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AUSSEN/1156: Umstrittener Verfassungsentwurf im Hauruckverfahren spaltet Ägypten weiter


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 30. November 2012

Arbeitsgruppe: Außenpolitik

Umstrittener Verfassungsentwurf im Hauruckverfahren spaltet Ägypten weiter



Zu Verabschiedung des Verfassungsentwurfs in Ägypten erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzender der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe Klaus Brandner:

Die Verfassungsgebende Versammlung hat über Nacht im Eilverfahren - ohne die Beteiligung von liberalen und säkularen Kräften sowie Vertretern der Kirchen - einen Entwurf für eine neue Verfassung verabschiedet.

Bereits vor Tagen hatten säkulare und liberale Kräfte ihre Arbeit in der Verfassungsgebenden Versammlung aus Protest gegen die Übermacht der Mitglieder islamischer Orientierung in dem Gremium eingestellt.

Nach Ansicht der Opposition schränkt der Verfassungsentwurf die Rechte der Frauen unter anderem durch Verweis auf die Bestimmungen der Sharia ein, beschneidet die Kompetenzen der Justiz und gibt den Religionsgelehrten grundlegenden Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess.

Bereits Anfang der Woche hatte Präsident Mursi inakzeptable Verfassungsdekrete erlassen, mit denen er die Gewaltenteilung defacto aufgehoben und seine Machtbefugnisse weitreichend ausgebaut hat. Trotz der erfolgreichen Vermittlungsrolle Ägyptens hinsichtlich des Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und Palästina sind die inneren Entwicklungen in dem strategisch wichtigen Land am Nil äußerst besorgniserregend. Die Gefahr weiterer schwerwiegender Auseinandersetzungen und die Spaltung des Landes wächst zusehends an. Ein Kompromiss und ernstzunehmender Dialog zwischen Muslimbrüdern und der Opposition scheint in der aktuellen Situation wenig wahrscheinlich.

Aber genau dieser Dialog ist dringend nötig und der erste erforderliche Schritt, um zu verhindern, dass dem Demokratisierungsprozess in Ägypten nachhaltiger Schaden zugefügt wird.

Auch die Bundesregierung ist aufgefordert einen Beitrag zu leisten, um den Dialog zwischen den islamischen Kräften sowie der Opposition voranzutreiben und einer weiteren Zuspitzung der Situation entgegenzuwirken. Wer ernsthaft den Transformationsprozess und die wirtschaftliche Entwicklung in Ägypten unterstützen will, schwächt die Reformkräfte im Übrigen durch Androhungen, die Gelder für Entwicklungshilfe zu streichen.

Copyright 2012 SPD-Bundestagsfraktion

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 1354 vom 30. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2012