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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1955: Vergewaltigungsspuren anonym sicherstellen (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 04 - April 2013

Aus dem Plenum
Vergewaltigungsspuren anonym sicherstellen
Rücksichtnahme auf Traumatisierungen



Opfer von Vergewaltigungen sollen direkt nach einer Tat Spuren wie DNA oder Sperma durch geschulte Krankenhausärzte anonym sichern beziehungsweise Verletzungen dokumentieren lassen können. Die Erstattung einer Strafanzeige soll hierfür nicht nötig sein. Die Beweismittel sollen anschließend bei der Rechtsmedizin chiffriert zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Opfer könnten dann darauf zurückgreifen, wenn sie sich physisch wie psychisch in der Lage sehen, die Tat anzuzeigen. Einen entsprechenden Antrag haben Piraten und CDU gemeinsam eingebracht. Er fand im Grundsatz die Zustimmung aller Fraktionen.


Hintergrund: Oftmals sind Vergewaltigungsopfer derart traumatisiert, dass sie Wochen oder gar Jahre brauchen, um die Tat anzuzeigen. Eine strafrechtliche Aufarbeitung sei aber nur möglich, wenn zu den subjektiven Angaben der Opfer auch objektive Beweismittel zur Verfügung stehen, betonte Wolfgang Dudda von den Piraten. Ohne stützende Spuren stünde meist vor Gericht die Aussage der Opfer gegen die Aussage der Täter - nicht selten müssten Verfahren dann eingestellt werden. Die sogenannte anonyme Spurensicherung sei einfach, kostengünstig, schließe eine Gerechtigkeitslücke und trage dazu bei, "dass die Opfer wieder Selbstachtung erlangen können", sagte Dudda. Im vergangenen Jahr sind laut Kriminalstatistik 326 Frauen in Schleswig-Holstein Opfer einer Vergewaltigung geworden.

SPD, Grüne, FDP und SSW meldeten zu einigen Punkten des vorliegenden Antrages noch Beratungs- und Ergänzungsbedarf an - etwa zu den Aufbewahrungsfristen der anonym eingelagerten Beweismittel oder ob die flächendeckende Spurensicherung im Land finanzierbar ist. Die Regierungskoalition brachte einen eigenen Antrag ein, der eine Stärkung des Instituts für Rechtsmedizin vorsieht. Geklärt werden müsse zudem, ob eine Änderung des Strafrechts erforderlich ist, meint die FDP.

Die Abgeordneten wollen nun im Sozialausschuss sowie im Innen- und Rechtsausschuss einen interfraktionellen Antrag formulieren.

Weitere Redner: S. Lange (SPD), B. Peters (Grüne), A. Klahn (FDP), L. Harms (SSW), Sozialministerin Kristin Alheit (SPD)

(Drucksachen 18/605 neu, /664)

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 04 im April 2013, S. 5
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2013