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NORDRHEIN-WESTFALEN/2089: Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt im Zeitalter des Internets (Li)


Landtag intern 3/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenarbericht
Bestens informiert?
Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt im Zeitalter des Internets

Von Christoph Weißkirchen



20. Februar 2014 - Meinungsfreiheit und Medienvielfalt: Diese seien die Ziele einer Novellierung des Landesmediengesetzes (Drucksache 16/4950), so Landesregierung, SPD und GRÜNE. Gestärkt werden solle die Rolle lokaler Medien, aber auch Transparenz und Bürgerbeteiligung. Die Landesregierung wolle herrschen, bestimmen und dann huldvoll Fördermittel verteilen, kritisierte dagegen die CDU. Ebenso wie die FDP befürchtete sie überdies, die digitale Welt funktioniere anders, und das propagierte Medienmodell sei nicht mehr zeitgemäß. Die Notwendigkeit einer unabhängigen Förderung von Qualitätsjournalismus betonten die PIRATEN.

Vielfalt, Partizipation und Transparenz seien Kernelemente des Gesetzentwurfs, so Medienministerin Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD). Notwendig seien Strukturen, die Vielfalt gerade auch im lokalen und regionalen Bereich durch starke private Angebote ermöglichten. Des Weiteren müsse man Bürgerinnen und Bürger verstärkt in die Gestaltung der Medienordnung einbeziehen. Zur Stärkung der Medienaufsicht solle die Telemedienaufsicht bei der Landesanstalt für Medien gebündelt werden. Deren Medienkommission solle zukünftig grundsätzlich öffentlich tagen. Die Bürgermedien wolle man vom Fernsehen auf den Hörfunk sowie eine digitale Beteiligungsplattform ausweiten.

Technische Entwicklungen, immer neue Funktionen und Anwendungen bei Tablet-PCs, Smartphones und Smart-TV veränderten die Medienwelt so schnell wie nie zuvor, meinte Alexander Vogt (SPD) und betonte: "Wir alle nutzen diese Möglichkeiten und sind Teil dieser Entwicklung." Mit der Erneuerung des Landesmediengesetzes wolle man darauf reagieren. In NRW, dem Medienland Nummer eins, erwirtschafteten rund 425.000 Beschäftigte in 25.000 Medien- und Kommunikationsunternehmen pro Jahr einen Umsatz von 126 Milliarden Euro. Ziele des Gesetzentwurfs sah Vogt in der Sicherung der Vielfalt der lokalen Medien und in der geplanten Stärkung der Medienkompetenz.

Der Entwurf spiegele nicht den Stand der aktuellen Medienentwicklung wider, entgegnete Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU). So würden Radio und Fernsehen anders genutzt, als man dies im traditionellen Programmschemadenken glaube. Der Bürgerfunk etwa sei nicht innovativ, sondern ein "schönes, altes, gemütliches Thema". Information komme heute weitgehend über das Internet, das aber finde zu geringe Beachtung im Gesetzentwurf. Mediennutzerinnen und -nutzer seien heute nicht mehr auf die "huldvolle" Zuweisung von Rechten und Mitteln durch den Staat angewiesen. Dagegen fehlten Arbeitsplätze bei Zeitungsmachern, die im Internet Gewinnmöglichkeiten suchten.


Bürgermedien

"Welcher Staat ist das, vor dem Sie solche Angst haben?", erwiderte Oliver Keymis (GRÜNE). Er verstehe ihn als gut geregelt, demokratisch legitimiert, mit vielen Freiheiten und Möglichkeiten. Das Internet beschrieb Keymis als Abrufmedium, während das Radio Informationen und Meinungen aussende. Daher gebe es hier ein anderes Verhältnis von Sender zu Empfänger. Gerade im lokalen Bereich seien Zeitung und Radio wichtiger als das Internet. Daher wolle der Gesetzentwurf die entsprechenden Bürgermedienangebote weiter ausbauen. Grundsätzlich sollten private Angebote weitere Möglichkeiten erhalten, ohne dem öffentlichrechtlichen Angebot zu nahe zu kommen. Thomas Nückel (FDP) sah im Gesetzentwurf ein Werk der "analogen Romantik", nicht den großen Wurf für das digitale Zeitalter. Vielmehr wolle die Regierung ihren Einfluss auf die Medien vergrößern sowie althergebrachte Strukturen bewahren und vor Wettbewerb schützen. So werde durch die vorgeschlagene neue Regelung die Unabhängigkeit der Mitglieder der Medienkommission gegenüber der regierenden Mehrheit sinken, befürchtete Nückel. Über geplante Fördergelder wolle sich die Landesregierung eine günstige Berichterstattung verschaffen, vermutete er. Das Ziel sei wohl, bislang unabhängige Medien im Printbereich in öffentlichrechtliche Strukturen zu überführen.

Wie eine unabhängige Förderung von Qualitätsjournalismus genau aussehen solle, fragte Daniel Schwerd (PIRATEN). Mit Blick auf eine mögliche Beteiligung von Zeitungsverlagen am lokalen Hörfunk warnte er vor einer verstärkten Konzentration in den Medien. Zudem forderte Schwerd, dass zukünftig auch die Mediennutzerinnen und -nutzer einen eigenen Platz in der neu gestalteten Medienkommission erhalten müssten. Dass dieses Gremium zukünftig öffentlich arbeiten solle, begrüßte er. Weitere offene Punkte sah er hinsichtlich eines fairen Wettbewerbs zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern sowie der Rahmenbedingungen für Onlinejournalismus.


WEITERE BERATUNG
Nach der ersten Lesung im Plenum überwies der Landtag den Gesetzentwurf (Drs. 16/4950) zur Weiterberatung an den Ausschuss für Kultur und Medien.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 45. Jahrgang, 26.3.2014, S. 8
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2014