Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


NORDRHEIN-WESTFALEN/2257: Integrationsplan Nordrhein-Westfalen beschlossen (Li)


Landtag intern 7/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Integrationsplan NRW beschlossen
Landtag debattiert kontrovers über Konzepte in der Flüchtlingspolitik

Von Sonja Wand, Michael Zabka, Dr. Stephan Malessa


14. September 2016 - Im vergangenen Jahr sind rund 329.000 Asylsuchende nach Nordrhein-Westfalen gekommen. In diesem Jahr waren es nach Angaben des Innenministeriums bislang rund 79.700 (Stand 4. September). Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und GRÜNEN hat der Landtag nun den "Integrationsplan für NRW" beschlossen. CDU, FDP und PIRATEN stimmten dagegen.


Verabschiedet wurde zudem eine Resolution zu grundsätzlichen Zielen der Flüchtlingspolitik im Land. Die Fraktionen von SPD, CDU und GRÜNEN waren für die Resolution, FDP und PIRATEN dagegen. Grundlage der Debatte im Plenum war der von SPD und GRÜNEN vorgelegte Antrag "Gelingende Integration von Flüchtlingen. Ein Integrationsplan für NRW" (Drs. 16/11229 und Drs. 16/12382). Wesentliche Eckpunkte darin sind u. a. Sprach- und Integrationskurse, Bildung und Ausbildung, Kinderbetreuung und sozialer Wohnungsbau. In der Resolution (Drs. 16/12915) heißt es u. a.: "Grundlegendes Ziel unserer Integrationspolitik ist ein friedliches Zusammenleben aller Menschen unseres Landes in einer offenen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft."

"Der Weg zur Integration ist lang, aber die Zeitspanne, um sie auf einen erfolgreichen Weg zu bringen, nur kurz", erklärte SPD-Fraktionschef Norbert Römer. Der Integrationsplan weise genau diesen Weg. Alle Zugewanderten, die auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassten, gäben dem Land ein Stück Wirtschaftskraft zurück, das durch den demografischen Wandel verloren gehe, sagte Römer. Notwendig sei aber die Akzeptanz aller hier geltenden politischen Grundwerte. Zum parlamentarischen Dissenz in Einzelfragen sagte Römer: "Wir streiten uns ja nicht über das Ziel der Integration, sondern über die Wege dorthin."


"Aufstieg durch Bildung"

Armin Laschet, Fraktionsvorsitzender der CDU, erklärte: Da Integration eine Querschnittsaufgabe sei, gehörten in den Maßnahmenplan von der Schul- bis zur Wirtschaftspolitik alle Politikfelder. Da hätten die Fraktionen generell unterschiedliche Vorstellungen. Klar sei aber: Das Parlament stehe zusammen für das Ziel - egal ob acht Monate oder zwei Tage vor der nächsten Landtagswahl. "Aufstieg durch Bildung" gelte seit 50 Jahren. Laschet erinnerte an das "Wirtschaftswunder, das ohne die Millionen von Gastarbeitern nicht möglich gewesen wäre". NRW sei geprägt von einer "Aufstiegsgeschichte für die, die sich anstrengen".

Der Plan sei ein "großes Pfund" für die Integrationspolitik, sagte GRÜNEN-Fraktionschef Mehrdad Mostofizadeh. Man habe mit ihm "schnell und umfassend auf die großen Herausforderungen reagiert", die aus der Flüchtlingsaufnahme entstanden seien. Integrationspolitik sei eine Querschnittsaufgabe, "entsprechend breit und komplex" sei man die Sache angegangen: "Wir orientieren uns am Grundgesetz und seinem Leitbild des friedlichen Zusammenlebens aller Menschen in einer offenen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft." Es gehe um Toleranz und wechselseitigen Respekt.

Das Bekenntnis zur humanitären Verantwortung sei für die FDP eine Selbstverständlichkeit, sagte Fraktionsvize Dr. Joachim Stamp. Allerdings sei dazu keine Resolution erforderlich, "in der zum Teil Selbstverständlichkeiten stehen, zum Teil aber auch Dinge, die schlichtweg nicht stimmen". So habe der "Wille zur Einigkeit" die Fraktionen eben nicht geleitet; in den Verhandlungen habe es "kein Entgegenkommen" gegeben. "Parolen ersetzen keine Politik", sagte er. Die FDP stehe "nicht als Kulisse für falsche Integrationspolitik zur Verfügung". Stamp forderte u. a. mehr Verbindlichkeit.

Simone Brand (PIRATEN) forderte ein "eigenständiges Ministerium für Integration, Flucht und Einwanderung", das unter anderem dafür verantwortlich sein solle, menschenwürdige Unterkünfte zu schaffen. Vor allem müssten weitere Sozialwohnungen gebaut werden. Brand sagte, ihr Bild von Integration trage die Überschrift: "Deutschland ist ein Aufnahmeland." Dazu gehöre "die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung aller Migranten". Flüchtlinge sollten uneingeschränkten Zugang zum Gesundheitswesen erhalten und frei entscheiden können, wo sie leben.

Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) erinnerte daran, dass Nordrhein-Westfalen seit 70 Jahren "Einwanderungs- und Integrationsland" sei. Er gab einen Überblick über Integrationsprojekte der Landesregierung und stellte eine Vereinbarung mit den Kommunen und Arbeitsagenturen heraus: In "Integrationpoints" im ganzen Land sollen die Arbeitsagenturen Migranten in Arbeit vermitteln. Der Integrationsplan sei ein wichtiger "Schritt zur Weiterentwicklung der nordrhein-westfälischen Integrations- und Teilhabepolitik", sagte Schmeltzer und bedauerte, dass es keinen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen dazu gegeben hat.

*

Quelle:
Landtag intern 7 - 47. Jahrgang, 21.09.2016, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-2472, -2850, -2442, -2304, -2107, -2309
Telefax (0211) 884-2250
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang