal die Ebay-Hehlerei an!", verlangte er zudem.

"Diese Große Anfrage liefert viele wichtige Zahlen, aber keine Lösungen", sagte Dirk Schatz (PIRATEN). Er kritisierte einen Personalmangel bei der Polizei. Trotz mehr Kriminalität, trotz Erziehungszeiten von - meist - Polizistinnen, trotz der Überalterung der Polizei, die mit erhöhten Krankenständen einhergehe, gebe es nicht mehr Personal. Für die Streife fehle es in einsatzstarken Zeiten an Kräften, egal, nach welchem Schichtsystem die Arbeit organisiert werde. Schatz' Vorschlag: Aufgabenkritik im Bereich der Betäubungsmitteldelikte. Der Großteil der dort tätigen 465 Kolleginnen und Kollegen sei mit dem Thema "Cannabis" beschäftigt, erklärte der Polizist. Legalisiere man Cannabis, werde Personal frei.

Zwischen 1994 und 2012 habe die Kriminalität um 14 Prozent zugenommen, die Personalausstattung der Polizei aber um 19 Prozent, stellte Innenminister Ralf Jäger (SPD) klar. Die angesprochenen 70.000 Straftaten mehr gingen darauf zurück, dass die Bundespolizei Schwarzfahrer der Landespolizei melde. Jäger verteidigte Blitz-Marathons als wirksamen Bestandteil einer Präventionsstrategie im Verkehr. Inzwischen hätten alle Bundesländer und fünf Staaten das Konzept übernommen. Ebenso wichtig sei die Präventions- und Aufklärungsarbeit in puncto Internetkriminalität. Insgesamt brauche es beides: Restriktion und mehr Prävention. Jägers Fazit: Die Polizei in NRW leiste sehr gute Arbeit.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 45. Jahrgang, 19.2.2014, S. 9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2014