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NORDRHEIN-WESTFALEN/2244: Gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Li)


Landtag intern 5/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Gegen Rassismus und Rechtsextremismus
Landtag debattiert kontrovers über Handlungskonzept der Landesregierung

Von Daniela Braun, Michael Zabka und Wibke Busch


8. Juni 2016 - Rechtsextreme Hetze im Internet, Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, Rassismus im Alltag. Die Landesregierung will mit einem "Integrierten Handlungskonzept" gegensteuern. Ministerin Christina Kampmann stellt das Konzept im Plenum vor. Die Oppositionsfraktionen kritisieren es als einseitig und enttäuschend.


Nach Angaben von Christina Kampmann (SPD), Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport, ist das Konzept zunächst auf drei Jahre angelegt und umfasst insgesamt 166 Maßnahmen.

"Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Handlungskonzept ein wichtiger Baustein in unserem Kampf gegen den Rechtsextremismus ist", sagte Christina Kampmann. Es gehe darum, die Kräfte für eine nachhaltige Prävention zu bündeln und zu koordinieren. Die Landesregierung stelle mit dem laufenden Haushalt insgesamt 2,3 Millionen Euro zusätzlich bereit, u. a. für die mobile Beratung sowie die Opferberatung. Überwiegend sollen mit dem Geld laut Kampmann jedoch kommunale Handlungskonzepte gefördert werden. Die Ministerin dankte allen, die sich in NRW für eine weltoffene Gesellschaft engagierten.

Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU) erinnerte an den fremdenfeindlichen Brandanschlag von Solingen im Jahr 1993 und machte deutlich: "Wir stehen heute, 23 Jahre später, vor keineswegs geringeren Problemen." Das von Rot-Grün vorgelegte Konzept sei grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Es habe aber offenbar nichts kosten dürfen und es betrachte den Extremismus zu einseitig, so Sternberg. Seiner Ansicht nach liegt der Schlüssel für einen erfolgreichen Kampf gegen Extremismus in der Sozial- und Wirtschaftspolitik: "Es ist vor allem die soziale Lage, die Jugendliche in die Arme von Radikalen treibt."

"Zusammenführen"

Nadja Lüders (SPD) wies die Kritik ihres Vorredners zurück. Wesentliches Ziel des Konzepts sei es, Staat und Zivilgesellschaft zusammenzuführen, um Rassismus und Rechtsextremismus gemeinsam zu begegnen. Es sei erfreulich, dass den Kommunen Geld für entsprechende Projekte zur Verfügung gestellt werde. Sie rief dazu auf, "gemeinsam weiterzuarbeiten". Prävention sei keine staatliche Aufgabe allein. Jeder Mensch müsse sich "täglich aufs Neue dafür einsetzen, dass Rassismus und Rechtsextremismus keinen Raum finden". Die Sensibilisierung der Gesellschaft müsse erhöht werden, da setze das Konzept an.

Dr. Joachim Stamp (FDP) nannte das Konzept der Landesregierung "eine einzige Enttäuschung". Es handle sich um ein "Sammelsurium von Allgemeinplätzen, Absichtserklärungen, Selbstverständlichkeiten und permanenten Wiederholungen". Der Ernsthaftigkeit des Themas werde das vorgelegte Konzept nicht gerecht Wichtige Themen seien nicht aufgegriffen worden. Er habe u. a. eine Auseinandersetzung mit der Frage erwartet, wie man mit zunehmendem Rassismus in Sozialen Medien umgehen soll oder wie verhindert werden könne, dass aus der Angst vor Fremden Gewalt gegen Fremde werde.

Für die GRÜNEN-Fraktion sagte Verena Schäffer, es brauche eine demokratische Gesellschaft, die sich angesichts von Rassismus und Rechtsextremismus empöre und auf die Straße gehe. In NRW könne man auf eine solche Gesellschaft bauen, denn die Mehrheit der Menschen stehe für Demokratie, Menschenrechte und Vielfalt. Das Handlungskonzept der Landesregierung nannte die Abgeordnete einen "Meilenstein". Es gebe viele Maßnahmen mit einer klaren Zuständigkeit. Sie sehe das Konzept auch als Handlungsauftrag an die Ministerien, die dem Landtag einmal im Jahr über den Stand der Umsetzung berichten sollten.

Daniel Düngel (PIRATEN) lobte den "offenen Prozess" bei der Erarbeitung des Konzepts, u. a. durch Debatten bei Regionalkonferenzen, nannte das Konzept selbst aber unkonkret. "Es ist nicht alles Gold, was glänzt." Zudem sei zu viel Zeit ins Land gegangen, bis es vorgelegt worden sei. Und im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus sei jede Zeitverzögerung "fatal". Düngel kritisierte insbesondere, dass Erkenntnisse aus dem NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag mit Blick auf Defizite bei den Sicherheitsbehörden nicht in Nordrhein-Westfalen umgesetzt worden seien. Hier laute das Fazit: "Fehlanzeige."

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Quelle:
Landtag intern 5 - 47. Jahrgang, 14.06.2016, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2016

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