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NORDRHEIN-WESTFALEN/2376: Zukunft des Rheinischen Reviers (Li)


Landtag intern 2/2019
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Zukunft des Rheinischen Reviers
Landtag streitet über Folgen des geplanten Kohleausstiegs

von Thomas Becker und Sonja Wand


20. Februar 2019 - Was kommt, wenn die (Braun-)Kohle geht? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer hitzigen Debatte des Landtags. Zuvor hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in einer Unterrichtung des Landtags die Haltung der Landesregierung zum geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung und den damit verbundenen Strukturwandel im Rheinischen Braunkohlerevier erläutert.


Nach Willen der von der Bundesregierung eingesetzten Kohlekommission soll Deutschland spätestens bis 2038 die Kohleverstromung beenden.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wies darauf hin, dass der Bund zunächst über die Finanzierung einer neuen Energiepolitik entscheiden müsse. Für den damit einhergehenden Strukturwandel im Rheinischen Revier sei in Nordrhein-Westfalen anschließend eine neue Leitentscheidung zu treffen, die langfristig verbindlich sein müsse. Der Energiekonzern RWE habe am Vortag bestätigt, die Rodung des Hambacher Forstes bis Herbst 2020 auszusetzen. Für die direkt an den Tagebau Garzweiler angrenzenden Orte seien "soziale und wirtschaftliche Härten" zu vermeiden, sagte Laschet. Es gelte der Satz: "Niemand fällt ins Bergfreie."

"Zur Chefsache machen"

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty kritisierte, Laschet habe kaum Neuigkeiten vorgetragen. "Eine solche Respektlosigkeit hat dieses Parlament selten so zu erfahren bekommen." Die Menschen wollten endlich wissen, wie genau die Landesregierung den Strukturwandel gestalten wolle. Der Verweis auf Zuständigkeiten des Bundes in Fragen der Energiepolitik sei "billig und einfach", sagte Kutschaty. Laschet spiele den Ball nach Berlin in der Erwartung, dass dort mit RWE verhandelt werde, statt die Gestaltung des Strukturwandels zur Chefsache zu machen. Das sei "eine Selbstverzwergung ohnegleichen".

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen hielt seinem Vorredner entgegen, Laschet habe einen klaren "Kompass für den Strukturwandel" im Revier vorgelegt. "Er hat Auskunft zu Planungen der Landesregierung gegeben und erklärt, wie diese umgesetzt werden können." Den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten, sagte Löttgen, sei eine "Gemeinschaftsaufgabe", bei der Versöhnung statt Spaltung gefragt sei. Die Landesregierung habe u. a. 123 Sofortmaßnahmen vorgelegt, aus denen wichtige Impulse für die Region ersichtlich würden - zur Förderung der Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge sowie von Wissenschaft und Innovation.

Die Äußerungen des Ministerpräsidenten wertete Monika Düker, Fraktionsvorsitzende der Grünen, als "Politikverweigerung": "Sie sind nicht dafür gewählt worden, alles nach Berlin zu delegieren und RWE das Feld zu überlassen." Sie forderte Laschet zu einer Kehrtwende in der Energiepolitik auf, beispielsweise die Windenergie zu "entfesseln". Die Landesregierung solle aktiv daran mitarbeiten, bis zum Jahr 2022 3.000 Megawatt Leistung von Kohlekraftwerken aus dem Markt zu nehmen. Sie solle auch Klarheit für die Menschen in den Umsiedlungsgebieten schaffen und einen klaren Bestandsschutz für den Hambacher Wald aussprechen.

FDP-Fraktionschef Christof Rasche sprach von "gewaltigen Aufgaben, aber auch einer Riesenchance für die Region". Kein einziges Industrieland setze sich so hohe Klimaziele und steige gleichzeitig aus der Kohleförderung und der Atomkraft aus. Der Ausstieg müsse finanziert werden. Es gelte, das Geld für Innovationen und Infrastruktur zu verwenden: "Da entsteht ein richtiges Zukunftsbudget." Rasche warnte: Selbst wenn es bis 2030 gelinge, 65 Prozent der Energie aus erneuerbaren Ressourcen zu erzeugen, bleibe die Frage, woher die restlichen 35 Prozent der Energie kommen sollen.

"Sie wollen den nächsten Strukturwandel erzwingen, nachdem der erste größtenteils gescheitert ist", warf Christian Loose (AfD) der Landesregierung vor. Sie verrate und verkaufe den innovativen Fortschritt des Landes, denn der gehe mit der Stilllegung moderner Kraftwerke verloren - "alles für ihre Klimaziele", verwies der Abgeordnete auf Kanzlerin Merkel. "Wind und Solar können kein einziges Grundlast-Kraftwerk ersetzen", gab er zu bedenken. Zudem bringe der deutsche Kohleausstieg keinen Effekt: China und Indien könnten im Gegenzug Kraftwerkskapazitäten ausbauen und mehr CO2 ausstoßen - sanktionslos.


Die Unterrichtung des Ministerpräsidenten trug den Titel "Klima schützen, Wohlstand und Beschäftigung sichern - Mit der Versöhnung von Ökologie und Ökonomie stärken wir das Industrieland Nordrhein-Westfalen". Der anschließenden Debatte lagen ein Antrag der Grünen-Fraktion (17/5050) sowie ein Entschließungsantrag von CDU und FDP (17/5179), ein Antrag der SPD-Fraktion (17/5059) und ein Entschließungsantrag von CDU und FDP (17/5180) sowie ein Antrag der AfD-Fraktion (17/5075) zugrunde.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 50. Jahrgang, 26.02.2019, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2019

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