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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1892: HSH Nordbank - Muss das Land erneut einspringen? (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 08 - Oktober 2012

HSH: Muss das Land erneut einspringen?
Heinold: Keine Politik mit der "Glaskugel"



In der Landespolitik herrscht große Sorge angesichts der angespannten Situation bei der teilweise landeseigenen HSH Nordbank. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sprach im Landtag von "gravierenden Risiken für das Landesvermögen", und auch Oppositionsvertreter zeigten sich beunruhigt. Dennoch sah Heinold zum jetzigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit, Hilfsgelder für die HSH im Landeshaushalt für das nächste Jahr zu reservieren, wie es FDP, CDU und Piraten fordern.


Die Ministerin wandte sich gegen eine "Haushaltspolitik mit der Glaskugel". Die Landeshaushaltsordnung lasse es nicht zu, Ausgaben nur auf Verdacht in den Etat aufzunehmen. Zudem seien im gemeinsamen HSH-Finanzfonds der beiden Eigner-Länder Schleswig-Holstein und Hamburg "Puffer" eingebaut.

Im zweiten Quartal dieses Jahres war die Nordbank in die Miesen gerutscht. Anschließend teilte die Bank mit, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Inanspruchnahme der Sieben-Milliarden-Euro-Garantie der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg von 38 auf 41,4 Prozent gestiegen sei. Bei einem 50-Prozent-Risiko müssten die Länder einspringen. Vor diesem Hintergrund rief Wolfgang Kubicki (FDP) die Landesregierung auf, rechtzeitig "Haushaltswahrheit und -klarheit" herzustellen: "Wir können nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist." Die Eigenkapitalquote der Bank sei Ende Juni erstmals unter zehn Prozent gesunken, und eine mögliche Hilfe des Bundes stehe nur noch bis zum 31. Dezember zur Verfügung.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die HSH die Landesgarantien in Anspruch nehmen müsse, sei so hoch wie noch nie, befürchterte Tobias Koch (CDU). Wenn die Ziehungswahrscheinlichkeit im gleichen Tempo weiter steige, "dann werden wir die 50-Prozent-Marke Ende des Jahres überschritten haben". Auch Torge Schmidt (Piraten) mahnte, der Landeshaushalt müsse für den "Worst Case", den schlimmsten Fall, gewappnet werden.

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner warnte die Opposition dagegen vor "Kassandrarufen" - denn "düstere Szenarien" seitens der Anteilseigner könnten dem Rating schaden. Die Entwicklung sei derzeit nicht vorherzusehen, stellte Rasmus Andresen (Grüne) heraus: "Man kann nicht genau sagen, welche Maßnahmen zu welcher Zeit ergriffen werden müssen." "Zahlungen sind die Ultima Ratio, so weit sind wir noch nicht", betonte Lars Harms (SSW). Es sei auch denkbar, dass das Land seinen Garantierahmen wieder von sieben auf zehn Milliarden Euro erhöhen müsse - "aber das sind keine Zahlungen, die wir im Haushalt rückstellen müssen."

(Drucksache 18/223)


KASTEN

Die Krise der HSH Nordbank schlägt seit Jahren hohe Wellen. Im März 2009 hob die Landtagszeitung die sturmumtoste HSH-Zentrale in Kiel aufs Titelblatt. Damals beriet das Parlament über den Rettungsschirm für das Geldhaus. Schleswig-Holstein und Hamburg halfen schließlich der Bank, die nach Milliarden-Verlusten in schwere See geraten war, durch eine Kapitalspritze von drei Milliarden Euro sowie Garantien über zunächst zehn (später sieben) Milliarden. Insbesondere die Krise der Schifffahrt traf die HSH zuletzt hart: Für dieses Jahr wird ein kräftiges Minus erwartet. Vor diesem Hintergrund hält es die Nord-Ampel für denkbar, den Garantierahmen wieder von sieben auf zehn Milliarden aufzustocken, um eine Herabstufung des Ratings zu verhindern. Das wurde im Anschluss an eine vertrauliche Sitzung des Finanzausschusses Ende Oktober deutlich. CDU und FDP sehen dies kritisch, auch weil die EU solchen Beihilfen zustimmen müsste. Unterdessen hat die HSH für Ende Oktober den Rücktritt von Vorstandschef Paul Lerbinger angekündigt. Nachfolger wird der bisherige Finanzvorstand Constantin von Oesterreich.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 08 im Oktober 2012, S. 7
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2012