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NORDRHEIN-WESTFALEN/2242: Haushalts- und Finanzausschuss befasst sich mit Barzahlungen (Li)


Landtag intern 4/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Geld und Grenzen
Haushalts- und Finanzausschuss befasst sich mit Barzahlungen

Von Michael Zabka


3. Mai 2016 - Geldwäsche und Terrorfinanzierung auf der einen, Datenschutz und Privatsphäre auf der anderen Seite: Der Haushalts- und Finanzausschuss hat sich in einer Sachverständigen-Anhörung mit möglichen Höchstgrenzen für Zahlungen mit Bargeld befasst.


Grundlage der Anhörung waren Anträge der Fraktionen von FDP ("Mündige Bürger nicht immer bevormunden und unter Generalverdacht stellen - Keine rigide Höchstgrenze für Zahlungen mit Bargeld einführen", Drs. 16/9597), und PIRATEN ("Bargeld - Freiheit - Privatsphäre - PUNKT! Keine Obergrenze für Barzahlungen! - Wehret der schleichenden Abschaffung des Bargelds und einem weiteren Schritt hin zum Überwachungsstaat", Drs. 16/11217). Medienberichten zufolge plane das Bundesfinanzministerium die Einführung einer Obergrenze für Bargeldgeschäfte in Höhe von 5.000 Euro, heißt es im Antrag der PIRATEN. Beide Fraktionen führen zudem Äußerungen des nordrhein-westfälischen Finanzministers Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD) an, der bereits im vergangenen Jahr eine Obergrenze von 2.000 bis 3.000 Euro gefordert habe. Sie fordern die Landesregierung auf, entsprechende Initiativen nicht zu unterstützen.

Keine Evaluation"

Das Bundesfinanzministerium habe eine Obergrenze für Barzahlungen in Höhe von 5.000 Euro ins Spiel gebracht, um Terrorismusfinanzierung, Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu erschweren, hieß es in einer Stellungnahme der Deutschen Bundesbank. Zwar gebe es in mehreren Euro-Ländern bereits Barzahlungsgrenzen, allerdings habe eine systematische Evaluierung bislang nicht stattgefunden. Auch seien der Bundesbank "keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, die die Wirksamkeit von Barzahlungsgrenzen zweifelsfrei belegen oder zumindest einen signifikanten Zusammenhang nachweisen". Der Wirtschaftsjournalist und Buchautor Dr. Norbert Häring nannte ein Verbot von Barzahlungen in Höhe von mehr als 3.000 oder 5.000 Euro "zur Bekämpfung von Geldwäsche, Schwarzarbeit und Terrorismus nahezu wirkungslos".

"Aus datenschutzrechtlicher Sicht sehe ich diese Bestrebungen kritisch, wobei die Kritik mit der Intensität der in Rede stehenden Eingriffe zunimmt", so Helga Block, die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW. Ihrem Kenntnisstand zufolge lägen zu solchen Initiativen aber weder ein Gesetzentwurf auf Bundesebene noch ein Vorschlag der Europäischen Kommission vor. Block äußerte datenschutz- und verfassungsrechtliche Bedenken. Der "Zwang zur Verwendung bargeldloser Zahlungsmittel" schränke das Recht des Einzelnen ein, selbst über die Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Nur mit Bargeld sei anonymes Einkaufen möglich. "Anonymität" stehe in diesem Fall für legitime Privatsphäre und informationelle Souveränität. So sah es auch die Verbraucherzentrale NRW. Wer mit Bargeld zahle, hinterlasse "keine Datenspuren, die möglicherweise Rückschlüsse auf sein Kaufverhalten und seine Interessen möglich machen". Die "Argumente der Kriminalitätsbekämpfung" seien nicht stichhaltig.

Das Deutsche Steuerzahlerinstitut des Bundes der Steuerzahler hielt eine Obergrenze von 5.000 Euro für unverhältnismäßig und nicht geeignet, Kriminalität zu bekämpfen. In Deutschland existiere bereits eine "rechtliche Rahmenregelung, um Geldwäsche zu vermeiden", ebenso in der Europäischen Union. Eine Begrenzung des Bargeldverkehrs stelle "alle Bürger unter Generalverdacht und würde mit einem starken Eingriff in die Verbraucherfreiheit und Privatautonomie einhergehen". Bargeldzahlungen seien "gelebter Datenschutz". Die vorhandenen Regeln seien ausreichend, bestätigte der Steuerberater-Verband Köln.

Eine andere Ansicht vertrat der Bund Deutscher Kriminalbeamter (bdk). Die Bundesregierung habe bis heute keine "Gesamtstrategie zum Kampf gegen schmutziges Geld" vorgelegt. Der bdk fordert u. a. eine EU-weite Abschaffung der 500- und 200-Euro-Noten sowie die Einführung einer Barzahlungshöchstgrenze von maximal 10.000 Euro. "Die Antragssteller stellen nur höchst unzureichend den Bezugsrahmen zur Bekämpfung der Schwerkriminalität sowie des Terrorismus her", hieß es in der Stellungnahme. Das Volumen der in Deutschland begangenen Geldwäsche liege einer Studie zufolge bei mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr. In Deutschland könnten "noch immer problemlos z. B. Autos, Kunstwerke, Schmuck, Pferde und Immobilien in hohen fünf- und sechsstelligen Beträgen in bar bezahlt werden, ohne dass Geld aus Verbrechen als solches erkannt und gemeldet wird". Der bdk schätzt, dass sich 98 Prozent aller Verbrauchsgeschäfte unterhalb der 10.000-Euro-Grenze abspielen.

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Quelle:
Landtag intern 4 - 47. Jahrgang, 18.05.2016, S. 15
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2016

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