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NORDRHEIN-WESTFALEN/2130: Landtag erörtert Mini-Schulter-Kameras für die NRW-Polizei (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Bitte recht freundlich
Landtag erörtert Mini-Schulter-Kameras für die NRW-Polizei

Von Christoph Weißkirchen



5. Juni 2014 - Sie sind klein, kaum sichtbar, aber selbst doch vielsehend: Die Rede ist von Mini-Schulter-Kameras, sogenannten Body-Cams. Ihr Einsatz könne dazu führen, dass Polizistinnen und Polizisten zukünftig nicht mehr so häufig beschimpft und angegriffen würden, meint die CDU in einem Antrag. Die SPD-Fraktion pflichtete ihr in der Plenardebatte zu dem Kameraeinsatz bei, verlangte aber weitergehende Untersuchungen und erhielt dafür Zustimmung von der PIRATEN-Fraktion. GRÜNE und FDP zeigten sich zurückhaltend und verwiesen auf Grundrechte sowie schwierige Abwägungsprozesse.


Die Aggressivität und Gewaltbereitschaft gegenüber der Polizei habe erheblich zugenommen. Dies bereite seiner Fraktion große Sorge, so Theo Kruse (CDU). Statistisch werde in NRW alle 50 Minuten eine Polizistin oder ein Polizist Opfer eines Angriffs. Mini-Schulter-Kameras, sogenannte Body-Cams, könnten die Ordnungshüter schützen. Angreifer sollen abgeschreckt oder, falls dies nicht gelinge, beweissicher überführt werden. Dabei seien die Kameras aber nicht ständig, sondern nur bei konkreten Anlässen einzusetzen, befand Kruse. Erste Erfahrungen in Hessen wertete der Abgeordnete als positiv.

Dem Antrag könne er einiges abgewinnen, meinte Thomas Stotko (SPD). Zu Recht erwarteten die Polizistinnen und Polizisten eine Antwort auf die gegen sie gerichtete Gewalt. Eine Mini-Schulter-Kamera könne hier helfen. Dabei gehe es ja auch um Eigen- und Beweissicherung sowie um Transparenz. Allerdings frage er sich, wie man verhindern könne, dass der Eindruck einer generell überwachenden Staatsmacht entstehe, verwies Stotko auf die aktuellen Debatten rund um den Datenschutz. Daher müsse man den Vorschlag - unter Einbeziehung der bisherigen Erfahrungen in Hessen - ordnungsgemäß auswerten.

Für den Einsatz der Kameras gebe es in Nordrhein-Westfalen keine Grundlage im Polizeirecht sowie in der Kultur, mit der hier Polizeiarbeit gemacht werde, meinte hingegen Matthi Bolte (GRÜNE). Die nordrhein-westfälische Polizei trete den Bürgerinnen und Bürgern in einer Kultur des Vertrauens gegenüber. Dies dürfe man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Außerdem passierten viele Übergriffe auf Polizeikräfte spontan, ohne darüber nachzudenken, ob man gefilmt werde oder nicht. Und schließlich müsse man sich fragen, ob die mit Body-Cams verbundenen Grundrechtseingriffe gerechtfertigt seien.


Feldversuch auswerten

"Kameras überall - das ist das Credo der CDU", kritisierte Dr. Robert Orth (FDP). Ob am Bahnhof, im Taxi, im Hauseingang: Er wolle nicht in einem Land leben, in dem man auf Schritt und Tritt gefilmt werde. Zwar gebe es immer wieder gute Gründe, die für eine solche Technik sprächen, gestand Orth ein. Aber wo sei der Anfang, wo das Ende? Was sei mit Krankenwagenfahrern, Sicherheitskräften im Stadion, Parkwächtern? Er glaube nicht an Wundermittel à la Videokamera, unterstrich der FDP-Sprecher. Sein Vorschlag: Man solle den Versuch in Hessen noch zwei, drei Jahre beobachten und dann neu erörtern.

Wenn Body-Cams tatsächlich helfen könnten, die Gewalt einzudämmen, solle man dies zunächst einmal positiv zur Kenntnis nehmen, befand dagegen Dirk Schatz (PIRATEN). Allerdings gebe es bislang nur erste Ergebnisse eines Feldversuchs in Hessen. Hier müsse man das Ende abwarten und den Einsatz dann komplett auswerten, meinte Schatz. Ein eigener Feldversuch in Nordrhein-Westfalen sei nicht nötig. Jedenfalls wandte er sich dagegen, auf bloßen Verdacht hin neue Befugnisse zu erteilen. Die Aufnahmen könnten übrigens auch dazu genutzt werden, Fehlverhalten der Polizei zu belegen, meinte Schatz.

"Ich glaube, dass Ihr Antrag viel Positives enthält und ihm wenig Negatives abzugewinnen ist", lobte Innenminister Ralf Jäger (SPD). Die Beamtinnen und Beamten müssten auf der Straße zunehmend Beschimpfungen und Gewalt erdulden. Dem müsse man Einhalt gebieten. Notwendig seien klare Zeichen von Landesregierung und Landesparlament, forderte Jäger. Was die Body-Cams betreffe, müsse man jedoch die weiteren Erfahrungen mit dem Feldversuch in Hessen abwarten und am Ende auch abwägen, wie sich diese neue Technik auf das Vertrauen auswirke, das sich die Bürgerpolizei in NRW erarbeitet habe.


WEITERBERATUNG
Der Antrag der CDU (Drs. 16/5923) wurde zur weiteren Beratung einstimmig an den Innenausschuss überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 8
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2014