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NORDRHEIN-WESTFALEN/2097: 100 Millionen mehr für Kitas (Li)


Landtag intern 4/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

100 Millionen mehr für Kitas
Landesregierung legt zweite Revision zum Kinderbildungsgesetz vor



27. März 2014 - Die Landesregierung hat dem Parlament ein zweites Paket zur Überarbeitung des Kinderbildungsgesetzes, das seit 2008 gilt, vorgelegt. Wesentliche Änderungen betreffen die Sprachförderung, die Finanzierung von Kitas, die viele benachteiligte Kinder fördern, und die Arbeitsbedingungen des Personals. Die Fraktionen bewerten die geplanten Schritte höchst unterschiedlich.

Von Sonja Wand


Erstmals werde der frühkindliche Bildungsauftrag gesetzlich verankert, erklärte Familienministerin Ute Schäfer (SPD). Zweitens wolle man weg von punktueller Sprachstandserhebung durch für die Kinder fremde Personen hin zu einer kontinuierlichen Beobachtung und Sprachförderung im Alltag durch die Erzieherinnen und Erzieher. Drittens sollen Kitas, die sich um besonders viele Kinder aus bildungsfernen Familien kümmern, insgesamt 45 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich bekommen, um Personal aufzustocken. Alle Einrichtungen sollen zudem eine Verfügungspauschale in Höhe von insgesamt 55 Millionen Euro jährlich erhalten. Die zusätzlichen 100 Millionen Euro pro Jahr trage das Land allein.

Wolfgang Jörg (SPD) lobte den vorliegenden Gesetzentwurf, der in der Fachszene bereits Zustimmung erhalten habe, und den kommunikativen Weg, den die Ministerin eingeschlagen habe, um vom Gesetz Betroffene zu beteiligen. Er sei der felsenfesten Überzeugung, dass die Schritte in die richtige Richtung gingen, sagte Jörg. Sie würden auch helfen, die "himmelschreiende Ungerechtigkeit" der sozialen Immobilität zu entschärfen. Es dürfe nicht sein, dass die soziale Lage einer Familie über die Zukunft des Kindes entscheide. Insgesamt war der Abgeordnete stolz, dass Rot-Grün den Etat für den Elementarbereich seit dem Jahr 2010 verdoppelt habe. Das gebe es in keinem anderen Bundesland.

Die Ministerin betreibe mit Zahlen Schönfärberei, beklagte Bernhard Tenhumberg (CDU). Außerdem vergäßen die Regierenden, dass es einen Unterschied zwischen Quantität und Qualität gebe. Auch halte der Personalaufbau nicht mit dem Ausbau der Betreuungsplätze Schritt. Den notwendigen Herausforderungen habe sich die Regierung nicht gestellt - das komme einer Arbeitsverweigerung gleich. "Rot-Grün enttäuscht abermals die Familien, die Träger, Tagesmütter, Tagesväter", kritisierte der Abgeordnete. Probleme, etwa zu Krankenständen oder nicht auskömmlichen Pauschalen, würden nicht benannt. Tenhumberg forderte die Koalition auf, den Entwurf an die tatsächlichen Bedarfe anzupassen.

Andrea Asch (GRÜNE) empfand die Worte ihres Vorredners als Heuchelei. Erst Rot-Grün habe den Schalter umgelegt und nach fünf schwarzgelben Jahren ständiger Kürzungen gegengesteuert: Elternmitbestimmung, Personalausstattung, U3-Ausbau. Nun gehe es wieder um eine substanziell bessere Qualität. So wolle man durch die neuen Regeln der Sprachförderung endlich den Sprachstand kontinuierlich ermitteln, statt punktuell die Stressresistenz der Kinder zu testen. Die Verfügungspauschale mache 6.000 Stellen mehr möglich, neue Regeln erlaubten die Förderung der Betreuung außerhalb des eigenen Wohnorts. Nachholbedarf sah Asch noch bei der finanziellen Beteiligung durch Kommunen und Bund.

Kritik

Wann sollen die Erzieherinnen denn ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen, fragte Marcel Hafke (FDP) angesichts einer Fülle von Dokumentationspflichten, die kaum Zeit ließen für die pädagogische Arbeit. Sein Fazit zum Gesetzentwurf: "Große Worte, kleine Taten", denn die 100 Millionen Euro kämen kaum bei den Kindern an. Das Personal werde zusätzlich belastet, die Mittel für die Sprachförderung sogar gekürzt. Unklar war dem Abgeordneten auch, wie genau ein Sprachförderbedarf festgestellt werde. "Sie werden viele Kinder in Nordrhein-Westfalen zurücklassen. Das ist absolut unverantwortlich", so Hafke. Pläne zu Betriebskindergärten und flexibleren Kita-Öffnungszeiten fehlten gänzlich.

Daniel Düngel (PIRATEN) erinnerte an die Ankündigung seitens Rot-Grün vor vier Jahren, ein neues Kinderbildungsgesetz vorzulegen. Trotzdem liege wieder nur eine Revision des schwarz-gelben Gesetzes vor, das inzwischen ein rot-grünes sei. Im Grunde unterstützte Düngel den Weg der schrittweisen Verbesserungen, aber: Durch das Parlament werde der Gesetzentwurf nun im Hauruck-Verfahren durchgebracht. Um eine umfassende Expertenanhörung auszuwerten und gegebenenfalls das Gesetz im parlamentarischen Prozess anzupassen, blieben nur drei Wochen. Bestandteile des Entwurfs, etwa die Verfügungspauschale, finde er interessant, frage sich aber, wie viel tatsächlich ankomme, meinte Düngel.


DETAILBERATUNG
Im Folgenden werden die Fachausschüsse über den Gesetzentwurf (Drs. 16/5293) beraten und auch zahlreiche Sachverständige anhören.

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Quelle:
Landtag intern 4 - 45. Jahrgang, 9.4.2014, S. 6
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2014