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NORDRHEIN-WESTFALEN/2190: Hilfe für Flüchtlinge (Li)


Landtag intern 5/2015
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM Hilfe für Flüchtlinge
Landtag debattiert über Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels

Von Christian Wolf


24. Juni 2015 - Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin haben über Flüchtlingshilfen und die Länderfinanzen gesprochen. Ob die Ergebnisse für NRW ausreichend sind, diskutierte in der Plenarwoche der Landtag. Während in Sachen Flüchtlingen Fortschritte hervorgehoben wurden, wird beim Länderfinanzausgleich noch gerungen.


In einer Unterrichtung der Landesregierung informierte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft über die Ergebnisse der Konferenz von Bund und Ländern. Darin lobte die SPD-Politikerin die nach ihrer Ansicht nach guten Vereinbarungen zum Thema Flüchtlinge. Mit der Zahlung von 1 Milliarde Euro in diesem Jahr an die Kommunen trage der Bund zur Entlastung bei. Hervorzuheben sei, dass es nicht bei einmaligen Pauschalen bleibe, sondern auch über 2016 hinaus gezahlt werde.

Auch zu den Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich bezog Kraft Stellung. Diese hätten "noch keine konkreten Ergebnisse" erzielt, allerdings gebe es "kleine Schritte der Annäherung". Zwar müsse es weiterhin Solidarität mit den neuen Ländern geben. "Klar ist aber, dass es keine Lösung gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens geben wird." Der Umsatzsteuervorwegausgleich, durch den NRW zum Geberland werde, müsse abgeschafft werden.

Mit Blick auf die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels zeigte sich CDU-Fraktionschef Armin Laschet zufrieden, dass sich der Bund künftig dauerhaft an den Kosten beteilige. Aus seiner Sicht gebe es aber weiterhin Handlungsbedarf. So sei ein europäischer Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge nötig, damit die Lasten gleichmäßig verteilt würden. Zudem sollten die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen von den angepeilten 16.500 auf mindestens 20.000 erhöht werden. Ziel müsse sein, schon in den Erstaufnahmen zu klären, ob jemand langfristig bleiben dürfe. Laschet regte zudem an, bei Ländern wie Albanien, Montenegro oder dem Kosovo zu prüfen, ob diese nicht als sichere Herkunftsstaaten angesehen werden könnten, um die Verfahren zu beschleunigen.


"Schwarzer-Peter-Spiel"

Nach Meinung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Norbert Römer geht das Land bei der Flüchtlingshilfe "an die Grenzen seiner finanziellen Möglichkeiten". Allerdings gehe es nicht nur ums Geld. Es müsse auch anerkannt werden, "wie groß die Hilfsbereitschaft" sei. Beim Thema Finanzausgleich machte Römer deutlich, dass sich NRW angesichts seiner bisherigen Hilfen für andere Länder nicht verstecken müsse. "In Sachen Solidarität brauchen wir keine Nachhilfe", sagte er. Bei aller angemessenen Hilfsbereitschaft müsse aber klar sein, dass NRW deutlich besser gestellt werde. "Wir wollen von dem, was die Menschen in Nordrhein-Westfalen erwirtschaften, ein bisschen mehr hier behalten", sagte Römer.

In Sachen Flüchtlinge kritisierte FDP-Chef Christian Lindner, dass wesentliche Fragen in den Herbst verschoben worden seien. "Die Flüchtlingspolitik verträgt keine politische Sommerpause", sagte er. Auch das "Schwarzer-Peter-Spiel" zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Frage der Verantwortung müsse beendet werden. Das Thema Länderfinanzausgleich nutzte Lindner für eine Abrechnung mit der Haushaltspolitik der Landesregierung. "Sie müssen nicht den Finanzausgleich ändern, sondern Ihre Mentalität", sagte er in Richtung Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Die Sanierung gelinge lediglich durch die sprudelnden Steuereinnahmen. Echte Einsparungen gebe es nicht. "Da kann sogar ein Blinder mit dem Krückstock den Haushalt ausgleichen", sagte Lindner.

Der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Mehrdad Mostofizadeh forderte die Ministerpräsidentin auf, in den Verhandlungen zum Finanzausgleich standhaft zu bleiben. "Die Menschen in NRW haben ein Recht darauf, dass wir uns für einsetzen", sagte er. Es werde nicht für bloße Zahlen gekämpft, sondern um die Finanzierung von Schulen oder Kita-Plätzen. Auch die GRÜNEN verträten die Position, dass es ohne einen Wegfall des Umsatzsteuervorwegausgleichs keine Einigung gebe. Die Beschlüsse des Flüchtlingsgipfels seien ein "sehr gutes Ergebnis". Vom Bund fordere man nun eine Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Die Flüchtlingshilfe sei eine gesamtstaatliche Aufgabe, die nicht auf Länder und Kommunen abgeschoben werden dürfe.

Der innenpolitische Sprecher der PIRATENFraktion, Frank Herrmann, sagte, dass die Politik in Sachen Flüchtlinge nun "endlich ein Stück weit" reagiert habe. Allerdings befürchte er die Etablierung eines "Zwei-Klassen-Asylsystems", wenn Flüchtlinge aus vermeintlich sicheren Herkunftsländern anders behandelt würden. Verkürzte Verfahren und schnellere Abschiebungen seien "verachtenswert". Bei den Beschlüssen fehle eine Aussage zu einheitlichen Standards im Umgang mit Flüchtlingen. Während es immer nur um mehr Geld für die Kommunen gehe - was in der Sache auch begrüßenswert sei -, spielten die Belange der Flüchtlinge eine "untergeordnete Rolle", so Herrmann. Zudem seien die zugesagten Gelder nicht zweckgebunden.

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Quelle:
Landtag intern 5 - 46. Jahrgang, 29.6.2015, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2015

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