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NORDRHEIN-WESTFALEN/2168: Zur geplanten Erhöhung der Grunderwerbsteuer (Li)


Landtag intern 11/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Die Haushaltssanierung und die Häuslebauer
Experten äußern sich zur geplanten Erhöhung der Grunderwerbsteuer

Von Wibke Busch


2. Dezember 2014 - In einer Anhörung des Landtags haben Sachverständige Stellung zu der von der rot-grünen Koalition geplanten Erhöhung der Grunderwerbsteuer genommen. Die Experten äußerten zum Teil deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf. Es gab aber auch Zustimmung. Zu der Anhörung hatten der Haushalts- und Finanzausschuss sowie der Ausschuss für Kommunalpolitik eingeladen.


Der Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und GRÜNEN sieht vor, dass die Grunderwerbsteuer ab dem 1. Januar 2015 von derzeit 5 auf 6,5 Prozent steigt. Sie wird beim Erwerb eines Grundstückes fällig. Die Regierungsfraktionen rechnen mit Zusatzeinnahmen für den Landeshaushalt von 400 Millionen Euro pro Jahr. Die FDP fordert in ihrem Antrag, dass der Landtag diese Erhöhung ablehnt. Die Belastungen träfen die breite Gesellschaft im Land, besonders aber junge Familien, die Wohneigentum kaufen wollten. Die Steuer war das letzte Mal 2011 erhöht worden - von 3,5 auf 5 Prozent.

Kritik an der geplanten Erhöhung kam insbesondere von Vertretern der Immobilienverbände und der Verbände der Bauwirtschaft. Die Eigentümerschutz-Gemeinschaft "Haus & Grund" warnte, dass die Steuererhöhung eine unmittelbare finanzielle Belastung sowohl für die Grundstückkäufer als auch für Mieter darstelle. Die Fraktionen von SPD und GRÜNEN würden einen Beitrag dazu leisten, dass bezahlbarer Mietwohnraum nicht zur Verfügung stehe, sagte Erik Uwe Amaya vom Verband. Dies sei nicht nachvollziehbar.


"Unnötiger Minusfaktor"

Hubert Kersting vom Nordrhein-Westfälischen Handwerkstag nannte die Pläne "einen unnötigen Minusfaktor" für den Standort NRW. Für die Architektenkammer NRW betonte Dr. Christian Schramm, dass die Steuererhöhung eine investitionshemmende Wirkung haben werde. Das größte Problem entstehe dabei für den sozialen Wohnungsbau. Die Architektenkammer regte daher an, differenzierte Steuersätze innerhalb der Grunderwerbsteuer zu schaffen und den sozialen Wohnungsbau sowie junge Familien zu entlasten.

Dr. Katja Rietzler vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung verwies darauf, dass das Land derzeit nur durch eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer zusätzliche Steuereinnahmen generieren könne. Dies führe zwar zu Belastungen für eine bestimmte Steuerzahlergruppe. Ausgabenkürzungen zur Haushaltskonsolidierung belasteten die Konjunktur aber deutlich stärker als Steuererhöhungen. Zudem könne dies für junge Familien beispielsweise bedeuten, dass sich die Bedingungen der Kinderbetreuung verschlechterten oder die Ausstattung der Schulen.

Die Deutsche Steuergewerkschaft in NRW begrüßte die rot-grünen Pläne als "Beitrag zur nachhaltigen Konsolidierung des Landeshaushaltes". Angesichts der erheblichen strukturellen Unterfinanzierung des Etats sei es unumgänglich, alle Möglichkeiten der staatlichen Einnahmenverbesserung zu prüfen. Eine Sanierung des Landeshaushalts funktioniere nicht nur über Ausgabenkürzungen, betonte Manfred Lehmann von der Gewerkschaft.

Martin Dornieden vom Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) in NRW sagte, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung Wohnraum preiswerter machen wolle und dann die Grunderwerbsteuer erhöhe. Dies passe nicht zusammen. Er prognostizierte, dass in der Folge das Bauvolumen zurückgehen werde und das Land damit letztlich Steuereinnahmen verliere.

Die nordrhein-westfälischen Kommunen verwahrten sich gegen mögliche Überlegungen der Koalition, den kommunalen Anteil an den Steuermehreinnahmen zur Entlastung des Landesetats zu nutzen. Demnach sieht der Gesetzentwurf vor, dass die den Städten und Gemeinden zustehende Summe von bis zu 70 Millionen Euro jährlich zur Finanzierung der zweiten Stufe des sogenannten Stärkungspaktgesetzes herangezogen wird, wie es in einer Stellungnahme von Städtetag, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund für die Anhörung heißt. Mit dem Gesetz soll Kommunen in Finanznot geholfen werden. "Im Ergebnis würde dies zu einer Erhöhung der kommunalen Beteiligung an der Finanzierung des Stärkungspaktes des Landes um etwa 30 bis 34 Prozent jährlich führen."

Heinz Wirz vom Bund der Steuerzahler NRW sprach von einer "drastischen Steuererhöhung". Dies sei "starker Tobak". Auch werde es nicht funktionieren, wenn versucht werde, den Haushalt nahezu ausschließlich über Einnahmeverbesserungen konsolidieren zu wollen. Es führe kein Weg daran vorbei, Ausgaben zu kürzen. Die Risiken und Nebenwirkungen des Gesetzentwurfs seien gravierend. Die Pläne seien wohnungspolitisch unsozial und wirtschaftspolitisch verfehlt.


Am 11.12.2014 stimmten der Haushaltsausschuss sowie der Kommunalausschuss mit rot-grüner Mehrheit dem Gesetzentwurf zu.

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Quelle:
Landtag intern 11 - 45. Jahrgang, 17.12.2014, S. 17
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2015

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