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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2103: Von Hunden und Menschen - Landtag streicht Rasseliste (Landtag)


Der Landtag - Nr. 02 / Juli 2015
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Von Hunden und Menschen: Landtag streicht Rasseliste


In Schleswig-Holstein wird die umstrittene Rasseliste für Hunde zum Jahresende abgeschafft. Stattdessen müssen die Besitzer von Vierbeinern künftig einen Hundeführerschein machen, wenn ihr Tier einen Menschen bedroht oder beißt. Das sieht das neue Hundegesetz vor, das SPD, Grüne und SSW gemeinsam mit der FDP beschlossen haben. Die Liberalen hatten die Initiative 2013 auf den Weg gebracht.


Oliver Kumbartzky (FDP) sprach von einem "modernen, schlanken Gesetz", das "die Belange des Tierschutzes, der Hundehalter und der Nicht-Hundehalter" gleichermaßen berücksichtige.

CDU und Piraten stimmten dagegen. "Der Schutz des Menschen und nicht der Schutz der Tiere muss an erster Stelle stehen", mahnte der Unionsabgeordnete Heiner Rickers. Er wies darauf hin, dass das neue Landesgesetz im Widerspruch zu Bundesregeln zur Einfuhr von Tieren stehe: "Sie dürfen keinen Kampfhund aus Polen mehr importieren, aber in Schleswig-Holstein züchten. Das kann so nicht sein."

Angelika Beer (Piraten) befürchtete, dass Menschen mit geringem Einkommen wie Studenten, Rentner oder Arbeitslose sich künftig keinen Hund mehr leisten könnten. Denn auch sie müssten den Hundeführerschein bezahlen oder aber eine höhere Hundesteuer entrichten: "Für manchen in dieser Gesellschaft ist der Hund so etwas wie der letzte Luxus."

Das derzeit noch gültige Gefahrhundegesetz geht zurück auf das Jahr 2000. Vor 15 Jahren wurde der achtjährige Volkan in Hamburg von zwei Kampfhunden totgebissen. Daraufhin erließen die meisten Bundesländer gesetzliche Regeln für Kampfhunde. Das schleswig-holsteinische Gesetz nennt vier Rassen: American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier und Pitbull-Terrier sowie deren Kreuzungen. Sie müssen an einer maximal zwei Meter langen Leine geführt werden, einen Maulkorb tragen und mit einem hellblauen Halsband gekennzeichnet werden. Die FDP, die von Anfang an gegen die Rasseliste war, hatte 2013 erneut den Versuch gestartet, die Liste zu streichen. Die Koalitionsfraktionen schlossen sich während der Ausschussberatungen an.


Bissige Schäferhunde

"Hunde allein aufgrund ihrer Rasse eine Gefährlichkeit zu unterstellen, ist fachlich nicht begründbar", merkte Sandra Redmann (SPD) an. Detlef Matthiessen (Grüne) erinnerte an die Anhörung im Umwelt- und Agrarausschuss: "Alle Experten haben auf mehrfaches Nachfragen den Zusammenhang zwischen Rasse und Gefährlichkeit nicht bestätigt, sondern verneint." Auch Flemming Meyer (SSW) sprach von einer "Vorabverurteilung" aufgrund der Rasseliste. Und Innenminister Stefan Studt (SPD) lobte die "gelungene Balance zwischen Gefahrenabwehr und Tierschutz". Aktuelle Zahlen des Innenministeriums besagen, dass die meisten Hundebisse an Menschen nicht auf das Konto von sogenannten Kampfhunden gehen, sondern von Schäferhunden. Mit 20 Fällen standen der Schäferhund und seine Mischlinge zwischen dem 1. Mai 2013 und dem 30. April 2014 auf Platz 1, gefolgt von Bordercollies und Labradoren sowie deren Mischlingen mit zwölf Vorkommnissen. Danach rangierten Jack Russel-Terrier und Rottweiler mit je acht Fällen. Von insgesamt 140 Beißattacken auf Menschen entfiel nur eine auf ein Tier von der Liste der sogenannten Gefahrhunde.


DAS IST NEU:

  • Als gefährlich gelten Hunde künftig nicht mehr aufgrund ihrer Rasse, sondern ausschließlich aufgrund ihres Verhaltens.
  • Wird Hasso zum Beißer, wird die Behörde aktiv. Herrchen muss zur theoretischen und praktischen Prüfung. Wer den Hundeführerschein nicht besteht, muss sein Tier abgeben.
  • Gefährliche Hunde müssen an der Leine gehen und einen Maulkorb tragen. Sie können aber nach zwei Jahren von den Auflagen befreit werden, wenn sie einen Wesenstest bestehen.
  • Die Kommunen sollen in ihren Hundesteuersatzungen Anreize für Hundehalter schaffen, einen Sachkundenachweis abzulegen. Motto: Wer sich fortbildet, muss weniger zahlen.
  • Das Regelwerk tritt erst zum 1. Januar 2016 in Kraft, damit die Kommunen Zeit haben, ihre Satzungen zu ändern.
  • Hundehalter "sollen" eine Haftpflichtversicherung abschließen. Gefährliche Hunde müssen versichert werden.
  • Hunde müssen mit einem Daten-Chip gekennzeichnet werden.
  • Bußgelder drohen für Halter, die Kampfhunde züchten, den Leinenzwang an belebten Orten ignorieren oder den Hundekot nicht entsorgen.

(Drucksachen 18/925, /3057)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 02 / Juli 2015, S. 20
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Tobias Rischer (verantwortlich)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2015

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